Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die am 00.00.1929 geborene Antragstellerin (AStn) begehrt im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der C-klinik "Haus am T" in Bad C.
Bei der Astn, die bei der Antragsgegnerin (AGn) krankenversichert ist, entwickelte sich nach Operation eines Mamma-Carzinoms (1998) und anschließender Bestrahlung ein progredientes Lymphödem des rechten Armes. Bei ihr ist seit Februar 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" (erhebliche Gehbehinderung) festgestellt. Sie erhält Leistungen der Pflegestufe I von der Pflegekasse der AGn. In der Zeit vom 05.06.2003 bis zum 03.07.2003, vom 18.08.2004 bis zum 15.09.2004 und zuletzt vom 08.11.2005 bis zum 06.12.2005 führte sie zu Lasten der AGn in der oben genannten Fachklinik für Lymphologie und Ödemtherapie stationäre Rehabilitationsmaßnahmen durch. Als Rehabilitationsergebnis wurde im Jahre 2005 eine maximale Umfangreduzierung von 5 cm am Unterarm und von 2 cm am distalen Oberarm, aber Umfangzunahme von 1 cm am proximalen Oberarm festgestellt.
Am 20.10.2006 beantragte die Astn unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung von Dr. I; Arzt für Frauenheilkunde, erneut die Bewilligung von stationären Rehabilitationsleistungen in der C-klinik. Zur weiteren Begründung bezog sie sich auf einen Behandlungsbericht der Ärztin für Allgemeinmedizin, Phlebologie und Lymphologie Dr. N vom 23.10.2006. Darin heißt es u.a., es habe sich keine Progredienz des chronischen Stauungssyndroms gezeigt. Unter regelmäßiger Kompressionstherapie und manueller Lymphdrainage bestehe eine ausreichende Rekompensation. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein (Frau Dr. T) verneinte in seiner Stellungnahme vom 06.11.2006 die Notwendigkeit einer vorzeitigen Rehabilitationsmaßnahme; die ambulanten Therapiemaßnahmen am Wohnort seien ausreichend. Mit Bescheid vom 07.11.2006 lehnte die AGn daraufhin den Antrag auf Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme ab. Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte die AStn geltend, ihr Gesundheitszustand habe sich erheblich verschlechtert. Im Bereich der Wirbelsäule hätten sich Metastasen gebildet und im Bereich von Brust und Arm leide sie unter sehr starken Krämpfen. Die AGn wies den Widerspruch der AStn mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2007 als unbegründet zurück; es fehle an der medizinischen Notwendigkeit der Durchführung einer erneuten Rehabilitationsmaßnahme.
Dagegen hat die AStn am 08.02.2007 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und am 04.05.2007 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie hat vorgetragen, sie sei aufgrund ihrer chronischen Krankheit und den damit verbundenen Beschwerden nicht in der Lage, einfache Dinge des alltäglichen Lebens selbständig zu bewältigen. Die AGn könne die notwendige Mindestversorgung und eine ausreichende Schmerzlinderung vor Ort nicht gewährleisten. Die einzige Hilfe habe sie in der Vergangenheit in der Klinik in Bad C erfahren.
Entsprechend ihrem schriftlichen Vorbringen hat die AStn beantragt,
die AGn im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr vorläufig eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der C-klinik "Haus am T" in Bad C zu bewilligen.
Die AGn hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid als rechtmäßig erachtet. Die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitation sei nicht nachgewiesen. Leistungen zur Schmerzbehandlung könnten im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung vor Ort in Anspruch genommen werden.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht hat das SG Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. N hat mitgeteilt, die durchgeführte ambulante Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) sei ausreichend; bezüglich des Lymphödems halte sie jedoch Rehabilitationsmaßnahmen im Sinne einer Kur für sinnvoll. Als die AStn lediglich auf dem Gebiet der Gynäkologie behandelnder Arzt hat Dr. I darauf verwiesen, die Notwendigkeit ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen liege im Ermessen des mitbehandelnden Phlebologen. Die bisher durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahmen seien jedoch mit einer deutlichen Besserung der Beschwerden verbunden gewesen. Der behandelnde Internist Dr. Q hat berichtet, er habe bezüglich der Lymphödeme und der orthopädischen Erkrankungen keine Diagnostik vorgenommen, da diese bereits durch die entsprechenden Fachärzte durchgeführt werde.
