Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.08.2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 33.961,33 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Im Hauptsacheverfahren (S 33 KA 58/08 Sozialgericht (SG) Düsseldorf) ist streitig, ob und inwieweit der Beschluss des Antragsgegners vom 23.01.2008, einen Regress von 50.948,87 EUR für die Quartale 1/2005 bis 4/2005 wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise festzusetzen, rechtmäßig ist. Der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage herzustellen.
Der Antragsteller ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Er ist in B niedergelassen und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Beschluss vom 17.10.2007 (Sitzung vom 29.08.2007) setzte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise einen Regress in Höhe von 50.948,87 EUR fest. Der Widerspruch wurde durch Beschluss des Antragsgegners vom 26.03.2008 (Sitzung vom 23.01.2008) zurückgewiesen.
Mit Antrag vom 26.05.2008 hat der Antragsteller beim SG Düsseldorf um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat u.a. vorgetragen: Der Anordnungsgrund sei gegeben. Durch die Regressforderung werde er unmittelbar vom Konkurs bedroht. Die Schließung seines Praxisbetriebes sei zu befürchten. Der Regressbetrag übersteige bei Weitem den realistischerweise zu erwartenden Jahresgewinn. Dies gehe aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Jahr 2007 hervor. Danach belaufe sich der Gewinn auf 33.113,47 EUR. Hiervon seien laufende Aufwendungen für Krankenversicherung (ca. 800,00 EUR/monatlich), für die Finanzierung des eigengenutzten Hauses sowie für die Tilgungsleistungen betrieblicher Darlehen (1500,00 EUR/monatlich) abzuziehen. Zudem sei er gegenüber seinen zwei bei ihm im Haushalt lebenden noch schulpflichtigen Kindern im Alter von 18 und 20 Jahren unterhaltspflichtig. Maximal könne er derzeit einen Betrag von ca. 1.500,00 EUR quartalsweise aufbringen. Ein Anordnungsanspruch sei gleichermaßen gegeben. Der angefochtene Bescheid leide an Begründungsmängeln. Der Antragsgegner hätte im Einzelnen darlegen müssen, warum der Vortrag zum Nachweis von Praxisbesonderheiten nicht ausgereicht habe. Auf eine vermeidliche Unsubstantiiertheit hätte hingewiesen werden müssen, um ihm – dem Antragsteller – die Möglichkeit zu geben, diese auszuräumen. Der angefochtene Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Die Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen sei nicht auf Unwirtschaftlichkeit sondern auf eine spezifische Praxis- und Patientenstruktur zurückzuführen. Das von ihm behandelte Patientengut weiche von dem einer Regelpraxis ab. Er behandele eine Vielzahl von Patienten mit einer oft schwierigen sozialen und/oder wirtschaftlichen Situation. Zudem würden bei dem ausländischen und überwiegend im Rentenalter befindlichen Patientenstamm kostenintensive Krankheitsbilder auftreten. Als Praxisbesonderheiten hätte der Antragsgegner im übrigen kostenaufwändige Krebspatienten, Migränepatienten sowie Verordnungen von Psychoanaleptika berücksichtigen müssen.
Der Antragsteller hat sinngemäß beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 07.04.2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26.03.2008 anzuordnen.
Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzulehnen
Er hat vorgetragen: Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Erkennbaren Praxisbesonderheiten sei Rechnung getragen worden. Die Ausführungen des Antragstellers zum Anordnungsgrund seien unzureichend. Die behauptete Existenzgefährdung sei schon deswegen nicht glaubhaft gemacht, weil Ratenzahlung eingeräumt worden sei.
Mit Beschluss vom 08.08.2008 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens würden sich nicht hinreichend sicher beurteilen lassen. Die Behauptung des Antragstellers, es drohe unmittelbar die Insolvenz, sei bei einer Rate von monatlich 2.900,00 EUR angesichts der überdurchschnittlichen Praxisgröße nicht nachvollziehbar.
