Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 29.08.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld über einen Gesamtzeitraum von 32 Monaten statt lediglich 18 Monaten nach § 127 SGB III in der bis 31.12.2003 gültigen Fassung (§ 127 SGB III a.F.). Streitig ist aufgrund der Übergangsvorschrift des § 434 l Abs. 1 SGB III, ob der Arbeitslosengeldanspruch des Klägers bereits vor dem 31.01.2006 (Stichtag) entstanden ist.
Der am 00.00.1946 geborene Kläger war als Metallbauarbeiter bei der Firma N in M seit dem 18.01.1990 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber am 29.06.2005 zum 31.12.2005 bei Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 15.000 Euro gekündigt.
Am 26.10.2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos. Unter dem 28.12.2005 gab er bei der Beklagten den Antrag auf Arbeitslosengeld ab, in dem von ihm eingetragen worden war, zurzeit seit 09.11.2005 bis 02.01.2006 arbeitsunfähig krank geschrieben zu sein. Das Ende, 02.01.2006, ist mit grünem Stift durchgestrichen, darüber ist vermerkt: laufend, Ende offen. Im Beratungsvermerk vom 28.12.2005 ist unter anderem festgehalten, der Antragsteller sei noch bis auf weiteres arbeitsunfähig krank, ein Ende sei nicht in Sicht. Er sei auf umgehende erneute Arbeitslosmeldung bei Genesung hingewiesen worden.
Mit Bescheid vom 28.12.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld auf den Antrag vom 26.10.2005 mit der Begründung ab, der Leistungsanspruch ruhe, da dem Kläger aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt worden sei. Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf § 142 Abs. 1 Nr. 2 SGB III. Sie erinnerte den Kläger daran, sich unverzüglich arbeitslos zu melden, sobald er den Zeitpunkt der Beendigung des Krankengeldbezuges kenne.
Am 03.02.2006 meldete sich der Kläger bei der Beklagten erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im Antrag ist angegeben, Arbeitsunfähigkeit habe vom 21.12.2005 bis 31.01.2006 bestanden. Laut einer beigefügten Bescheinigung bezog der Kläger in diesem Zeitraum Krankengeld.
Die Beklagte zog ein sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MdK) vom 30.01.2006 bei. Aus dem Gutachten, das auf einer am 24.01.2006 durchgeführten Untersuchung des Klägers beruht, ergibt sich, dass beim Kläger Arbeitsunfähigkeit seit 02.11.2005 wegen seiner seit Jahren progredienten Beschwerden bestand. Am 16.11.2005 sei eine Resektions-Suspensionsarthroplastik und Synovialektomie rechts durchgeführt worden, auf Grund derer vom 15.11. bis 21.11.2005 eine chirurgische stationäre Behandlung stattgefunden habe. Als Diagnosen sind in dem Gutachten festgehalten: Rückläufige Greifschwäche in der rechten Hand, Zustand nach Resektions-Suspensionsarthroplastik nach Epping, Synovialektomie bei Rhizarthrose rechts 16.11.2005, Verdacht auf beginnende Rhizarthrose links, Bluthochdruck, Adipositas. Aus medizinischer Sicht sei er im bisherigen Beruf auf Dauer arbeitsunfähig. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten einsetzbar. Am 14.02.2006 bei noch bestehenden gesundheitlichen Beschwerden wurde mit dem Kläger unter anderem die Einschaltung des ärztlichen Dienstes besprochen.
Mit Bescheid vom 01.03.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger gestützt im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung gemäß § 328 SGB III Arbeitslosengeld ab 03.02.2006 für 540 Tage (18 Monate).
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 13.03.2006 Widerspruch ein mit der Begründung, Anspruch auf Arbeitslosengeld für mehr als 540 Tage zu haben. In seinem Fall sei § 127 SGB III noch in der alten Fassung anzuwenden, die vor dem 01.01.2004 gültig gewesen sei. Demnach stehe ihm Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 32 Monaten zu. In seinem Fall greife die Übergangsvorschrift des § 434 l SGB III, wonach § 127 SGB III in der alten Fassung dann anzuwenden sei, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2006 entstanden sei. Da die Kündigung bereits zum 31.12.2005 erfolgt sei, sei sein Anspruch auf Arbeitslosengeld mit Ablauf des 31.12.2005 entstanden. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld habe wegen des zwischenzeitlichen Bezugs von Krankengeld lediglich geruht.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 zurück.
