Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Frage vorgelegt, ob die §§ 1 und 4 des 1. Abschnitts des Art. 1 des Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (GV.NRW S. 482) mit §§ 1, 3 und 4 des Gesetzes zur Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferfürsorge (Errichtungsgesetz) vom 12.03.1951 (BGBl. I, S. 169), zuletzt geändert durch das Zweite Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 03.05.2000 (BGBl. I, S. 632 ff) i.V.m. Art. 84, 125 b Abs. 2 Grundgesetz bzw. mit Art. 85 Grundgesetz vereinbar sind, soweit hierdurch die bisherige Versorgungsverwaltung aufgelöst und deren Aufgaben im Sozialen Entschädigungsrecht und der Kriegsopferversorgung vollständig auf die Landschaftsverbände übertragen worden sind.
Gründe:
Inhaltsverzeichnis
I. Prozessgeschichte 4
II. Notwendigkeit der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG 12
1 Prozessvoraussetzungen für eine Sachentscheidung 14
a Rechtslage in NRW bis zum 31.12.2007 16
b Rechtslage in NRW seit dem 01.01.2008 19
c Auswirkung des Zuständigkeitswechsels auf laufende Verfahren 22
d Beteiligtenwechsel trotz § 71 Abs. 5 SGG 24
e Örtlich zuständiger Landschaftsverband 27
2 Keine abschließende Sachentscheidung möglich 27
a Begründetheit der Klage 28
(1) Tätlicher Angriff i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG 28
(2) Die durch den tätlichen Angriff verursachte Schädigung 29
(3) Schädigungsfolge in Form einer Depression mit Angst gemischt 29
b Passivlegitimation 30
(1) Notwendigkeit einer Sachentscheidung 32
(2) Materiell Verpflichteter 32
(a) Abweichen des VersAEinglG vom ErrG 33
(b) Fehlende Rechtsgrundlage für das Abweichen 39
(I) OEG als Gesetz nach Art. 85 GG 40
(II) BVG als Gesetz nach Art. 85 GG? 45
(III) Keine geltungserhaltende Reduktion des § 4 VersAEinglG 48
(IV) Keine dynamische Verweisung 50
(V) Keine Abweichungskompetenz des Landes im Rahmen von Art. 84 GG bis zum Ablauf des 31.12.2008 56
III. Zusammenfassung 71
I. Prozessgeschichte
Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger psychische Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) anzuerkennen sind.
Die Ehefrau des Klägers verstarb im Jahr 1990 aufgrund eines Suizids. Nach diesem Zeitpunkt traten beim Kläger erstmals Depressionen und Angstzustände auf, die in der Folgezeit derart zu nahmen, dass die bis dahin ambulante psychotherapeutische Therapie nicht mehr genügte und er im Jahre 1991 stationär psychiatrisch behandelt werden musste. Dabei zeigten sich neurotische Verarbeitungsmechanismen bei vermehrt kränkbarer Persönlichkeit mit eingeschränkten Verarbeitungsfähigkeiten. In den beruflich erfolgreichen Folgejahren stabilisierte sich der Gesundheitszustand. Ab 1997 traten wieder familiäre und auch berufliche Belastungen auf. Die körperlichen Beschwerden, insbesondere seitens der Wirbelsäule, nahmen zu. Der Kläger begab sich daraufhin in die ambulante psychotherapeutische Behandlung der Dipl.-Psychologin N. Diese führte eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie aufgrund einer mittelgradigen depressiven Episode durch. Im November 1998 schloss sie die Behandlung nach ihren Angaben erfolgreich ab.
Während des Behandlungszeitraums kam es zu einem ersten tätlichen Angriff gegen den Kläger durch den Ehemann seiner damaligen Lebensgefährtin, Herrn K (fortan: K). Dieser beschimpfte und schlug den Kläger minutenlang, als er ihn am 14.05.1998 in der Wohnung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau antraf. Am 26.11.1998 beantragte der Kläger wegen der bei diesem Vorfall erlittenen Prellungen an der Wirbelsäule sowie der Platz- und Schürfwunden Beschädigtenversorgung nach dem OEG. In einem vor dem Amtsgericht Siegen geschlossenen Vergleich vom 23.09.1998 (6C 489/98) verpflichtete sich K, an den Kläger 1.500,00 DM Schmerzensgeld zu zahlen.
Mit Bescheid vom 26.05.1999 erkannte das Versorgungsamt T "multiple Prellungen im Bereich des Schädels, der rechten Hand, der Brustwirbelsäule, eine Rißwunde hinter der rechten Ohrmuschel, oberflächliche Kratzspuren im Bereich des rechten Schulterblatts" als durch den Angriff des K vom 14.05.1998 verursacht an. Der Kläger habe seit dem 14.05.1998 bis zur Abheilung der Beschwerden einen Anspruch auf Heilbehandlung. Der Antrag auf Beschädigtenversorgung werde jedoch abgelehnt, da keine Gesundheitsstörung zurückgeblieben sei, mithin die Anerkennung von Schädigungsfolgen und Gewährung laufender Versorgungsbezüge nicht möglich sei.
Nachdem sich der Gesundheitszustand des Kläger nach Abschluss der ambulanten Psychotherapie bei Dipl.-Psychologin N im November 1998 verschlechterte, suchte er am 03.03.1999 die Klinik X auf. Dort wurde er stationär aufgenommen, um die weitere Behandlung mit ihm abzustimmen. Während des Klinkaufenthalts wurden ausgeprägte depressive Verstimmungen mit Versagensängsten, teilweise psychogene Rückenbeschwerden sowie Erleichterungstrinken diagnostiziert. Der Kläger berichtete, dass die Verstimmungen Ende des Jahres 1997 begonnen hätten. Zu diesem Zeitpunkt habe sich seine Beziehung zu seiner noch mit K verheirateten Lebensgefährtin zunehmend schwieriger gestaltet. Weiterhin schilderte er Schuldgefühle aufgrund des Suizids seiner Ehefrau. Am 06.03.1999 endete der stationäre Aufenthalt.
Am Tag nach der Entlassung aus der Klinik X wurde der Kläger, als er sein Auto verlassen und in sein Haus gehen wollte, erneut von K angegriffen, niedergeschlagen und massiv getreten. Hierdurch erlitt er eine Gehirnerschütterung, multiple Hämatome im Gesicht und am Oberkörper, ein HWS- und BWS-Trauma sowie Thoraxprellungen. Der Täter wurde durch Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 12.08.1999 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt; die Vollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt (40 Ds 38 Js 411/99). Er lebt weiterhin in räumlicher Nähe (ca. 1 km Entfernung) zum Kläger und begegnet ihm nach wie vor gelegentlich. Am 11.03.1999 suchte der Kläger neuerlich die Dipl.-Psychologin N auf. Diese diagnostizierte eine depressive Reaktion sowie eine tiefgreifende Angstsymptomatik aufgrund des schädigenden Ereignisses. Als Diagnose nach der ICD 10-Klassifikation hielt sie fest: F 32.1 (mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom), F 60.8 (narzisstische Persönlichkeitsstörung) sowie F 43.0 (akute Belastungsreaktion). Sie behandelte den Kläger zunächst ambulant, bevor er im Mai 1999 in die psychosomatische Fachklinik Bad Q aufgenommen wurde, in der er ca. 2 Monate verblieb. Dort wurde diagnostiziert: depressive Reaktion bei familiärer und beruflicher Belastungssituation (ICD 309.1) sowie chronisches Schmerzsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfällen der HWS und LWS 1997 (ICD 316.722). Die testpsychologischen Werte deuteten außerdem mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Alkoholabhängigkeit hin.
Am 18.02.2000 beantragte der Kläger die infolge des Angriffs vom 07.03.1999 erlittene schwere Körperverletzung und Angstneurose als Schädigungsfolgen anzuerkennen und Beschädigtenversorgung nach dem OEG i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu leisten.
Mit Bescheid vom 13.04.2000 erkannte das Versorgungsamt "Schädel-Hirn-Trauma, BWS-Kontusion, Bauchwandprellung" als durch das schädigende Ereignis verursacht an. Die Gesundheitsstörungen seien allerdings inzwischen abgeheilt. Vom 07.03.1999 bis zur Abheilung, längstens für 6 Monate, habe ein Anspruch auf Heilbehandlung nach § 1 OEG i.V.m. den §§ 10 ff. BVG bestanden. Der weitergehende Antrag auf Beschädigtenversorgung werde abgelehnt, da die Gesundheitsstörungen folgenlos abgeheilt seien und eine Schädigungsfolge demnach nicht festgestellt werden könne. Dieser Bescheid wurde bindend. Heilbehandlungskosten wurden dem Kläger insoweit in Höhe von 3.978,65 DM erstattet (Bescheid vom 20.04.2000).
Der Kläger beantragte am 06.12.2000 erneut, seine psychischen Beeinträchtigungen als Schädigungsfolge anzuerkennen und ihm eine Beschädigtenrente nach dem OEG i.V.m. dem BVG zu gewähren. Das Versorgungsamt legte das Begehren als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aus und veranlasste eine Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. C, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kreiskrankenhauses T. Dieser gelangte im Gutachten vom 31.07.2001 zur Auffassung, die durch die Gewalttat vom 07.03.1999 hervorgerufenen und anerkannten Folgen seien vollständig abgeklungen. Es lägen zwar eine mittelgradige depressive Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung in Form eines chronischen Wirbelsäulensyndroms mit Zustand nach Spondylodese und multiple Prellungen vor. Abgesehen von den Prellungen seien die Störungen jedoch unabhängig vom schädigenden Ereignis entstanden. Eine posttraumatische Belastungsstörung bestehe nicht. Die vorhandene Symptomatik habe schon vor dem schädigenden Ereignis vorgelegen, auch wenn sie in subjektiver Sicht eine andere Ausprägung erhalten habe.
Mit Bescheid vom 05.02.2001 stellte das Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 für die Funktionsstörungen:
– seelisches Leiden, psychosomatisches Syndrom (Einzel-GdB 40)
– Wirbelsäulenfunktionseinschränkung, Lendenwirbelsäulenversteifungsoperation, sensible Störungen (Einzel-GdB 40)
nach dem vormaligen Schwerbehindertengesetz fest.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.09.2001 lehnte es das Versorgungsamt ab, den Bescheid vom 13.04.2000 zurückzunehmen, denn dieser sei rechtmäßig. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.02.2002).
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 24.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2002 aufzuheben und das beklagte Land zu verurteilen, bei ihm über die bereits anerkannten Gesundheitsstörungen durch das Ereignis vom 07.03.1999 hinausgehend psychische Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen anzuerkennen und ihm unter Abänderung des Bescheides vom 13.04.2000 Entschädigung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG in Höhe einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v. H. zu gewähren.
Hiergegen hat der Kläger am 18.03.2002 Klage erhoben. Zur Begründung hat er auf sein Vorbringen im Vorverfahren verwiesen und ein von ihm in Auftrag gegebenes nervenärztliches Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie T vom 19.11.2002 vorgelegt, ausweislich dessen die anhaltenden Beschwerden auf eine posttraumatische Belastungsstörung infolge des Angriffs vom 07.03.1999 zurückzuführen sind.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat es auf die angefochtenen Bescheide verwiesen. Insbesondere sei der Kläger bereits vor dem schädigenden Ereignis stationär psychiatrisch behandelt worden. Eine weitere Behandlung sei geplant gewesen. Aus den vorliegenden ärztlichen Berichten lasse sich eine Belastungsstörung nicht ableiten. Eine solche sei bisher nicht diagnostiziert worden, vor allem nicht anlässlich der stationären Behandlungen im Jahre 1999; sie sei nunmehr erstmals im Nachhinein vom Neurologen T benannt worden. Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat Beweis erhoben und hierzu ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. W, Chefarzt des Instituts für Neurologie und Psychiatrie der Kliniken St. B X, vom 10.07.2002 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20.02.2003 eingeholt. Der Sachverständige konnte auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet keine Gesundheitsstörungen diagnostizieren, die mit Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung auf das Ereignis am 07.03.1999 zurückzuführen sind. Eine posttraumatische Belastungsstörung lasse sich nicht feststellen. Soweit der Kläger unter Ängsten leide, seien Angststörungen bereits vor dem schädigenden Ereignis vorhanden gewesen. Die derzeitigen Ängste seien nicht pathologisch, da sie aufgrund der räumlichen Nähe zum Schädiger berechtigt und nachvollziehbar seien.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.07.2003 abgewiesen. Der Kläger sei zwar Opfer eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden, habe dadurch aber keine bleibenden Gesundheitsstörungen von Krankheitswert erlitten. Die unstreitig vorhandenen Gesundheitsstörungen seien nicht ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen, hätten vielmehr bereits vor dem Angriff bestanden.
Mit der dagegen fristgerecht eingelegten Berufung trägt der Kläger vor: Sein psychisches Leiden sei als Schädigungsfolge in rentenberechtigendem Grad anzuerkennen. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen Dr. W habe er vor den verbalen und tätlichen Angriffen des K an keinen psychischen Beschwerden gelitten. Vielmehr sei diese Zeit beruflich und privat erfolgreich verlaufen. Er sei sehr leistungsfähig gewesen. Lediglich ein Bandscheibenvorfall vom November 1997 habe ihn beeinträchtigt. Die Hilfe von Dipl.- Psychologin N habe er ab Frühjahr 1998 auf Anraten des Neurologen T nur deswegen in Anspruch genommen, weil die aus dem Bandscheibenvorfall resultierenden Beschwerden auch nach Wochen noch nicht abgeklungen gewesen seien. Soweit er damals unter Ängsten gelitten habe, hätten diese sich auf die berufliche Zukunft bezogen. Kein Arbeitgeber sei über das monatelange Ausfallen eines Arbeitnehmers erfreut. Er sei auch nicht alkoholabhängig, sondern nur alkoholgefährdet gewesen. Der Sachverständige Dr. W sei in seinem Gutachten von einem falschen Sachverhalt ausgegangen und habe aktuelle Forschungsergebnisse nicht berücksichtigt.
Der Kläger beantragt,
den beklagten Landschaftsverband Westfalen-Lippe unter Abänderung des Urteils des Urteils des SG Dortmund vom 30.07.2003 unter Aufhebung des Bescheides vom 24.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2002 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 13.04.2000 zu verurteilen, bei ihm die durch den tätlichen Angriff vom 07.03.1999 verursachten psychischen Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen anzuerkennen, hilfsweise den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Grundgesetz (GG) vorzulegen.
Der beklagte Landschaftsverband beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des SG Dortmund vom 30.07.2003 zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid, das angefochtene Urteil des SG sowie auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. W.
Das beigeladene Land Nordrhein-Westfalen (Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.
Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland (Beigeladene zu 2) meint, das der Auflösung der Versorgungsämter zugrundeliegende Landesgesetz sei verfassungswidrig und regt an, das Verfahren nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Der Senat hat Beweis erhoben u.a. durch Beiziehung folgender Unterlagen: Befund- und Behandlungsberichte der Dipl.-Psychologin N, Befund- und Behandlungsberichte des Dipl. Psychologen O, medizinische Unterlagen aus dem den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgang der Deutschen Rentenversicherung Bund, Befund- und Behandlungsberichte des Facharztes für Allgemeinmedizin T1, Arztbericht der Q-klinik Bad X vom 13.03.1991, Befund- und Behandlungsberichte des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie T, Berichte der I-Klinik I Bad A über die Klinikaufenthalte vom 05.10. bis 20.11.2004 und 20.09 bis 28.10.2005, Befund- und Behandlungsberichte der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Dr. N, Entlassungsberichte der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Bad C vom 16.10.2001 und 06.09.2002.
Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines
– testpsychologischen Gutachtens von Prof. Dr. T2, Leiter des Funktionsbereichs Klinische und Experimentelle Psychopathologie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität L, vom 10.03.2005;
– psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. L, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Köln, vom 04.05.2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 23.05.2006;
– psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. G, Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik U vom 20.08.2007.
Sodann hat der Senat die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T in ihrer Funktion als Mitverfasserin des Gutachtens von Prof. Dr. G zur Sachverständigen ernannt und im Termin vom 23.07.2008 ergänzend befragt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Gutachten und das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass eine "Depression mit Angst gemischt" als Schädigungsfolge nach dem OEG anzuerkennen ist, der Grad der Schädigungsfolge (GdS) aber noch unter 25 liegt. Der Senat hat versucht, auf einen Vergleich mit entsprechendem Inhalt hinzuwirken. Die Vergleichsverhandlungen sind gescheitert. Auf das Sitzungsprotokoll vom 23.07.2008 wird Bezug genommen. Der Senat hat die Beteiligten im Termin sodann darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, der Berufung insoweit stattzugeben, als das Begehren des Klägers auf die Anerkennung einer Schädigungsfolge gerichtet ist; eine Verurteilung des Beklagten komme indessen deswegen nicht in Betracht, weil der infolge der durch Landesgesetz angeordneten Auflösung der Versorgungsämter in den Rechtsstreit eingetretene Landschaftsverband nicht passiv legitimiert sei und der Rechtsstreit zur Klärung der Frage, ob das betreffende Landesgesetz gegen Bundesrecht verstoße, nunmehr dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt werden müsse. Der Senat hat den Rechtsstreit sodann vertagt und den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beklagte und das beigeladene Land NRW (Beigeladenen zu 1) meinen, die Voraussetzungen für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG seien nicht gegeben. Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland (Beigeladenen zu 2) und der Kläger, vertreten durch den Landesgeschäftsführer des VdK-Landesverbandes NRW, sind hingegen der Auffassung, eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG sei zur Prüfung angezeigt, ob und inwieweit das dem Aufgabenübergang zugrunde liegende Landesgesetz verfassungsmäßig ist.
Der Senat hat den vom Kläger im Wege einer objektiven Klagenhäufung geltend gemachten Anspruch auf Beschädigtenrente nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. §§ 29 ff. BVG durch Beschluss vom 03.09.2008 im Einvernehmen mit den im Termin anwesenden Beteiligten abgetrennt (§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 145 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Dieses Verfahren wird unter einem neuen Aktenzeichen fortgeführt. Streitgegenstand jenes Verfahrens ist allein die Frage, ob für die als Schädigungsfolge anzuerkennende "Depression mit Angst gemischt" ein GdS von mindestens 25 anzunehmen ist, mithin Entschädigung in Form einer Rente geleistet werden muss. Soweit es um die vom Beklagten verweigerte Anerkennung einer "Depression mit Angst gemischt" als Schädigungsfolge geht, wird das unter dem Az. L 10 VG 20/03 anhängige Verfahren fortgesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Streitakten sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten (OEG -Akten und SchwbG-Akte) und der Maschinenbau- und Metallberufsgenossenschaft, auf die Akten der Staatsanwaltschaft Siegen (40 Ds 38 Js 411/99) betreffend das Strafverfahren gegen K sowie die Akten des Amtsgerichts Siegen (6 C 489/98) betreffend den Schmerzensgeldprozess des Klägers gegen K Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II. Notwendigkeit der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG
Der Rechtsstreit ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob die §§ 1 und 4 des 1. Abschnitts des Art. 1 des Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (VersAEinglG) des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (GV. NRW, 482) mit den §§ 1, 3 und 4 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung vom 12.03.1951 (BGBl. I 1951, 169), zuletzt geändert durch Art. 25 des Gesetzes vom 03.05.2000 (BGBl. I, 632) i.V.m. Art. 84, 125 b Abs. 2 GG bzw. mit Art. 85 GG vereinbar sind, soweit hierdurch die bisherige Versorgungsverwaltung aufgelöst und deren Aufgaben im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts (SER) und der Kriegsopferversorgung (KOV) auf die Landschaftsverbände übertragen worden sind.
Zur Überzeugung des Senats sind die §§ 1 und 4 VersAEinglG verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen die §§ 1, 3 und 4 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung (Errichtungsgesetz (ErrG)). Der Landesgesetzgeber ist nicht berechtigt, die bisher von den Versorgungsämtern durchgeführten Aufgaben des SER auf die Landschaftsverbände, d.h. auf kommunale Selbstverwaltungsträger, zu übertragen (§ 4 Abs. 1 VersAEinglG). Das ErrG bestimmt in diesem Zusammenhang:
§ 1 Satz 1 ErrG
Die Versorgung der Kriegsopfer wird von den Versorgungsämtern und Landesversorgungsämtern durchgeführt.
§ 3 ErrG
Die Versorgungsämter und die nach § 2 zu errichtenden Stellen unterstehen den Landesversorgungsämtern; diese unterstehen den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Obersten Landesbehörden.
§ 4 ErrG
Die Beamten und Angestellten der Versorgungsverwaltung sollen für ihre Aufgabe besonders geeignet sein.
Hiernach müssen die Länder – wie § 3 ErrG zu entnehmen ist – die in dieser Vorschrift festgelegte dreigliedrig-hierarchische Ordnung der Versorgungsbehörden unter Aufsicht der obersten Landesbehörde beibehalten (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -). Die Länder dürfen zwar die Landesversorgungsämter anderen Behörden – gleich ob Mittel- oder Oberbehörden – angliedern (vgl. auch die Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 14. Wahlperiode, Bd. 200, Stenografische Berichte 82 bis 91, 90. Sitzung vom 24.02.2000, Anlage 4, S. 8414 ff). Dies ist aber nur zulässig, wenn die fachliche Qualität der Versorgungsverwaltung durch Verwendung entsprechend ausgebildeter, in Versorgungsverwaltung und Versorgungsrecht kompetenter Bediensteter erhalten bleibt (BSG a.a.O. unter Hinweis auf §§ 3, 4 ErrG). § 1 ErrG regelt, dass die Länder Versorgungsämter zwar nicht als eigenständige Behörden einrichten müssen (BSG a.a.O.), diese jedenfalls aber als "Landes"behörden in den staatlichen Verwaltungsaufbau einzugliedern sind. Diesen Anforderungen genügen §§ 1, 4 VersAEinglG aus im Einzelnen noch darzustellenden Gründen nicht.
Soweit das Land durch das VersAEinglG in Widerspruch zum ErrG die Durchführung der Angelegenheiten des SER und damit auch des OEG regelt, überschreitet es seine sich aus Art. 85 GG bzw. Art. 84 GG i.V.m. 125b Abs. 2 GG ergebenden Kompetenzen. Der Senat ordnet die Durchführung des OEG der Auftragsverwaltung (Art. 85 GG) zu. Insoweit ist das Land auf Dauer nicht befugt, von den Vorgaben des ErrG abzuweichen (Art. 85 Abs. 1 GG). Selbst wenn die Durchführung des OEG i.V.m. dem BVG der Landeseigenverwaltung (Art. 84 Abs. 1 GG) zugerechnet würde, wäre das Land infolge von Art. 125b Abs. 2 GG bis zum Ablauf des 31.12.2008 gehindert, von den bundesgesetzlichen das Verwaltungsverfahren regelnden Vorgaben des ErrG abzuweichen.
Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 1 und 4 VersAEinglG ist entscheidungserheblich, da der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge gem. § 1 Abs. 1 OEG hat. Der Senat sieht sich gehindert, den Beklagten hierzu unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils sowie der angefochtenen Bescheide zu verurteilen. Der beklagte Landschaftsverband ist im Falle der Verfassungswidrigkeit der §§ 1 und 4 VersAEinglG nicht passiv legitimiert.
1 Prozessvoraussetzungen für eine Sachentscheidung
Die prozessualen Voraussetzungen für eine Sachentscheidung liegen vor. Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat sein Begehren zutreffend zunächst mittels kombinierter Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), gerichtet auf Kassation der angefochtenen Bescheide und Verurteilung zur Leistung, verfolgt. Aus der materiell-rechtlichen Systematik des SER ergibt sich, dass in diese Rechtsschutzform als Minus ein Feststellungsantrag einbezogen ist. Beschädigtenrente (§§ 29 bis 34 BVG) kann nur gewährt werden, wenn Schädigungsfolgen in rentenberechtigtem Grad anerkannt sind (§ 1 Abs. 1 BVG i.V.m. §§ 29 ff. BVG). Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge hat insoweit feststellenden Charakter. In diesem Zusammenhang hat das BSG entschieden, dass die Möglichkeit, eine auf Feststellung durch den Versorgungsträger gerichtete Verpflichtungsklage zu erheben, eine Feststellungsklage nicht ausschließt (BSG, Urteil vom 15.12.1999 – B 9 VS 2/98 R – in: SozR 3-3200 § 81 Nr. 16 unter Hinweis auf BSG vom 19.01.1962 – 11 RV 248/59 – in: SozR Nr. 32 zu § 55 SGG). Aber auch neben der Anfechtungs- und Leistungsklage hat die Rechtsprechung zumindest für den Bereich der Kriegsopferversorgung eine selbständige Feststellungsklage zugelassen (BSG, Urteil vom 15.12.1999 – B 9 VS 2/98 R -; BSG, Urteil vom 10.12.1958 – 11/9 RV 1148/57 – in: BSGE 9,17; BSG, Urteil vom 21.01.1959 – 11/8 RV 181/57 – in: BSGE 9, 80; BSG vom 03.11.1959 – 9 RV 826/56 – in: BSGE 11, 26; BSG vom 25.06.1964 – 10 RV 835/61 – in: BSGE 21, 167). Eine Anfechtungs- oder kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage macht eine gleichzeitige Feststellungsklage nur dann unzulässig, wenn mit ihr nur die selbständige Feststellung zu einer Vorfrage des Leistungsstreits begehrt wird (BSG, Urteil vom 15.12.1999 – B 9 VS 2/98 R -; BSG vom 23.01.1973 – 3 RK 17/71 – in: SozR Nr. 51 zu § 55 SGG). Zwar ist der Versorgungsanspruch einheitlich (BSG, Urteil vom 18.05.2006 – B 9a V 2/05 R – in: SozR 4-3100 § 1 Nr 3; vgl. auch BSG, Urteil vom 25.03.2004 – B 9 VS 2/01 R – in: SozR 4-3200 § 88 Nr. 1). Der solchermaßen umfassende Leistungs- und Versorgungsanspruch kann indessen vom Kläger kraft seiner Dispositionsbefugnis eingegrenzt werden, sofern er teilbar ist (BSG, Urteil vom 15.12.1999, a.a.O.). Das ist der Fall, wenn der Versorgungsanspruch auf unterschiedliche Sachverhalte gestützt wird (vgl. dazu allgemein BSG, Urteil vom 16.03.1989 – 4/11a RA 70/87 – in: SozR 1300 § 48 Nr. 55) oder aber aus prozessualen Gründen beschränkt werden kann. Beispielsweise ist es einem Beschädigten unbenommen, seinen aus einer gegen ihn gerichteten Gewalttat hergeleiteten Anspruch auf Entschädigung dahin einzugrenzen, dass nur die Anerkennung (= Feststellung) einer Schädigungsfolge begehrt wird. Ein solches Vorgehen unterliegt seiner alleinigen Dispositionsbefugnis etwa mit dem Ziel, (nur) Heilbehandlung (§§ 10 ff. BVG) gewährt zu bekommen. Demgemäss hat das BSG im Urteil vom 15.12.1999 (a.a.O.) zutreffend ausgeführt, dass die Feststellung der Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht mehr als nur die Feststellung einer Vorfrage für das Leistungsverhältnis ist; sie ist Gegenstand einer selbständigen Feststellung (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Zwar betrifft § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG ausweislich des Wortlauts nur die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist. Einer solchen Schädigung stehen jedoch Schädigungen im übrigen SER (z.B. SVG, OEG) gleich (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Auflage, 2008, § 55 Rdn. 13; so wohl auch Jung in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 55 Rdn. 7; Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Auflage, Januar 2008, § 55 Anm. 4; Zeihe, SGG, Mai 2008, § 55 Rdn. 14). Soweit in der Literatur eine gegenteilige Auffassung dahin vertreten wird, dass § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG nur den Sonderfall einer gesetzlich angeordneten Zulässigkeit der Elementenfeststellungsklage betreffen soll (so Castendiek in: Hk-SGG, 1. Auflage, 2003, § 55 Rdn. 31; vgl. auch Bley in: Gesamtkommentar Sozialversicherung, August 1989, § 55 Anm. 4a, c; Rohwer-Kahlmann, SGG, August 2007, § 55 Rdn. 15), folgt der Senat dem nicht. Ob und inwieweit eine Schädigungsfolge anzuerkennen ist, hat nach der Konzeption des SER – wie zuvor aufgezeigt – eine eigenständige rechtliche und namentlich auch wirtschaftliche Bedeutung. Rechtserhebliche Unterschiede zwischen der eigentlichen KOV nach dem Bundesversorgungsgesetz und den entschädigungsrechtlichen Nebengesetzen (z.B. OEG) bestehen nicht. Die Regelung des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG hat insoweit nur klarstellenden Charakter, denn die Klage auf Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung im Sinne des BVG ist, betrifft gleichermaßen die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinn des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (so auch Keller a.a.O.; Jung a.a.O.).
Ausgehend hiervon hat der Senat den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2008 im Einvernehmen mit dem Kläger hinsichtlich des von ihm auch geltend gemachten Anspruchs auf Beschädigtenrente abgetrennt. Hingegen ist der Rechtsstreit betreffend den Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge entscheidungsreif. Der Kläger hat, wie sein Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2008 dargelegt hat, wegen eines Anspruchs auf Übernahme von Behandlungskosten durch die Versorgungsverwaltung gem. § 1 Abs. 1 S. 1 OEG i.V.m. § 10 ff BVG ein rechtliches und finanzielles Interesse daran, dass die Schädigungsfolgen alsbald bescheidmäßig anerkannt werden. Fortlaufend bedarf er wegen der psychischen Folgen des Angriffs vom 07.03.1999 fachärztlicher Behandlungen, die seine Krankenkasse nicht, nur teilweise oder erst nach Durchführung von Verwaltungs- und/oder Klageverfahren zu zahlen bereit ist.
Der Kläger hat seine Klagen bei Klageerhebung zutreffend gegen das Land NRW gerichtet. Das die Klage abweisende Urteil des SG hat der Kläger mit der Berufung angegriffen. Berufungsbeklagter war zunächst das Land NRW. Infolge von §§ 1 und 4 VersAEinglG ist jedoch ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Berufungsbeklagter ist seit dem 01.01.2008 nicht mehr das Land sondern der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
Im Einzelnen:
a Rechtslage in NRW bis zum 31.12.2007
Das SER regelt Gesundheitsschäden, für deren Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einzustehen hat (§ 5 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)). Es umfasst folgende (Bundes-) Gesetze: Bundesversorgungsgesetz (BVG), Opferentschädigungsgesetz (OEG), Infektionsschutzgesetz (IfSG), Soldatenversorgungsgesetz (SVG), Zivildienstgesetz (ZDG), strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG), Häftlingsgesetz (HHG). "Leitgesetz" ist insofern das die eigentliche Kriegsopferversorgung (KOV) regelnde BVG (vgl. Frehse in: Jahn/Klose SGB I, § 5 Rdn. 3). Die übrigen Gesetze des SER nehmen hinsichtlich der Leistungen auf das BVG Bezug. Selbstständig geregelt sind in ihnen nur die besonderen Anspruchsvoraussetzungen (vgl. Fischer/Fichte in: Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht, 6. Auflage, 2007, Rdn. 3).
Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Anerkennung (Feststellung) einer Schädigungsfolge ergeben sich aus § 1 Abs. 1 OEG. Hinsichtlich des Leistungsumfangs verweist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG auf das BVG, das seinerseits in § 9 die Versorgung dem Grunde nach bestimmt und in den §§ 10 ff. weitere Leistungsvoraussetzungen für die einzelnen Versorgungsarten aufstellt. Die entschädigungsrechtlichen Nebengesetze (OEG u.a.) regeln die für ihre Durchführung zuständigen Verwaltungsbehörden nicht unmittelbar selbst, sondern erklären die Behörde für zuständig, die für die Durchführung des BVG verantwortlich ist (§ 88 Abs. 1 SVG; § 51 Abs. 1 ZDG; § 4 Abs. 1 HHG; § 64 Abs. 1 S. 1 IfSG). § 6 Abs. 1 S. 1 OEG lautet insoweit:
"Die Versorgung nach diesem Gesetz obliegt den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden."
Der Bundesgesetzgeber hat hierzu im ErrG inhaltliche Vorgaben gemacht. Dabei verfolgt er das Ziel, die Einheitlichkeit der Anwendung des BVG im Bundesgebiet, die Qualität der Versorgungsverwaltung sowie einen sachgerechten und rationellen Verwaltungsaufbau zu wahren, eine besonders fürsorgliche Behandlung des betroffenen Personenkreises durch fachlich geschultes Personal sicherzustellen und eine zentrale Koordination der Aufgaben nach umfassender Fachkompetenz zu gewährleisten (BT-Drucks. 14/640 Begründung zu Artikel 33, S. 19 f; vgl. auch Straßfeld, Die Versorgungsverwaltung, 2001, S. 20).
Gemäß § 1 ErrG wird die Versorgung der Kriegsopfer von "Versorgungsämtern und Landesversorgungsämtern" durchgeführt. In § 3 ErrG ist hierfür ein dreigliedriger Verwaltungsaufbau (Versorgungsamt, Landesversorgungsamt, oberste zuständige Landesbehörde) vorgesehen, wobei die Versorgungsämter den Landesversorgungsämtern und diese den zuständigen obersten Landesbehörden "unterstehen" müssen. In NRW existierten Versorgungsämter und das Landesversorgungsamt zunächst als besondere Landesbehörden (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 Landesorganisationsgesetz (LOG NRW) i.V.m. § 6 Abs. 2 LOG NRW in der bis zum 31.12.2007 maßgeblichen Fassung). Die Schaffung besonderer, nicht in die allgemeine Landesverwaltung eingegliederter Verwaltungsbehörden entsprach dem ursprünglichen Wortlaut des § 1 ErrG. Durch das Zweite Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 03.05.2000 wurde § 1 ErrG neu gefasst. Gestrichen wurde dabei unter anderem die Regelung, dass die Versorgungsämter und Landesversorgungsämter "als besondere Verwaltungsbehörden errichtet werden". Entgegen der mit dem zugrunde liegenden Gesetzentwurf des Bundesrates verfolgten Absicht, das ErrG in vollem Umfange aufzuheben (vgl. BT-Drucks 14/640 Begründung zu Artikel 33, S. 19 f), wodurch die Bundesländer die volle Organisationsfreiheit über die Einrichtung und Gestaltung der für die KOV zuständigen Behörden erlangt hätten, kam es infolge des Widerstandes der Bundesregierung (vgl. BT-Drucks 14/640 zu Artikel 33 S. 19, 20) im Zuge der Beratung der mit der Angelegenheit befassten Bundestagsausschüsse (federführend war der Innenausschuss) zu der heutigen Gesetzesfassung. Die neue Fassung entspricht dabei dem durch den Einigungsvertrag Kapitel VIII Anlage 1 Sachgebiet K Abschnitt III Nr. 2 a, c, d in den Beitrittsländern ab 01. 01. 1991 begründeten Rechtszustand (vgl. BGBl. 1990 II, 885, 1068).
Da § 1 ErrG nach seiner Neufassung nicht mehr die Verpflichtung zur Errichtung von Versorgungsämtern und Landesversorgungsämtern als "besondere Verwaltungsbehörden" vorsah, löste das Land NRW durch Artikel 1 § 3 des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen (Modernisierungsgesetz – 2. ModernG) vom 09.05.2000 (GVBl. NRW 2000, 462 ff.) das Landesversorgungsamt auf. Seine Aufgaben wurden auf die Bezirksregierung Münster als allgemeine Landesbehörde übertragen und dort in Abteilung 10 wahrgenommen. Mit Beschluss vom 28.11.2000 entschied die Landesregierung, dass diese Abteilung den Zusatz "Soziales und Arbeit, Landesversorgungsamt" trägt. Die Versorgungsämter blieben hingegen als besondere Behörden des Landes bestehen. Mit den Versorgungsämtern als unteren Landesbehörden (§ 9 Abs. 2 LOG NRW in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung), mit der Bezirksregierung Münster und mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) als zuständiger oberster Landesbehörde bestand bis Ende des Jahres 2007 der von § 3 ErrG geforderte dreistufige hierarchische ("unterstehen") Versorgungsaufbau.
Den gegen die Eingliederung des Landesversorgungsamtes in die allgemeine Landesverwaltung zum 01.01.2001 geäußerten Einwänden der Literatur (Straßfeld, a.a.O., S. 18 ff.; Zeihe, SGb 2001, S. 116 ff.) sind das Landessozialgericht NRW (Urteile vom 31.01.2001 – L 10 VS 28/00 -, vom 14.03.2001 – L 10 SB 86/00 -, vom 03.04.2001 – L 6 SB 63/00 – sowie vom 16.05.2001 – L 10 V 45/00 -) und auch das Bundessozialgericht (Urteile des BSG vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -, vom 07.11.2001 – B 9 SB 1/01 R, vom 27.02.2002 – B 9 V 8/01 R – sowie vom 27.02.2002 – B 9 SB 6/01 R -) trotz ebenfalls geäußerter Bedenken im Ergebnis nicht gefolgt. Das BSG führt dazu aus, dass nach der Neufassung von § 1 ErrG den Ländern bundesrechtlich nicht mehr zwingend vorgegeben sei, die Versorgungsverwaltung als "besondere" Verwaltungsbehörden zu errichten. § 3 ErrG erfordere jedoch nach wie vor eine hierarchische Struktur der Versorgungsverwaltung sowie Dienst- und Fachaufsicht der jeweils nächsthöheren Versorgungsverwaltungsbehörde, insbesondere auch die Dienst- und Fachaufsicht des damaligen Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie (MASQT) des Landes NRW als oberste Landesbehörde über die Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster als derjenigen Stelle, auf die die Aufgaben des früheren Landesversorgungsamtes in Nordrhein-Westfalen übertragen worden waren (vgl. Urteil des BSG vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -).
Ausgehend von dieser Rechtslage hat das Versorgungsamt T als besondere Landesbehörde den angefochtenen Bescheid sowie den nach § 44 SGB X zu überprüfenden Bescheid und die Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster als Landesbehörde den Widerspruchsbescheid erlassen.
Anfang 2006 brachte der Bundesrat einen "Entwurf eines … Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern ( … Zuständigkeitslockerungsgesetz)" in den Bundestag ein (Bundestagsdrucksache 16/518, S. 5 ff). Dort heißt es in Art. 5:
"Aufhebung des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung
Das Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 833-2, veröffentlichten, bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch … wird aufgehoben."
In der Begründung zu Art. 5 wird ausgeführt, das Zweite Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 03.05.2000 gebe entgegen der Intention des Gesetzgebers die Dreistufigkeit der Versorgungsverwaltung weiterhin verbindlich vor. Von der Rechtsprechung werde die Vorschrift so ausgelegt, dass die Versorgungsverwaltung als Sonderverwaltung fortbestehen müsse, so dass eine Eingliederung in die allgemeine Verwaltung nicht möglich sei, "auch eine Kommunalisierung (Anm.: Hervorhebung durch den Senat) erscheine danach ausgeschlossen". Die Länder müssten aber die Möglichkeit haben, die bisherigen überholten Strukturen zu verändern und die Verwaltung aus Kostengründen zu straffen. Die Bundesregierung wies in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf darauf hin, dass das Gesetz im Zusammenhang mit der Föderalismusreform zu sehen sei. Die im Rahmen des Art. 84 GG beabsichtigten Änderungen würden es den Bundesländern künftig erlauben, "von Bundesgesetzen abweichende Regelungen zu treffen, welche Regelungen zur Einrichtung von Landesbehörden (Anm.: Hervorhebung durch den Senat) enthielten. Einfachgesetzliche Regelungen seien nicht mehr erforderlich". Die Erforderlichkeit des Gesetzes solle unter diesem Gesichtspunkt geprüft werden. Das Gesetz wurde nicht verabschiedet.
b Rechtslage in NRW seit dem 01.01.2008
Nachdem mit dem 2. ModernG zum 01.01.2001 das Landesversorgungsamt als besondere Verwaltungsbehörde aufgelöst und seine Aufgaben insgesamt auf die Bezirksregierung Münster (Abteilung 10) als allgemeine staatliche Verwaltungsbehörde übertragen worden sind, wollte die Landesregierung NRW auch die Versorgungsämter als untere Ebene der Versorgungsverwaltung in den allgemeinen Verwaltungsaufbau des Landes NRW überführen und dabei die Versorgungsverwaltung insgesamt kommunalisieren. In der Landtagsdrucksache 14/4342, mit der das VersAEinglG als Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen (2. Straffungsgesetz) in den Landtag eingebracht wurde, heißt es insoweit:
"A. Problem
Nach dem Koalitionsvertrag vom 20. Juni 2005 stellt die Verwaltungsstrukturreform einen Schwerpunkt der Landespolitik dar. Zu den vorrangigen Zielen der Verwaltungsstrukturreformen gehört es, die Verwaltung des Landes zu verschlanken. Hierzu sind Sonderbehörden soweit als möglich aufzulösen und ihre Aufgaben zu kommunalisieren oder in die allgemeine Verwaltung zu integrieren.
Die staatliche Versorgungsverwaltung als untere staatliche Sonderverwaltung in Nordrhein-Westfalen ist heute nicht mehr notwendig und nicht mehr zeitgemäß. Versorgungsdienststellen wurden – als militärische Dienststellen – ursprünglich im 19. Jahrhundert (vor allem anlässlich des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71) zur Kriegsopferversorgung eingerichtet. Eigenständige zivile Versorgungsämter wurden durch das Reichsgesetz über die Versorgungsbehörden vom 15. Mai 1920 zur Durchführung des Reichsversorgungsgesetzes begründet. Über 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges muss das Land an dieser eigenständigen Verwaltung zur Versorgung von Kriegsopfern und Hinterbliebenen nicht mehr festhalten.
Das Aufgabenspektrum der 11 staatlichen Versorgungsämter als untere staatliche Verwaltungsbehörde ist äußerst heterogen und betrifft vier unterschiedliche, voneinander unabhängige Aufgabenbereiche. Neben den ursprünglichen Aufgaben der Kriegsopferversorgung nehmen die Versorgungsämter Aufgaben des Schwerbehindertenrechts, des sozialen Entschädigungsrechts, des Erziehungsgeld- sowie Elterngeld/Elternzeitrechts wahr und führen arbeitsmarkt- und sozialpolitische Förderprogramme durch.
B. Lösung
…, wird mit dem vorliegenden Gesetz nun auch die untere Ebene der Versorgungsverwaltung in den allgemeinen Verwaltungsaufbau des Landes Nordrhein-Westfalen überführt und neu organisiert. Die bislang als staatliche dreizügige Verwaltung eingerichtete Versorgungsverwaltung wird damit aufgelöst. Die Aufgaben der Versorgungsämter werden weitgehend kommunalisiert.
Die (großen) Aufgabenbereiche des Schwerbehindertenrechts und des am 01. Januar 2007 in Kraft getretenen Elterngeld- und Elternzeitgesetzes werden mit Wirkung vom 01. Januar 2008 auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen.
Die von zurückgehenden beziehungsweise geringen Fallzahlen mit gleichzeitig hoher Komplexität der Materie geprägten kleineren Aufgabenbereich der Kriegsopferversorgung und des sozialen Entschädigungsrechtes werden mit Wirkung vom 01. Januar 2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Gleichzeitig werden bislang bei den Kreisen, den kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten angesiedelter Aufgaben der Kriegsopferfürsorge mit den Aufgaben der Kriegsopferversorgung bei den Landschaftsverbänden gebündelt.
Die Aufgabenbereiche der arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Förderprogramme werden mit Wirkung vom 01. Oktober 2007 auf die Bezirksregierung übertragen."
Das VersAEinglG trifft zur Umsetzung dieser Ziele folgende Regelung:
"Artikel 1
Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen
I. Auflösung der Versorgungsämter und Übertragung der Aufgabenbereich
§ 1 Auflösung der Versorgungsämter
(1) Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben werden nach Maßgabe dieses Gesetzes den Kreisen und kreisfreien Städten, den Landschaftsverbänden und den Bezirksregierungen übertragen.
(2) Die Beamten und die tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter gehen nach Maßgabe dieses Gesetzes auf die Kreise und kreisfreien Städte, die Landschaftsverbände, auf die Bezirksregierungen und auf das Landesamt für Personaleinsatzmanagement über beziehungsweise werden im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt.
(3) Die Versorgungsämter Aachen, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Münster, Soest und Wuppertal werden mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aufgelöst.
§ 2 Aufgaben des Schwerbehindertenrechts …
§ 3 Aufgaben der Kriegsopferfürsorge …
§ 4 Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechtes einschließlich der Kriegsopferversorgung
(1) Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechtes einschließlich der Kriegsopferversorgung werden mit Wirkung vom 01. Januar 2008 auf die Landschaftsverbände übertragen.
(2) Die Landschaftsverbände nehmen die Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr. Die Aufsicht führt die fachlich zuständige oberste Landesbehörde. Diese kann allgemeine und besondere Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern. Zur zweckmäßigen Sicherung der Aufgaben kann die Aufsichtsbehörde allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Durchsetzung der Aufgaben zu sichern."
Dementsprechend existieren in NRW seit dem 01.01.2008 keine Versorgungsämter in Gestalt besonderer Verwaltungsbehörden mehr. Auch die bislang als Landesversorgungsamt tätige Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster wurde aufgelöst. Gesetzgebungstechnisch erfolgte dies allerdings nicht durch das VersAEinglG. Vielmehr wurde mittels Art. 2 des Straffungsgesetzes die Regelung des Art. 1 § 3 des 2. ModernG gestrichen. Die Aufgaben der Versorgungsämter haben seit dem 01.01.2008 die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe übernommen, soweit es um Angelegenheiten des SER geht (§ 4 Abs. 1 VersAEinglG). Es handelt sich bei ihnen um öffentlich-rechtliche Körperschaften mit dem Recht zur Selbstverwaltung (§ 2 der Landschaftsverbandsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (LVerbO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.1994 (GV. NRW. S. 657), zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.04.2005 (GV. NRW. S. 306). Die Landschaftsverbände werden durch die in ihrem Zuständigkeitsbereich gelegenen Kreise und kreisfreien Städte gebildet (§ 1 LVerbO NRW). Sie sind zwar einerseits Teil des Landes NRW, andererseits aber auch Träger eigener Selbstverwaltungsrechte (Art. 28 Abs. 2 GG). Hierzu heißt es in Art. 78 Landesverfassung (LV) NRW:
"(1) Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind Gebietskörperschaften mit dem Recht der Selbstverwaltung durch ihre gewählten Organe.
