Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 30.11.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Mutter und die ehemalige Betreuerin des im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens am 00.08.2006 verstorbenen Herrn B M (im Folgenden: Hilfesuchender). Der Hilfesuchende lebte mit der Klägerin in einem Haushalt. Die Beklagte gewährte dem Hilfesuchenden seit dem 01.05.2003 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG, seit dem 01.01.2005 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII. Die Klägerin selbst ist aufgrund eigener Einkünfte nicht hilfebedürftig nach dem SGB XII.
Mit Schreiben vom 22.02.2005 und 10.04.2005 beantragte die Klägerin für den Hilfebedürftigen die Übernahme von Renovierungs- und Umzugskosten zulasten der Beklagten. Diese lehnte mit Bescheid vom 15.04.2005 die beantragten Leistungen zunächst ab, da dieser Bedarf aufgrund der laufenden Regelleistung nach § 28 SGB XII abgegolten sei. Mit Teilabhilfebescheid vom 28.04.2005 gewährte die Beklagte dem Hilfebedürftigen im Hinblick auf die entstandenen Umzugskosten eine einmalige Zahlung in Höhe von 250 EUR. Die Beklagte ging dabei von Umzugskosten in Höhe von insgesamt 500 EUR aus, die jedoch mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin nur anteilig zu ersetzen seien. Die hiergegen seitens des Hilfebedürftigen, vertreten durch die Klägerin als Betreuerin, eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005 zurück.
Am 20.07.2005 hat der Hilfebedürftige, vertreten durch die Klägerin als seine Betreuerin, Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005 vor dem Sozialgericht Münster erhoben.
Nachdem der Hilfesuchende im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens verstorben ist, hat die Klägerin auf Nachfrage des Sozialgerichts mitgeteilt, sowohl sie als auch ihre Tochter hätten das Erbe ausgeschlagen. Sie wolle das Verfahren nunmehr in eigenem Namen fortführen, weil ihr nachweislich durch die Gewährleistung des Unterhalts des Hilfesuchenden ein Schaden entstanden sei. Seit dem Jahre 2006 habe der Hilfesuchende monatlich 534,- EUR an Sozialhilfe erhalten. Vorher seien es nur 111,- EUR gewesen. Die Differenz zwischen den später anerkannten 534,- EUR und den tatsächlich gewährten 111,- EUR habe dem Hilfesuchenden zugestanden. Jetzt stehe ihr diese Differenz zu, weil sie den Lebensunterhalt des Hilfesuchenden sichergestellt habe und damit in Vorleistung getreten sei. Ihr gehe es in diesem Rechtsstreit um die Rückerstattung des offensichtlich falsch und zu niedrig berechneten Sozialsatzes, der ihr rückwirkend zustehe.
Die Klägerin hat erstinstanzlich keinen konkreten Antrag gestellt.
Die Beklagte hat sich zum Begehren der Klägerin nicht geäußert.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin mache im Wege der Klageänderung nunmehr einen eigenen Anspruch geltend. Die Klageänderung sei jedoch unzulässig, da weder die Beklagte eingewilligt habe, noch das Gericht die Klageänderung für sachdienlich halte. Insbesondere werde der Rechtsstreit nunmehr von der Klägerin auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Die Klägerin verfolge nicht den ursprünglich streitgegenständlichen Anspruch auf höhere Leistungen für Umzug beziehungsweise Renovierung, sondern erhebe nunmehr einen Schadensersatz- beziehungsweise Erstattungsanspruch für den gesamten Hilfegewährungszeitraum.
Die ursprünglich geltend gemachten Umzug- und Renovierungskosten für den Kläger könne die Klägerin nicht im eigenen Namen geltend machen, da sie nicht Erbin des Hilfesuchenden sei und auch nicht in einem gesetzlich vorgesehenen Fall ausnahmsweise, etwa nach § 19 Abs. 6 SGB XII, Ansprüche eines verstorbenen Hilfebedürftigen selbst geltend machen könne.
Soweit die Klägerin Amtshaftungsansprüche geltend machen wolle, sei hierfür die Zivilgerichtsbarkeit zuständig. Eigene Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten beständen unter sozialhilferechtlichen Gesichtspunkten jedenfalls nicht. Insbesondere seien Ansprüche als sog. Nothelferansprüche gemäß § 25 SGB XII ausgeschlossen.
Gegen den ihr am 04.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 31.12.2007 Berufung eingelegt.
Es sei für sie nicht nachvollziehbar, dass vorliegend die Zivilgerichte zuständig sein sollen. In jedem Fall wolle sie das Berufungsverfahren durchführen.
