Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20.01.2009 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über einen Rückforderungsanspruch der Beklagten und Beschwerdeführerin.
Dem 1963 geborenen Kläger wurden von der Beklagten bzw. der Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2005 mit Bescheid vom 27.12.2004 und 19.05.2005 Hilfen von monatlich 422,11 Euro bewilligt. Ende des Jahres 2005 gab der Kläger an, Zinserträge aus einem Genossenschaftsanteil der Volksbank in Höhe von 197,05 Euro in drei Tranchen erhalten zu haben. Daraufhin nahm die Beklagte mit Bescheid vom 21.03.2006 die Bewilligung in den Monaten Mai, Oktober und Dezember 2005, in denen Zinsen geflossen sind, in Höhe von 107,05 Euro nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Der Kläger habe unvollständige Angaben gemacht und könne sich daher auf Vertrauensschutz nicht berufen. Der Kläger legte am 24.03.2006 Widerspruch ein. Ihm könne weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit unterstellt werden, da er bei Beantragung der Hilfe nicht gewusst habe, ob und wann ein Kapitalertragszufluss stattfinden würde. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2006 zurück. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Zuflusses der Zinsen melden müssen wie sich aus einem ihm ausgehändigten Merkblatt "Wichtige Hinweise zur Grundsicherung für Arbeitssuchende" ergebe.
Auf die hiergegen gerichtete Klage des Klägers vom 07.04.2006 hat das Sozialgericht Münster mit Urteil vom 20.01.2009 den Bescheid der Beklagten vom 21.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2006 aufgehoben. Der Kläger habe nicht grob fahrlässig gehandelt, als er den Zinsfluss nicht vorausgesehen bzw. bei Zufluss zunächst nicht angegeben habe. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Beklagte den Kläger zu Zinsen aus – wie hier – freigestellten Einkommen belehrt habe. Im Übrigen sei das Konto, das den Mitgliedsgenossenschaftsanteil des Klägers widergebe, der Beklagten aufgrund entsprechender Angaben des Klägers bekannt gewesen. Das SG hat festgestellt, dass die Berufung nach § 144 Abs. 1 SGG beschränkt sei, da die Klage einen Betrag unter 750 Euro betreffe.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat die Beklagte am 09.02.2009 Nichtzulassungsbeschwerde zum Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung hat sie angeführt, die 16. Kammer des Sozialgerichts bei einem Erörterungstermin am 15.01.2009 mehrfach darauf hingewiesen zu haben, dass zutreffende Anspruchsgrundlage für die Rückforderung nicht § 45 SGB X sondern § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. §§ 40 Abs. 2 SGB II und 50 SGB X sei. Dieses Vorbringen habe beim SG jedoch kein Gehör gefunden. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 25.04.2002, B 11 AL 69/01 R entschieden, dass ein Auswechseln der Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig sei. Von dieser Entscheidung sei das Sozialgericht in seinem Urteil vom 20.01.2009 abgewichen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig aber nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall, weil die Klage gegen die Rückforderung von 107,05 Euro gerichtet ist.
Die Berufung ist nicht gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Das Urteil des SG Münster vom 20.01.2009 weicht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ab. Wer sich auf den Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Sozialgerichts einerseits und in einer höchstrichterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese miteinander unvereinbar sind. Erforderlich ist, dass das SG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 19.11.2008, B 12 KR 32/07 B m.w.N.). Gegenstand der Prüfung ist allein, ob einer der in § 144 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Berufungszulassungsgründe gegeben ist. Materielle Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die Richtigkeit der Entscheidung des SG, die keine Rüge von Verfahrensmängeln im Sinn von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG darstellen, sind im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlich (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 25.09.2000, L 6 B 6/97 V NZB). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht dargelegt, dass das Sozialgericht einen tragenden Rechtssatz aufgestellt hat, den das Bundessozialgericht abweichend entwickelt und angewendet hat. Insbesondere ist das SG in seinem Urteil nicht ausdrücklich von der Entscheidung des BSG vom 25.04.2002, B 11 AL 69/01 R abgewichen, nach der die Rechtsgrundlage des Bescheides ausgewechselt werden kann. Vielmehr hat das SG lediglich § 45 SGB X geprüft und sich zu einem Auswechseln der Anspruchsgrundlage nicht geäußert. Entsprechende Hinweise der Beklagten darauf, dass die Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ausgetauscht werden solle, finden sich im Übrigen auch weder im Protokoll des Erörterungstermins vom 09.12.2008 noch hat die Beklagte dies dem Gericht zu einem anderen Zeitpunkt schriftlich mitgeteilt.
Auch die Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3, auf die sich die Beklagte ohnehin nicht beruft, liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und es liegt kein Verfahrensmangel vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG). Nach § 145 Abs. 4 S. 4 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig.
Erstellt am: 06.04.2009
Zuletzt verändert am: 06.04.2009