Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 23.09.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes und dabei insbesondere über die Verfassungsmäßigkeit von § 2 Abs. 7 S. 5 und 6 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Die 1968 geborene Klägerin gebar am 00.00.2007 das Kind K. Es ist ihr zweites Kind nach dem am 00.00.2005 geborenen K1. Die Klägerin ist beamtete Lehrerin und war bis zur Geburt von K1 erwerbstätig (vollzeitbeschäftigt). Nach dem Ende der Mutterschutzfrist nahm sie vom 19.07.2005 bis 08.08.2006 Elternzeit in Anspruch. Während der Elternzeit zahlte ihr der Arbeitgeber einen steuerfreien Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe von monatlich 31,00 EUR. Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) erhielt sie für K1 wegen Überschreitens der Einkommensgrenze nicht.
Ab 09.08.2006 übte die Klägerin eine Teilzeitbeschäftigung aus; ihr Arbeitgeber zahlte weiter den monatlichen Zuschuss zur Krankenversicherung von 31,00 EUR. Vom 24.11.2006 bis 07.03.2007 befand sich die Klägerin anlässlich der Geburt von K in Mutterschutz.
Am 06.03.2007 beantragte die Klägerin Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes K.
Durch Bescheid vom 02.04.2007 bewilligte das Versorgungsamt B Elterngeld für den beantragten Zeitraum unter Berücksichtigung eines Geschwisterbonus von 75,00 EUR monatlich 551,57 EUR. Unter Anrechnung der in der Mutterschutzfrist gewährten Bezüge erhielt die Klägerin für den ersten Lebensmonat 0 EUR, für den zweiten Lebensmonat (anteilig für 2 von 28 Tagen) 39,40 EUR und für den dritten bis zwölften Lebensmonat 5.515,70 EUR (zehnmal 551,57 EUR), insgesamt 5.555,10 EUR. Der Berechnung der Höhe des Elterngeldes hatte das Versorgungsamt den Bemessungszeitraum von Januar bis Dezember 2006 – das Jahr vor der Geburt von K1 – zugrundegelegt.
Dagegen legte die Klägerin am 26.04.2007 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass für die Berechnung des Elterngeldes das Jahreseinkommen vor der Geburt ihres ersten Kindes herangezogen werden müsse, weil sie in der Elternzeit für dieses Kind das zweite Kind geboren habe. Jede andere Berechnung stehe nicht im Einklang mit dem Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes (GG).
Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 29.06.2007 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der angefochtene Bescheid sei unter Beachtung der geltenden Vorschriften ergangen. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit, mit der der Staat aufgrund seiner freien Entschließung durch finanzielle Zuwendungen die wirtschaftliche Lage gewisser Gruppen seiner Bürger erleichtern und ein bestimmtes Verhalten dieser Gruppen fördern wolle (hier: Familien mit kleinen Kindern), stehe dem Gesetzgeber von vornherein ein weiter Gestaltungsspielraum zu, innerhalb dessen er sein Ermessen ausüben könne, ohne gegen Rechtsvorschriften zu verstoßen. Verfassungsrechtliche Bedenken seien nicht ersichtlich.
Dagegen hat die Klägerin am 01.08.2007 Klage erhoben. Sie hält § 2 Abs. 1 BEEG für verfassungswidrig; die Vorschrift verstoße gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot für Frauen. Eltern, die vor der Geburt des Kindes bereits in Elternzeit waren würden gegenüber denjenigen Eltern benachteiligt, die aus der Erwerbstätigkeit heraus ein Kind gebären. Alternativ weist die Klägerin auf den Gesetzestext des § 2 BEEG hin. Wenn hiernach Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit gezahlt werde, stünden die angegebenen zwölf Monate nicht für die Berechnung des Durchschnittswertes, sondern vielmehr für die gesamte Erfassungsdauer. Der durchschnittlich erzielte monatliche Einkommensbetrag ergebe sich vielmehr aus der Summe der Einkünfte, dividiert durch die Zahl der Monate, in denen diese erzielt worden seien. Im Übrigen sei auch der Zuschuss des Arbeitgebers zur Krankenversicherung als für die Berechnung des Elterngeldes maßgebliches Einkommen heranzuziehen.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 23.9.2008 hat das Sozialgericht Aachen die auf Zahlung von weiterem Elterngeld in Höhe von 3.141,20 EUR gerichtete Klage abgewiesen, da die Höhe des ihr zustehenden Elterngeldes in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ermittelt worden sei. Die Beklagte habe nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG zutreffend die 12 Monate vor der Geburt des Kindes K1 und damit auch die Zeit vom 19.07.2005 bis 08.08.2006, in der die Klägerin wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit kein Einkommen erzielt habe, als Bemessungsgrundlage herangezogen. Die Ausnahmetatbestände nach § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG erfülle die Klägerin nicht, denn die bloße Inanspruchnahme von Elternzeit falle nicht darunter. Dies sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen, bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums Zeiten der Inanspruchnahme von Elternzeit unberücksichtigt zu lassen. Das Elterngeld stelle eine familienpolitische Leistung des Staates im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit dar, zu welcher der Staat aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet sei. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit stehe dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Leistung zu, den er nicht überschritten habe (wird ausgeführt). Insofern seien auch weder allgemeine Gleichheitssatz des Grundgesetzes noch Art. 6 Abs. 1 GG verletzt (wird ausgeführt).