(2) Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind in ihrem Gebiet die alleinigen Träger der öffentlichen Verwaltung, soweit die Gesetze nichts anderes vorschreiben.
(3) …" Das Land kann die Landschaftsverbände gem. Art. 78 Abs. 3 LV NRW und § 17 LOG NRW durch Gesetz (hier durch § 4 VersAEinglG) zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden, vorliegend in "III. Kostenfolgen" des VersAEinglG.
c Auswirkung des Zuständigkeitswechsels auf laufende Verfahren
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) führt ein Wechsel der Behördenzuständigkeit in laufenden Gerichtsverfahren zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes, wenn es sich – wie hier – um Behörden verschiedener Rechtsträger handelt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 05.07.2007 – B 9/9a SB 2/07 R -; BSG, Beschluss vom 08.05.2007 – B 12 SF 3/07 S – ; zur vergleichbaren Rechtslage vor dem 01.01.1976 vgl. BSGE 27, 200, 203 in: SozR Nr. 3 zu § 71 SGG; BSGE 62, 269, 270 in: SozR 1200 § 48 Nr. 14 S. 72; BVerwGE 120, 33 ff.; für Fälle der Funktionsnachfolge ebenso BVerwGE 44, 148, 150). Soweit das BSG für die Zeit nach dem 01.01.1976 und vor dem 01.07.2001 einen Beteiligtenwechsel verneint hat (BSG SozR 3-3100 § 89 Nr. 4 S. 12), beruht dies darauf, dass zwischenzeitlich § 3 Abs. 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV) geändert worden ist (BSG, Beschluss vom 25.10.2004 – B 7 SF 20/04 S -).
Die Entscheidung, ob der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge hat, wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.09.2001 vom Versorgungsamt T und im Widerspruchsverfahren von der Bezirksregierung Münster, Abteilung 10 – Soziales und Arbeit, Landesversorgungsamt – getroffen. Beim Versorgungsamt T handelte es sich um eine (besondere) untere Verwaltungsbehörde, mithin um eine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmende Stelle und damit um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X (zum Behördenbegriff eingehend BSG, Urteil vom 16.10.2007 – B 8/9b SO 8/06 R -). Auch die seit Anfang dieses Jahres gem. § 4 VersAEinglG für die Angelegenheiten des SER einschließlich des OEG zuständigen Landschaftsverbände sind Behörden im Sinn des § 1 Abs. 2 SGB X.
Der durch das VersAEinglG bewirkten Aufgabenübertragung liegt eine Rechtsträgernachfolge zugrunde (hierzu eingehend Urteil des Senats vom 05.03.2008 – L 10 V 9/05 -). Die Rechtsträgernachfolge führt prozessual zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes (zur Rechtsnachfolge vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2007 – B 9/9a SB 2/07 R -; Zeihe, SGG, 45. Ergänzungslieferung Stand 01.11.2007, Bem. 2 A VIII 2 vor § 54; LSG NRW, Urteile vom 05.03.2008 – L 10 V 9/05 – und vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 -). Dies gilt zumindest bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen, gerichtet auf Anerkennung (Feststellung) weiterer Schädigungsfolgen. Denn mit ihnen wird i.d.R. ein auch in die Zukunft gerichtetes Begehren verfolgt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in diesen Fällen die letzte mündliche Verhandlung (st. Rspr.; vgl. BSGE 41, 38, 40 in: SozR 2200 § 1418 Nr. 2 S. 2; BSGE 43, 1, 5 = SozR 2200 § 690 Nr. 4 S. 16 f. = SGb 1977, 547; BSGE 87, 14, 17 = SozR 3-2500 § 40 Nr. 3 S. 6 = Breith. 2000, 1004, 1006 = SGb 2001, 632, 634 = NZS 2001, 357, 358; BSGE 89, 294, 296 = SozR 3-2500 § 111 Nr. 3 S. 16 f. = Breith. 2003, 14, 16; Jung in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 54 Rdn. 33). Zu diesem Zeitpunkt kann allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Träger – hier der LWL – die begehrten Rechte gewähren. Da der Kläger seinen Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend macht, ist zum 01.01.2008 ein Beteiligtenwechsel vom Land NRW auf den LWL in analoger Anwendung der §§ 239 ff Zivilprozessordnung (ZPO) eingetreten (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19.04.2007 – 6 B 2649/06 -). Das gilt unabhängig von der Frage, ob die Regelungen der §§ 1, 4 VersAEinglG verfassungsmäßig oder verfassungswidrig sind, denn dieser Beteiligtenwechsel vollzieht sich kraft des VersAEinglG und nicht aufgrund der Bewertung der Wirksamkeit des VersAEinglG durch den erkennenden Senat als verfassungswidrig bzw. verfassungsgemäß.
Eine andere Frage ist, wer im Falle des Bestehens eines Anspruchs des Klägers zur Leistungserbringung zu verurteilen wäre. Dies könnte trotz des formellen Gesichtspunkten folgenden Beteiligtenwechsels auf Beklagtenseite das Land sein, das der Senat aus diesem Grund gem. § 75 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 SGG notwendig zum Verfahren beigeladen hat. Ob das Land oder der Landschaftsverband zu verurteilen ist, bleibt jedoch eine Frage der Passivlegitimation und damit der Begründetheit der Klage.
d Beteiligtenwechsel trotz § 71 Abs. 5 SGG
Ist sonach grundsätzlich ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten, bleibt weiter zu klären, ob § 71 Abs. 5 SGG dem entgegensteht. Hiernach müssen sich die Länder in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit durch die Landesversorgungsämter oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten lassen. Wäre hiermit durch Bundesrecht vorgegeben, dass in Angelegenheiten des SER immer das Land Verfahrensbeteiligter sein muss und dieses erst mittels eines Landesversorgungsamtes prozessfähig wird, wäre das Land nicht mehr ordnungsgemäß vertreten, sofern weder ein Landesversorgungsamt noch eine Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, besteht.
Mit Auflösung des Landesversorgungsamtes NRW durch Art. 1 § 3 Satz 2 i.V.m. Art. 37 Abs. 2 2. ModernG vom 09.05.2000 sind dessen Aufgaben zum 01.01.2001 auf die Bezirksregierung Münster, eine dem Innenministerium (IM) nachgeordnete Landesmittelbehörde der allgemeinen und inneren Verwaltung, übertragen worden (Art. 1 § 3 Satz 1 2. ModernG). Die Bezirksregierung Münster (Abt. 10) war seither Landesversorgungsamt i.S. des § 71 Abs. 5 SGG (BSG, Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -). Das VersAEinglG ändert hieran nichts. Aufgelöst werden nach dessen § 1 nur die Versorgungsämter. Soweit es die Bezirksregierung Münster (Abt. 10) anlangt, bestimmt das VersAEinglG in § 22 lediglich, dass die mit den Aufgaben der Widerspruchs- und Klagebearbeitung nach § 4 betrauten Beamten und tariflich Beschäftigten, soweit es für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist, mit Wirkung zum 01.01.2008 auf die Landschaftsverbände übergehen bzw. im Wege der Personalgestellung zwecks Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt werden. Mithin unterstellt das VersAEinglG, dass die Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster gleichermaßen zum 01.01.2008 aufgelöst ist. Dem liegt zugrunde, dass Art. 1 § 3 2. ModernG durch Art. 2 des Straffungsgesetzes gestrichen worden ist, mithin nunmehr keine das vormalige Landesversorgungsamt ersetzende Behörde mehr besteht. Verwaltungsmäßig umgesetzt hat die Landesregierung diesen Normbefehl u.a. durch den Erlass des Innenministeriums NRW vom 05.12.2007 – 52.18.01.02 -. Danach wird die Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster (Soziales und Arbeit, Landesversorgungsamt) zum 01.01.2008 aufgelöst. Ausweislich des dem Erlass beigefügten Organisationsplans ist nunmehr das Dezernat 29 der Abteilung 2 (Organisationsrecht, Gesundheit, Sozialwesen, Gefahrenabwehr, Verkehr) zuständig u.a. für das SER. Hierzu werden lediglich Teilzuständigkeiten der bisherigen Abteilung 10 auf das Dezernat 29 übertragen. Soweit mittels des § 4 VersAEinglG den Landschaftsverbänden die Aufgabenerfüllung nach dem SER übertragen worden ist, betrifft dies nur die den vormaligen Versorgungsämtern obliegenden Zuständigkeiten und nicht jene der Abteilung 10 (Landesversorgungsamt). Ein "neues" Landesversorgungsamt hat das Land entgegen der aus § 7a ErrG folgenden Verpflichtung nicht bestimmt. Hieraus folgt, dass weder das Dezernat 29 noch der jeweilige Landschaftsverband ein Landesversorgungsamt im Sinn der Vorschriften des SGG (z.B. § 14 Abs. 3 Satz 1) und namentlich nicht des § 71 Abs. 5 1. Alt. SGG ist. Allerdings ist § 71 Abs. 5 SGG wegen der vom LSG Nordrhein-Westfalen geäußerten Bedenken hinsichtlich der Prozessfähigkeit des Landes NRW infolge der Auflösung des vormaligen Landesversorgungsamtes zum 01.01.2001 (z.B. Senatsurteil vom 31.01.2001 – L 10 VS 28/00 -) durch Gesetz vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144) mit Wirkung vom 02.01.2002 dahin erweitert worden, dass das Land seither auch durch die Stelle, der die Aufgaben des Landesversorgungsamtes übertragen worden sind, vertreten werden kann (vgl. BT-Drucks. 14/6335, S. 34). Auch nach der zweiten Alternative des § 71 Abs. 5 SGG kann ein Land allerdings nur durch eine Stelle vertreten werden, deren Organisation die für die fachliche Qualität der Vertretung erheblichen Anforderungen des ErrG erfüllt (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2004 – L 7 (5) SB 8/02 -). Ein Landschaftsverband genügt dem schon deswegen nicht, weil diesem mittels des VersAEinglG nur die Aufgaben von Versorgungsämtern, nicht hingegen jene der Abteilung 10 – Landesversorgungsamt – übertragen worden sind.
Dennoch steht die Vorschrift der vom Land verfolgten Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung nicht entgegen. Auszugehen ist vom Regelungsgehalt des § 71 Abs. 5 SGG. Diese Sondervorschrift dient der Qualitätssicherung. Ohne diese Regelung wären die Länder auch in Angelegenheiten des SER und des Schwerbehindertenrechts schon nach Absatz 3 der Vorschrift prozessfähig. Der Gesetzgeber hat indessen in SER-Angelegenheiten seit jeher die Vertretung des Landes durch eine dafür besonders geeignete Stelle für erforderlich gehalten und deshalb die Prozessfähigkeit hiervon abhängig gemacht (LSG Sachsen-Anhalt a.a.O.; vgl. auch LSG NRW, Urteil vom 31.01.2001 – L 10 VS 28/00 -). Soweit die Auffassung vertreten wird, § 71 Abs. 5 SGG betreffe eine Frage der Verwaltungsorganisation (so Stellungnahme der Bundesregierung zum Entwurf einer Verwaltungsprozessordnung in BT-Drucks. 10/3437, S. 95) oder sei ein Instrument zur Koordination der Versorgungsverwaltung der einzelnen Länder (LSG Bremen, Urteil vom 24.08.1954 – Son 1/54 – in: Breithaupt 1954, 985, 989), folgt der Senat dem nicht. Die Vorschrift zwingt die Länder nicht, ihre bisherigen Verwaltungsstrukturen im Bereich des SER beizubehalten. Ein dahingehendes Verständnis des § 71 Abs. 5 SGG wäre mit den bundesstaatlichen Kompetenzregelungen des Grundgesetzes nicht vereinbar. Nach Art. 30 und 70 GG bedürfen Regelungen durch den Bundesgesetzgeber einer verfassungsrechtlichen Grundlage. Im Bereich des § 71 Abs. 5 SGG muss insoweit zwischen der Gesetzgebung der Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des sozialgerichtlichen Verfahrens (Art. 70 GG) und der Regelung der Einrichtung von Behörden und des Verwaltungsverfahrens (Art. 84 und 85 GG) unterschieden werden. Bei der Neuregelung des SGG durch das 6. SGG-Änderungsgesetz ist der Bundesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungszuständigkeit auf dem Gebiet des gerichtlichen Verfahrens nach dem damaligem Art. 74 Nr. 1 GG ausgegangen, der mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG in der Fassung vom 20.12.1993 übereinstimmt. Auch die in § 71 Abs. 5 SGG geregelten besonderen Anforderungen an die Prozessfähigkeit des Landes in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts können somit nur in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ihre kompetenzrechtliche Grundlage finden. Hätte der Gesetzgeber also nicht nur eine besondere Regelung bezüglich der Qualität der Vertretung des Landes in den SER-Verfahren treffen wollen, sondern auch eine Regelung bezüglich der für die Durchführung dieser Gesetze zuständigen Behörden, so hätte er, zumindest im Rahmen der betroffenen Gesetze (BVG, OEG, etc.), Art. 84 Abs. 1 GG in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung beachten und das SGG sowie insbesondere § 71 Abs. 5 SGG mit Zustimmung des Bundesrates beschließen müssen. Die Organisationsgewalt der Länder wäre im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG a.F. eingeschränkt worden. Das sollte jedoch offensichtlich nicht geschehen (so auch Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 19.02.2004 – L 7 (5) SB 8/02 -). Zwar hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf die Auffassung vertreten, das 6. SGG-Änderungsgesetz sei gemäß Art. 84 GG zustimmungsbedürftig. Hierzu bezog er sich jedoch nicht etwa auf die geplante Regelung in § 71 Abs. 5 SGG, sondern auf andere Vorschriften des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 14/5943 S. 33). Im Übrigen zeigt auch die vom Bundesgesetzgeber mit Wirkung zum 02.01.2002 im Anschluss an die Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Prozessfähigkeit der Bezirksregierung (BSG, Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R – in: BSGE 88, 153; Urteil vom 07.11.2001 – B 9 SB 1/01 R -) vorgenommene Änderung des § 71 Abs. 5 SGG, dass diese prozessrechtliche Vorschrift neuen Verwaltungsstrukturen der Länder angepasst wird und der Bundesgesetzgeber insoweit keinen status quo landesrechtlicher Organisationseinheiten perpetuieren will. § 71 Abs. 5 SGG steht dem Beteiligtenwechsel mithin nicht entgegen (so auch Urteil des Senats vom 05.03.2008 – L 10 VG 9/05 -).
e Örtlich zuständiger Landschaftsverband
Örtlich zuständiger Landschaftsverband und damit Beklagter ist der LWL, in dessen Zuständigkeitsbereich die Kläger wohnt (§ 6 Abs. 1 S. 1 OEG i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 Verordnung über die Zuständigkeiten im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts (ZustVO SER) vom 18.12.2007 (GV. NRW S. 740); LSG NRW, Urteil vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -).
2 Keine abschließende Sachentscheidung möglich
Eine abschließende Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, denn er beabsichtigt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und den zuständigen Leistungsträger zu verurteilen, eine "Depression mit Angst gemischt" als Schädigungsfolge i.S.v. § 1 OEG anzuerkennen. Wer insoweit zuständiger und damit zu verurteilender Leistungsträger ist, regeln §§ 1 und 4 VersAEinglG. Nach dem VersAEinglG müsste der beklagte Landschaftsverband Westfalen-Lippe verurteilt werden, nach dem ErrG das nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig beigeladene Land NRW. Da der Normenkonflikt nicht aufzulösen ist, also entweder das Landesgesetz ohne Beachtung des Bundesgesetzes oder umgekehrt das Bundesgesetz ohne Beachtung des Landesgesetzes angewandt werden müsste, ist der Rechtsstreit dem BVerfG nach Art. 100 GG vorzulegen.
Im Einzelnen:
a Begründetheit der Klage
Die Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide beschweren den Kläger im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit es das Versorgungsamt abgelehnt hat, die bei ihm vorliegende "Depression mit Angst gemischt" als eine durch ein schädigendes Ereignis im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG hervorgerufene Gesundheitsstörung anzuerkennen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG). Der Kläger hat Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids vom 13.04.2000 und Anerkennung einer "Depression mit Angst gemischt" als Schädigungsfolge.
Das ergibt sich wie folgt:
Soweit im Einzelfall bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 SGB X). Der Bescheid vom 13.04.2000 war rechtswidrig, weil das Versorgungsamt bei seinem Erlass von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als unrichtig erwiesen hat. Diese Rechtswidrigkeit hat das vormalige Versorgungsamt verkannt und mit Bescheid vom 24.09.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2002 den Überprüfungsantrag des Klägers in vollem Umfang abgelehnt.
(1) Tätlicher Angriff i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält derjenige, der infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Ein tätlicher Angriff ist grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung. Der Angriff muss eine gesundheitliche Schädigung hervorgerufen haben, durch die es zu einer in Grad der Schädigungsfolge (GdS) zu bewertenden Schädigungsfolge gekommen ist. In aller Regel wird die Angriffshandlung den Tatbestand einer vorsätzlichen Straftat gegen das Leben i.S. der §§ 211 ff Strafgesetzbuch (StGB) oder gegen die körperliche Unversehrtheit i.S. der §§ 223 ff. StGB erfüllen. Deshalb ist – für den inneren Tatbestand (Vorsatz) – in der Regel auch das Wissen und Wollen des strafrechtlich relevanten Erfolges (Verletzung, Tötung) von Belang. Feindselig handelt sonach, wer (objektiv) gegen das Strafgesetz verstößt, indem er den Körper eines anderen verletzt (std. Rspr. vgl. nur BSG, Urteil vom 08.11.2007 – B 9/9a VG 2/06 R -).
Die Voraussetzungen liegen bezogen auf den Angriff des K vom 07.03.1999 vor. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Siegen (40 Ds 38 Js; 411/99 K 55/99), die der Senat sich zu eigen macht, hat K sich durch seinen Angriff auf den Kläger am 07.03.1999 einer gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch unstreitig.
(2) Die durch den tätlichen Angriff verursachte Schädigung
Durch die Tritte und Schläge des K sind beim Kläger ausweislich des Arztberichts des Erstbehandlers vom 07.03.1999, des Chirurgen Dr. F, körperliche Schädigungen in Form von Abschürfungen an der rechten Stirn, Druckschmerzen am linken Thorax und der Wirbelsäule, kurzzeitige Bewusstlosigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit hervorgerufen worden. Hinzugetreten ist eine psychische Belastungsstörung. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. G und Dr. T. Eine Bestätigung hierfür findet sich in den Ausführungen der behandelnden Dipl.-Psychologin N vom 24.07.2000.
(3) Schädigungsfolge in Form einer Depression mit Angst gemischt
Die Schädigung hat eine "Depression mit Angst gemischt" als Schädigungsfolge verursacht. Das steht fest aufgrund der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G sowie den Erläuterungen der Sachverständigen Dr. T im Termin vom 23.07.2008. Der Einwand des Beklagten, der Kläger habe auch schon vor dem Angriff vom 07.03.1999 unter Ängsten gelitten, eine Angststörung sei somit nicht neu aufgetreten, überzeugt nicht. Soweit beispielsweise in dem Entlassungsbericht der Klinik Wittgenstein vom 28.05.1999, also unmittelbar vor dem schädigenden Ereignis, dokumentiert ist, dass der Kläger unter (Versagens-) Ängsten litt, entspricht das nicht der Diagnose "Depression mit Angst gemischt". Vielmehr handelt es sich dabei um die Beschreibung von Symptomen, die bspw. auch bei Depressionen auftreten können. Die erst nach der Tat vom 07.03.1999 beim Kläger aufgetretene Angststörung zeichnet sich dadurch aus, dass die Ängste sich zu teilweise mit Todesangst verbundenen Panikattacken ausweiten, und der Kläger vegetativ reagiert, d.h. er schwitzt, der Puls rast etc … Der Kläger leidet auch aktuell an Angststörungen, wenngleich in verminderter Form. Diese treten dann auf, wenn der Kläger dem K begegnet oder er auch nur ein Auto sieht, das dem Fahrzeug des K ähnelt; ferner wenn der Name des K erwähnt und der Kläger hierdurch an diesen erinnert wird. Eine Bestätigung hierfür findet sich darin, dass Dipl.-Psychologin N den Kläger vor und nach dem Angriff behandelt hat und sie für die Zeit nach dem schädigenden Ereignis eine zuvor nicht festgestellte "wiederauftauchende depressive Reaktion und zusätzlich (Anm.: Hervorhebungen durch den Senat) eine tiefgreifende Angststörung" diagnostiziert hat. Diese Einschätzung wird von den Sachverständigen Prof. Dr. G und Dr. T bestätigt. Soweit der Kläger nach Ansicht aller ihn behandelnden Ärzte und der Sachverständigen bereits vor dem schädigenden Ereignis unter Funktionsstörungen der Psyche litt, hat die Sachverständige Dr. T diese unter Auswertung der eingeholten Befund- und Behandlungsberichte überzeugend als Dysthemie mit wiederholt auftretenden Depressionen beschrieben.
Daraus folgt: Das Versorgungsamt ist beim Bescheid vom 13.04.2000 insoweit von einem unrichtigen Sachverhalt i.S.d. § 44 Abs. 1 SGB X ausgegangen, als es der Auffassung war, Schädigungsfolgen hätten nur vorübergehend vorgelegen und seien folgenlos abgeheilt. Entsprechend hat es die zunächst übernommenen Kosten für die Behandlung durch Dipl. Psychologin N i.H.v. 1.200,00 DM von der Versicherung des Klägers zurückgefordert (Schreiben des Versorgungsamt vom 08.10.2001). Das Versorgungsamt gewährt mithin für die anzuerkennende Schädigungsfolge keine Heilbehandlung und hat insoweit Sozialleistungen (§ 11 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)) zu Unrecht nicht erbracht. Der angefochtene Bescheid vom 24.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2002 ist daher rechtswidrig und abzuändern.
b Passivlegitimation
Wer zur Feststellung der Schädigungsfolge "Depression mit Angst gemischt" zu verurteilen ist, der kraft Gesetzes zum 01.01.2008 in den Rechtsstreit eingetretene LWL oder das zunächst beklagte und inzwischen gem. § 75 Abs. 2 SGG notwendig beigeladene Land NRW, steht aufgrund der sich widersprechenden Zuständigkeitsregelungen des VersAEinglG einerseits und des ErrG andererseits nicht fest. Der Normenkonflikt kann auch nicht etwa dadurch aufgelöst werden, dass das Land NRW mit dem VersAEinglG, einem formell-nachkonstitutionellen Landesgesetz, von den Vorgaben des "älteren" ErrG, einem nachkonstitutionellen Bundesgesetz, abweichen durfte. Dem stehen die Kompetenzregelungen der Art. 84 GG i.V.m. 125b Abs. 2 GG sowie Art. 85 GG entgegen. Soweit es die Durchführung des SER anlangt, ist das VersAEinglG zur Überzeugung des Senats verfassungswidrig.