Die am 28.12.2005 getroffene Ablehnungsentscheidung sei dem Ergebnis nach richtig gewesen, und nur hinsichtlich der rechtlichen Begründung (Ruhensbescheid) fehlerhaft ergangen. Ein Leistungsanspruch könne nämlich nur dann ruhen, wenn er tatsächlich zuvor entstanden sei. Dies setze die kumulative Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen voraus. Wer arbeitsunfähig sei, stehe den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit jedoch nicht zur Verfügung. Das Entstehen eines Anspruchs vor dem 01.02.2006 sei hier also zumindest zweifelhaft. Insoweit erfolge noch eine Prüfung der "Erstentscheidung."
Die Bewilligung habe nur vorläufig erfolgen können, weil zum Entscheidungszeitpunkt noch eine amtsärztliche Begutachtung ausgestanden habe. Die vorläufige Leistungsbewilligung sei u.a. erfolgt, um den Lebensunterhalt und den Krankenversicherungsschutz des Klägers zu gewährleisten und als solche nicht ermessensfehlerhaft oder ermessensmissbräuchlich gewesen.
Am 18.04.2006 erteilte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen weiteren, als "Änderungsbescheid" bezeichneten Bescheid und setzte die Leistungen darin endgültig fest. Gegenüber dem vorläufigen Bescheid ergaben sich keine inhaltlichen Änderungen, insbesondere hielt die Beklagte an der Anspruchsdauer von 540 Tagen (18 Monaten) ab 03.02.2006 fest.
Gegen den Bescheid vom 01.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.04.2008 hat der Kläger am 12.05.2006 vor dem Sozialgericht Münster Klage erhoben.
Nach Klageerhebung hat der Kläger am 16.05.2006 auch gegen den Bescheid über die endgültige Bewilligung vom 18.04.2006 Widerspruch eingelegt. Diesen hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2006 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung hat die Beklagte u.a. ausgeführt, die Anwendung der Übergangsvorschrift des § 434 l Abs. 1 SGB III scheide aus, da erst am 03.02.2006 nach zuvor bis 31.01.2006 attestierter Arbeitsunfähigkeit eine wirksame Arbeitslosmeldung erfolgt sei. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei erst am 03.02.2006 und damit nach dem maßgeblichen Stichtag 31.01.2006 entstanden. Ausgehend von der Vorschrift des § 127 Abs. 1 SGB III habe der Kläger am 03.02.2006 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 18 Monate (= 540 Tage) erworben, in diesem Umfang sei die Leistung auch bewilligt worden.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld könne nur dann ruhen, wenn er vorher einmal entstanden sei. Der Anspruch sei mit Wirksamwerden der Kündigung, also mit Ablauf des 31.12.2005 entstanden. Ab dann habe der Anspruch auf Arbeitslosengeld lediglich geruht. In jedem Fall sei er schon im Januar 2006 insoweit wieder arbeitsfähig gewesen, als er in der Lage gewesen sei, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten. Dies ergebe sich aus dem MdK-Gutachten vom 30.01.2006, das im Januar 2006 bereits vorgelegen habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006, dieser in der Fassung des Bescheides vom 18.04.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2006 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für insgesamt 32 statt nur 18 Monate zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sich die Beklagte auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen. Die Arbeitsunfähigkeit habe bis Ende Januar 2006 fortbestanden. Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit habe der Kläger objektiv den Vermittlungsbemühungen nicht zur Verfügung gestanden. Mithin sei ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gegeben gewesen. Noch bei der Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 28.12.2005 habe er deutlich zum Ausdruck gebracht, weiterhin arbeitsunfähig zu sein. Sogar die behandelnde Ärztin des Klägers sei von einer Arbeitsunfähigkeit noch über den 31.01.2006 hinaus ausgegangen. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf ein Attest der Ärztin N T vom 07.02.2006. Frau T hatte dem Kläger im Rahmen seines Widerspruchs gegen einen Bescheid der AOK bezüglich der Einstellung des Krankengeldes zum 31.01.2006 bestätigt, dass sich trotz der Operation keine Besserung eingestellt habe und eine Arbeitsaufnahme nicht möglich sei.