Mit Beschluss vom 12.01.2009 hat das SG Düsseldorf den Antrag der AStn zurückgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sei nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht überwiegend wahrscheinlich. Insbesondere sei nicht offensichtlich, dass ambulante Maßnahmen nicht ausreichten. Nach dem Befundbericht der behandelnden Phlebologin Dr. N sei bezüglich der pAVK keine Progredienz festzustellen; die durchgeführte Therapie sei ausreichend. Soweit sie wegen des Lymphödems Rehabilitationsmaßnahmen i. S. einer Kur für sinnvoll halte, sei dies nicht nachvollziehbar. Die von ihr für notwendig erachteten intensiven manuellen Lymphdrainagen sowie der kompressiven phlebologischen Verbände zur Verbesserung der Abflussstörungen könnten auch ambulant durchgeführt werden. Auch die laut Dr. N bestehende, nicht ausreichende Mobilisierbarkeit der AStn begründe nicht die Notwendigkeit einer stationären Maßnahme: Die genannten ambulanten Maßnahmen könnten auch von ambulanten Pflegediensten im häuslichen Umfeld durchgeführt werden, wobei das bei der AS bestehende Lymphödem unbestritten kontinuierlicher Behandlung bedürfe. Wie sich aus dem Entlassungsbericht der C-klinik vom 27.12.2005 ergebe, habe der erzielte Behandlungserfolg der vorangegangenen stationären Maßnahmen lediglich vier Monate angehalten. Ein dauerhafter Erfolg, zumindest für ein Jahr, sei daher nicht zu erwarten. Im Übrigen habe die spezielle lymphologische Behandlung während des stationären Aufenthalts in zweimal täglicher intensiver manueller Lymphdrainage und Kompressionsbandagierung bestanden, während ambulant die Lymphdrainage dreimal wöchentlich für den rechten Arm und zweimal wöchentlich für die Beine durchgeführt worden sei. Im Rahmen der ohnehin permanent erforderlichen lymphologischen Behandlung sei daher eine Steigerung der Häufigkeit und Intensität noch möglich. Hierdurch könne eine permanente Besserung erreicht werden, die somit der Wirkung einer stationären Maßnahme sogar überlegen wäre. Schließlich lasse sich auch aus den Berichten der übrigen Ärzte Dr. I und Dr. Q die Notwendigkeit einer stationären Maßnahme nicht ableiten: Der Hinweis von Dr. I, die bisherigen stationären Maßnahmen hätten zu einer deutlichen Besserung geführt, sei wohl zutreffend; diese Besserung könne jedoch, wie dargelegt, durch eine Intensivierung der ambulanten Maßnahmen ebenfalls erreicht werden. Dr. Q verweise zur Frage der Notwendigkeit einer stationären Maßnahme auf den Bericht der C-klinik und enthalte sich somit einer eigenen Stellungnahme.
Bezüglich der bei der AStn vorliegenden weiteren Erkrankungen – arterielle Durchblutungsstörungen der Beine, HWS-/LWS-Syndrom, chronische Bronchitis – lägen derzeit zu wenig auswertbare Befunde vor, um darauf einen entsprechenden Anspruch begründen zu können. Insoweit sei im Hauptsacheverfahren noch Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens vorwegzunehmen komme nicht in Betracht.
Gegen den ihr am 21.01.2009 zugestellten Beschluss hat die AStn am 30.01.2009 Beschwerde erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt, es bestehe sehr wohl eine medizinische Notwendigkeit zur vorzeitigen Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Die Angaben von Dr. N könnten nicht maßgeblich sein; denn diese habe sie lediglich mit Zusammenhang mit einer Nachuntersuchung nach erfolgter Bypasslegung im rechten Oberschenkel untersucht. Dr. Q habe sie zuletzt 2002 behandelt und kenne den aktuellen Verlauf ihrer Erkrankungen nicht. Sie selbst könne am Besten beurteilen, dass mit jeder stationären Rehabilitationsmaßnahme positive Wirkungen verbunden gewesen wären, wie sie ambulant nicht hätten erreicht werden können. Es sei der AGn vorzuwerfen, dass sie seit 2006 die Durchführung einer notwendigen stationären Maßnahme verhindert habe. Dadurch sei es bei ihr zu erheblichen gesundheitlichen Verschlechterungen gekommen. So sei eine Wasserzunahme von 15 bis 20 kg erfolgt. Sie leide unter ständigen schmerzhaften Krämpfen, die auch ihren Nachtschlaf negativ beeinträchtigten.