Im Einzelnen:
(1) Notwendigkeit einer Sachentscheidung
Die Beteiligten haben sich trotz der Bemühungen des Senats um eine einvernehmliche Regelung in den Terminen vom 23.07.2008 und 03.09.2008 nicht einigen können. Das beigeladene Land NRW sieht sich aufgrund der Übertragung der Aufgaben des SER zum 01.01.2008 auf die Landschaftsverbände als kommunale Selbstverwaltungsträger sowie die damit einhergehende Rechtsträgernachfolge als nicht mehr passiv legitimiert und damit auch nicht mehr als zur begehrten Feststellung einer Schädigungsfolge verpflichtbar an, unabhängig von der Frage, ob der strittige Anspruch des Klägers besteht oder nicht. Der LWL hingegen sieht sich zwar als grundsätzlich passiv legitimiert an, bestreitet aber im konkreten Fall (weiterhin) den Anspruch des Klägers auf Anerkennung einer Schädigungsfolge. Ausgehend von der Rechtsauffassung des Senats müsste das notwendig beigeladene Land NRW dazu verurteilt werden, eine Schädigungsfolge anzuerkennen (§ 75 Abs. 5 SGG). Das ist indessen nicht möglich, weil es infolge des VersAEinglG zu einer Rechtsträgernachfolge auf den LWL gekommen ist. Dieser wiederum kann nicht verurteilt werden, weil §§ 1, 4 VersAEinglG zur Überzeugung des Senats verfassungswidrig sind.
(2) Materiell Verpflichteter
Die Beantwortung der Frage, wer zu verurteilen ist, richtet sich danach, wer leistungspflichtig ist (BSG, Urteil vom 08.12.1988 – 2 RU 15/88 – in: SozR 1500 § 75 Nr. 74). Das wiederum hängt davon ab, welcher der beiden Rechtsträger für die Durchführung des SER und damit auch für die begehrte Anerkennung einer Schädigungsfolge nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG zuständig ist. Bundesrechtlich ergaben sich bis zum 31.12.2007 das Land NRW bindende Vorgaben für die Verwaltungszuständigkeit und das -verfahren bei der Durchführung des BVG und – mittels der Verweisung in § 6 Abs. 1 S. 1 OEG – für die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten aus dem ErrG (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -). Hiervon weicht das VersAEinglG in mehrfacher Hinsicht ab (a). Zu einer solchen Abweichung ist das Land nicht berechtigt, denn die durch das VersAEinglG ausnahmslos auf die Landschaftsverbände übertragenen Gesetze des SER sind teilweise der Bundesauftragsverwaltung zuzuordnen (so das OEG und das SVG), so dass das Land gem. Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG an das mit Zustimmung des Bundesrates erlassene ErrG gebunden ist (b). Auch soweit es sich um Gesetze handelt, die unter Art. 84 GG fallen, ist es dem Land bis zum Ablauf des 31.12.2008 verwehrt, von bundesrechtlichen Vorgaben betreffend das Verwaltungsverfahren abzuweichen, die auf Grund des Artikels 84 Abs. 1 GG in der vor dem 01.09.2006 geltenden Fassung erlassen worden sind (c).
(a) Abweichen des VersAEinglG vom ErrG
§ 1 ErrG bestimmt, dass Kriegsopfer durch Versorgungsämter und Landesversorgungsämter zu versorgen sind. Nach § 3 ErrG müssen die Versorgungsämter den Landesversorgungsämtern und diese ihrerseits den für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörden "unterstehen". Hierzu hat das BSG im Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R – zutreffend darauf hingewiesen, dass die für die Kriegsopferversorgung zuständigen Behörden nicht gänzlich nach dem Ermessen der Länder errichtet werden dürfen; vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Neufassung des § 1 ErrG, wie sich aus der Entstehungsgeschichte ergibt, ein Kompromiss zwischen den Interessen des Bundes und der Länder im Hinblick auf die Kompetenzabgrenzung des Art. 84 Abs. 1 GG darstellt. Im Bericht des Innenausschusses wurde klargestellt, dass neben der Fachaufsicht auch die Dienstaufsicht bei der obersten Landesbehörde verbleiben und die Versorgungsämter als kompetente, fachlich eigenständige Sozialbehörden bestehen bleiben müssen (hierzu BT-Drucks. 14/2797, S. 14). Aus der Formulierung in § 3 ErrG, dass die Versorgungsämter den Landesversorgungsämtern und diese der zuständigen obersten Landesbehörde "unterstehen" müssen, sowie aus der Entstehungsgeschichte des ErrG ergibt sich danach, dass die mit der KOV betraute oberste Landesbehörde sowohl die umfassende Fach- als auch die Dienstaufsicht über das (Landes-) Versorgungsamt innehaben muss (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -; Begründung zum Gesetzentwurf zu § 3 ErrG, BT-Drucks. 1/1729, S. 6).
(aa) Soweit die Fachaufsicht betroffen ist, genügt das VersAEinglG nicht den Vorgaben des § 3 ErrG. § 4 Abs. 2 Satz 1 VersAEinglG bestimmt, dass die Landschaftsverbände die Angelegenheiten des SER als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (vgl. zur Abgrenzung dieses Aufgabentyps von Selbstverwaltungsaufgaben und Auftragsverwaltung: Szymczak, Gutachten vom 14.11.2006, S. 4) wahrnehmen. Die Aufsicht führt dabei die fachlich zuständige oberste Landesbehörde (§ 4 Abs. 2 Satz 2 VersAEinglG), d.h. das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS). Bei der Übertragung von Pflichtaufgaben nach Weisung auf Landschaftsverbände besteht in NRW eine sog. Sonderaufsicht gem. § 24 Abs. 2 LVerbO NRW (zur Sonderaufsicht vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.06.2005 – 20 A 3988/03 -; Urteil vom 18.06.2002 – 15 A 83/02 -). Das Sonderaufsichtsrecht umfasst grundsätzlich sowohl die Prüfung der Rechtmäßigkeit als auch die der Zweckmäßigkeit der Aufgabenwahrnehmung. In § 16 LOG NRW ist zudem für den Fall, dass Gemeinden und Gemeindeverbände (Kreise und Landschaftsverbände) Bundesgesetze durchführen, die das Land im Auftrag des Bundes gemäß Art. 85 GG ausführt, ausdrücklich vorgesehen, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände an die Weisungen der Aufsichtsbehörde gebunden sind. Somit ist über § 16 LOG NRW im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung eine grundsätzlich unbeschränkte Aufsicht bezüglich der Recht- und Zweckmäßigkeit gewährleistet (Szymczak, a.a.O., S. 10; Rehn, Cronauge, Lennep, Kommentar zur Gemeindeordnung NRW, März 2008, § 129 GO Rdn. 4; Held, Becker, Winkel, Kommentar zur Gemeindeordnung NRW, 2008, § 119 GO Rdn. 4.2). Im Falle des Bundesauftragsverwaltung unterliegen damit die Landschaftsverbände in der Regel in fachlicher Hinsicht den gleichen Bedingungen wie nachgeordnete Landesbehörden. Es ist jedoch aufgrund der in Art. 28 GG und Art. 78 LV NRW garantierten Selbstverwaltung dieser Körperschaften verfassungsrechtlich nicht möglich, dass das Land von seinem umfassenden Weisungsrecht ohne besonderen Grund und ohne Weisungen vom Bund Gebrauch macht (Szymczak, a.a.O., S. 10). Zudem schränkt § 4 Abs. 2 S. 3 VersAEinglG das hinsichtlich der Fachaufsicht grundsätzlich umfassende Aufsichtsrecht des MAGS ein. Dieses kann allgemeine und besondere Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern (§ 4 Abs. 2 Satz 3 VersAEinglG). Zur zweckmäßigen Durchführung der Aufgaben kann die Aufsichtsbehörde allerdings nur noch allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Durchsetzung zu sichern (§ 4 Abs. 2 Satz 4 VersAEinglG), nicht aber – wie bisher und erforderlich – besondere Weisungen zur zweckmäßigen Regelung eines Einzelfalls.
(bb) Im Übrigen fehlt dem MAGS aufgrund der in Artikel 28 GG und Artikel 78 LV NRW garantierten Selbstverwaltung vollständig die Möglichkeit, Dienstaufsicht über die Landschaftsverbände auszuüben (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 20.12.2007 – 2 BvR 2433/04 – zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung von Gemeindeverbänden).
(cc) Die Kommunalisierung der SER-Aufgaben verstößt auch insofern gegen § 3 ErrG, als diese Vorschrift einen dreizügigen Aufbau der Versorgungsverwaltung vorsieht (Versorgungsamt, Landesversorgungsamt, zuständige oberste Landesbehörde). Diese Dreizügigkeit wird vom Eingliederungsgesetz nicht nachvollzogen (so ausdrücklich LT-Drucks. 14/4342 zum Punkt "B. Lösung"), denn den Landschaftsverbänden wird das SER als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen (1. Stufe). Als (Sonder-) Aufsichtsbehörde sieht § 4 Abs. 2 S. 1 Eingliederungsgesetz lediglich die "fachlich zuständige oberste Landesbehörde" – das MAGS – vor (2. Stufe; vgl. u.a. Urteil des Senats vom 05.03.2008 – L 10 V 9/05 -).
(dd) § 4 ErrG bestimmt, dass Beamte und Angestellte der Versorgungsverwaltung für die ihnen übertragenen Aufgaben "besonders geeignet" sein müssen (vgl. auch BVerwGE 2, 329 ff – zum Begriff der "besonderen Eignung" i.S.d. § 26 Abs. 1 Nr. 2 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26.01.1937 (RGBl. I S. 39)). Näheres regelt das Gesetz nicht. Das BSG hat hierzu im Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R – drei Faktoren herausgearbeitet, nämlich 1. die Übernahme der Mitarbeiter des (Landes-) Versorgungsamtes durch die Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster, 2. Struktur und Gefüge der Behörde und 3. die zumindest wesentlich beim Fachministerium (MAGS) liegende Dienstaufsicht, die diesem ausreichenden Einfluss auf die Bestellung des Personals, auch der Leitungsebene, einräumt. Diese Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs vorhanden sein. Etwaige "Nachqualifikationen" genügen nicht. Unzureichend ist es ferner, wenn sich die mit dem SER betrauten Beschäftigen des LWL die "besondere Eignung" nicht mittels einer speziellen Ausbildung sondern nur infolge einer kontinuierlichen verwaltungsmäßigen Befassung mit der Rechtsmaterie als Erfahrungswissen aneignen (vgl. auch BVerwG a.a.O.). Der Landesgesetzgeber hat mit dem Prinzip "das Personal folgt den Aufgaben" (§§ 9 ff. VersAEinglG), wonach die Mitarbeiter der Versorgungsämter auf die kommunalen Rechtsträger übergehen, versucht sicherzustellen, dass das bisherige "besondere" Qualitätsniveau erhalten bleibt. Der beklagte LWL hat hierzu mit einem in das Verfahren eingeführten Schriftsatz vom 20.02.2008 mitgeteilt, dass ausschließlich übergegangene Mitarbeiter der früheren Versorgungsämter mit der Durchführung des SER betraut seien. Erst zum 01.09.2008 würden voraussichtlich weitere Beamte, die derzeit die Ausbildung für Beamte des gehobenen Dienstes der Versorgungsverwaltung an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW durchliefen, im SER-Bereich eingesetzt. Diese Fachhochschulausbildung werde zukünftig allerdings nicht mehr angeboten; es würden dann nur noch allgemeine Kurse und keine auf die Besonderheiten der Versorgungsverwaltung zugeschnittenen besonderen Kurse für Beamte des gehobenen Dienstes angeboten. Von den übernommenen 119 Beamten wehrten sich zudem 11 und von den übernommenen 43 Angestellten sowie 31 Assistenzkräften wehrten sich 14 gerichtlich gegen ihre Übernahme durch die Landschaftsverbände. Die Gerichtsverfahren liefen noch. Ihr Ausgang sei noch nicht abzusehen.
Ob und inwieweit der beabsichtigte Personalübergang letztlich gelingt, ist derzeit zumindest sehr fraglich. In den bisher hiergegen geführten Eil- und Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster erhebliche Bedenken an der Verfassungsgemäßheit des VersAEinglG geäußert (z.B. Beschluss vom 21.12.2007 – 4 L 684/07 -) und das VG Düsseldorf sogar einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot angenommen (z.B. Beschluss vom 21.12.2007 – 13 L 1824/07 – bzw. Urteile vom 30.05.2008 – 13 K 695/08 – u.a.). In den Beschwerdeverfahren hat das OVG Nordrhein-Westfalen (vgl. u.a. die Beschlüsse vom 25.02.2008 – 6 B 2104/07 -, 18.06.2008 – 6 B 401/08 -; 18.08.2008 – 6 B 734/08 -) auf mehrere Aspekte hingewiesen, denen zufolge die Verfassungsmäßigkeit des VersAEinglG als fraglich erscheint. Das OVG äußert Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Landes, da das Statusrecht der Beamten geändert werde. Hierfür habe der Bund heute noch fortgeltende Regelungen in § 128 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) erlassen. Außerdem sei unklar, welche Beamten der Bezirksregierung auf die Landschaftsverbände übergehen sollten. Es sei auch nicht eindeutig, auf welchen Landschaftsverband der Übergang erfolge. Das Gesetz sehe einen Übergang nur vor, soweit er für die Aufgabenerfüllung erforderlich sei. Wann diese Voraussetzung vorliege, lege aber weder das Gesetz fest, noch komme dem Zuordnungsplan die Funktion zu, dies festzustellen. Hauptsacheentscheidungen des OVG liegen noch nicht vor.
Auch die mit den Rechtsstreitigkeiten befassten Arbeitsgerichte (ArbG) haben offenbar erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen den im VersAEinglG angeordneten Übergang von Mitarbeitern der früheren Versorgungsämter auf die Landschaftsverbände. So hat das ArbG Gelsenkirchen die Versetzungen zweier Mitarbeiter von Gelsenkirchen nach Münster als grundgesetzwidrig und auch als nicht mit dem Europäischen Recht vereinbar erklärt (Urteile vom 24.02.2008 – 5 Ca 11/08 – und – 5 Ca 2552/07 -). Diese Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Die Berufungsverfahren sind beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm zu den Az. 11 Sa 422/08 und 11 Sa 375/08 anhängig. Die Entscheidung des LAG Hamm vom 05.02.2008 – 11 SaGa 4/08 – steht der vom ArbG Gelsenkirchen geäußerten Rechtsauffassung nicht entgegen. Das LAG hat lediglich geprüft, ob die Zuordnung der dortigen Klägerin an den im Urteil bezeichneten kommunalen Rechtsträger offensichtlich rechtswidrig ist. Das LAG hat dies im Ergebnis verneint, ohne sich dazu zu äußern, ob die dem zugrunde liegenden Regelungen des VersAEinglG grundgesetzwidrig sind oder aber gegen Normen des Europäischen Rechts verstoßen. Angemerkt sei überdies, dass die kommunalen Rechtsträger (einschließlich des LWL) die §§ 9, 10, 23 des VersAEinglG beim Verfassungsgerichtshof des Landes NRW angreifen (Az. VerfsGH 19-08).
Danach ist jedenfalls derzeit nicht sichergestellt, dass durch den angeordneten Personalübergang das Qualitätsniveau der früheren Versorgungsämter aufrecht erhalten werden wird. Das hängt u.a. vom Ausgang der genannten Rechtsstreitigkeiten ab. Ferner wird es darauf ankommen, ob und ggf. wann die (vorläufig) übernommenen Mitarbeiter der vormaligen Versorgungsverwaltung aus den Landschaftsverbänden ausscheiden und von Beamten und tariflich Beschäftigten mit nicht fachspezifischer Ausbildung ersetzt werden. Bislang haben weder der LWL noch das beigeladene Land Regelungen getroffen, um die bisherige Qualität der mit den Aufgaben des SER betrauten Beschäftigten der Versorgungsämter weiter sicherzustellen. Zudem wird ohnehin eine Qualitätsminderung eintreten, denn die spezielle, SER-bezogene Fachhochschulausbildung wird in NRW nicht mehr angeboten; künftige Mitarbeiter können daher nur die allgemeine Verwaltungsfachhochschulausbildung absolvieren. Überdies liegt beim Fachministerium (MAGS) keine Dienstaufsicht mehr, die diesem gemäß der Rechtsprechung des BSG (u.a. Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -) die Möglichkeit gibt, auf die Bestellung des Personals, einschließlich der Leitungsebene, (auch) unter Qualitätsgesichtspunkten Einfluss zu nehmen. Dem Urteil des BSG vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R – ist zu entnehmen, dass das Qualitätsniveau des früheren (Landes-) Versorgungsamtes und der Versorgungsämter fortzuschreiben und sicherzustellen ist. Daran fehlt es aus den dargelegten Gründen. Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen die Vorgaben des ErrG vor (vgl. Urteil des Senats vom 05.03.2008 – L 10 V 9/05 -).
(ee) § 1 ErrG sieht die Versorgung der Kriegsopfer nicht nur durch Versorgungsämter, sondern auch durch Landesversorgungsämter vor. Aus der Formulierung "Landes"versorgungsämter ist zu schließen, dass es sich dabei um eine unmittelbare Landesbehörde handeln muss und nicht um eine kommunale Selbstverwaltungskörperschaft des Landes. Das ergibt sich im Übrigen auch aus der Regelungssystematik des LOG NRW, das in den §§ 6 ff die "Landes"behörden regelt und in Abgrenzung dazu in § 15 die Gemeinden und Gemeindeverbände. Gleiches folgt – wie oben unter (aa) und (bb) dargelegt – aus § 3 ErrG, denn nur bei unmittelbaren Landesbehörden sind sowohl die umfassende Fach- als auch Dienstaufsicht des MAGS gegenüber dem Landesversorgungsamt und des Landesversorgungsamts gegenüber den Versorgungsämtern möglich. Zudem lässt sich § 7a ErrG entnehmen, dass nur in Ländern mit einem (einzigen) Versorgungsamt von der Schaffung eines Landesversorgungsamtes abgesehen werden darf. In NRW sind jedoch zwei Landschaftsverbände für das SER und alle Kreise bzw. kreisfreien Städte für die Feststellungsverfahren nach den §§ 69 und 145 SGB IX zuständig.
Dennoch gibt es in NRW entgegen § 1 ErrG seit dem 01.01.2008 kein Landesversorgungsamt mehr. Die beiden Landschaftsverbände sind auch nicht etwa (Teil-) Rechtsnachfolger des früheren Landesversorgungsamtes (Abt. 10 der Bezirksregierung Münster) geworden. Vielmehr wurden ihnen durch § 4 Abs. 2 VersAEinglG ausschließlich die Aufgaben der Versorgungsämter betreffend das SER übertragen. Insoweit liegt auch ein Verstoß gegen § 7a ErrG vor. Nach dieser Vorschrift muss eine Landesregierung, soweit sie ein Landesversorgungsamt nicht errichtet, durch Rechtsverordnung regeln, welche Behörden die dem Landesversorgungsamt durch Bestimmung des Bundes zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen hat; dabei kann sie auch die für die KOV zuständige oberste Landesbehörde mit diesen Aufgaben betrauen. Das ist in NRW indes nicht geschehen. Soweit in NRW infolge der Streichung des Art. 1 § 3 des 2. ModernG kein Landesversorgungsamt bzw. keine Stelle mehr existiert, auf die dessen Aufgaben übertragen worden sind (Abt. 10 der Bezirksregierung Münster), ist deshalb durch Rechtsverordnung zu regeln, welche Behörden die dem Landesversorgungsamt zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen haben. Das ist gilt (auch) unabhängig von der Frage, ob die Kommunalisierung der Aufgaben im Bereich des SER zulässig ist oder nicht. So stellt bspw. § 71 Abs. 5 SGG bezüglich der Vertretung des Landes in Streitverfahren nach dem SER und dem Schwerbehindertenrecht auf das Landesversorgungsamt oder auf die Behörde ab, auf die dessen Aufgaben übertragen wurden. Zumindest als Beigeladener kann das Land an solchen Verfahren nach dem 01.01.2008 weiter beteiligt sein. Zudem können derzeit aufgrund des Fehlens eines den Vorgaben des §§ 1 und 7a ErrG entsprechenden Landesversorgungsamtes oder einer Stelle, der seine Aufgaben übertragen wurden, in NRW für Spruchkörper in Angelegenheiten des SER und des Schwerbehindertenrechts keine ehrenamtlichen Richter nachberufen werden. Dem steht die einer erweiternden Auslegung nicht zugängliche Vorschrift des § 14 Abs. 3 SGG entgegen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 19.10.1994 – L 8 AR 56/94 – zur Wortlautauslegung des § 14 Abs. 3 SGG):
"Für die Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts werden die Vorschlagslisten für die mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauen Personen von den Landesversorgungsämtern oder den Stellen, denen deren Aufgaben übertragen worden sind, aufgestellt …"
Der Senat hält fest: § 4 VersAEinglG weicht bezüglich der Fach- sowie der Dienstaufsicht, des dreigliedrigen Verwaltungsaufbaus, der mittelbaren statt einer unmittelbaren Landesverwaltung und der besonderen Geeignetheit der Mitarbeiter der Versorgungsverwaltung von den Vorgaben der §§ 1, 3 und 4 ErrG ab. Dem scheint die vom 6. Senat des LSG NRW geäußerte Auffassung zu entsprechen, wenn zwar die Frage des tatsächlichen Abweichens nicht, hingegen jene des Abweichendürfens näher geprüft wird (vgl. Urteil vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 V 28/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -; Urteil vom 01.04.2008 – L 6 B 105/07 -; Urteil vom 10.04.2008 – L 6 V 32/07 -).
(b) Fehlende Rechtsgrundlage für das Abweichen
Art. 31 GG bestimmt hinsichtlich des Verhältnisses von Bundes- zu Landesrecht: "Bundesrecht bricht Landesrecht".
Danach wäre jedes Abweichen des VersAEinglG vom ErrG unzulässig und rechtswidrig. Dieser Grundsatz wird allerdings bezüglich der Organisationsgewalt bei der Durchführung von Bundesgesetzen – vorliegend des OEG – durch Art 84 und 85 GG modifiziert. Führen danach die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus (Landeseigenverwaltung), so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren (Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG) selbst. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen (Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG). Soweit es hingegen die Bundesauftragsverwaltung anlangt, bestimmt Art. 85 Abs. 1 Satz 1 GG, dass die Einrichtung der Behörden Angelegenheit der Länder bleibt, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Das ErrG, auf das § 6 Abs. 1 S. 1 OEG wegen der Durchführung des OEG zumindest bis zum 31.12.2007 verwies, ist ein solches mit Zustimmung des Bundesrates ergangenes Bundesgesetz, von dem das Land NRW im Rahmen des Art. 85 GG nicht abweichen darf, während ein Abweichen im Rahmen von Art. 84 GG i.d.F. von Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes v. 28.08.2006 (BGBl. I 2034) nach Maßgabe der Einschränkungen des Art. 125b Abs. 2 GG möglich ist.