Mit Urteil vom 29.08.2007 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Übergangsvorschrift des § 434 l SGB III im Falle des Klägers nicht greife. § 127 SGB III in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung sei weiterhin anzuwenden, weil der Anspruch von Arbeitslosengeld ist im Falle des Klägers nicht bis 31.01.2006 entstanden sei, sondern erst am 03.02.2006. Maßgeblich sei die Entstehung des sog. Stammrechts auf Arbeitslosengeld. Dieses entstehe, sobald die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien. Im Falle des Klägers sei das Stammrecht jedoch nicht bis zum Ende der Übergangsfrist entstanden, da der Kläger bis 31.12.2005 weder objektiv noch subjektiv für die Beklagte im Sinne des § 119 Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 5 SGB III verfügbar gewesen sei. Es habe vielmehr fortlaufend Arbeitsunfähigkeit seit dem 02.11.2005 bestanden.
Hiervon sei offenbar auch der Kläger selbst ausgegangen, denn gegen die Entscheidung der Krankenkasse, das Krankengeld mit Ablauf des 31.01.2006 einzustellen, habe er Widerspruch eingelegt. Diesen Widerspruch habe er auch erst am 09.03.2006 zurückgenommen.
Mit dem verbliebenen sogenannten Restleistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt habe sich der Kläger der Arbeitsvermittlung erst am 03.02.2006 und damit nach dem maßgeblichen Stichtag 31.01.2006, zur Verfügung gestellt. Dies sei erst erfolgt, nachdem ein Mitarbeiter der Beklagten den Kläger am 02.02.2006 angerufen habe und ihn auf die Arbeitslosmeldung hingewiesen hatte. Zuvor habe eine telefonische Unterredung zwischen der Krankenkasse und der Beklagten stattgefunden, wonach der Kläger von der Krankenkasse mit Ablauf des 31.01.2006 wieder gesund geschrieben worden sei. Erst ab 01.02.2006 sei mithin von objektiver Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt bezüglich des Restleistungsvermögens des Klägers auszugehen.
Auch sei der Kläger jedenfalls bis 03.02.2006 subjektiv nicht bereit gewesen, sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit seinem Restleistungsvermögen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 31.01.2006 habe die AOK Westfalen-Lippe Bezug auf ein bereits erfolgtes Telefonat mit dem Kläger genommen, in dem ihm mitgeteilt worden sein solle, dass er sich zumindest für leichte bis schwere Tätigkeiten der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen könne. Gleichwohl sei der Kläger dieser Aufforderung nicht sofort nachgekommen. Nach alledem könne von einer Verfügbarkeit des Klägers vor dem Stichtag am 31.01.2006 nicht ausgegangen werden.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 32 Monaten ergebe sich auch nicht nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Ungeachtet der Tatsache, dass Verfügbarkeit über dieses Rechtsinstitut nicht fingiert werden kann, biete der Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass von einem Beratungsfehler der Beklagten auszugehen sei.
Nach Zustellung des Urteils am 12.09.2007 hat der Kläger am 12.10.2007 Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt er vor, entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung bereits vor dem 01.02.2006 subjektiv leistungsbereit gewesen zu sein. Soweit das erstinstanzliche Gericht auf ein Schreiben der AOK vom 31.01.2006 abstelle, wonach er von der Krankenkasse bereits telefonisch darauf hingewiesen worden sei, dass seine Leistungsfähigkeit wieder gegeben sei, sei unklar, wann dieses Gespräch tatsächlich geführt worden sei. Es sei ebenso gut denkbar, dass er erst am 31.01.2006 am späten Nachmittag informiert worden sei. Dann aber könne aus dem Umstand, dass er sich nicht an diesem beziehungsweise dem vorangegangenen Tage bei der Beklagten gemeldet habe, nicht auf seine mangelnde Leistungsbereitschaft geschlossen werden. Eine fehlende subjektive Leistungsbereitschaft könne auch nicht daraus abgeleitet werden, dass der Kläger zunächst fristwahrend Widerspruch gegen den Bescheid der Krankenkasse eingelegt und diesen dann später zurückgenommen habe. Durch den fristwahrenden Widerspruch sei es dem Kläger möglich gewesen, seine Erfolgsaussichten im Verfahren gegen die Krankenkasse zu prüfen und damit zunächst seine Rechte zu wahren.
Für die Entstehung des Stammrechts auf Arbeitslosengeld komme es im Übrigen allein auf die objektive Leistungsfähigkeit an. Diese habe nach dem MDK Gutachten bereits im Januar 2006 vorgelegen. Die Meldung, die gegebenenfalls verspätet erfolgt sei, beeinträchtige das Stammrecht nicht. Insoweit komme nur ein Ruhen in Betracht.