Diese Entscheidung greift der Antragsteller fristgerecht mit der Beschwerde an. Ein Anordnungsgrund sei entgegen der Auffassung des SG gegeben. Die Gewinnermittlung für 2007 zeige auf, das er einen Gewinn von 88.595,00 EUR erwirtschaftet habe. Dieser Betrag sei infolge von Rückstellungen für zukünftige Investitionen um 48.000,00 EUR zu mindern. Nach einer Liquiditätsbetrachtung verbleibe ein bereinigter Gewinn aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 37.387,00 EUR. Darüber hinaus habe er ein betriebliches Investitionsdarlehen von 5.000,00 EUR tilgen müssen. Auf Rücklagen und anderer finanzielle Quellen könne er nicht zurückgreifen. Ein Darlehen über 50.000,00 EUR habe ihm die Sparkasse verwehrt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts vom 08.08.2008 abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Antragsgegner beantragt die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1.
Rechtsgrundlage für die begehrte einstweilige Regelung ist § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn nach § 106 Abs. 5a Satz 11 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) hat die Klage gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses keine aufschiebende Wirkung. Soweit der Antragsteller sein Begehren auf § 86b Abs. 2 SGG stützt, ist dies unschädlich. Entscheidend ist allein, dass einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b SGG beantragt wird. Soweit aus Antrag und Begründung das Rechtschutzziel hinreichend deutlich wird, kommt es wegen § 123 SGG nicht darauf an, dass der jeweilige Antragsteller ggf. eine unzutreffende Rechtsgrundlage benennt (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 14.12.2006 – L 10 B 21/06 KA ER – zum Verhältnis von Sicherungsanordnung zur Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG). Unmissverständlich verfolgt der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Diesen Begehren ist § 86a Abs. 1 Nr. 2 SGG und nicht § 86b SGG zuzuordnen.
2.
Grundvoraussetzung für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist ein Rechtsschutzbedürfnis. Dies ist zu verneinen, wenn eindeutig feststeht, dass eine Aussetzung der Vollziehung seitens der Behörde nach § 86a Abs. 3 SGG nicht in Betracht kommt. Zwar ist die Zulässigkeit der Antragstellung nicht an ein irgendwie geartetes Vorverfahren geknüpft. Indessen gilt auch hier, dass im Interesse der Entlastung der Gerichte das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist, wenn der Beteiligte sein Begehren erkennbar auch außergerichtlich durchsetzen kann oder der Versuch, eine Aussetzung durch die Behörde zu erreichen, nicht von vornherein aussichtslos erscheint (Düring in Jansen, SGG. 3. Auflage, 2009, § 86b Rdn. 3).
Ausgehend hiervon ist ein Rechtschutzbedürfnis zu bejahen. Der Antragsteller hat Ratenzahlung beantragt. Dem ist die Beigeladene zu 7) insoweit nachgekommen, als sie dem Antragsteller eingeräumt hat, den Rückforderungsbetrag in sieben Quartalsraten zurückzuführen (Bescheid vom 12.06.2008) und außerdem einem Antrag auf Verlängerung der Ratenzahlung insofern entsprochen hat, als der Rückforderungszeitraum bis 30.06.2010 verlängert worden ist (Bescheid vom 16.07.2008). Vor diesem Hintergrund wäre ein Versuch des Antragstellers, eine Aussetzung der Vollziehung nach § 86a Abs. 3 SGG zu erreichen, ersichtlich aussichtslos. Denn die Beigeladene zu 7) hat mittels der Ratenzahlungsbewilligung hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass eine darüber hinausgehende Stundung und Aussetzung der Vollziehung nicht in Betracht kommt.