Entscheidend für das Abweichendürfen des Landes von den Vorgaben des ErrG ist danach, ob
– die Durchführung des Verfahrens auf Anerkennung einer Schädigungsfolge nach § 1 OEG unter Art. 84 oder 85 GG fällt,
– sich hieran dadurch etwas ändert, dass § 6 Abs. 1 OEG nicht selbst die für seine Durchführung zuständige Behörde bestimmt, sondern insoweit auf die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörde verweist,
– dadurch, dass zumindest ein Teil der durch § 4 Abs. 1 VersAEinglG den Landschaftsverbänden zur Durchführung zugewiesenen SER-Gesetze dem keine Abweichungen vom ErrG zulassenden Art. 85 GG zuzuordnen ist und eine geltungserhaltende Reduktion auf ausschließlich Art. 84 GG unterfallende Gesetze nicht in Betracht kommt.
Da nach Auffassung des Senats das OEG dem Geltungsbereich des Art. 85 GG zuzurechnen ist, mithin auch die Verweisung des § 6 Abs. 1 S. 1 OEG auf das ErrG, verstößt die vom ErrG abweichende Regelung des § 4 VersAEinglG gegen Art. 85 GG. Ungeachtet dessen, dass sich die Auffassungen des Bundes und des Landes hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit das Land von den Vorgaben des ErrrG abweichen darf, diametral widersprechen, kommt eine geltungserhaltende Reduktion weder auf der Grundlage der einen noch der anderen Auffassung in Betracht. § 4 VersAEinglG ist selbst dann verfassungswidrig, wenn seine Verfassungsmäßigkeit anhand der Vorgaben von Art. 84 GG zu prüfen ist. Die Vorschrift würde dann gegen Art. 125b Abs. 2 GG verstoßen. Da somit die Durchführung der Angelegenheiten des SER zur Überzeugung des Senats den Landschaftsverbänden nicht wirksam zugewiesen wird, ist auch die in § 1 VersAEinglG geregelte Auflösung der bisherigen Versorgungsämter sowie die darauf beruhende Streichung in § 9 Abs. 2 LOG NRW verfassungswidrig. Ohne sie und ihre Zuständigkeit besteht weiterhin keine den verbindlichen Vorgaben des ErrG entsprechende Versorgungsverwaltung.
Im Einzelnen:
(I) OEG als Gesetz nach Art. 85 GG
Das OEG ist nach Auffassung des Senats dem Anwendungsbereich des Art. 85 GG zuzuordnen. Das ergibt sich aus Art. 104a Abs. 3 GG. Diese Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 12.05.1969 (BGBl. I S. 359) mit Wirkung vom 01.01.1970 in das GG eingefügt worden. Art. 104a Abs. 3 GG regelt, dass Geldleistungen gewährende Bundesgesetze von den Ländern im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, soweit der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt. Geldleistungen sind geldliche, einmalige oder laufende Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln an Dritte, mit denen keine Gegenleistung korrespondiert (Pieroth in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Auflage, Art. 104a Rdn. 5 m.w.N.; Prokisch in: Bonner Kommentar zum GG, 2003, Art. 104a Rdn. 196; Siekmann in: Sachs, GG, 4. Auflage, 2007, Art. 104a Rdn. 27; vgl. auch Heintzen in: von Münch/Kunig, GG, 5. Auflage, 2003, Art. 104a Rdn. 42). Art. 104a Abs. 3 Satz 2 GG konstituiert Bundesauftragsverwaltung und setzt sie nicht voraus (Heintzen, a.a.O., Art. 104a Rdn. 48). Den Anforderungen des Art. 104a Abs. 3 GG entspricht das § 5 Satz 1 Alt. 2 SGB I zuzurechnende OEG. Danach wird soziale Entschädigung aus "anderen Gründen" als wegen eines Sonderopfers zugestanden. Die öffentliche Hand haftet für das unvollkommene Funktionieren der dem Staat zukommenden Verbrechensbekämpfung. Die staatliche Gemeinschaft tritt sonach aus Solidarität für den von einer Gewalttat betroffenen Bürger ein (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.1996 – 9 RVg 2/95 – in: SozR 3-8110 Kap VIII K III Nr. 18 Nr. 1; Urteil vom 23.10.1985 – 9a RVg 4/83 – in: SozR 3800 § 1 Nr. 5 m. w. N.). Das OEG als Bundesgesetz gewährt konstituierend, d.h. freiwillig, Geldleistungen (§ 1 OEG i.V.m. den §§ 30, 31 BVG) und ist damit ein Geldleistungsgesetz i.S.d. Art. 104a Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. Siekmann in: Sachs, Art. 104a Rdn. 34; Prokisch, Art. 104a Rdn. 204; Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Auflage, 2008, Art. 104a Rdn. 34). Unschädlich ist, dass das OEG neben Geldleistungen auch andere Ansprüche vorsieht (§ 1 Abs. 1 OEG i.V.m. §§ 10 ff. BVG), denn die Gewährung von Geldleistungen braucht nicht ausschließlicher Inhalt des betreffenden Gesetzes sein (Prokisch, a a.O., Art. 104a Rdn. 200; Henneke, a.a.O., Art. 104a Rdn. 26).
Nach Art. 104a Abs. 3 Satz 2 GG ist die Ausführung des OEG der Auftragsverwaltung zuzurechnen, wenn im OEG bestimmt würde, dass der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt. Das ist vordergründig nicht der Fall, denn nach § 4 Abs. 2 Satz 1 OEG trägt der Bund 40 v.H. der den Ländern durch Geldleistungen nach dem OEG entstehenden Ausgaben. Insoweit könnte es nahe liegen, die Durchführung des OEG der Landeseigenverwaltung nach Art. 84 GG zuzuordnen (so LSG NRW, Urteil vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -). Zur Überzeugung des Senats greift dieser Ansatz zu kurz, denn sofern der Geschädigte zur Tatzeit im Geltungsbereich des OEG keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder die Schädigung auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug außerhalb des Geltungsbereichs des OEG eingetreten ist, liegt die Kostenträgerschaft allein beim Bund (§ 4 Abs. 1 Satz 3 OEG). Hieraus könnte hergeleitet werden, dass die Durchführung des OEG uneingeschränkt der Auftragsverwaltung zuzurechnen ist, wenn die den Bund treffende Kostenlast nach § 4 Abs. 1 Satz 3 und § 4 Abs. 2 Satz 1 OEG sich durchschnittlich auf mehr als die Hälfte der Gesamtausgaben beläuft. Hierzu müsste der Gesamtbetrag der Leistungen mit der jeweils anteiligen Finanzierungsquote ermittelt werden (vgl. Siekmann in: Sachs, Art. 104a Rdn. 33). Der solchermaßen zu bestimmende Betrag wird allerdings von Jahr zu Jahr variieren und kann erst nach Ablauf des jeweiligen Haushaltsjahres und des entsprechenden Verwaltungsvollzugs fixiert werden. Demzufolge stünde erst nachträglich fest, ob das OEG im jeweiligen Zeitraum nach Art. 84 GG oder Art. 85 GG durchgeführt wird (vgl. auch Maunz in: Maunz-Dürig, GG, Art. 104a Rdn. 39; Hellermann in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Auflage, 2001, Art. 104a Rdn. 88). Deswegen kann in diesen Fällen nicht darauf abgestellt werden, in welchem Verhältnis die Länderbeteiligung zu den geschätzten Gesamtkosten steht (Maunz, a.a.O., Rdn. 40; Prokisch, a.a.O., Rdn. 195 für den Fall, dass das Gesetz neben Geldleistungen auch Sachleistungen vorsieht; Hellermann, a.a.O., Art. 104 Rdn. 97). Art 104a Abs. 3 Satz 2 GG spricht deswegen auch nicht von absoluten Beträgen, sondern von Quoten (Heintzen in: von Münch/Kunig, Art. 104a Rdn. 47). Insofern sind die vom Bund mitfinanzierten Teilbereiche oder Einzelbestimmungen in Auftragsverwaltung durchzuführen, wenn der Bund eine Quote von 50 v.H. der Kosten trägt. Das setzt voraus, dass die vom Bund mitfinanzierten Teile des Gesetzes sinnvoll von anderen Teilen getrennt werden können. Auch wenn Abs. 3 Satz 2 für das "Gesetz" die Auftragsverwaltung anordnet, ist damit nicht notwendig das gesamte Gesetz erfasst; bei Gesetzen, die nur hinsichtlich bestimmter Geldleistungen eine mindestens hälftige Ausgabenlast des Bundes anordnen, daneben aber weitere Geldleistungen ohne oder mit geringerer Lastenbeteiligung des Bundes oder sonstige Leistungen gewähren, gilt die Anordnung der Auftragsverwaltung allein hinsichtlich der Ausführungen jener Geldleistungsbestimmungen, für die die mindestens 50%ige Mitfinanzierung des Bundes vorgesehen ist (so Hellermann, a.a.O., Art. 104a Rdn. 94; vgl. auch Maunz, a.a.O., Art. 104a Rdn. 40) Demnach ist die Umwandlung der "landeseigenen Verwaltung" in die "Auftragsverwaltung" konstitutiv auch dann möglich, wenn die Kostentragung bei verschiedenen Geldleistungsbestimmungen eines Gesetzes unterschiedlich ist (Hennecke, a.a.O., Art. 104a Rdn. 31). Welche Folgen sich ergeben, wenn eine Trennung nicht möglich ist, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass eine gemeinsame Finanzierung dann ganz unterbleiben muss (Maunz, a.a.O., Art. 104a Rdn. 40). Dem wird entgegengehalten, dass sich die Art der Ausführung des gesamten Gesetzes dann danach zu richten hat, in welchem Verhältnis die jeweils von Bund und Ländern zu tragenden Ausgaben zu den Gesamtkosten des Gesetzes stehen (Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 104a Rdn. 31; Hellermann in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 104a Rdn. 89 zur Abgrenzung von Geldleistungen zu Sach- und Dienstleistungen). Der Senat lässt diese Streitfrage offen, denn das OEG ist jahrzehntelang durchgeführt worden, ohne dass die gesplittet-quotierte Kostenträgerschaft bislang zu nachhaltigen Komplikationen geführt hätte. Demnach ist eine Trennung verwaltungsmäßig insoweit möglich und die gemeinsame Finanzierung damit zulässig. Hieraus folgt weiter, dass die Durchführung des OEG jedenfalls dann der Auftragsverwaltung zuzuordnen ist, wenn ein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 3 OEG vorliegt, mithin das VersAEinglG sich insoweit an den Vorgaben des Art. 85 GG messen lassen muss.
Der Senat ist darüber hinaus der Auffassung, dass die Durchführung des OEG gänzlich der Auftragsverwaltung zurechnet. Denklogisch kommen als Zuordnungsvarianten in Betracht: Das OEG unterfällt komplett Art. 84 GG oder komplett Art. 85 GG oder aber die Durchführung wird nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Satz 3 OEG (Art. 85 GG) und § 4 Abs. 2 Satz 1 OEG (Art. 84 GG) gesplittet. Eine alleinige Zuordnung zu Art. 84 GG scheitert an der konstitutiven Regelung des Art. 104a Abs. 3 Satz 2 GG, mittels der Auftragsverwaltung bestimmt wird. Eine Splittung dergestalt, dass die Durchführung nach Maßgabe § 4 Abs. 1 Satz 3 OEG der Auftragsverwaltung, die Durchführung nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz 1 OEG hingegen der Landeseigenverwaltung zugeordnet ist, scheidet gleichermaßen aus. Zwar war der Gesetzesvollzug bislang trotz unterschiedlicher Kostenträgerschaft möglich (vgl. soeben). Infolge der vom Land angeordneten Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung gilt dies indessen ab 01.01.2008 nicht mehr. Der nach Kostenträgerschaft teilbare Gesetzesvollzug des OEG hätte zur Folge, dass das VersAEinglG jedenfalls insoweit verfassungswidrig wäre, als es an den Vorgaben des Art. 85 GG zu messen ist (dazu unten). Das wiederum würde bedeuten, dass für den unter Art. 84 GG fallenden Teil der OEG-Entschädigungen die Landschaftsverbände und für die Art. 85 GG zuzuordnenden OEG-Entschädigungen die dem ErrG entsprechenden Versorgungsämter zuständig wären. Dieses Ergebnis ist indes erkennbar weder von dem für das OEG zuständigen Bundesgesetzgeber noch von dem für das VersAEinglG zuständigen Landesgesetzgeber gewollt. Anliegen des Bundesgesetzgebers war es, mittels der Verweisungsnormen in allen SER-Gesetzen nicht nur für das OEG sondern sogar für das gesamte SER sicher zu stellen, dass die Aufgaben von einer einzigen, spezialisierten und besonders qualifizierten Behörde ausgeführt werden (BT-Drucks. 14/640 Begründung zu Artikel 33, S. 19 f; Straßfeld, a.a.O., S. 20; Freudenberg, a.a.O, S. 6). Das gleiche Ziel verfolgte der Landesgesetzgeber, wie sich sowohl der Gesetzesbegründung des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 15.05.2007 (LT-Drucksache 14/4342, S. 2) als auch der Regelung in § 4 Abs. 1 VersAEinglG entnehmen lässt. Diese Vorschrift erklärt für die Durchführung aller Gesetze des SER ausnahmslos die Landschaftsverbände für zuständig, ohne danach zu unterscheiden, ob sie unter Art. 84 oder 85 GG fallen. Bei ihnen soll durch die umfassende Aufgabenzuweisung die "hochkomplexe" Materie des SER "gebündelt" und dadurch effektiv sowie qualifiziert bearbeitet werden. Zudem wollte die Landesregierung NRW aus politischen Gründen auf jeden Fall die Versorgungsämter als besondere Verwaltungsbehörden abschaffen und ihre Aufgaben kommunalisieren, statt sie einer unmittelbaren Landesbehörde zu übertragen (vgl. zu allem: LT-Drucksache 14/4342, S. 2 f). Nach alldem gewinnt der Senat die Überzeugung, dass das Land, bezogen auf die Durchführung des in Teilbereichen Art. 84 GG bzw. Art. 85 GG zuzuordnenden OEG, insgesamt die Vorgaben des Art. 85 GG beachten muss.
Die Regelung des Art. 83 GG steht dem nicht entgegen. Danach führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit durch. Die Vorschrift enthält für den Bereich der Verwaltung eine Vermutung für die Landeszuständigkeit und bestimmt im Zusammenhang mit Art. 84 GG den vom Grundgesetz vorgesehenen Regelfall (Broß in: von Münch/Kunig, Art. 83 Rdn. 2 und Art. 84 Rdn. 1; Dittmann in: Sachs, Art. 83 Rdn. 23; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21.02.1995 – 1 C 11/93 – in: NVwZ 1995, 1098 ff.). Hieraus folgt, dass die Auftragsverwaltung (Art. 85 GG) den Ausnahmefall darstellt, mithin eng auszulegen und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich ist (Broß, a.a.O., Art. 84 Rdn. 1), wenngleich der Grundsatz generell enger Deutung sämtlicher in Betracht kommender Bundeskompetenzen im Einzelfall zu unangemessenen Einschnürungen des Bundes führen würde (Lerche in: Maunz-Dürig, a.a.O., Art. 84 Rdn. 8). Ausgehend von einem Regel-Ausnahmeverhältnis ergibt sich indessen keine andere Beurteilung. Würde die Durchführung des OEG trotz der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 3 OEG komplett der Landeseigenverwaltung (Art. 84 GG) zugeordnet, wäre dies wegen Art. 104a Abs. 3 Satz 2 GG contra legem. Die differenzierende Lösung (Splittung) scheitert am erkennbaren Willen des Landes und des Bundes. Beide wollen aus den zuvor dargestellten Gründen zwar eine Konzentration der Verwaltungszuständigkeit, das Land allerdings auf kommunaler Ebene, der Bund hingegen eingegliedert in die unmittelbare Landesverwaltung. Der Senat ist daher der Auffassung, dass das OEG im Ergebnis gänzlich Art. 85 GG unterfällt. Es verweist in § 6 Abs. 1 S. 1 OEG für seine Durchführung auf die für die Durchführung des BVG zuständige Behörde und damit auf das mit Zustimmung des Bundesrates ergangene ErrG. Das Land darf von den Vorgaben des ErrG somit nicht abweichen (Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG).
(II) BVG als Gesetz nach Art. 85 GG?
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass § 6 Abs. 1 S. 1 OEG nicht selbst die für die Durchführung des OEG zuständige Behörde benennt, sondern auf die für das BVG zuständige Behörde verweist. Selbst wenn das BVG unter Art. 84 GG fallen sollte und für das Land damit die Möglichkeit bestünde, im Rahmen der Durchführung des BVG von bundesrechtlichen Vorgaben des ErrG abzuweichen, so würde dies nicht die Prüfung der Behördenzuständigkeit für das BVG sondern für das unter Art. 85 GG fallende OEG betreffen. Von der zumindest bis zum 31.12.2007 auch in NRW noch gültigen Verweisung in § 6 Abs. 1 S. 1 OEG auf das ErrG konnte und kann das Land daher nicht abweichen. Nur vorsorglich weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass einiges dafür spricht, auch die Durchführung des BVG der Auftragsverwaltung zuzuordnen. Dies könnte aus Art. 104a Abs. 3 GG hergeleitet werden. Die Kosten der KOV trägt als Kriegsfolgenlast (zum Begriff: BVerfGE 9, 305, 323 f.) nach Art. 120 Abs. 1 GG ausschließlich der Bund (vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 104a Rdn. 3). Die Leistungen der KOV bemessen sich nach den Vorgaben des BVG. Dogmatische Rechtsgrundlage für das entschädigungsrechtliche System der im BVG normierten Kriegsopferversorgung ist der öffentlich-rechtliche Aufopferungsanspruch infolge eines erlittenen Sonderopfers (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.05.1978 – 1 BvL 26/76 – in: SozR 3100 § 82 Nr. 1 m.w.N.; BSG, Urteil vom 09.12.1998 – B 9 V 46/97 R – in: SozR 3-3100 § 7 Nr. 5; BSG, Urteil vom 07.02.1985 – 9a RV 5/83 – in: SozR 3100 § 5 Nr. 7; Frehse in: Jahn/Klose SGB I, § 5 Rdn. 7; kritisch hierzu: Wulfhorst, Soziale Entschädigung, 1994, 39 ff.). In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass Art. 104a Abs. 3 GG ausweislich des Wortlautes allein Geldleistungen "gewährende" Bundesgesetze betrifft. Voraussetzung hierfür sei, dass es der freiwilligen Entscheidung des Gesetzgebers unterliege, eine Geldleistung zu regeln oder dies zu unterlassen (vgl. Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 104a Rdn. 6; vgl. auch Maunz in: Maunz/Dürig, Art. 104a Rdn. 34 m.w.N.). Wird davon ausgegangen, dass die KOV ebenso wie die grundgesetzlich vorgeschriebene Enteignungsentschädigung (Art. 14 GG) bzw. die Amtshaftung (Art. 34 GG) nicht auf einer freiwilligen Entscheidung, sondern auf einer aus übergeordneter verfassungsrechtlicher Maßgabe resultierende Verpflichtung beruht, wären die Voraussetzungen des Art. 104a Abs. 3 GG nicht erfüllt. Dem steht jedoch die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum Bundesversorgungsgesetz entgegen (BT I/1949 Drucks. Nr. 1333 S. 43 = BVersBl. 1951, 46 f.). Dort heißt es:
"Das neue Gesetz kann nur in beschränktem Maße einen Ersatz wirtschaftlichen Schadens bieten und das sonstige zur Verfügung stehende Einkommen des Versorgungsberechtigten nicht außer Betracht lassen. Wer sich aus eigener Kraft zu helfen in der Lage ist, muss mit seinen Wünschen gegenüber der Notwendigkeit zurücktreten, die für die Versorgung der Kriegsopfer zur Verfügung stehenden beschränkten Mittel in erster Linie denjenigen zukommen zu lassen, die auf die Hilfe des Staates besonders angewiesen sind."
Hieraus ist herzuleiten, dass jedenfalls der durch das BVG zur Verfügung gestellte Versorgungsumfang (§§ 10 ff. BVG) auf einer freiwilligen und nicht durch übergeordnete Verfassungsprinzipien vorbestimmten Entscheidung beruht, mithin das BVG ein Geldleistungsgesetz im Sinn des Art. 104a Abs. 3 GG ist. Zudem gibt die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 13 GG dem Bund die Möglichkeit, allein zu bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er Leistungen an Kriegsgeschädigte und ihre Hinterbliebenen erbringt. Der Bundesgesetzgeber ist trotz Art. 120 GG frei, Geldleistungen einfachgesetzlich zu gewähren oder nicht. Allerdings würde die konstitutive Wirkung des Art. 104a Abs. 3 Satz 2 GG dann nicht greifen, wenn Art. 120 GG vorginge. Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, Art. 120 GG sei lex specialis zu Art. 104a Abs. 3 GG (Siekmann in: Sachs, Art. 120 Rdn. 5, 29; Maunz in: Maunz-Dürig, Art. 104a Rdn. 37; Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 104a Rdn. 13 und Art. 120 Rdn. 7; Schaefer in: von Münch/Kunig, Art. 120 Rdn. 7; Prokisch in: Bonner Kommentar, Art. 104a Rdn. 190). Ausgehend hiervon würde sich die Funktion des Art. 120 GG darauf beschränken, dem Bund die finanzielle Last der Kriegsfolgeaufwendungen zuzuweisen, hingegen die Zuordnung der Verwaltungskompetenz den allgemeinen Vorschriften der Art. 83 ff. GG zu überlassen (vgl. Schaefer in: von Münch/Kunig, Art. 120, Rdn. 7; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 120 Rdn. 2). Demzufolge unterfalle die Durchführung des BVG Art. 84 GG (in diesem Sinne: BT-Drucks. 16/518, S. 5 ff; BSG, Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -; LSG NRW, Urteil vom 11.03.2008 – L 6 V 28/07 -). Der Senat hat insoweit Bedenken. Zwar deutet die Entstehungsgeschichte des Art. 104a Abs. 3 GG darauf hin, dass die Auftragsverwaltung in den Fällen des Art. 120 GG nicht eintreten sollte (Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 104a Rdn. 29 m.w.N.), indessen lässt sich dem entgegenhalten, dass in Art. 104a Abs. 3 GG ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck kommt, wonach der Bund die Weisungsmöglichkeit für die Ausführung eines Bundesgesetzes hat, wenn er die Hälfte oder mehr der Kosten zu tragen hat. Dieser Gesichtspunkt, der zur Einführung der Auftragsverwaltung bei Gesetzen nach Art. 104a Abs. 3 GG geführt hat, gilt in gleicher Weise auch im Bereich des Art. 120 GG (Henneke, a.a.O.). Dem entspricht im Ergebnis der Gemeinsame Erlass des Bundesministeriums des Inneren und des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.07.1969. Darin wird die Auffassung vertreten, dass sämtliche Geldleistungen gewährende Bundesgesetze, die von den Ländern ausgeführt werden und bei denen der Bund die Hälfte der Sachausgaben oder mehr trägt (u.a. das BVG), vom 01.01.1970 an in Auftragsverwaltung ausgeführt werden; der Übergang von der landeseigenen Verwaltung in die Auftragsverwaltung soll danach auch dann eintreten, wenn bereits das GG selbst den Bund verpflichtet, die Hälfte der Sachausgaben oder mehr zu tragen; dies sei der Fall bei den "Aufwendungen für Besatzungskosten und den Kosten für die sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten" des Art. 120 GG (zitiert nach "Der Versorgungsbeamte 1970, S. 2). Dem entspricht es, wenn auch in der Literatur das BVG als Geldleistungsgesetz i.S.d. Art. 104a Abs. 3 GG bezeichnet und hinsichtlich dessen Durchführung Auftragsverwaltung angenommen wird (Görg in: Der Versorgungsbeamte 1969, S. 111 ff.; kritisch hierzu Rohr in: Der Versorgungsbeamte 1969, S. 113 f.). Im Ergebnis kann dies derzeit offen bleiben. Ungeachtet der Frage, ob das BVG der Landeseigenveraltung oder der Auftragsverwaltung zuzuordnen ist, kann das Land, soweit es die Durchführung des OEG anlangt, schon aus anderen, im Einzelnen noch darzulegenden Gründen nicht von den Vorgaben des ErrG abweichen.