Sinngemäß beantragt die Klägerin,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 30.11.2007 abzuändern und die Beklagte in Abänderung der Bescheide vom 14.04.2005 und 28.04.2005, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2005 zu verurteilen, zu Gunsten des verstorbenen Hilfebedürftigen höhere Umzugskosten zu gewähren sowie darüber hinaus die in der Vergangenheit, bis zum Tod des Hilfebedürftigen erbrachten Sozialhilfeleistungen rückwirkend anzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 5 SGG durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, da der Senat dem Berichterstatter die Berufung mit Beschluss vom 13.10.2008 übertragen hat und das Sozialgericht eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG getroffen hat.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit sich diese auf die Klägerin bezieht. Die Klägerin kann im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens weder Ansprüche des verstorbenen Hilfebedürftigen noch eigene sozialhilferechtliche Ansprüche geltend machen.
I.Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur etwaige Ansprüche der Klägerin, die diese weder aus eigenem oder aus abgeleitetem Recht erheben kann. Denn das Sozialgericht hat nur über die Klage der Klägerin entschieden. Über die ursprüngliche Klage des zwischenzeitlich verstorbenen Hilfebedürftigen, welche die Klägerin zunächst nur in ihrer Funktion als Betreuerin für diesen erhoben hatte, hat das Sozialgericht – zu Recht – noch nicht entschieden.
Dass die Entscheidung des Sozialgerichts sich alleine auf die Klägerin und nicht auch auf den verstorbenen Hilfebedürftigen erstreckt, ergibt sich aus der Urschrift des Gerichtsbescheides vom 30.11.2007. Diese weicht insoweit von der in der Akte befindlichen Reinschrift und damit wohl auch von den an die Beteiligten übersandten Ausfertigungen bzw. Abschriften ab. Im Rubrum der Urschrift ist alleine Frau M als Klägerin aufgeführt, was sich auch mit den Formulierungen im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils deckt. Auch dort wird nur Frau M als Klägerin bezeichnet, der ursprüngliche Kläger wird indes als Hilfebedürftiger benannt, nicht mehr als Kläger.
Das Klageverfahren des Hilfebedürftigen selbst hat sich indes durch seinen Tod bzw. durch das Hinzutreten der Klägerin, die in dem ursprünglichen Verfahren ihres Sohnes nunmehr eigene Ansprüche verfolgen möchte, nicht erledigt.
Gemäß § 202 SGG iVm § 239 Abs. 1 ZPO tritt im Falle des Todes eines Beteiligten vielmehr eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. Dem steht vorliegend die Vorschrift des § 246 Abs. 1 ZPO nicht entgegen, wonach im Fall des Todes eine Unterbrechung des Verfahrens nicht eintritt, wenn eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten stattfindet. Denn der Hilfebedürftige wurde im Rahmen des ursprünglichen Klageverfahrens durch seine Mutter in ihrer Funktion als Betreuerin vertreten. Anders als eine – gemäß § 86 ZPO über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fortdauernde – Prozessvollmacht endet jedoch die gesetzliche Vertretungsbefugnis als Betreuer grundsätzlich mit dem Tod der Betreuten (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Aufl. 2008, § 1896 Rn. 25). Das Klageverfahren ist also, soweit es sich auf den Hilfebedürftigen selbst bezieht, noch vor dem Sozialgericht anhängig.
Der Sache nach hat das Sozialgericht in einem Fall subjektiver Klagehäufung ein Teilurteil gefällt, das sich nur auf die Klägerin bezieht und von dieser auch isoliert mit der Berufung angefochten werden konnte.
Der die Klägerin betreffenden Teil ist der Klage ist damit erledigt. Indes ist die ursprünglich erhobene Klage, soweit sie sich auf die Person des Hilfebedürftigen bezieht und die in der Zukunft zumindest theoretisch von einem Rechtsnachfolger aufgegriffen werden könnte, noch anhängig.
In einem solchen Fall hat das Sozialgericht durch Beschluss festzustellen, dass das Verfahren des verstorbenen Hilfebedürftigen unterbrochen ist (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2003 – 2 U 135/02 – mit weiteren Nachweisen).
II.In der Sache ist die Entscheidung des Sozialgerichts zur Überzeugung des Senats jedoch zutreffend.
Soweit die Klägerin offenbar nicht nur Ansprüche des verstorbenen Hilfebedürftigen weiter verfolgen möchte, sondern darüber hinaus geltend macht, ihr stehe ein eigener Anspruch gegen die Beklagte zu, da sie den Hilfebedürftigen versorgt habe und ihr durch zu geringe Leistungen an den Hilfebedürftigen ein Schaden entstanden sei, handelt es sich um eine – hier unzulässige – Klageänderung.