3.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht entscheidet nach Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung. Bei den Entscheidungen nach § 86b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Umgekehrt besteht am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein öffentliches Interesse (Düring a.a.O Rdn. 11). Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 zu beachten, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch über diese ausdrückliche Regelung hinaus ist das aus den Regelungen des § 86a SGG hervorgehende gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis zu beachten: In den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG ist maßgebend zu beachten, dass der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – zu § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG haben Widerspruch und Klage hingegen grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Es ist ein öffentliches Vollzugsinteresse oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten erforderlich. Nur dann wird (ausnahmsweise) die sofortige Vollziehung angeordnet. Das Gericht hat insbesondere zu berücksichtigen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist. Bei Eingriffen in die Berufsfreiheit müssen die Gründe für den Sofortvollzug in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens ausschließen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28.08.2007 – 1 BvR 2157/07 -; 11.02.2005 – 1 BvR 276/05 -; BVerfG, NJW 2003 S. 3618, 3619; vgl. auch Düring a.a.O. ).
Hiernach ergibt sich: Das Vorbringen des Antragstellers im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes rechtfertigt nicht die Annahme, der angefochtene Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig. Die vom Antragsteller geltend gemachten Begründungsmängel sind nicht offenkundig. Vielmehr hat der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid das Vorbringen des Antragstellers im Verwaltungsverfahren – soweit rechtlich erheblich – weitgehend wortgetreu zitiert und rechtlich ausgewertet. Zudem hat der Antragsgegner den Antragsteller in der Sitzung vom 23.01.2008 angehört und sein Vorbringen zur Frage, ob und welche Praxisbesonderheiten vorliegen, eingehend referiert (Bescheid S. 4, 5) und einer rechtlichen Prüfung unterzogen. Das aus dem angefochtenen Bescheid ersichtliche Vorgehen entspricht der Rechsprechung des Senats. Danach ist wie folgt zu verfahren:
Wird 1. die Durchschnittsprüfung als Prüfmethode ausgewählt, so wird 2. zunächst der Arzt einer geeigneten Arztgruppe zugeordnet. Sodann wird bestimmt, 3. in welchem Bereich sein Aufwand mit dem durchschnittlichen der Vergleichsgruppe verglichen werden soll, d.h. ob die Wirtschaftlichkeit seines Aufwandes bei Arzneiverordnungen, bei den kurativen Behandlungen im Allgemeinen oder in einer Leistungssparte o.Ä. überprüft werden soll. Bezogen auf den Aufwand in diesem Bereich wird untersucht, 4. ob der Arzt dort möglicherweise gerechtfertigtermassen einen besonders hohen Aufwand hat, z.B. deshalb, weil sein Praxiszuschnitt sog. Praxisbesonderheiten mit einer in höherem Maß behandlungsbedürftigen Patientenschaft aufweist oder weil er sog. kompensierende Einsparungen belegen kann. Nach Abzug eines dadurch gerechtfertigten Mehraufwandes wird überprüft, 5. ob der verbliebene Mehraufwand immer noch die Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis überschreitet und 6. in welchem Ausmaß ihm ein unwirtschaftlicher Mehraufwand noch anzulasten ist sowie 7. in welchem Umfang dieser – in Form von Honorarkürzungen oder in Gestalt eines Regresses – festgesetzt werden soll. Daraus ergibt sich dann 8. eine Festsetzung, die auf einen konkreten Geldbetrag oder einen Prozentsatz seines Honorars lautet.
Trägt der betreffende Arzt die für eine Praxisbesonderheit maßgeblichen und nur ihm bekannten Umstände nicht in nachvollziehbarer Weise vor, geht dies zu seinen Lasten. Die Prüfgremien sind nur verpflichtet, ihnen bekannte oder von ihnen von Amts wegen zu ermittelnde Umstände zu berücksichtigen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.07.1998 – L 11 KA 144/97 -).