Der Beklagte habe daher zu Recht nur die Einkünfte in den Monaten Januar bis Dezember 2006 für die Bemessung des Elterngeldes herangezogen. Der in diesem Zeitraum vom Arbeitgeber gezahlte Zuschuss zur Krankenversicherung gehöre nicht zu dem für die Ermittlung des Elterngeldes maßgeblichen Einkommen, weil es sich dabei nicht um Einkommen aus Erwerbstätigkeit handele. Heranzuziehen sei lediglich Einkommen aus Erwerbstätigkeit, und zwar nur steuerpflichtiges im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), wie § 2 Absatz 1 Satz 2 BEEG ausdrücklich bestimme. Demgegenüber handele es sich beim Zuschuß zur Krankenversicherung um eine Leistung, die der Arbeitgeber in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung nach § 5 Elternzeitverordnung, § 4a Erziehungsurlaubverordnung NRW zu erbringen hatte; der Zuschuss sei zudem steuerfrei nach § 3 Nr. 62 EStG.
Schließlich finde auch die von der Klägerin vertretene Auffassung, dass im Bemessungszeitraum erzielte Einkommen sei lediglich durch fünf Monate zu dividieren, da es auch nur in fünf Monaten erzielt worden sei, im Gesetz keine Stütze. § 2 Abs. 1 Satz 1 bestimme, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des "in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit" bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich gezahlt wird. Die Regelung besagt, dass das in den einzelnen Monaten des Bemessungszeitraums erzielte Erwerbseinkommen addiert und durch zwölf (Kalendermonate des Bemessungszeitraums) geteilt werde. Kalendermonate ohne Erwerbseinkommen würden nicht ausgespart, sondern mit dem Betrag Null in die Berechnung aufgenommen. Die hiervon abweichende Berechnungsweise, die die Klägerin vertrete, lasse sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Grammatik der gesetzlichen Vorschrift herleiten.
Zur Begründung ihrer rechtzeitig eingelegten Berufung hat sich die Klägerin auf ihre in der ersten Instanz vorgetragene Rechtsansicht gestützt.
Ihrem Vorbringen lässt sich der Antrag entnehmen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und gemäß ihrem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltung- und Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 SGG mit Beschluss über die Berufung entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung weiteren Elterngeldes, weil der Beklagte eine zutreffende Berechnung des ihr zustehenden Elterngelds zugrunde gelegt hat. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts und sieht von einer weiteren Darstellung in den Entscheidungsgründen ab.
Insbesondere sind bei der Berechnung des Elterngelds nicht nur Monate des Bemessungszeitraums heranzuziehen, in denen Einkommen erzielt worden ist. Die entgegenstehende Rechtsauffassung der Klägerin findet, wie das Sozialgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, im Wortlaut des § 2 Abs. 1 BEEG keine Stütze. Zudem zeigt auch die Gesetzesbegründung (vergleiche Bundestagsdrucksache 16/2785, S. 44), dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG gerade geschaffen hat, um – in Ausnahmefällen – ein Absinken des Elterngeldes zu vermeiden, das sich ergibt, wenn in den Bemessungszeitraum Monate mit "geringem oder fehlenden Erwerbseinkommen" fallen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass solche Monate normalerweise das nach dem Durchschnittseinkommen im Bemessungszeitraum berechnete Elterngeld mindern.
Auf die zitierten Ausnahmevorschriften zur Verlängerung des Bemessungszeitraums kann sich die Klägerin nicht berufen. Dass die bloße Inanspruchnahme von Elternzeit nicht darunter fällt, ist nach Ansicht des Senats systemgerecht und verfassungsrechtlich unbedenklich. Trotz ihres insoweit nicht eindeutigen Klageantrags hält die Klägerin offenbar ihre verfassungsrechtlichen Bedenken zwar aufrecht. Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder 6 Abs. 1 Grundgesetz vermag der Senat hier aber nicht zu erkennen (vgl. ausführlich Senat, Urt. v. 12.12.2008 – L 13 EG 45/08, Juris). Für die unterschiedliche Behandlung der Klägerin und Eltern, die im Jahr vor der Geburt eines Kindes Erwerbseinkommen bezogen haben und darauf zugunsten der Kinderbetreuung verzichten, gibt es auf der Grundlage des gesetzgeberischen Regelungskonzepts hinreichend gewichtige Gründe (vgl. BSG, Urteil vom 23.01.2008 – B 10 EG 5/07 R – juris. Rz. 17 m.w.N.). Mit der Einführung des Elterngeldes hat sich der Gesetzgeber aufgrund seiner Einschätzung, dass in der Vergangenheit die mit dem Erziehungsgeld verfolgten Ziele nur unzureichend erreicht worden sind, zu einem Systemwechsel bei der Familienförderung entschlossen. Zugrunde liegt die Einschätzung, dass gerade der Einkommensverlust durch Elternschaft potentielle Eltern davon abhalten könnte, eine Familien zu gründen oder zu vergrößern. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll durch den Lohnersatz Leistungen in der kritischen Phase nach der Geburt ein finanzieller Schonraum für junge Eltern geschaffen werden, der es ihnen ermöglicht, ohne größere finanzielle Schwierigkeiten sich der Betreuung ihrer Kinder zu widmen. Gleichzeitig möchte der Gesetzgeber einen raschen Wiedereinstieg von Eltern, vor allem junger Mütter, in das Berufsleben fördern (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/1889, S. 48; sowie Beitrag der Abgeordneten Marks (SPD) zur abschließenden Lesung des BEEG-Entwurfs, BT-Plenarprotokoll 16/55, S. 5360 linke Spalte Buchstabe B).