Abschließend ist der Kläger der Ansicht, ihm komme die Bestandskraft des Bescheids vom 28.12.2005 zugute. Denn die Beklagte habe im Rahmen dieses Bescheides konkludent festgestellt, dass ein Arbeitslosengeldanspruch existiere. Es handele sich insoweit nicht um die bloße Begründung eines ablehnenden Bescheides.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 29.08.2007 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt die Beklagte zunächst auf das erstinstanzliche Urteil Bezug. Weiter macht die Beklagte geltend, der Kläger sei nach den eigenen Angaben im Antragsvordruck seit 09.11.2005 arbeitsunfähig krank geschrieben gewesen. Es sei eine Operation erforderlich gewesen mit stationärer Behandlung vom 15.11. bis 21.11.2005. Für die Zeit danach sei aufgrund der Therapieempfehlungen des Krankenhauses davon auszugehen, dass sich der Zustand der Arbeitsunfähigkeit fortgesetzt habe. Noch anlässlich der persönlichen Vorsprache am 28.12.2005 habe der Kläger erklärt, weiterhin arbeitsunfähig krank zu sein. Ein Ende der Arbeitsunfähigkeit sei noch nicht in Sicht. Der Bescheid vom 28.12.2005 könne nicht als Grundlage für das Vorliegen eines Stammrechts herangezogen werden. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 11.11.1993 – B 7 RAr 94/92 – entschieden, dass auch bei einem fälschlicherweise als "Ruhensbescheid" bezeichneten Bescheid nur die Leistungsablehnung als bindender Verfügungssatz anzusehen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die Leistungsakte der Beklagten (- 000 -) sowie auf die medizinischen Unterlagen der AOK Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Gegenstand des Klageverfahrens sind gemäß § 96 Abs. 1 SGG sowohl der Bescheid vom 01.03.2006 als auch der Bescheid vom 18.04.2006 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide.
Zwar ist der Folgebescheid vom 18.04.2006 noch vor Klageerhebung – allerdings erst nach dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 – erlassen worden. Dies steht einer Einbeziehung des Folgebescheides in das Klageverfahren jedoch nicht entgegen.
Wird ein neuer Verwaltungsakt nach Erlass des Widerspruchsbescheids, aber vor Klageerhebung erlassen, gilt: Solange keine Klage erhoben ist, kommt § 86 SGG zur Anwendung; wird nach Erlass des neuen Verwaltungsakts doch Klage erhoben, werden beide Verwaltungsakte gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Rechtsstreits (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 96, Rdnr. 2 m.w.N).
Der weitere Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 31.07.2006, dessen es wegen der Einbeziehung des Folgebescheides vom 18.04.2006 in das Klageverfahren gemäß § 96 SGG nicht bedurft hätte, ist gemäß § 96 Abs.1 SGG somit ebenfalls Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
Der Kläger hat, wie die Beklagte zu Recht entschieden hat, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für lediglich 18 Monate gemäß § 117 Abs. 1 SGB III (in der Fassung vom 23.12.2003, gültig ab 01.01.2005) i.V.m. § 127 Abs. 2 SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung vom 24.12.2003.
Die bis 31.12.2003 geltende Fassung des § 127 Abs. 2 SGB III, wonach Arbeitslosengeld noch über einen Höchstzeitraum von 32 Monaten beansprucht werden konnte, ist im Falle des Klägers nicht mehr anwendbar.
Gemäß § 434 l Abs. 1 SGB III hätte dem Kläger ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für einen Gesamtzeitraum von nur 32 Monaten nach der früheren Gesetzesfassung nur dann zugestanden, wenn sein Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Ende der Übergangsfrist am 31.01.2006 entstanden wäre. In diesem Fall wäre § 127 SGB III in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden gewesen, mit der Folge einer längeren Anspruchsdauer. Hierfür liegen die Voraussetzungen indes nicht vor, wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat.
Maßgeblich ist insoweit, wann das Stammrecht auf Arbeitslosengeld entstanden ist. Das SGB III unterscheidet zwischen dem Stammrecht auf Arbeitslosengeld und dem konkreten Einzelanspruch auf Auszahlung des Arbeitslosengeldes (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2001 – B 7 AL 54/00 R -). Das so genannte Stammrecht auf Arbeitslosengeld entsteht bereits, wenn alle materiellen Anspruchsvoraussetzungen des § 118 Abs. 1 SGB III erfüllt sind, also Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung und Erfüllung der Anwartschaftszeit. Anders als nach dem früheren Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ist als zusätzliche Anspruchsvoraussetzung der Antrag auf Arbeitslosengeld nicht mehr vorgesehen (vgl. zur früheren Rechtslage § 100 Abs. 1 AFG).