(III) Keine geltungserhaltende Reduktion des § 4 VersAEinglG
Mittels § 4 Abs. 1 VersAEinglG werden die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des SER einschließlich der KOV mit Wirkung vom 01.01.2008 ausnahmslos auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Übertragungsakt des § 4 Abs. 1 VersAEinglG betrifft auch die Durchführung von Gesetzen, die wie SVG, das HHG, das ZDG sowie das StrRehaG unstreitig unter Art. 85 GG fallen (vgl. Freudenberg, a.a.O., S. 1). Diese entschädigungsrechtlichen Nebengesetze regeln nicht selbst, welche Behörde für ihre Ausführung zuständig ist, sie verweisen vielmehr – wie § 6 Abs. 1 S. 1 OEG – auf die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden. Inhaltliche Vorgaben bezüglich der zuständigen Behörden macht das ErrG, von dem das VersAEinglG abweicht (vgl. oben II 2 b (2) (a)). Dieser Normenkonflikt ist zu Lasten des VersAEinglG zu lösen. Denn wenn die Länder Bundesgesetze im Auftrage des Bundes ausführen, bleibt die Einrichtung der Behörden nur insoweit Angelegenheit der Länder, als nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen (Art. 85 Abs. 1 GG). Letzteres ist hier jedoch der Fall. Das ErrG, zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern vom 03.05.2000 (BGBl. 2000 Teil I Nr. 20 S. 632 f.), ist mit Zustimmung des Bundesrates ergangen. Soweit mithin § 4 VersAEinglG vom ErrG abweicht, ist dies im Anwendungsbereich der Art. 85 GG zuzuordnenden SER-Gesetze unzulässig.
Eine geltungserhaltende Reduktion des § 4 Abs. 1 VersAEinglG kommt nicht in Betracht. Sofern entgegen der Auffassung des Senats das OEG dem Art. 84 GG zuzuordnen wären, könnte zwar erwogen werden, die unstrittig unter Art. 85 GG fallenden SER-Gesetze (SVG, HHG, ZDG, StrRehaG) in der Zuständigkeit der vormaligen Versorgungsverwaltung zu belassen, also den landesrechtlichen Übertragungsakt des § 4 Abs. 1 VersAEinglG auf Gesetze im Sinne des Art. 84 GG zu beschränken. Ungeachtet dessen, dass der Landesgesetzgeber die Versorgungsämter aufgelöst hat (§ 1 Abs. 3 VersAEinglG), hätte das im Ergebnis jedoch zur Folge, dass für den Gesetzesvollzug zwei "Versorgungsverwaltungen" geschaffen und unterhalten werden müssten. Für die Art. 84 GG zuzuordnen SER-Gesetze wären die Landschaftsverbände als kommunale Rechtsträger zuständig, für die Art. 85 GG unterfallenden SER-Gesetze müsste eine in die unmittelbare Landesverwaltung eingegliederte Versorgungsverwaltung vorgehalten werden. Dieses Ergebnis widerspräche den mit dem VersAEinglG vom Landesgesetzgeber verfolgten Zielen. Anliegen des Landesgesetzgebers war es, die "nicht mehr notwendige und nicht mehr zeitgemäße" staatliche Versorgungsverwaltung als untere staatliche Sonderverwaltung vollständig abzuschaffen (hierzu Gesetzentwurf der Landesregierung in LT-Drucks. 14/4342, S. 1). Die hierdurch nach Auffassung der Landesregierung zu erzielenden Einsparpotentiale (hierzu LT-Drucks. 14/4342, S. 2; Einsparpotentiale hingegen verneinend: BT-Drucks 14/640, S. 20) wären nicht zu realisieren, wenn die Durchführung der Art. 85 GG unterfallenden SER-Gesetze gesonderten staatlichen Verwaltungseinheiten überlassen werden müsste. Die sowohl vom Bund als auch vom Land gewünschte Bündelung der "von geringen Fallzahlen bei gleichzeitig hoher Komplexität geprägten Materie" des SER bei den Landschaftsverbänden (LT-Drucks. 14/4342, S. 2; in das Verfahren eingeführter Schriftsatz des Landes vom 22.01.2008, S. 6) würde nicht erreicht. In diesem Sinne hat sich auch der 6. Senat des LSG NRW geäußert, wenngleich er einen anderen rechtlichen Ansatz verfolgt und § 4 Abs. 1 VersAEinglG als rechtmäßig ansieht (Urteil vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 V 28/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -; Urteil vom 01.04.2008 – L 6 B 105/07 -; Urteil vom 10.04.2008 – L 6 V 32/07 -; vgl. auch Freudenberg, a.a.O, S. 7 f). Angesichts dessen, dass sämtliche mit dem VersAEinglG verfolgten Ziele verfehlt würden, ist es zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass der Landesgesetzgeber die Durchführung der unter Art. 84 GG fallenden SER-Gesetze auf die Landschaftsverbände übertragen hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass er parallel dazu für die unter Art. 85 GG fallenden Gesetze des SER die bisherige Versorgungsverwaltung aufrecht erhalten oder neue, den Anforderungen des ErrG genügende landesunmittelbare Verwaltungseinheiten hätte schaffen müssen.
Somit: Die Aufgabenübertragung in § 4 Abs. 1 VersAEinglG erfasst mit dem OEG jedenfalls auch Art. 85 GG unterfallende Gesetze. Dies führt zur Verfassungswidrigkeit des VersAEinglG. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vorschrift ist ausgeschlossen.
(IV) Keine dynamische Verweisung
(aa) Der Normsetzer einer Rechtsvorschrift kann durch Bezugnahme eine anderwärts getroffene Regelung in seinen Normsetzungswillen aufnehmen und damit zum Bestandteil einer Außenrechtsnorm machen, die ihm als Ganzes, auch mit der in Bezug genommenen Vorschrift, als "eigene" Norm zugerechnet wird. Dies Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik entspricht einer seit langem geübten und breiten Gesetzgebungspraxis (vgl. Schneider, Gesetzgebung, 3. Auflage, 2002, Rdn. 377 ff.). Soweit die unter Art. 85 GG fallenden Gesetze des SER die für ihre Durchführung zuständigen Behörden nicht unmittelbar selbst bestimmen, sondern insoweit auf die für die Durchführung des BVG zuständige Behörde verweisen (§ 6 Abs. 1 S. 1 OEG; § 88 Abs. 1 SVG; § 51 Abs. 1 ZDG; § 4 Abs. 1 HHG; § 64 Abs. 1 IfSG; § 25 Abs. 4 StrRehaG; § 12 Abs. 4 VwRehaG), wird die Auffassung vertreten, es liege eine sog. dynamische Verweisung vor; der Bundesgesetzgeber habe mit dieser Regelungssystematik der SER-Gesetze nicht statisch auf das ErrG oder dynamisch auf andere ggf. an seine Stelle tretende Bundesgesetze verwiesen, sondern dynamisch auf die jeweils aktuell die Durchführung des BVG regelnde (Landes-) Gesetze und somit auch auf das VersAEinglG (Freudenberg, a.a.O, S. 6 f; LSG NRW, Urteil vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 V 28/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -; Urteil vom 01.04.2008 – L 6 B 105/07 -; Urteil vom 10.04.2008 – L 6 V 32/07 -).
Der Senat folgt dem nicht. Das ergibt sich wie folgt: Statische Verweisungen beziehen sich auf jene Fassung der anderwärts erlassenen Regelung, die diese bei Inkrafttreten der Verweisungsvorschrift hatte. Änderungen der Bezugsnorm (= Vorschrift, auf die verwiesen wird) bleiben außerhalb des Verweisungszusammenhangs. Nach Inkrafttreten der Verweisungsnorm vorgenommene Änderungen der Bezugsnorm lassen also die Verweisungsnorm als Außenrecht unberührt. Anders liegen die Dinge bei den sog. dynamischen Verweisungen. Dynamische (gleitende) Verweisungen sind mit den Bezugsnormen synchronisiert. Die Vorschriften auf die verwiesen wird, werden "in der jeweils geltenden Fassung" Bestandteil der Verweisungsnorm. Nach Inkrafttreten der Verweisungsnorm vorgenommene Änderungen der Bezugsnorm werden deshalb automatisch in die Verweisungsnorm inkorporiert. Sie werden also Bestandteil der Verweisungsnorm, ohne dass der Normgeber der Verweisungsnorm sie zuvor inhaltlich geprüft oder auch nur zur Kenntnis genommen hat. Die dynamische Verweisung wirkt deshalb wie eine Blankettermächtigung an den Normsetzer der Bezugsvorschrift. Aus diesem Grunde sind dynamische Verweisungen im Gegensatz zu den statischen Verweisungen verfassungsrechtlich nicht unbedenklich. Allerdings sind dynamische Verweisungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht schlechthin ausgeschlossen; sie bedürfen jedoch besonderer Prüfung im Einzelfall (vgl. BVerfGE 47, 285, 312 ff.; 60, 135,155 ; 76, 363, 385).
Es trifft zwar zu, dass der Bundesgesetzgeber in den unter Art. 85 GG fallenden SER-Gesetzen und insbesondere auch im OEG nicht ausdrücklich auf das ErrG verweist, sondern formuliert, dass die für "die Durchführung des BVG zuständigen Behörden" auch für das OEG zuständig sein sollen (§ 6 Abs. 1 OEG). Das erklärt sich indes daraus, dass das ErrG "nur" inhaltliche Vorgaben bezüglich der zuständigen Behörden macht (dreistufiger hierarchischer Aufbau, unmittelbare Landesverwaltung, besonders geeignete Mitarbeiter), die weitere organisatorische und personelle Ausgestaltung dieser Behörden hingegen den Ländern überlässt. Die Bezugnahme des § 6 Abs. 1 OEG auf das ErrG hat insofern statischen Charakter. Die damit verbundene Verweisung auf die im konkreten Fall zuständigen, sich im Rahmen des ErrG haltenden Landesgesetze ist hingegen dynamischer Natur. Der Bundesgesetzgeber wollte – wie ausgeführt – sicherstellen, dass die die KOV ausführenden Landesbehörden den Anforderungen des ErrG genügen. In diesem Sinn hat sich auch die Beigeladene zu 2 wiederholt und nachdrücklich geäußert (vgl. der in das Verfahren eingeführte Schriftsatz vom 13.02.2008).
Dieser Ansicht steht nicht entgegen, dass dem Gesetzgeber des ErrG daran gelegen war, eine Aufgabenbündelung in kompetenter Hand mit einheitlicher Gesetzesanwendung zu gewährleisten. Dieser Regelungszweck ergibt sich u.a. auch daraus, dass die betroffenen Gesetze auch materiellrechtlich vielfach auf das BVG verweisen (vgl. beispielsweise § 4 Abs. 1 HHG, § 80 Satz 1 SVG, § 47 Abs. 1 ZDG) sowie aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/640 Begründung zu Artikel 33, S. 19 f; vgl. auch Straßfeld, a.a.O., S. 20; Freudenberg, a.a.O., S. 6 f.; Bundestagsdrucksache 7/2506, S. 17; Kunz/Zeller, OEG, Kommentar, 4. Auflage, 1999, § 6 Rdn. 1). In diesem Zusammenhang wird zwar die Ansicht vertreten, dass die Frage der sachlich und institutionell zuständigen Behörde von nachrangiger Bedeutung bleiben müsse, wenn und soweit die Zuständigkeitsbündelung auch nach der Föderalismusreform gewährleistet bleiben solle, ansonsten drohe aufgrund der gestärkten Organisationsmacht der Länder gemäß Artikel 84 Abs. 1 S. 1 und 2 GG eine Zersplitterung der Wahrnehmung der Angelegenheiten im SER und Schwerbehindertenrecht (Freudenberg, a. a. O., S. 6 f). Dabei wird jedoch verkannt, dass die Bündelung von Zuständigkeiten für die Durchführung der SER-Gesetze bei einer Behörde kein Selbstzweck ist; sie soll vielmehr eine besonders qualifizierte Bearbeitung sicherstellen. Der Bundesgesetzgeber hat versucht, dieses Ziel mittels der im ErrG fixierten Vorgaben zu erreichen. Dem dienen der in § 3 ErrG vorgeschriebene dreigliedrige Verwaltungsaufbau mit seinen umfassenden Fach- und Dienstaufsichtsrechten sowie die Forderung nach besonders geeigneten Mitarbeitern in § 4 ErrG. Soweit das VersAEinglG von diesen qualitätssichernden Vorgaben abweicht, kann das nicht mit der Überlegung gerechtfertigt werden, zumindest sei weiterhin nur eine einzige Behörde für die Durchführung der Gesetze des SER zuständig, auch wenn dabei nicht mehr die vom ErrG geforderte besondere Qualität der Aufgabenwahrnehmung sichergestellt ist.
Zudem wäre bei Annahme einer dynamischen Verweisung zu fragen, ob der Bundesgesetzgeber tatsächlich auch dann auf landesrechtliche Vorschriften des VersAEinglG verweisen will, wenn diese – wie hier – von seinen im ErrG geschaffenen Vorgaben abweichen. Diese Frage lassen die Befürworter der sog. dynamischen Verweisung unbeantwortet (hierzu Freudenberg, a.a.O.; LSG NRW, Urteile vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 -, vom 11.03.2008 – L 6 V 28/07 -, vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -, vom 01.04.2008 – L 6 B 105/07 – und vom 10.04.2008 – L 6 V 32/07 -). Der Senat hält das für ausgeschlossen. Der Bundesgesetzgeber hat bislang alle Versuche des Bundesrates zurückgewiesen, die Vorgaben des ErrG zu lockern oder dieses Gesetz ganz aufzuheben. Als einziges Zugeständnis hat er im Jahre 2000 § 1 ErrG dahingehend geändert, dass die Versorgungsverwaltung nicht mehr als besondere Landesverwaltung ausgestaltet sein muss, seither vielmehr in die allgemeine Landesverwaltung eingegliedert werden kann (vgl. oben II 1 a; ablehnend bereits insofern: Straßfeld, a.a.O., S. 18 ff; Zeihe, a.a.O., S. 116 ff). Das dieser Änderung zugrundeliegende Anliegen der Länder, das ErrG insgesamt aufzuheben, haben die Bundesregierung (BT-Drucks. 14/640 Begründung zu Artikel 33, S. 19 f) und der Innenausschuss des Bundestages (BT-Drucks. 14/2797 S. 14) hingegen zurückgewiesen. Darüber hinaus ist die Bundesregierung dem Entwurf des Bundesrates eines Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern (BR-Drucks. 885/05 und BT-Drucks. 16/518, S. 5 ff.) entgegengetreten. Mittels dieses Gesetzentwurfs, beruhend auf einem Antrag des Landes Hessen (BR-Drucks. 885/95), verfolgten die Länder das Ziel, das ErrG aufzuheben (Artikel 5 des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 16/518, S. 5), um die Dreistufigkeit der Versorgungsverwaltung zu beseitigen und eine Kommunalisierung zu ermöglichen (BT-Drucks. 16/518, S. 7). Die Bundesregierung hat hierzu ausgeführt (BT-Drucks. 16/518, S. 8):
"Die Bundesregierung weist darauf hin, dass der Entwurf im Zusammenhang mit der Föderalismusreform steht. Die im Rahmen der Reform vorgesehene Änderung des Artikels 84 GG befreit bundesrechtliche Regelungen, die Zuständigkeiten von Landesbehörden regelen, vom Erfordernis der Zustimmungsbedürftigkeit und sieht im Gegenzug vor, dass die Länder von derartigen bundesrechtlichen Regelungen abweichen dürfen. Insbesondere können die Länder künftig von Bundesgesetzen abweichende Regelungen treffen, welche Regelungen zur Einrichtung von Landesbehörden enthalten. Einfachgesetzliche Öffnungen für landesgesetzliche Regelungen sind grundsätzlich nicht mehr erforderlich …Die Erforderlichkeit des Entwurfs sollte daher im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Föderalismusreform überprüft werden."
In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass die Bundesregierung davon ausging, die beabsichtigte Änderung des Art. 84 GG würde es den Bundesländern künftig erlauben, "von Bundesgesetzen abweichende Regelungen zu treffen, welche Regelungen zur Einrichtung von Landesbehörden (Anm. Hervorhebung durch Senat) enthalten". Von einer Kommunalisierung der Aufgaben war keine Rede. Eine Abweichungskompetenz hinsichtlich der unter Art. 85 GG fallenden Regelungen ist im Gesetzgebungsverfahren nicht erörtert worden. Dementsprechend hat sich die Beigeladene zu 2 mit Schriftsatz vom 13.02.2008 nachdrücklich dahin eingelassen, dass sie eine Kommunalisierung nicht wünsche und diese ihres Erachtens der Verfassung widerspreche.
Schließlich spricht der einzige für eine dynamische Verweisung von deren Befürwortern herangezogene Grund, die Bündelung aller Gesetze des SER und des Schwerbehindertenrechts bei einer hierauf spezialisierten Behörde zu lassen (so Freudenberg, a.a.O., S. 7 f.; LSG NRW, Urteile vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 – und vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -) nicht für, sondern gegen eine dynamische Verweisung. Die Landesgesetzgeber sind nämlich – wie sich namentlich an der strittigen Regelung in NRW zeigt – nicht mehr gezwungen, eine einzige Behörde für alle unter Art. 84 GG fallenden Gesetze des SER und für die Feststellungsverfahren nach den §§ 69 und 145 SGB IX für zuständig zu erklären. So weist das VersAEinglG die Feststellungsverfahren nach den §§ 69 und 145 SGB IX den Kreisen und kreisfreien Städten zu, während es die Verfahren des SER auf die Landschaftsverbände überträgt. Es wäre den Ländern sogar möglich, jedes einzelne Gesetz des SER einer anderen – beliebigen – Behörde zuzuweisen. Nur wenn statisch auf die bundesrechtlichen Vorgaben des ErrG verwiesen wird, ist sichergestellt, dass zumindest alle Angelegenheiten des SER weiterhin von einer einzigen Behörde durchgeführt werden (zur Rechtslage für Feststellungsverfahren nach §§ 69, 145 SGB IX: Senatsurteil vom 05.03.2008 – L 10 SB 40/06 -).
(bb) Die Annahme einer dynamischen Verweisung steht auch im Übrigen nicht im Einklang mit verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar sind dynamische Verweisungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht grundsätzlich unzulässig, sie sind indessen an verfassungsrechtlichen Maßstäben zu messen (BVerfG, Beschluss vom 01.03.1978 – 1 BvR 786/70 – in: BVerfGE 47, 285; Beschluss vom 15.07.1969 – 2 BvF 1/64 – in: BVerfGE 26, 338; vgl. auch LSG NRW, Urteile vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 – und vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 -). Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Tatbestände nicht stets selbst umschreiben muss, sondern im Wege der Verweisung auf andere Vorschriften Bezug nehmen darf. Solche Verweisungen sind als vielfach übliche und notwendige gesetzestechnische Methode anerkannt, sofern die Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, und wenn die in Bezug genommenen Vorschriften dem Normadressaten durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. BVerfGE 5, 25, 31; 22, 330, 346; 26, 338, 365 f.; 47, 285 ff.; vgl. auch Brugger, Rechtsprobleme der Verweisung im Hinblick auf Publikation, Demokratie und Rechtsstaat, in: Verwaltungsarchiv 78 (1987), S. 1 ff. ).
Eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende, die Durchführung des SER regelnde Landesrecht würde nicht den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten rechtlichen Anforderungen genügen. Unklar wäre insbesondere, ob die Verweisungsvorschriften im SER (§ 6 Abs. 1 S. 1 OEG; § 88 Abs. 1 SVG; § 51 Abs. 1 ZDG; § 4 Abs. 1 HHG; § 64 Abs. 1 IfSG; § 25 Abs. 4 StrRehaG; § 12 Abs. 4 VwRehaG) sich auf das ErrG i.V.m. dem jeweils gültigen und dessen inhaltlichen Vorgaben entsprechenden Landesrecht beziehen oder allein auf das jeweils die Zuständigkeit für die Durchführung der KOV und des SER regelnde Landesrecht. Der Bundesgesetzgeber ist zudem zwar nicht gehindert, auf fremdes, nicht von ihm formuliertes und in Kraft gesetztes Recht eines anderen Kompetenzbereiches zu verweisen, also beispielsweise in einem Bundesgesetz auf Landesrecht Bezug zu nehmen; denn eine solche Verweisung bedeutet rechtlich lediglich den Verzicht, den Text der in Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufzunehmen. Bei fehlender Identität der Gesetzgeber bedeutet aber eine dynamische Verweisung mehr als eine bloße gesetzestechnische Vereinfachung; sie führt zur versteckten Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen und wird daher im Schrifttum unter bundesstaatlichen, rechtsstaatlichen und demokratischen Gesichtspunkten als bedenklich beurteilt (vgl. Ossenbühl, DVBl. 1967, S. 401; Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik (1970); vgl. auch BVerfGE 47, 285 ff.). Diese Bedenken wiegen derart schwer, dass die Bezugnahme des § 6 Abs. 1 S. 1 OEG ausschließlich auf landesrechtliche, die Zuständigkeit in SER-Angelegenheiten regelnde Vorschriften verfassungswidrig wäre, wenn sie als dynamische Verweisung (ohne Bindungswirkung durch das ErrG) auszulegen wäre. Eine solche Verweisung des § 6 Abs. 1 S. 1 OEG würde bewirken, dass der Inhalt der in Bezug genommenen landesrechtlichen Vorschriften zum Bestandteil der bundesrechtlichen Verweisungsnorm und insoweit zu partiellem Bundesrecht würde. Jede Änderung der in Bezug genommenen Vorschriften durch den Landesgesetzgeber würde automatisch und ohne Mitwirkung des Bundesgesetzgebers im Ergebnis den Inhalt von § 6 Abs. 1 S. 1 OEG ändern. Das ist schon unter dem Gesichtspunkt der bundesstaatlichen Kompetenzordnung unzulässig. Dem Landesgesetzgeber fehlt (zumindest) im Bereich der unter Art. 85 GG fallenden SER-Gesetze die Befugnis, von den Vorgaben des mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen ErrG abzuweichen.
