Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01. August 2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Praxis der Beklagten, ihm für jedes neue versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis eine eigene Krankenversicherungskarte (§ 291 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) auszustellen und diese spätestens vier Wochen nach Ende seiner Mitgliedschaft (§ 190 Abs 2 SGB V) von ihm zurückzufordern.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger ist seit 1990 mit zahlreichen Unterbrechungen versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Seit dieser Zeit ist er nicht durchgehend, sondern jeweils nur fallweise für mehrere Wochen zumeist bei der E AG versicherungspflichtig beschäftigt (Bescheinigung der Beklagten über Mitgliedschaftszeiten des Klägers vom 28.11.2008). Zuletzt war er vom 01.07. bis 27.08.2005 aufgrund einer Beschäftigung nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Mit Schreiben vom 25.09.2005, Eingang bei Gericht am 04.10.2009, beantragte er bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf festzustellen, dass ihm die Beklagte rechtswidrig und pflichtwidrig die Herausgabe einer "Versicherungskarte" verweigere. Bei jeder seiner kurzzeitigen Beschäftigungen stelle die Beklagte eine neue Krankenversicherungskarte aus. Dies habe zur Folge, dass er sich privat in ärztliche Behandlung begeben müsse, wobei die Beklagte regelmäßig für diese Arztbesuche eine Kostenerstattung ablehne. Er sei dazu übergegangen, nach jedem Beschäftigungsende die Krankenversichertenkarte unverzüglich zurückzugeben. Würde er diese Karte über das Ende seiner Beschäftigung behalten dürfen, könne er diese sofort nach Beginn seiner nächsten Beschäftigung einsetzen, ohne an einem Arztbesuch bis zur Ausstellung einer neuen Krankenversicherungskarte gehindert zu werden. Er erachte die von der Beklagten regelmäßig benötigte Bearbeitungszeit zum Ausstellen einer neuen Krankenversicherungskarte für nicht hinnehmbar, zumal der Arbeitgeber die Beschäftigung spätestens nach 3 Tagen melden und Beiträge entrichten müsse.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Erstellung der Krankenversichertenkarte erfolge über ein Serviceunternehmen, der Kläger könne aber im Bedarfsfall von ihr einen Berechtigungsschein erhalten, der ihm erforderlichenfalls die sofortige Inanspruchnahme aller versicherten Versicherungsleistungen wie mit einer Krankenversicherungskarte ermögliche.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2008 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, mit dem Ende des hier maßgebenden Beschäftigungsverhältnisses Ende August 2005 habe die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten geendet, so dass nach diesem Zeitpunkt eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig gewesen sei. Dem Kläger stehe auch aus dem Rechtsgedanken der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG kein berechtigtes Feststellungsinteresse mehr zu, da die Begründung einer neuen Mitgliedschaft bei der Beklagten damals ungewiss gewesen sei. Im Übrigen habe die Beklagte durch das Angebot auf Ausstellung eines Berechtigungsscheines dem Kläger die Inanspruchnahme von Leistungen sichergestellt.
Gegen den ihm am 09.08.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.08.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass " die Beklagte in dem (mehrere Jahre umfassenden) Zeitraum vor der Klageerhebung und auch danach pflicht- und rechtswidrig ihm den offiziellen Versichertenstatus, erkennbar an der Versichertenkarte, verweigert" habe. Die Möglichkeit, ihm " einen Berechtigungsschein ausstellen (zu) lassen, beinhalte das "Betteln" um eine gesetzlich "garantierte Dienstleistung". Es stehe nicht im Ermessen der Beklagten, ihn mit einer Krankenversicherungskarte zu versorgen. Soweit das SG aus § 55 SGG für ihn eine Beschränkung seines Klagerechts hergeleitet habe, halte er diese Vorschrift für verfassungswidrig. Die Karte hätte auch im August 2005, wie bei jeden anderen Versicherten, bei ihm belassen werden können, die "Prämissen bezgl der Verwendung" der Karte wären davon nicht berührt worden.
Für den Kläger, der ordnungsgemäß zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.01.2009 geladen worden ist (Ladung mit Postzustellungsurkunde vom 24.12.2008), ist niemand erschienen. Er beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.08.2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm zukünftig nach Ende eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die Krankenversicherungskarte bei ihm zu belassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.08.2008 zurückzuweisen. Sie vertritt die Rechtsmeinung, dem Klagebegehren fehle jegliche Anspruchsgrundlage.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat von der Beklagten die Mitgliedschaftszeiten des Klägers ab dem 11.08.1986 bis heute erfragt (Bescheinigung der Beklagten über Mitgliedschaftszeiten des Klägers vom 28.11.2008).