Im Fall des Klägers lagen vor dem 31.01.2006 zumindest bezüglich des Erfordernisses der Arbeitslosigkeit nicht sämtliche Voraussetzungen vor.
Arbeitslos ist gemäß § 119 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Eine Beschäftigungslosigkeit lag vor. Ob der Kläger innerhalb der wenigen Tage zwischen der Untersuchung durch den MDK-Gutachter am 24.01.2006 und dem Ende der Übergangsfrist am 31.01.2006 bereits Eigenbemühungen entwickelt hat, ist zweifelhaft. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich dies jedenfalls nicht. Das mag jedoch dahinstehen. Für das Vorliegen einer Arbeitslosigkeit werden die Eigenbemühungen in der Regel nicht als konstitutiv, sondern als sanktionsfähige Obliegenheiten angesehen. In dieser Wirkung unterscheidet sich die Verletzung der Obliegenheit "Eigenbemühungen" von den übrigen Merkmalen der Beschäftigungslosigkeit und der Verfügbarkeit. Deren Fehlen hat – anders als das Fehlen von Eigenbemühungen – regelmäßig das Nichtentstehen des Alg-Anspruchs bzw den Verlust desselben zur Folge (Steinmeyer, in: Gagel, SGB III, 32. Ergänzungslieferung 2008, § 119, Rn. 118).
Zur Überzeugung des Senats fehlt es jedoch am Nachweis sowohl der objektiven als auch der subjektive Verfügbarkeit des Klägers. Der Kläger trägt für das Bestehen der Verfügbarkeit vor Ablauf der Übergangsfrist am 31.01.2006 als anspruchsbegründende Voraussetzung die (objektive) Beweislast. Dies bedeutet, dass Zweifel am rechtzeitigen Vorhandensein der Verfügbarkeit sich zu seinen Lasten auswirken.
Am Vorliegen einer objektiven Verfügbarkeit des Klägers vor dem Ende der Übergangsfrist, also bis 31.01.2006, bestehen zumindest erhebliche Zweifel. Es ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen, dass der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt objektiv wieder in der Lage war, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkts auszuüben (§ 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III) und damit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung zu stehen.
Die medizinischen Stellungnahmen sind widersprüchlich. Das MDK-Gutachten vom 30.01.2006 (aufgrund Untersuchung vom 24.01.2006) führt eine erhebliche Anzahl von Gesundheitsbeeinträchtigungen auf, insbesondere eine rückläufige Greifschwäche der rechten Hand. In der zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei der Kläger nicht mehr arbeitsfähig. Im Übrigen bestehe eine dauerhafte Belastungsinsuffizienz beider Hände. Dennoch hat die MdK-Gutachterin den Kläger in der Lage gesehen, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen auszuführen.
Diese medizinische Einzelmeinung ist in Anbetracht der weiteren aktenkundigen medizinischen Unterlagen jedoch nicht beweisend dafür, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers und damit seine objektive Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich innerhalb des hier entscheidungserheblichen Zeitraums bis 31.01.2006 wieder hergestellt war.
Ausweislich des Berichts des N-hospitals W vom 16.11.2005 wurde der Kläger am 16.11.2005 an der rechten Hand operiert. Danach befand er sich noch bis 21.11.2005 in stationärer Behandlung. Dem Kläger wurde eine Handgelenksorthese mit Ruhigstellung des Daumensattelgelenks für insgesamt 4-6 Wochen postoperativen verordnet. Etwa vier Wochen nach der Operation, am 19.12.2005, bestätigte die Hausärztin, Frau T, dass weiterhin Arbeitsunfähigkeit bestehe und der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar sei. Es sei keine klinische Besserung zu erwarten. Diese Einschätzung bestätigte Frau T im Rahmen eines weiteren Attestes vom 07.01.2006.