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nach summarischer Prüfung gerecht. Auf die Seiten 5 bis 13 des Bescheides nimmt der Senat Bezug. Ergänzend ist zu bemerken: Die vom Antragsteller reklamierte Hinweispflicht auf bislang nicht hinreichend substantiiertes Vorbringen existiert nicht. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage. Ausländisches Patientenklientel rechtfertigt nicht per se die Annahme eines überproportionalen Therapieaufwandes (BSG, Urteil vom 10.05.2002 – B 6 KA 25/99 R -). Soweit es die Behauptung des Antragstellers anlangt, eine Vielzahl älterer Patienten mit spezifischen Krankheitsbildern zu behandeln, ist auf die Entscheidung des BSG vom 15.11.1995 – 6 Rka 58/94 – hinzuweisen: "Der Bescheid des Beklagten ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil dieser sich nicht mit der vom Kläger im gerichtlichen Verfahren behaupteten untypischen Zusammensetzung seines Patientenklientels wegen eines überdurchschnittlich hohen Anteils multimorbider, sehr alter Patienten auseinandergesetzt hat. Dazu hatte der Beklagte keinen Anlaß, denn der Kläger hat weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren hinreichend dargelegt, wie sich dieser Umstand, wenn er tatsächlich vorliegt, auf die Honorarforderung bei den Sonderleistungen ausgewirkt haben soll."
Ist der angefochtene Bescheid sonach nicht offensichtlich rechtswidrig, kommt angesichts des durch § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V formulierten Regel-Ausnahmeverhältnisses eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung allenfalls dann in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 -). Das wiederum wäre ggf. dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für einen Anordnungsgrund im Sinn des § 86b Abs. 2 SGG derart dargetan sind, dass ohne einstweilige Regelung die berufliche Existenz gefährdet ist. Daran fehlt es. Der Senat weist in diesem Zusammenhang vorab darauf hin, dass es insoweit nur darauf ankommt, ob trotz Ratenzahlungsbewilligung die berufliche Existenz akut gefährdet wird. Prüfungsmaßstab ist hingegen infolge der eingeräumten Ratenzahlung nicht die Frage, zu welchen Auswirkungen der Regress als solcher führt.
Schon das SG hat darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Antragstellers im erstinstanzlichen Verfahren unzureichend ist. Der Senat tritt dem bei. Die Fallzahlen des Antragstellers überschreiten die der Vergleichsgruppe in den streitbefangenen Quartalen um 65,35 % bis 84, 94 %. Auch die Honorarforderungen liegen zumindest in den Quartalen 2/2005 bis 4/2005 deutlich über dem Vergleichswert. Schon deswegen ist es nicht nachvollziehbar, dass trotz Ratenzahlung eine akute Existenzgefährdung eintreten soll. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren führt nicht weiter. Zwar weist die von ihm vorgelegte Stellungnahme seiner Steuerberaterin vom 12.02.2009 für 2007 einen steuerlichen Gewinn von 88.595,00 EUR aus, wobei dieser Betrag mittels diverser Ansätze (z.B. Gewinnminderungen wegen nicht einnahmewirksamer Beträge, private Kfz-Nutzung, Auflösung Ansparabschreibung, Strafzuschlag wegen dieser Auflösung, Tilgungen für betriebliche Investitionsdarlehen) auf einen zur Ausgabendeckung zur Verfügung stehenden Betrag von 32.251,00 EUR minimiert wird.
