Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 29.09.2008 geändert. Dem Kläger wird zur Durchführung des Klageverfahrens Prozesskosten bewilligt und Rechtsanwalt M aus P beigeordnet.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.
1. Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 114, 115 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
a) Der Kläger greift mit seiner Klage den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 10.04.2008 an. Mit diesem Bescheid vom 10.04.2008 hob der Beklagte den Leistungsbewilligungsbescheid vom 04.04.2007 für den Monat Mai 2007 auf und forderte den Betrag von 582,78 EUR von dem Kläger zurück. Mit Leistungsbescheid vom 04.04.2007 hatte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007 in Höhe von 647,00 EUR bewilligt (in der Verwaltungsakte befindet sich allein ein Leistungsbescheid vom 03.04.2007, jedoch nur als "Text aus Vorschau").
b) Als Rechtsgrundlage für die mit dem Bescheid vom 10.04.2008 ausgesprochene Teilaufhebung des Leistungsbewilligungsbescheides vom 04.04.2007 (bzw. 03.04.2007, s. o.) hat sich die Beklagte auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützt. Mit dem Sozialgericht (SG) und der Beklagten ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen dieses Aufhebungstatbestandes vorliegen dürften.
c) Bei ihrer Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung hat die Beklagte jedoch die spezielle Verfahrensregelung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht geprüft. Nach dieser Vorschrift sind abweichend von § 50 SGB X 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 (sowie § 28) berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II gilt dieser Satz 1 nicht in den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X sowie in Fällen, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird.
aa) Weder die Beklagte noch das SG haben festgestellt, ob im Falle des Klägers die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt sind. Danach muss (§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)) der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Hierzu sind im Verfahren bislang keine Feststellungen getroffen worden.
bb) Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II gilt die Einschränkung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II ferner nicht in Fällen, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird. Dies ist hier der Fall, weil die Beklagte nicht den bewilligten Monatsbetrag von 647,00 EUR, sondern den Betrag von 582,78 EUR von dem Kläger zurückgefordert und die Leistungsbewilligung insoweit aufgehoben hat.
In diesen Fällen ist jedoch unter Umständen eine Aufhebung gleichwohl nicht oder nicht in voller Höhe gerechtfertigt. Dies könnte dann der Fall sein, wenn anstelle des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ein Wohngeldanspruch bestanden hat. Dann könnte die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X mit der Folge greifen, dass der Grundsicherungsträger nicht die Wahl zwischen der Aufhebung und Erstattung gegenüber dem Leistungsempfänger und der Erstattung durch den anderen Leistungsträger hat (so Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 40 Rdnr. 105a). Hierzu hat das SG keine Feststellungen getroffen. Eine derartige Anwendung und Auslegung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II könnte u.U. zur Vermeidung etwaiger verfassungsrechtlicher Bedenken (z.B. von Conradis in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 40 Rn. 22) angezeigt sein.
d) Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 115 ZPO außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Prozesskostenhilfe war daher ratenfrei zu erbringen.
2. Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
3.Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 23.12.2008
Zuletzt verändert am: 23.12.2008