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz des Nichterscheinens des Klägers durch einseitige mündliche Verhandlung (§ 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG), dazu: Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 126 Randnummer (Rn) 4) entscheiden können, da in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Der vom Kläger eingereichte Schriftsatz vom 03.02.2009, Eingang bei Gericht am 04.02.2009, konnte als sog nachgereichter Schriftsatz (dazu: Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, am angegebenen Ort (aaO), § 108 Rn 2) nicht berücksichtigt werden, da bereits durch Urteil wirksam entschieden worden war (§§ 125, 132 Abs 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf vom 01.08.2008 ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die vom Kläger erhobene Klage als unzulässig abgewiesen.
Entgegen der Rechtsauffassung des SG handelt es sich bei der am 04.10.2005 erhobenen Klage allerdings nicht um eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG. Das SG verkennt, dass der damals nicht bei der Klägerin versicherte Kläger ein aktives Handeln von der Beklagte begehrte, nämlich die Ausstellung einer neuen Krankenversicherungskarte, die dauerhaft bei ihm verbleiben solle und von ihm während eines neuen, versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses dann unverzüglich von ihm zu benutzen gewesen wäre (zur Auslegung von Prozessanträgen, Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 123 Rn 3-3b). Im Ergebnis begehrte er damit eine Entscheidung der Beklagten, dass ihm zum dauerhaften Verbleib eine Krankenversicherungskarte ausgestellt werde (zur Abgrenzung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG zur Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG, Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 54 Rn 20a). Eine unmittelbare Verurteilung zur Leistung (Ausstellung der Krankenversicherungskarte zum dauernden Verbleib) nach § 54 Abs 5 SGG (Leistungsklage) ist nicht möglich, da über das Begehren des Klägers durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist, § 291 Abs 4 Satz 2 SGB V.
Im Ergebnis zu Recht hat das SG allerdings auch bei einem so verstandenen Klagebegehren im Sinne einer Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG die Klage als unzulässig abgewiesen. Nach dieser Vorschrift kann zwar der Erlass eines unterbliebenen Verwaltungsaktes begehrt werden, Zulässigkeitsvoraussetzung für eine solche Klage ist nach Satz 2 dieser Vorschrift jedoch, dass die Leistung bei der zuständigen Behörde beantragt und abgelehnt worden ist (Keller, in Meyer-Ladewig, aaO, § 54 Rn 20). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat mit seiner Klageerhebung vom 04.10.2005 unmittelbar um sozialgerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht, ohne das vorgeschriebene Antragsverfahren (§ 19 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) vorher beschritten zu haben. Dem erkennenden Senat ist danach eine Entscheidung in der Sache verwehrt, die Klage ist unzulässig.
Rein vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass, sollte der Kläger bei der Beklagten wirksam einen entsprechenden Antrag gemäß § 16 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) stellen, dieser wohl keine Aussicht auf Erfolg hätte. § 291 Abs 4 Satz 1 SGB V bestimmt ausdrücklich, dass bei Beendigung des Versicherungsschutzes die Krankenversicherungskarte von der bisherigen Krankenkasse einzuziehen ist. Ausnahmen von dieser Verpflichtung sind nur bei einem Kassenwechsel (§ 291 Abs 4 Satz 2 SGB V) möglich, nicht jedoch zum unbürokratischen Überbrücken von Zeiten, in denen der Kläger nicht mehr Mitglied der Kasse ist. Zudem stellt sich mit der Einführung einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V (Versicherungspflicht für Personen, die keinen anderen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren) ab dem 01.04.2007 die vom Kläger aufgezeigte versicherungsrechtliche Problematik wohl ohnehin nicht mehr. Der Kläger bleibt auch nach Ende eines nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs 2 SGB V unabhängig vom Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem steht der Kläger ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung über Mitgliedschaftszeiten seit dem 05.09.2008 wohl durchgehend in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183 und 193 SGG.
Gründe, die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs 2 SGG.
Erstellt am: 30.04.2009
Zuletzt verändert am: 30.04.2009