Zu den weiteren unter rechtstaatlichen und demokratischen Gesichtspunkten an eine dynamische Verweisung zu stellenden Anforderungen gehört, dass der zuständige (Bundes-) Gesetzgeber grundsätzlich selbst für eine ordnungsgemäße Inkraftsetzung und Verkündung seiner Gesetze und deren Änderungen bzw. Aufhebung sorgt (BVerfGE 47, 285 ff.). Ihm obliegt die Aufgabe, den Inhalt seiner Gesetze in eigener Verantwortung und im Wege der parlamentarischen Willensbildung selbst zu bestimmen und dabei auch deren Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen; soweit die Verfassung eine Delegation von Normgebungsbefugnissen an andere erlaubt, darf der zuständige Gesetzgeber sich seiner Verantwortung für den Inhalt der Normierung jedenfalls nicht völlig entäußern (BVerfG a.a.O; vgl. auch BVerfGE 33, 125, 157 ff.). Diesen Anforderungen genügt es nicht, wenn eine dynamische Verweisung auf das jeweilige Landesgesetz ohne Bindung an das bundesgesetzliche ErrG angenommen würde. Der Bundesgesetzgeber würde den Inhalt des § 6 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. dem ErrG nicht selbst bestimmen, vielmehr würde er im Ergebnis dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit überlassen, eine bundesrechtliche Regelung (hier: ErrG) für den Geltungsbereich des jeweiligen Landesrechts außer Kraft zu setzen und ggf. durch eine gegenläufige Regelung zu ersetzen, ohne dass dies im Bundesgesetzblatt verkündet würde (vgl. BVerfGE 47, 285 ff.). Bei Annahme einer dynamischen Verweisung würde somit in unzulässiger Weise die gesetzgeberische Verantwortung für Regelungsänderungen mittels "Verweisungsautomatik" auf den jeweiligen Landesgesetzgeber übergehen, ohne dass der Bundesgesetzgeber dessen Willensbildung in irgendeiner Weise beeinflussen kann (vgl. BVerfG, a.a.O.). Das gilt namentlich bezogen auf das VersAEinglG, denn das Land hat den Bund trotz dessen Nachfrage (Schreiben des BMAS vom 14.05.2007) zunächst nicht darüber unterrichtet, die Versorgungsverwaltung kommunalisieren zu wollen. Dies ist erstmals mit Schreiben vom 22.11. 2007 geschehen und auf Anfrage des Bundesministeriums der Verteidigung vom 11.12.2007 mit weiterem Schreiben vom 22.12.2007 präzisiert worden.
Damit ergibt sich: Die Regelung des § 6 Abs. 1 S. 1 OEG verweist (zumindest auch) statisch auf das ErrG. Die entgegenstehende Auffassung, nach der diese Vorschrift (rein) dynamisch auf die jeweils gültigen die Zuständigkeit regelnden Landesgesetze verweist, kollidiert mit verfassungsrechtlichen Vorgaben.
(V) Keine Abweichungskompetenz des Landes im Rahmen von Art. 84 GG bis zum Ablauf des 31.12.2008
Selbst wenn das OEG von den Ländern als eigene Angelegenheiten (Art. 84 GG) durchgeführt würde, eine geltungserhaltende Reduktion der §§ 1 und 4 VersAEinglG für alle unter Art. 84 GG fallenden SER-Angelegenheiten in Betracht käme und eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende, die Durchführung des SER regelnde Landesrecht zulässig wäre und vorläge, wäre das Land wegen 125b Abs. 2 GG jedenfalls bis zum 31.12.2008 gehindert, von Bundesrecht (hier: ErrG) insoweit abzuweichen, als das Verwaltungsverfahren betroffen ist.
Gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG idF von Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 28.08.2006 (BGBl. I, S 2034) regeln die Länder die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, wenn sie Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen. Sofern Bundesgesetze etwas anders bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen (Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG). Den Gemeinden und Gemeindeverbänden können durch Landesrecht Aufgaben übertragen werden, hingegen infolge der Föderalismusreform gemäß Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG ausdrücklich nicht mehr durch den Bundesgesetzgeber (vgl. auch BT-Drucks. 16/813 Nr. 9).
(1) Die Aufgabenübertragung auf die Landschaftsverbände durch §§ 1 und 4 VersAEinglG unterfällt, wenn sie – wie vorstehend dargelegt – nicht schon an den Maßstäben des Art. 85 GG zu messen ist, zumindest den in Art. 84 Abs. 1 GG aufgeführten Regelungsbereichen der "Einrichtung von Behörden" oder dem des "Verwaltungsverfahrens" (vgl. Senatsurteil vom 05.03.2008 – L 10 V 9/05 -). Beide Begriffe sind nicht konturenrein (Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 23). Der Begriff "Einrichtung von Behörden" in Art. 84 Abs. 1 GG ist weit zu verstehen (vgl. Trute in: v. Mangoldt/Klein/Stark, Art. 84 Rdn. 8 ff.; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 84 Rdn. 3 ff.; Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 25). Die "Einrichtung" umfasst sowohl die Errichtung (Gründung) als auch die Einrichtung und innere Organisation der handelnden Organe (Ausgestaltung), einschließlich der Übertragung ihrer näheren Aufgabenkreise und Befugnisse (BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 – 2 BvR 909/82 – in: BVerfGE 75, 108, 149 ff.; BVerfG, Urteil vom 17.07.2002 – 1 BvF 1/01 – in: BVerfGE 105, 313, 331 ff.; BSG, Urteil vom 12.06.2001 – B 9 V 5/00 R -; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 84 Rdn. 3; Dittmann in: Sachs, Art. 84 Rdn. 7; Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 25; a.A. Pathe, DVBl. 1951, 681 ff.). Hiernach sind (neue) normative Aufgabenzuweisungen an Behörden als Regelung der Behördenorganisation zu verstehen (Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 25, Fußnote 3). Werden lediglich bereits bestehende Aufgaben vermehrt, d.h. erfolgt allein eine quantitative, nicht hingegen eine qualitative Veränderung der Aufgaben einer bestimmten Behörde, so ist dies nicht von dem Begriff der "Einrichtung von Behörden" i.S.d. Art. 84 GG erfasst (BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 – 2 BvR 909/82 – in: BVerfGE 75, 108 ff.; Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 55).
Ausgehend hiervon ist das Begriffsmerkmal "Einrichtung der Behörden" des Art. 84 Abs. 1 GG erfüllt. Der Landesgesetzgeber hat die Durchführung des SER als neue Aufgabe vollständig auf die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe, also auf Behörden im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG (hierzu Trute in: v. Mangold/Klein/Stark, Art. 84 Rdn. 9) übertragen. Ob auch das Verwaltungsverfahren betroffen ist, kann zunächst offen bleiben. Die Abgrenzung von "Einrichtung der Behörden" und "Verwaltungsverfahren" wird im Zusammenhang mit der Prüfung des Art. 125b Abs. 2 GG relevant (dazu unten).
Inwieweit allerdings eine (solche) Weiterübertragung bundesrechtlicher Aufgaben durch die Länder auf Kommunalverbände durch Art. 84 GG ermöglicht wird, ist umstritten. So wird die Auffassung vertreten, der Begriff "Einrichtung der Behörden" erfasse alle amtlichen Stellen auf Landesebene (Dittmann in: Sachs, Art. 84 Rdn. 7 ; Trute in: v. Mangoldt/Klein/Stark, Art. 84 Rdn. 9), also Verwaltungseinheiten der unmittelbaren wie der mittelbaren Landesverwaltung; Behörden i.S.d. Art. 84 Abs. 1 GG seien auch die Gemeinden und Gemeindeverbände (BVerfGE 77, 288, 299; BVerfGE 75, 108, 150 f.; BVerfGE 10, 20, 48; Hömig in: Seifert/Hömig, GG, 7. Auflage, 2003, Art. 84 Rdn. 3), Dies würde bedeuten, dass die Länder aufgrund ihrer Organisationskompetenz eigenverantwortlich die für den Gesetzesvollzug zuständige Ebene und Stelle bestimmen können (Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 84 Rdn. 20 m.w.N.). Dem wird entgegengehalten, dass es sich dabei weder um die Einrichtung der Behörde noch um das Verwaltungsverfahren handele, vielmehr die allgemeine Verwaltungsebene fixiert werde (Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 27 unter Hinweis auf BVerfGE 22, 180 ff.), Bei der einzurichtenden Behörde müsse es sich zudem um eine Landesbehörde handeln (Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 28).
Ausgehend hiervon wäre es dem Land schon aus diesem Grund verwehrt, die Versorgungsverwaltung zu kommunalisieren. Der Senat folgt dem indes nicht. Der Wortlaut des Art. 84 Abs. 1 GG ist insoweit eindeutig. Die Länder können die Einrichtung der Behörden regeln, sofern sie das betreffende Bundesgesetz als eigene Angelegenheit ausführen. Die Vorschrift ist nicht auf die unmittelbare Landesverwaltung eingegrenzt. Vielmehr kann das Land im Sinne einer Aufgabenübertragung auch Behörden der kommunalen Ebene "einrichten", sofern und soweit es hierzu nach Landesrecht befugt ist. Das ist im Verhältnis des Landes NRW zu den beiden Landschaftsverbänden – wie dargestellt – der Fall. Ist sonach das Land unter Geltung des Art. 84 GG – vorbehaltlich der Zuordnung des OEG zu Art. 85 GG – berechtigt, ab dem 01.01.2009 von den Vorgaben des ErrG abzuweichen, gilt dies bis einschließlich 31.12.2008 nur eingeschränkt.
(2) Das VersAEinglG weicht von den Verfahrensvorschriften des ErrG ab. Zu einer Abweichungsgesetzgebung ist das Land insoweit erst ab dem 01.01.2009 berechtigt. Nach Art. 125b Abs. 2 GG i.d.F. von Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes vom 28.08.2006 (BGBl. I S. 2034) können die Länder zwar von solchen bundesgesetzlichen Regelungen abweichen, die auf Grund des Art. 84 Abs. 1 GG in der vor dem 01.09.2006 geltenden Fassung erlassen worden sind, von Regelungen des Verwaltungsverfahrens können sie aber bis zum 31.12.2008 nur dann abweichen, wenn seit dem 01.09.2006 in dem jeweiligen Bundesgesetz Regelungen des Verwaltungsverfahrens geändert worden sind. Letzteres ist bezogen auf das ErrG nicht der Fall.
(a) Die Begriffe der "Einrichtung von Behörden" einerseits und des "Verwaltungsverfahrens" andererseits sind nur schwer voneinander abzugrenzen (Lerche in: Maunz-Dürig, , Art. 84 Rdn. 23, 30; vgl. auch Trute in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 84 Rdn. 12). Das war nach bisherigem Verfassungsrecht auch nicht erforderlich, ist nunmehr indessen sowohl hinsichtlich Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG als auch hinsichtlich der Übergangsregelung des Art. 125b Abs. 2 GG geboten. Der Begriff des "Verwaltungsverfahrens" in Art. 84 Abs. 1 GG und Art. 125b Abs. 2 GG bezeichnet das Verfahren der Verwaltungsbehörden (Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 84 Rdn. 15). Er ist im Einzelnen umstritten (Henneke a.a.O). Verwaltungsverfahren ist nach § 8 SGB X die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Ausgehend hiervon wurde die Auffassung vertreten, Art. 84 Abs. 1 GG meine nur das förmliche Verwaltungsverfahren (Köttgen, DÖV 1952, 422 ff.). Dem kann nicht zugestimmt werden. Maßgebend für die Subsumtion ist nicht die amtliche Überschrift des jeweiligen Gesetzes, abzustellen ist vielmehr auf den spezifischen Regelungsgehalt der konkreten Norm. Unerheblich ist auch, ob die jeweiligen Regelungen Bestandteil eines Verfahrens- oder Organisationsgesetzes sind. Normen stehen nicht selten in einem sachlich-systemwidrigen Zusammenhang mit dem sie umgebenden Normenkomplex. So bestimmt beispielsweise § 152 SGG, dass die Geschäftsstelle des LSG unverzüglich, nachdem die Berufungsschrift eingereicht ist, die Prozessakten von der Geschäftsstelle des SG anzufordern hat. Die Vorschrift ist zwar Teil des SGG, regelt indessen nur einen gerichtsinternen Geschäftsvorgang, gehört mithin in eine Verwaltungsanordnung und nicht in ein Prozessgesetz (Frehse in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 152 Rdn. 1). Auch das Gesetz über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV) ist in diesem Sinne ambivalent. Es enthält entgegen der amtlichen Bezeichnung sowohl Verfahrensregelungen (z.B. § 15 VfG-KOV) als auch Organisationsnormen (z.B. § 2 Abs. Satz 1 VfG-KOV). Entscheidend ist daher allein, ob – zumindest auch – eine hinreichend konkrete und konstitutive Festlegung des Verwaltungshandelns durch die bundesgesetzliche Regelung erfolgt (Dittmann in: Sachs, Art. 84 Rdn. 10; Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 41 f.; Pieroth in:Jarass/Pieroth, Art. 84 Rdn. 4 ff; vgl. auch BVerfGE 55, 274, 321, BVerfGE 75, 108, 152). Als Vorschriften über das Verwaltungsverfahren im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG sind hiernach gesetzliche Bestimmungen anzusehen, die die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden im Blick auf die Art und Weise der Ausführung des Gesetzes einschließlich ihrer Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensbildung, die Art der Prüfung und Vorbereitung der Entscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung sowie verwaltungsinterne Mitwirkungs- und Kontrollvorgänge in ihrem Ablauf, somit das "Wie" des Verwaltungsverfahrens regeln (BVerfGE 55, 274 ff.; BVerfGE 114, 196 ff.; BVerfGE 37, 363 ff; vgl. auch Lerche in: Maunz/Dürig, Art. 84 Rdn. 37; Dittmann in: Sachs, Art. 84 Rdn. 9). Es gilt ein weiter Verfahrensbegriff, der nicht auf Regelungen allgemeiner Verfahrensgesetze beschränkt ist (Trute, Föderalismusreform, 2007, Rdn. 166). Zudem lässt sich die Zuordnungsfrage nicht ein für allemal abschließend, etwa allein anhand der bisher von Rechtsprechung, Praxis und Schrifttum entwickelten Grundsätze beantworten (BVerfGE 55, 274, 320).
Die Abgrenzung zwischen "Einrichtung einer Behörde" und "Verwaltungsverfahren" wird sonach dadurch erschwert, dass eine "Einrichtungsregelung" auch das "Wie" des Verwaltungshandelns betreffen kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn die betreffende Vorschrift zugleich und zwangsläufig ein hiermit korrespondierendes verfahrensmäßiges Verhalten der Behörde bewirkt. Dabei wiederum kann danach differenziert werden, ob die Einrichtungsregelung mit einer bewusst-zielgerichteten Verfahrensregelung einhergeht oder aber der Verfahrensbezug nur Reflex der Behördeneinrichtung ist (Senatsurteil vom 05.03.2008 – L 10 V 9/05 -; vgl. auch Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 42 zu Reflexwirkungen). Eine vergleichbare Problematik ergibt sich bei der Abgrenzung von Verfahrensrecht zum materiellen Recht im Zusammenhang mit der Kompetenznorm des Art. 84 Abs. 1 GG, denn ein materieller Gesetzesbefehl kann eine Ausgestaltung erhalten, die auch das "Wie" des Verwaltungshandelns bindend festlegt (BVerfGE 55, 274, 321; vgl. auch BVerfGE 37, 262, 390 f.; Dittmann in: Sachs, Art. 84 Rdn. 9). Solche Regelungen liegen dann vor, "wenn die den Bürger betreffende materiellrechtliche Vorschrift zugleich die zwangsläufige Festlegung eines korrespondierenden verfahrensmäßigen Verhaltens der Verwaltung bewirkt" (BVerfGE 55, 274 ff.). Hiernach ist der Anwendungsbereich des Art. 84 Abs. 1 GG bereits dann eröffnet, wenn die Festlegung eines verfahrensmäßigen Verhaltens sich als Reflex der im Vordergrund stehenden materiellen Regelung darstellt ("bewirkt"). Lediglich ferne oder ungefähre Reflexwirkungen genügen indessen nicht. Vielmehr ist mittels des Merkmals des "Regelns" in Art. 84 Abs. 1 GG eine Präzisierung vorzunehmen (vgl. BVerfGE 55, 274, 319; Lerche in: Maunz/Dürig, Art. 84 Rdn. 42). M.a.W.: Von einem eigenen, zur verantwortlichen Aussage hinzutretenden Gesetzesbefehl kann hier wie sonst nur dann gesprochen werden, wenn eine hinreichend konkrete rechtliche Fixierung des Prozederes erfolgt, bloß allgemein Einfärbungen des Verwaltungshandelns oder ähnliche Auswirkungen können nicht genügen; ob eine solche "Bestimmung" gegeben ist oder nicht, entscheidet sich allein nach den allgemeinen Auslegungsregeln, so dass z.B. eine gesetzgeberische Gewolltheit dieser Wirkung nicht unumgänglich nötig ist (so zutreffend Lerche in: Maunz/Dürig, Art. 84 Rdn. 42).
Dieses ausdifferenzierte Abgrenzungsgefüge zwischen materiellem Recht einerseits und Verfahrensregelungen andererseits ist auf die gleichermaßen schwierige Unterscheidung von "Einrichtung einer Behörde" (Art. 84 Abs. 1 GG) und "Regelungen des Verwaltungsverfahrens" (Art. 125b Abs. 2 GG) zu übertragen. Das rechtfertigt sich schon daraus, dass Organisations- und Verfahrensregelungen mit materiellen Regelungen eng zusammenhängen (Trute, Föderalismusreform, Rdn. 150, 159).
(b) Aus § 3 ErrG ist herzuleiten, dass die das OEG ausführende Behördenorganisation einen hierarchischen und dreigliedrigen Aufbau mit Fach- und Dienstaufsicht der jeweils höheren Fachbehörde haben muss. Das VersAEinglG weicht hiervon – wie dargestellt – ab. Danach besteht nur eine eingeschränkte Fachaufsicht. Zudem hat die nächsthöhere Fachbehörde (das MAGS) keine Dienstaufsichtsbefugnisse gegenüber dem Landschaftsverband. Diese Abweichungen ordnet der Senat vornehmlich dem Verwaltungsverfahren zu. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung: Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der Aufgaben (§ 13 LOG NRW). Es handelt sich der Sache nach um eine Kontrolle der Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns (vgl. Oppermann in: von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Auflage, S. 641), mithin um Kontrollvorgänge im Sinne der Rspr. des BVerfG (vgl. BVerfGE 55, 274 ff.; BVerfGE 114, 196 ff.; BVerfGE 37, 363 ff.) und damit um Regelungen des Verwaltungsverfahrens. Der Senat sieht sich hierin dadurch bestätigt, dass selbst Zustimmungserfordernisse eines Bundesministers das Verwaltungsverfahren betreffen (BVerfGE 1, 76, 79; Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 48). Wird ein Zustimmungserfordernis festgelegt (z.B. Kannversorgung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG), ist sowohl das "Wer" als auch das "Wie" betroffen. Eine solche Regelung ist doppelgesichtig, denn sie betrifft auch den Verfahrensablauf. Nichts anderes gilt, wenn der höheren Behörde nur eingeschränkte Fachaufsichtsrechte eingeräumt werden. Beobachtet die Aufsicht das Verwaltungshandeln ohne einzugreifen, ist dieses bewusste Unterlassen dem Tun (Eingriff) gleichzustellen; jeweils ist (auch) das Verfahren betroffen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass es insoweit nur um behördeninterne Abläufe geht, denn der Begriff des Verwaltungsverfahrens im Sinne des Art. 84 GG ist nicht auf eine nach außen wirkende Tätigkeit beschränkt (Pieroth in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 84 Rdn. 4; Trute in: v. Mangold/Klein/Stark, Art. 84 Rdn. 16). Hinzu kommt, dass Mitwirkungsrechte im Verfahren der Entscheidungsgewinnung ebenfalls dem Verwaltungsverfahren zuzuordnen sind (Trute, Föderalismusreform, Rdn. 168; ders. in: v. Mangold-Klein-Stark, Art. 84 Rdn. 15; Lerche in: Maunz-Dürig, Art. 84 Rdn. 48). Zwar geht es bei der Fachaufsicht nicht ausschließlich darum, jeweils an der konkreten Entscheidung mitzuwirken. Der Begriff "Aufsicht" wird vielmehr wesentlich durch eine Beobachtungsfunktion bestimmt, die allerdings mit der Möglichkeit einhergeht, im Einzelfall einzugreifen. Der Unterschied zur Mitwirkung (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB X) ist somit nur gradueller Art. Die Mitwirkung setzt voraus, dass der Dritte in den konkreten Entscheidungsvorgang eingebunden wird und die Möglichkeit hat, jeweils seine Interessen einzubringen (vgl. auch §§ 69, 73 Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) NRW). Demgegenüber berechtigt die Fachaufsicht dazu, allgemeine oder einzelfallbezogene Weisungen zu erteilen, um dem Entscheidungsprozess aus Gründen der Rechtmäßigkeit oder Zweckmäßigkeit ein bestimmtes Gepräge zu geben oder aber ihn auf ein von der Aufsicht präferiertes Ergebnis zu lenken. Unterschiedslos betrifft hiernach sowohl die Mitwirkung als auch die Ausübung der Fachaufsicht das "Wie" der Entscheidungsgewinnung, mithin das Verwaltungsverfahren. Diesem Ergebnis vergleichbar ist es, wenn Rechtsvorschriften bestimmen, dass die zuständige Behörde innerhalb des Entscheidungsprozesses das Benehmen mit einer anderen Behörde herstellen muss (z.B. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V i.d. bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung). Dies setzt voraus, dass die zuständige Behörde die andere Behörde von der beabsichtigten Maßnahme unterrichtet und ihr die Möglichkeit der Stellungnahme einräumt (BSG, Urteil vom 09.12.2004 – B 6 KA 40/03 R -). Wiederum ist das "Wer" insofern geregelt, als der Adressat des Normbefehls festgelegt wird; gleichermaßen geht es aber auch um das Verwaltungsverfahren, indem das Gesetz bestimmt, wie der Entscheidungsprozess abzulaufen hat, nämlich unter Einbeziehung von Drittinteressen. Unerheblich ist danach, dass § 3 ErrG ebenfalls regelt, wer die Fach- und Dienstaufsicht ausübt. Das ist sogar zwingend, denn wenn eine Verfahrensregelung getroffen wird, muss stets auch geregelt werden, wer zuständig ist bzw. wer sie zu beachten hat (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V a.F.; § 69 LPVG NRW). Zur Überzeugung des Senats kann hieraus nicht hergeleitet werden, dass die Einrichtungsregelung die Verfahrensregelung verdrängt (so aber LSG NRW, Urteil vom 11.03.2008 – L 6 (10) VS 29/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 V 28/07 -; Urteil vom 11.03.2008 – L 6 VG 13/06 -; Urteil vom 10.04.2008 – L 6 V 32/07 -). Das kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Verfahrensbezug sich lediglich als ferne oder ungefähre Reflexwirkung der Behördeneinrichtung darstellt. Das wiederum wäre nur dann der Fall, wenn es hinsichtlich des Verfahrens schon an einer Regelung im Sinne eines Willensaktes fehlen würde (vgl. Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 84 Rdn. 6). Die Regelung muss dabei nicht notwendigerweise finalen Charakter haben; gleichgültig ist insbesondere, ob die Normierung ausdrücklich bzw. unmittelbar oder nur stillschweigend bzw. mittelbar erfolgt oder ob sie mit organisationsrechtlichen Normen äußerlich (zwangsläufig oder nicht) zusammenfällt oder nicht (vgl. Lerche in: Maunz/Dürig, Art. 84 Rdn. 57 zur Abgrenzung materieller Regelungen zu Verfahrensvorschriften).