Nachdem die AGn auf Nachfrage mitgeteilt hat, dass die Kosten einer stationären Rehabilitationsmaßnahme bei ca. 2.500,00 EUR lägen, trägt die AStn unter Vorlage entsprechender Nachweise ergänzend vor, sie sei aufgrund ihrer eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten nicht in der Lage, in Vorleistung zu gehen.
Die AStn beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des SG Düsseldorf vom 12.01.2009 zu ändern und die AGn im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr vorläufig eine stationäre Rehabilitationsmaßnah me in der C-klinik "Haus am T" in Bad C zu bewilligen.
Die AGn beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde der AStn gegen den Beschluss des SG Düsseldorf vom 12.01.2009 zurückzuweisen.
Sie erachtet den angefochtenen Beschluss als zutreffend.
Der Senat hat die Prozessakten des Hauptsacheverfahrens (Az.: S 9 (4) KR 20/07, SG Düsseldorf) und der zuvor anhängig gewesenen Untätigkeitsklage (Az.: S 9 (4) KR 161/08, SG Düsseldorf) beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- sowie der Verwaltungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde der AStn ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht mit Beschluss vom 12.01.2009 den Antrag der AStn auf vorläufige Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zurückgewiesen.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erfolgen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen, vgl. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Nur wenn dies zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, weil dem Rechtsschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht (vgl. Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Beschl. vom 13.08.1999, Az.: 2 VR 1/99, www.juris.de; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RdNr. 31 m. w. N.), ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. vom 13.08.1999, a. a. O.; Meyer-Ladewig, a. a. O.; ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. Beschlüsse vom 16.10.2002 – L 16 KR 219/02 ER -, vom 13.05.2004 – L 16 B 20/04 KR ER -, vom 29.11.2005 – L 16 B 90/05 -, vom 06.04.2006 – L 16 B 3/06 KR ER -, vom 11.07.2006 – L 16 B 43/06 KR ER -, sowie vom 24.09.2008 – L 16 B 62/08 KR ER, siehe www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Das SG hat zu Recht die Auffassung vertreten, es fehle bereits an einem Anordnungsgrund. Zur Begründung bezieht sich der Senat auf die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollumfänglich anschließt, § 153 Abs. 2 SGG analog. Insbesondere hat die AStn noch nicht einmal ausreichend dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass eine besondere Eilbedürftigkeit bestehe, die ein Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens unzumutbar machen könnte. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass das SG im Hauptsacheverfahren nach einem Wechsel im Kammervorsitz offensichtlich sehr bemüht ist, den Rechtsstreit, wie es im Hinblick auf die vielfältigen Gesundheitsstörungen bei der AStn auch notwendig erscheint, zügig zu einem Abschluss zu bringen. Der Senat hält es, auch auf der Grundlage der vom SG zutreffend ausgewerteten eingeholten Befundberichte, für zumutbar, dass die AStn das Ergebnis der eingeleiteten weiteren Ermittlungen (Beweisanordnung vom 31.03.2009 in dem Hauptsacheverfahren S 9 (4) KR 20/07) abwartet, zumal die AStn im Falle eines Unterliegens im Hauptsacheverfahren kaum in der Lage sein dürfte, die Kosten einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zu erstatten. Zu Recht hat das SG insoweit eine Vorwegnahme der Hauptsache angenommen und einen Anordnungsanspruch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung verneint. Ebenfalls zutreffend hat das SG das vom Gesetz vorgegebene Rangverhältnis von stationären und ambulanten Maßnahmen (vgl. insoweit § 40 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) bewertet. Im Hauptsacheverfahren wird das SG auch zu berücksichtigen haben, dass die Vier-Jahres-Frist des § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V im November 2009 ohnehin verstrichen sein wird. Ohne das Ergebnis der weiteren Ermittlungen in medizinischer Hinsicht vorwegnehmen zu können und zu wollen, scheint die Gewährung einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme zumindest innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen nicht ausgeschlossen zu sein.
Der Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, vgl. § 177 SGG.
Erstellt am: 25.05.2009
Zuletzt verändert am: 25.05.2009