Hierzu hat der 10. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 19.03.2007 – L 10 B 3/07 KA ER – ausgeführt: "Trägt ein Antragsteller – wie hier – vor, in seiner Existenz gefährdet zu sein, muss er die entsprechende wirtschaftliche Situation glaubhaft machen (§ 294 ZPO) und nachvollziehbar darlegen, dass diese – kausal – auf die angegriffenen Maßnahme zurückzuführen ist, d.h. die Gründe für die behauptete Existenzgefährdung müssen geklärt sein (LSG NRW vom 15.05.1996 – L 11 SKa 21/96 -; Frehse in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 23 Rdn. 123). Der Senat lässt offen, ob und inwieweit der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet zu sein. Unterstellt der Senat eine solche, so ist jedenfalls nicht nachvollziehbar dargetan, daß diese kausal auf der Rückzahlungsforderung in Höhe von 2.139,95 EUR beruht. Nach eigenem Vorbringen ist der Liquiditätsengpass durch eine Kombination aus einer Steuernachzahlung, nachträglichen Kosten eines Hauskaufs sowie dem Honorareinbehalt entstanden. Schon deswegen ist nicht dargelegt, dass (allein) die Rückforderung von (lediglich) 2.139,95 EUR den Liquiditätsengpass verursacht haben könnte. Im Ergebnis mag die Liquidität hierdurch weiter verringert werden. Das indessen ist rechtlich unerheblich. Die behauptete Existenzgefährdung war bereits vorher, beruhend auf anderen Ursachen, eingetreten. Der Hauskauf und dessen vorhersehbare/unvorhersehbare Kosten gründen auf eigenverantwortlichen Entscheidungen und fallen damit in die alleinige Verantwortungssphäre des Antragstellers. Die vom Finanzamt geforderte Nachzahlung von Steuern ist regelhaft absehbar. Hat der Antragsteller dennoch nicht die nötigen Vorkehrungen getroffen, um diesen Anspruch befriedigen zu können, unterfällt auch das seinem Verantwortungsbereich. Seine Argumentation läuft im Ergebnis darauf hinaus, das "Prioritätsprinzip" anzuwenden, also diejenige Forderung, mittels deren Geltendmachung erstmals die Grenze zur realen Existenzgefährdung überschritten wird, durch einstweiligen Rechtsschutz zeitweise abwehren zu können, sofern nur genügend – privatautonom – veranlasste anderweitige Forderungen bestehen und befriedigt werden müssen. Diesem Ansatz folgt der Senat schon deswegen nicht, weil es hiernach jederzeit möglich wäre, durch privat bewirkte und ggf. fehlgeleitete Investitionen existenzgefährdende Liquiditätsengpässe zu produzieren, die dazu führen, dass öffentlich-rechtlichen Ansprüchen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nur nachrangige Bedeutung zukommt … Auch der Hinweis des Antragstellers auf Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und zwei in der Ausbildung befindlichen Töchtern trägt sein Begehren nicht. Soweit der Antragsteller aus anderem Rechtsgrund zu Leistungen verpflichtet ist (hier: Unterhaltspflichten), fallen auch diese in seine Sphäre und können bereits deswegen im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes nicht dem Regress- bzw. Rückzahlungsanspruch entgegengehalten werden."
Der erkennende Senat hat überdies entschieden (Beschluss vom 06.02.2006 – L 11 B 47/05 KA ER -):
"Der Regressbetrag stellt eine Honorarrückforderung dar, die wegen des der Beigeladenen zu 8) obliegenden Sicherstellungsauftrags für die vertragsärztliche Versorgung einer öffentlich-rechtlichen Zweckbindung unterliegt. Auch und gerade aus diesem Grunde haben die privat-rechtlichen Verpflichtungen des Antragstellers, denen er ungeachtet der hier streitigen Forderung ausgesetzt ist und denen er ausweislich der vorgelegten Mahnschreiben nicht nachkommt, untergeordnete Bedeutung und vermögen daher nicht sein Individualinteresse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin zu rechtfertigen."
Im Hinblick auf die Frage, ob ein Anordnungsgrund vorliegt, ist es hiernach schon aus Rechtsgründen ausgeschlossen, den in 2007 erzielten Gewinn (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Einkommenssteuergesetz (EStG)) um Positionen wie "Auflösung Ansparabschreibung" usw. zu reduzieren. Dies gilt umso mehr, als die steuerrechtlichen Regelungen angesichts ihrer spezifischen Zielsetzung eine Vielzahl von disponiblen und manipulativen Gestaltungsmöglichkeiten einräumen, mithin von vornherein ungeeignet sind, eine Existenzgefährdung glaubhaft zu machen.
Die Beschwerde konnte nach alldem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert ergibt sich aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1, 4 GKG. Er bemisst sich auf zwei Drittel der Honorarrückforderung.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.09.2010
Zuletzt verändert am: 10.09.2010