Der Regelungsgehalt des § 3 ErrG ist ein Zweifacher. Bewusst und gewollt vorgegeben werden einerseits der hierarchische Behördenaufbau (Versorgungsämter, Landesversorgungsamt, oberste Aufsichtsbehörde) andererseits aber auch gegliederte Aufsichtsebenen ("unterstehen"). Dabei ist Letzterem nach der Konzeption des § 3 ErrG Priorität einzuräumen. Denn "wer" für die Versorgung des anspruchsberechtigten Personenkreises zuständig ist, folgt schon aus § 2 VfG-KOV. Die Vorgabe des § 3 ErrG, dass im Behördenzug Fach- und Dienstaufsichtsrechte vorhanden sein müssen, stellt demnach keine nur "behördenorganisatorische Regelung" dar, die allein der Behördeneinrichtung zugeordnet werden könnte, vielmehr steht der Verfahrensbezug im Vordergrund. Im Übrigen regelt § 3 ErrG nicht allein, wer Aufsichtsrechte ausübt, sondern vornehmlich, wie sie ausgeübt werden, nämlich als Dienst- und Fachaufsicht.
Zu keinem anderen Ergebnis führt es, wenn – zutreffend – angenommen wird, dass der Begriff des Verwaltungsverfahrens in Art. 84 GG nach der Rspr. des BVerfG nicht starr ist, sondern Wandlungen unterliegt (vgl. BVerfGE 55, 274 ff.). Dieser Ansatz ändert nichts daran, dass das BVerfG sein bisheriges Verständnis und die daraus resultierende Definition des Begriffs "Verwaltungsverfahren" bislang weder aufgegeben noch modifiziert hat. Hierzu besteht zur Überzeugung des Senats im hier interessierenden Zusammenhang auch kein Bedarf. Naturgemäß lässt sich angesichts der aufgezeigten schwierigen Abgrenzungsfrage jederzeit behaupten, § 3 ErrG betreffe im Wesentlichen das "Wer" und nicht das "Wie". Das führt indessen nicht weiter, denn die Gegenposition kann gleichermaßen unschwer mittels der Behauptung eingenommen werden, geregelt werde im Wesentlichen, wie und welche Aufsicht ausgeübt werde und nur als Reflex, wer das zu tun habe. Allerdings belegt die Beliebigkeit dieses gedanklichen Ansatzes, dass § 3 ErrG zumindest auch und jedenfalls gleichrangig Regelungen des Verwaltungsverfahrens enthält, von denen das Land NRW frühestens ab dem 01.01.2009 hätte abweichen dürfen (Art. 125b Abs. 2 GG). Hiermit korrespondiert, dass auch das VersAEinglG sich nicht darauf beschränkt zu regeln, wer für die Durchführung des SER zuständig ist. Zwar wird auch die Zuständigkeit bestimmt (§ 4 Abs. 1 VersAEinglG), darüber hinaus wird aber auch festgelegt, wie der Landschaftsverband die Aufgaben auszuführen hat, nämlich als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 VersAEinglG). Diese Regelung bezieht sich nicht auf die Behördeneinrichtung; betroffen ist insoweit allein das Verwaltungsverfahren, denn vorgeschrieben wird die Tätigkeitsform des Normadressaten (vgl. Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 84 Rdn. 16). § 4 Abs. 2 Satz 2 VersAEinglG ("Die Aufsicht führt die fachlich zuständige oberste Landesbehörde") mag ggf. als Regelung der Behördeneinrichtung verstanden werden, für Satz 3 ("Diese kann allgemeine und besondere Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern") und Satz 4 ("Zur zweckmäßigen Sicherung der Aufgaben kann die Aufsichtsbehörde allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Durchsetzung der Aufgaben sicherzustellen") gilt das aber nicht. Jeweils ist das "Wie" betroffen, indem die Aufsichtsbefugnisse betreffend die Rechtmäßigkeit (Satz 3) bzw. Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns (Satz 4) präzisiert werden.
Die Auslegung der Begriffe "Einrichtung einer Behörde" und "Verwaltungsverfahren" durch den Senat wird gestützt durch weitere Erwägungen. Die Vorschrift des Art. 125b Abs. 2 GG stellt sicher, dass die Länder schon vor dem 01.01.2009 Behörden einrichten können, ohne allerdings von den das Verwaltungsverfahren regelnden Vorschriften des ErrG abweichen zu dürfen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Aufgabenzuweisung an andere Behörden als die bisher zuständigen Versorgungsämter führe zwingend dazu, dass die (Neu-) Organisation der Behördenstruktur gleichzeitig auch das Verfahren regele. Dieser Gedanke trifft schon im Ansatz nicht zu. Er lässt unberücksichtigt, dass die rechtliche Problematik sich nachhaltig dadurch verschärft, dass das Land NRW die Durchführung des SER auf Kommunalverbände übertragen hat. Allein die Kommunalisierung der Aufgaben und damit deren Ausgliederung aus der allgemeinen Landesverwaltung bedingt, dass das VersAEinglG mit dem ErrG kollidiert. Hätte der Landesgesetzgeber die Aufgaben anderen Behörden der allgemeinen Landesverwaltung zugewiesen, hätten die Vorgaben des § 3 ErrG unschwer übernommen werden können. Im Übrigen laufen Art. 84, 125b GG schon deswegen nicht leer, weil sie nicht nur das SER betreffen, sondern eine allgemeine und darüber hinausgehende Bedeutung haben (hierzu Försterling in: ZG 2007, 36-61; Wabnitz in: Sozialrecht aktuell 2006, 153-156, Henneke in: NdsVBl 2006, 158-163, Scheidler in: UPR 2006, 423-429).
Daher gilt: Die Übergangsregelung des Art. 125b Abs. 2 GG liefe bei einem anderen Verständnis der Norm als derjenigen des Senats jedenfalls für den Bereich des SER weitgehend leer. Dass der Verfassungsgeber dies gewollt hat, ist schwerlich anzunehmen. Werden alle Abweichungen des VersAEinglG vom ErrG allein damit gerechtfertigt, dass nur die Behördeneinrichtung betroffen ist, dann hätte es der Differenzierung zwischen Verfahren und Einrichtung nicht bedurft, vielmehr hätte das zeitliche Abweichungsverbot sich schlicht auf allgemeine Verfahrensgesetze beschränken können. Diesen einfacheren Weg hat der Verfassungsgeber bewusst nicht gewählt, denn Art. 125b GG sollte dem Bund gerade ermöglichen, den bisherigen Normenbestand zu überprüfen und ggf. das Verwaltungsverfahren im Sinn des Art. 84 Abs. 1 GG ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder (Art. 84 Abs. 1 S. 3 GG) zu regeln (BT-Drucks. 16/813, S. 21; BR-Drucks. 178/06, S. 52). Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn die Länder bereits vor dem 01.01.2009 von allen Regelungen des ErrG abweichen könnten. Das Land könnte dann bis zu einer Neuregelung durch den Bund nicht nur bestimmen, welche Behörde die Angelegenheiten des SER durchführt, sondern auch, dass diese Behörde nicht mehr den bisherigen weitgehenden Kontrollen unterliegt. Das Land wäre jedenfalls durch Bundesrecht nicht gehindert, jegliche Aufsichts- und Kontrollrechte zu eliminieren. Damit aber wird das Anliegen des ErrG konterkariert. Die Vorgaben der §§ 3,4 ErrG sind kein Selbstzweck, sie sollen vielmehr die übergeordneten Ziele des ErrG sicherstellen. Diese werden in den Gesetzesmaterialien dahin fixiert, dass das ErrG die Einheitlichkeit der Anwendung des BVG im Bundesgebiet, die Qualität der Versorgungsverwaltung sowie einen sachgerechten und rationellen Verwaltungsaufbau wahren, eine besonders fürsorgliche Behandlung des betroffenen Personenkreises durch fachlich geschultes Personal sicherstellen und eine zentrale Koordination der Aufgaben nach umfassender Fachkompetenz gewährleisten soll (BT-Drucks. 14/640 Begründung zu Artikel 33, S. 19 f; vgl. auch Straßfeld, a.a.O., 20). Das Erreichen dieser Ziele wäre gefährdet, wenn das beigeladene Land von den qualitätssichernden Vorgaben des ErrG (hierarchischer, dreigliedriger Verwaltungsaufbau, besondere Geeignetheit der Mitarbeiter) abweichen dürfte, ohne dem Bund die Möglichkeit zu geben, den Normenbestand zeitnah zu prüfen und ggf. eine Neuregelung ohne Abweichungsmöglichkeit gem. Art. 84 Abs. 1 Satz 3 GG zu treffen (vgl. auch Jarass in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 125b Rdn. 8). Hierzu verweist die Beigeladene zu 2 darauf, dass der "immer noch bedeutende Personenkreis", der unter das BVG falle, einer besonders fürsorglichen Betreuung durch speziell geschultes Fachpersonal bedürfe; das gelte besonders vor dem Hintergrund zunehmender Auslandseinsätze deutscher Soldaten; die Effizienz der Versorgungsverwaltung mit ihrem hohen Technikstand und rationellen Verwaltungsablauf sei angesichts Auflösung der Versorgungsämter nicht mehr gewährleistet; höhere Fehlerquoten bei der Bearbeitung oder Leistungsverschlechterungen wären zu befürchten und eine wirtschaftliche, sparsame Verwendung der eingesetzten Haushaltsmittel nicht mehr gesichert.
In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass das Land zur Überzeugung des Senats gegen den Grundsatz des bundestreuen Verhaltens verstoßen hat. Nach Art. 84 Abs. 1 GG steht den Ländern zwar grundsätzlich die Organisationsgewalt für die Landeseigenverwaltung zu (vgl. Dittmann in: Sachs, Art. 84 Rdn. 1). Sie haben das Recht, die für den Gesetzesvollzug erforderlichen Behörden einzurichten, müssen dabei aber die sachgerechte Erledigung des sich aus der Bundesgesetzgebung ergebenden Aufgabenbestandes sicherstellen (BVerfGE 55, 274 ff.; BVerfGE 75, 108 ff.). Insoweit mag die Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit eine landesgesetzliche Regelung (hier: das VersAEinglG) geeignet ist, Behördenorganisation und Verwaltungsverfahren unter Einbindung einer Vielzahl von Interessen zu optimieren, grundsätzlich bei den Ländern liegen. Vorliegend gilt das indessen nicht (mehr). Das Gebot effektiver Aufgabenerfüllung beinhaltet schon allgemein das Gebot loyaler Aufgabenerfüllung der Bundesgesetze. Im Rahmen der Abweichungskompetenz des Art. 84 GG ist, zumal angesichts des Zusammenhangs von materieller Regelung einerseits sowie Organisation und Verfahren andererseits, damit eine Grenze der Abweichungsgesetzgebung der Länder verbunden, als diese gehindert sind, durch Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens die Sachregelungskompetenz des Bundes zu konterkarieren (Trute, Föderalismusreform, Rdn. 158). So liegt es hier. Die Beigeladene zu 2 hat – wie dargelegt – mehrfach versucht, die Aufhebung des ErrG zu verhindern. Sie spricht dem Land NRW mittels zum Verfahren gereichter Schriftsätze auch derzeit die Befugnis ab, von den Vorgaben des ErrG mittels landesrechtlicher Regelungen abzuweichen.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Entscheidung des Verfassungsgebers, die zuvor in der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes stehende Materie der Versorgung von Kriegsopfern ab 01.09.2006 der ausschließlichen Bundesgesetzgebung zuzuweisen (Art. 73 Abs. 1 Nr. 13 GG i.d.F. von Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes v. 28.08.2006, BGBl. I S. 2034), war es angesichts der dem Land NRW auferlegten Pflicht sich bundesloyal zu verhalten, zwingend, dem Bund zumindest die Möglichkeit zu geben, seine der Auffassung des Landes diametral entgegenstehende Position in das Landesgesetzgebungsverfahren einzubringen. Dies folgt schon daraus, dass der Bundesgesetzgeber nach Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG das Recht hat, in jedes einzelne vom erlassene Gesetz Verfahrensregelungen aufzunehmen, er im übrigen – im Rahmen seiner Sachkompetenz (hier Art. 73 Abs. 1 Nr. 13 GG) – die Möglichkeit hat, das Verwaltungsverfahren bundeseinheitlich zu regeln (vgl. Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 84 Rdn. 17; Hömig in: Seifert/Hömig, Art. 84 Rdn. 2 m.w.N. auf BVerfGE 22, 181). Dem Gebot des bundesloyalen Verhaltens ist das Land nicht gerecht geworden. Es hat den Bund erstmals auf Anfrage des Bundesministeriums der Verteidigung im November 2007 über das bereits am 24.10.2007 vom Landtag verabschiedete Eingliederungsgesetz unterrichtet (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung an das MAGS vom 11.12.2007). Auch im eigentlichen Gesetzgebungsverfahren ist dem Bund keine Möglichkeit gegeben worden, seine dem Vorhaben des Landes diametral entgegengesetzte Auffassung darzulegen. Im Ergebnis hat das Land dem Bund damit die Möglichkeit genommen, seinen Normenbestand zeitnah zu überprüfen und ggf. die Abweichungskompetenz des Landes aus den von der Beigeladenen zu 2 im Einzelnen genannten Gründen zu korrigieren. Hinzu kommt: Nach dem Verfassungsgrundsatz der "Bundestreue" besteht eine Rechtspflicht des Bundes und aller seiner Glieder zu "bundesfreundlichem Verhalten"; das heißt, alle an dem "Bündnis" Beteiligten sind gehalten, dem Wesen dieses Bündnisses entsprechend zusammenzuwirken und zu seiner Festigung und zur Wahrung seiner und der wohlverstandenen Belange seiner Glieder beizutragen (BVerfGE 55, 274 ff.; BVerfGE 1, 299, 315). Diesen Anforderungen ist das Land – wie dargelegt – nicht gerecht geworden. Es hat damit das infolge der Föderalismusreform neu ausbalancierte Zuständigkeitsgeflecht zwischen Bund und Ländern unterlaufen und dadurch verhindert, dass der Bund zeitnah handeln konnte. Zwar könnte erwogen werden, Art. 125b Abs. 2 GG als zugunsten des Bundes greifende Übergangsvorschrift eng auszulegen. Das scheitert aber jedenfalls daran, dass das Land gegen den Grundsatz des bundestreuen Verhaltens verstoßen hat.
(c) Aus einem weiteren Grund betrifft § 3 ErrG das Verwaltungsverfahren und nicht die Einrichtung einer Behörde. Die Vorschrift regelt, dass der Aufbau der Versorgungsverwaltung dreigliedrig sein muss, nicht jedoch welche Behörden zuständig sind. Das folgt schon aus § 2 VfG-KOV. Der dreistufige Verwaltungsaufbau ist kein Selbstzweck; er dient – wie dargestellt – der Qualitätssicherung. Angesichts des dreigliedrigen Verwaltungsaufbaus mit umfassenden Dienst- und Fachaufsichtsrechten wird die Qualitätssicherung u.a. dadurch erreicht, dass stets eine von der Ausgangsbehörde unterschiedliche Behörde über die Widersprüche der Betroffenen entscheidet (§ 85 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG). Das VersAEinglG hat demgegenüber die Dreistufigkeit aufgegeben, indem § 4 Abs. 2 bestimmt, dass die (Sonder-) Aufsicht beim MAGS angesiedelt ist. Hieraus folgt, dass Widerspruchsverfahren gegen Bescheide der Landschaftsverbände gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG von diesen selbst bearbeitet werden, sie sich also im Ergebnis selbst überprüfen. Dabei kann dahin stehen, ob sich diese Selbstkontrolle nicht auch aus § 85 Abs. 2 Nr. 4 SGG ergibt, sofern die dem Landschaftsverband übertragenen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung als eine Art von Selbstverwaltungsaufgaben angesehen werden (vgl. Szymczak, a.a.O., S. 18). Das Vorverfahren der §§ 77 ff. SGG ist dem sachlichen Gehalt nach jedenfalls ein besonderes Verwaltungsverfahren (Düring in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 78 Rdn. 1; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, 2008, vor § 77 Rdn. 4a m.w.N.), mithin Verfahrensrecht (Pieroth in: Jarras/Pieroth, Art. 84 GG Rdn. 5; Hermes in: Dreier, GG, Art. 84 Rdn. 27). Demgemäss darf der Landesgesetzgeber von den Vorgaben des § 3 ErrG i.V.m. § 85 Abs. 2 SGG wegen Art. 125b Abs. 2 GG frühestens ab dem 01.01.2009 abweichen. Wird das Widerspruchsverfahren hingegen dem gerichtlichen Verfahren gem. Art. 74 Nr. 1 GG zugerechnet (so BVerfGE 35, 65, 75; Dittmann in: Sachs, Art. 84 GG, Rdn. 11; Broß in: von Münch/Kunig, Art. 84 Rdn. 16), wäre Art. 84 GG nicht betroffen, da Regelungen über das gerichtliche Verfahren nicht solche des Verwaltungsverfahrens sind (vgl. BVerfGE 14, 197, 219). Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass zu differenzieren ist. Das Vorverfahren nach §§ 77 ff. SGG hat eine Doppelnatur. Es ist – wie aus § 78 SGG folgt – zugleich Verwaltungsverfahren und Zulässigkeitsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens (so auch Bull in: AK-GG, Art, 84 Rdn. 18; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens. 4. Auflage, 2005, S. 135). Das wiederum bedeutet, dass der Landesgesetzgeber (auch) das Verwaltungsverfahren regelt, wenn er (mittelbar) bestimmt, dass die Widerspruchsbescheide nicht mehr nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG, sondern nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG bzw. nach § 85 Abs. 2 Nr. 4 SGG erlassen werden.
(d) Auch § 4 ErrG ist der Sache nach eine das Verwaltungsverfahren regelnde Norm. Hierdurch wird bestimmt, dass die Beamten und Angestellten der Versorgungsverwaltung für ihre Aufgabe besonders geeignet sein müssen. Dabei geht es nur vordergründig um die Frage, "wer" das BVG durchführt. Angesichts des mit dem ErrG verfolgten Zwecks will dessen § 4 ein besonderes Qualitätsniveau perpetuieren, mithin die Art und Weise der Ausführung des BVG beeinflussen, also sicherstellen, dass die Sachbearbeitung (Sachverhaltsaufklärung, rechtliche Würdigung und Entscheidung) nur durch "besonders geeignete Mitarbeiter" erfolgt. Ein wie auch immer gearteter Bezug zur "Behördeneinrichtung" ist damit allenfalls ein unbedeutender Reflex der Regelung. Ganz im Vordergrund steht der Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren. Der Senat ist – wie dargestellt – der Auffassung, dass das Land den Qualitätssicherungszielen des § 4 ErrG nicht hinreichend Rechnung trägt. Da § 4 VersAEinglG die Durchführung der Angelegenheiten des SER den Landschaftsverbänden nicht wirksam zuweist, ist auch die in § 1 VersAEinglG geregelte Auflösung der bisherigen Versorgungsämter sowie die darauf beruhende Streichung in § 9 Abs. 2 LOG NRW verfassungswidrig. Ohne sie und ihre Zuständigkeit bestünde weiterhin keine den verbindlichen Vorgaben des ErrG entsprechende Versorgungsverwaltung. Das Land NRW ist indes verpflichtet, seine Verwaltung nach Art, Umfang und Leistungsvermögen entsprechend den Anforderungen sachgerechter Erledigung des sich aus der Bundesgesetzgebung ergebenden Aufgabenbestandes einzurichten bzw. aufrechtzuerhalten (vgl. Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 83 Rdn. 10; BVerfGE 55, 274, 318; BVerwG NJW 2000, 3151).
III. Zusammenfassung
Die §§ 1, 4 VersAEinglG verstoßen gegen Bundesrecht, nämlich gegen §§ 1, 3 und 4 ErrG. Von diesen Vorschriften darf das Land bei Durchführung des OEG zur Überzeugung des Senats infolge von Art. 85 Abs. 1 GG nicht abweichen. Selbst wenn die Durchführung des OEG Art. 84 GG zugeordnet würde und eine geltungserhaltende Reduktion von §§ 1, 4 VersAEinglG in Betracht käme sowie eine dynamische Verweisung in § 6 Abs. 1 S. 1 OEG ausschließlich auf landesgesetzliche Regelungen verfassungsrechtlich zulässig wäre und auch vorläge, wäre das Land wegen Art. 125b Abs. 2 GG erst ab dem 01.01.2009 berechtigt von bundesrechtlichen Regelungen des Verwaltungsverfahrens abzuweichen. Verfahrensrechtlich folgt hieraus, dass der beklagte Landschaftsverband Westfalen-Lippe nicht passiv legitimiert ist und demzufolge nicht zur Anerkennung einer Schädigungsfolge verurteilt werden kann. Der Senat ist nicht befugt, die §§ 1, 4 VersAEinglG zu verwerfen. Das Verfahren ist daher auszusetzen und dem BVerfG nach Art. 100 GG zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob die §§ 1 und 4 des 1. Abschnitts des Art. 1 des Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (VersAEinglG) des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (GV.NRW S. 482) mit §§ 1, 3 und 4 ErrG i.V.m. Art. 85 GG bzw. Art, 84, Art. 125 b Abs. 2 GG vereinbar sind, soweit durch das VersAEinglG die bisherige Versorgungsverwaltung aufgelöst und deren Aufgaben im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts und der Kriegsopferversorgung auf die Landschaftsverbände übertragen worden sind.
Erstellt am: 26.11.2008
Zuletzt verändert am: 26.11.2008