Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 12.03.2009 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren ab 29.10.2008 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X, Q, bewilligt. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung von höheren Leistungen wegen Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach der Vorschrift des § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1999 geborene Klägerin bezieht zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Wegen einer Störung im Gehirnwasserkreislauf (Hydrocephalus) mit Entwicklungsstörungen und Störung der Fein- und Grobmotorik, Rechenstörungen und Bettnässen nachts hat der Kreis Q ihr einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 80 sowie den Merkzeichen "G", "B" und "H" ausgestellt. Unter Vorlage dieses Ausweises beantragte die Mutter der Klägerin am 13.08.20008 für diese die Gewährung eines Mehrbedarfs. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.08.2008 ab. Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II komme nur für Personen in Betracht, die vom Alter her gesehen einer Erwerbsfähigkeit nachgehen könnten und daran nur durch ihre körperlichen oder geistigen Mängel gehindert seien. Dies sei bei Kindern unter 15 Jahren wegen der allgemeinen Schulpflicht nicht der Fall. Den Widerspruch der Klägerin vom 21.08.2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 zurück.
Die Klägerin hat am 29.10.2008 Klage zum Sozialgericht Detmold (SG) erhoben und Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Zur Begründung hat sie angeführt, dass das Gesetz keine Einschränkung dergestalt vorsehe, dass Mehrbedarf für Behinderungen bei Kindern unter 15 Jahren nicht zu zahlen sei. Bei der Klägerin falle aufgrund ihrer Erkrankungen ein erheblicher Mehrbedarf an. Ein sachlicher Grund, warum Personen unter 15 Jahren anders behandelt werden sollten als Personen über 15 Jahren sei nicht ersichtlich.
Das SG hat den Antrag auf PKH mit Beschluss vom 12.03.2009 abgelehnt. Die Mehrbedarfsregelung nach § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II solle einen Ausgleich dafür schaffen, dass die betroffenen Behinderten nur wegen ihrer Behinderung zu einer Erwerbsarbeit nicht in der Lage seien (LSG, Urteile vom 11.12.2008, L 9 AS 13/08 und 34/08). Dies treffe auf die Klägerin nicht zu. Da sie das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, sei sie vom Erwerbsleben schon nach §§ 2, 7 Jugendarbeitsschutzgesetz ausgeschlossen und könne selbst dann nicht erwerbstätig sein, wenn sie gesund wäre.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 18.03.2009 Beschwerde eingelegt und ihr Vorbringen wiederholt.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Klägerin ist für das Klageverfahren PKH zu bewilligen.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73 a Abs.1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers für zumindest vertretbar hält (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73 a Rn 7a; st. Rspr. des LSG NRW, z.B. Beschluss vom 29.08.2005, L 6 B 10/05 SB). Lediglich dann, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist, darf PKH verweigert werden (BVerfG, Beschluss vom 13.07.2005, 1 BvR 175/05 = NJW 2005, 3489 f.; Beschluss vom 29.04.2004, 1 BvR 128/04). Kommt eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht, ist PKH in der Regel zu gewähren. Wird eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss PKH ebenfalls bewilligt werden (BVerfG, Beschluss vom 10.12.2001, 1 BvR 1803/97 = NJW-RR 2002, 793 ff.; Beschluss vom 13.03.1990, 2 BvR 94/88 = BVerfGE 81, 347 ff.). Die bedürftige Person muss die Möglichkeit haben, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren zu vertreten und u.U. Rechtsmittel einlegen können.
Diesen Anforderungen wird die streitige Entscheidung über die Ablehnung der PKH nicht gerecht. Die von der Klägerin aufgeworfene Fragestellung des Anwendungsbereiches bzw. der Auslegung des § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II ist bisher in der Rechtsprechung nicht ausreichend geklärt. Gegen die hierzu ergangene Entscheidung des 9. Senats des LSG NRW ist eine Revision beim Bundessozialgericht anhängig (B 14 AS 3/09 R).
Da die Klägerin die Kosten der Prozessführung nach den von ihr angegebenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann, ist ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 06.04.2009
Zuletzt verändert am: 06.04.2009