Zwar kann entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht schon aus dem Umstand, dass der Kläger gegen die Einstellung des Krankengeldes durch die AOK zum 31.01.2006 Widerspruch eingelegt hat, zu seinen Lasten geschlossen werden, dass Arbeitsunfähigkeit über den 31.01.2006 hinaus vorgelegen habe. Der Einwand des Klägers, er habe zunächst fristwahrend und zur Wahrung seiner Rechte den Bescheid der AOK rechtzeitig anfechten müssen, ist nachvollziehbar. Allerdings hat der Kläger seinen Widerspruch auf ein weiteres Attest der behandelnden Ärztin Frau T vom 07.02.2006 gestützt. In diesem Attest hat die behandelnde Ärztin ausgeführt, dass es dem Kläger wegen der Vielzahl seiner Erkrankungen nicht möglich sei, eine Arbeit aufzunehmen. Trotz der Operation sei keine Besserung in Sicht.
Insoweit konnte sich der Senat nicht mit hinreichender Gewissheit davon überzeugen, dass im Zeitraum zwischen der MDK-Begutachtung am 24.01.2006 und dem Ablauf der Übergangsfrist am 31.01.2006 tatsächlich Arbeitsfähigkeit und damit eine objektive Verfügbarkeit vorgelegen hat. Überzeugung, dass auch eine subjektive Verfügbarkeit, also die Bereitschaft des Klägers, für die Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung zu stehen, nicht vor Ablauf der Übergangsfrist zum 31.01.2006 vorgelegen hat.
Entgegen der Auffassung der Klägerseite genügt zur Erfüllung des Merkmals der Verfügbarkeit nicht schon die objektive Arbeitsfähigkeit. Neben der objektiven Verfügbarkeit erfordert § 119 SGB III auch die als subjektive Verfügbarkeit bezeichnete Arbeitsbereitschaft. Der beschäftigungslose Arbeitnehmer muss zur Ausübung versicherungspflichtiger Beschäftigungen von mindestens 15 Wochenstunden, darüber hinaus aber auch zur Teilnahme an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung bereit sein. Liegt diese Bereitschaft nicht umfassend vor, so steht der Arbeitnehmer der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung mit der Folge, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht besteht (Steinmeyer, in: Gagel, SGB III, 32. Ergänzungslieferung 2008, § 119, Rdnr 296).
Der Kläger hat gegenüber der AOK im Rahmen eines persönlichen Gesprächs vom 21.12.2005 die Einschätzung geäußert, er glaube nicht, dass er sich am 01.01.2006 der Arbeitsverwaltung zur Verfügung stellen könne. Nach Weihnachten solle zuerst noch eine Kontrolle erfolgen. Dieselbe Einschätzung hat der Kläger auch am 28.12.2008 gegenüber der Beklagten bekräftigt. Außerdem hat der Kläger im Rahmen seiner zweiten Arbeitslosmeldung vom 03.02.2006 selbst angegeben, bis 31.01.2006 krankgeschrieben zu sein. Auch dies spricht dagegen, dass der Kläger sich bereits vor Ablauf des 31.01.2006 für arbeitsfähig gehalten hat und subjektiv für Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stand. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, er habe sich bis 31.01.2008 noch nicht fit genug für leichte Arbeiten gefühlt, auch wenn die MdK-Gutachterin dies so gesehen habe.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Stammrecht auf Arbeitslosengeld auch nicht konstitutiv durch den Bescheid der Beklagten vom 28.12.2005 begründet worden. Zu Recht hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 11.11.1993 – B 7 RAr 94/92 – ausgeführt, dass nur der Verfügungssatz des Bescheides in Rechtskraft erwachsen kann.
Der Bescheid vom 28.12.2005 bezog sich ausweislich des in Fettschrift gedruckten Betreffs auf den "Antrag auf Arbeitslosengeld vom 26.10.2005" des Klägers. Der in Bestandskraft erwachsene Verfügungssatz lautet: "Ihrem Antrag vom 26.10.2005 kann nicht entsprochen werden". Die weiteren Ausführungen im Bescheid, wonach aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Krankengeld gewährt und damit ein Leistungsanspruch der Beklagten ruhend gestellt worden sei, stellt lediglich einen – rechtlich unzutreffenden – Begründungsteil des Bescheides dar, der nicht in Rechtskraft erwachsen kann.
Die fehlende Verfügbarkeit kann nicht durch das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden, da sie allein von tatsächlichen Verhaltensweisen des Arbeitslosen abhängt (BSG, Urteil vom 15.05.1985 – B 7 RAr 103/83 -). Im Übrigen ist ein Beratungsfehler der Beklagten nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Beurteilung tatsächlicher Verhältnisse im Streit stand und Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG auch im Übrigen nicht ersichtlich sind.
Erstellt am: 11.12.2008
Zuletzt verändert am: 11.12.2008