Soweit die Klägerin, die nicht kraft Gesetzes Rechtsnachfolgerin geworden ist (dazu unten), sich im Klageverfahren an die Stelle des Hilfebedürftigen bzw. dem Klageverfahren setzt bzw. dem Klageverfahren beitritt, liegt in diesem gewillkürten Parteiwechsel ebenso eine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG (Leitherer, in: Meyer/ Ladewig, 9. Auflage 2008, § 99, Rdnr. 7 a), wie darin, dass die Klägerin nunmehr offenbar auch Schadensersatzansprüche geltend macht und den Anspruch damit auf eine gegenüber dem Zeitpunkt der Klageerhebung völlig neue Grundlage stellt. Diese Klageänderung ist unzulässig, weil weder die Beklagte eingewilligt, noch eine Sachdienlichkeit der Klageänderung gemäß § 99 SGG erkennbar ist, wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat.
III.Die Klägerin kann dessen ungeachtet auch in materieller Hinsicht ggfls. beim Hilfebedürftigen entstandene Ansprüche auf Sozialhilfeleistungen nicht für sich beanspruchen. Es kann daher auch dahinstehen, ob zu Lebzeiten des Hilfebedürftigen ein höherer Sozialhilfeanspruch bestand. Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf es, ob die Voraussetzungen, unter denen nach der früheren Rechtsprechung des BVerwG in der Vergangenheit liegende Sozialhilfeansprüche ausnahmsweise auf Erben übergehen können, im Streitfall erfüllt sind (vgl. zur Vererblichkeit z.B. BVerwG, Urteil vom 05.05.1994 – 5 C 43/91 -, BVerwGE 96, 18).
Die Klägerin hat nämlich einen dem Hilfeempfänger zu Lebzeiten etwa zustehenden Sozialhilfeanspruch nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Erbin erworben, denn sie hat das Erbe ausgeschlagen. Sie ist auch keine Sonderrechtsnachfolgerin nach § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB I geworden, da Sozialhilfeleistungen sind grundsätzlich nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge vererblich sind (vgl. Gutzler, in: BeckOK, Stand 01.09.2008, § 59 SGB I, Rn 7).
IV.Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei für ihren hilfebedürftigen Sohn in Vorleistung getreten, da diesem eigentlich höhere Sozialleistungen zugestanden hätten, käme sozialhilferechtlich ein Anspruch der Klägerin alleine nach § 25 SGB XII in Betracht.
Hat jemand in einem Eilverfahren einem anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm gemäß § 25 SGB XII die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittliche Pflicht selbst zu tragen hat
Die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch nach § 25 SGB XII hat, kann der Senat allerdings nicht entscheiden, da insoweit schon eine überprüfbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht ergangen ist. Die angefochtenen Bescheide vom 14.04.2005 und 28.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2005 regeln alleine Leistungen des hilfebedürftigen Sohnes der Klägerin und keine Leistungen an die Klägerin selbst.
Es steht der Klägerin nach wie vor frei, eine entsprechende Entscheidung zu § 25 SGB XII bei der Beklagten zu beantragten. Ob ein solcher Antrag Aussicht auf Erfolg haben kann, hat der Senat nicht zu beurteilen. Auf die im Rahmen des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Münster geäußerten Zweifel weist der Senat jedoch hin.
V.Soweit die Klägerin an ihrer Auffassung festhalten sollte, durch zu geringe Leistungen der Beklagten an den Hilfebedürftigen geschädigt worden zu sein, dürfte es sich um die Behauptung eines Amtshaftungsanspruchs nach Art 34 GG iVm § 839 BGB handeln. Hierauf haben sowohl das Sozialgericht als auch der Senat die Klägerin mehrfach hingewiesen.
Amtshaftungsansprüche sind nach § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG vor dem Landgericht geltend zu machen, wobei das Gerichtsverfahren vor den Zivilgerichten für die Klägerin im Gegensatz zum sozialgerichtlichen Klageverfahren kostenpflichtig ist.
Die Erfolgsaussichten eines Amtshaftungsanspruchs hat der Senat nicht zu beurteilen, weist aber dennoch darauf hin, dass diese höchst zweifelhaft sein dürften. Die Klägerin scheint nach wie vor zu verkennen, dass Sozialhilfebedürftigkeit alleine bei ihrem verstorbenen Sohn bestanden hat und etwaige Ansprüche nicht ohne weiteres auf sie übergehen, zumal sie das Erbe ausgeschlagen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Erstellt am: 10.12.2008
Zuletzt verändert am: 10.12.2008