Die diesem Konzept zugrunde liegenden Einschätzungen und Wertungen halten sich innerhalb des weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Familienförderung. Sie rechtfertigen es, die bloße Inanspruchnahme von Elternzeit nicht zur Verlängerung des Bemessungszeitraums für das Elterngeld genügen zu lassen. Andernfalls wäre der vom Gesetzgeber beabsichtigte enge Zusammenhang zwischen der Elterngeldgewährung und einer voran gegangenen Berufstätigkeit und dem Verlust des daraus resultierenden Einkommens ebenso wenig gewahrt, wie das Ziel der Förderung eines raschen Wiedereintritts in das Berufsleben. Die von der Klägerin geforderte Anknüpfung an ihr Erwerbseinkommen aus den Jahren 2004 und 2005 für ein im Jahr 2007 geborenes Kind würde dem beschriebenen gesetzgeberischen Konzept ersichtlich zuwider laufen. Die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung ist im Übrigen auch deshalb verhältnismäßig, weil allen Eltern jedenfalls der Sockelbetrag des Bundeselterngeldes zusteht (wie hier auch SG Berlin, Urteil vom 14.03.2008 – S 3 SG 65/08, juris).
Die Nichtberücksichtigung der Elternzeit als Verlängerungstatbestand für den Bemessungszeitraum verstößt auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG in seiner Ausformung als Abwehrrecht (vgl. Schmidt-Kammeler in Sachs, Grundgesetz-Kommentar, Art. 6 Rz. 20 m.w.N.). Ob Eltern dem Anreizmodell des Elterngeldes folgen und ihre Berufstätigkeit nur kurz unterbrechen oder länger Elternzeit in Anspruch nehmen und deshalb für das folgende Kind nur das Mindestelterngeld erhalten können, bleibt ihre eigene Entscheidung. Der mögliche Verlust eines Einkommensersatz durch längere berufliche Pause ist nicht derart gravierend, dass es sich um einen final-mittelbaren Eingriff in die elterliche Freiheit der Gestaltung des Familienlebens und der Erziehung handelt, der Eltern – trotz fehlender rechtlicher Verpflichtung oder unmittelbarem faktischen Zwang – quasi unwiderstehlich zu einem bestimmten Freiheitsgebrauch drängen würde (vgl. Seiler, NVwZ 2007, S. 129, 132 f.). Bei der Klägerin ist dies besonders augenfällig, weil sie ihre Entscheidung für eine längere Berufspause vor der Einführung des Elterngeldes getroffen hat.
Warum die Vorschrift des § 2 Abs. 1 BEEG Frauen europarechtswidrig benachteiligen soll, hat die Klägerin nicht einmal ansatzweise begründet. Der Senat beschränkt sich daher auf den Hinweis, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen aus § 141 EGV hier schon deshalb nicht greift, weil es sich beim Elterngeld nicht um eine Leistung des Arbeitgebers, sondern um eine staatliche Sozial- bzw. Lohnersatzleistung handelt (vgl. Lenz, EG-Vertrag Kommentar, 2. Auflage, Art. 141 Rn. 6 m.w.Nw.). Ohnehin gilt § 2 Abs. 1 BEEG unterschiedslos für Frauen und Männer; das Ausmaß des Einkommensersatzes knüpft nicht an das Geschlecht, sondern an die Erzielung von Einkommen im Bemessungszeitraum ab.
Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des SG Detmold betrifft, wie das Sozialgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, inhaltlich anders gelagerte Vorschriften des § 130 SGB III und ist deshalb aus den vom Sozialgericht genannten Gründen nicht auf § 2 Abs. 1 BEEG übertragbar.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Anlass zur Revisionszulassung hat nicht bestanden.
Erstellt am: 05.06.2009
Zuletzt verändert am: 05.06.2009