Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 04.06.2009 werden zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt, im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass die unter bestimmten Voraussetzungen beim Kauf eines neuen PKW gewährte sog. "Abwrackprämie" von 2.500,00 EUR (Umweltprämie; Richtlinie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen vom 17.03.2009, Bundesanzeiger Nr. 48 vom 27.03.2009, S. 1144 f.) im Rahmen der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht als Einkommen angerechnet wird. Er beabsichtige, von der Möglichkeit dieser Prämie Gebrauch zu machen. Seine wirtschaftlichen Möglichkeiten erlaubten es jedoch nicht, das Risiko der Anrechnung der Prämie als Einkommen zu tragen. Die Antragsgegnerin habe seinem Bevollmächtigten telefonisch mitgeteilt, die Umweltprämie ggf. bei seinen Leistungen nach dem SGB II anzurechnen. Es bestehe daher ein Rechtsschutzinteresse, vorab festzustellen, ob es sich um anrechenbares Einkommen handele oder nicht. Das Sozialgericht Magdeburg habe mit Beschluss vom 15.04.2009 – S 16 AS 907/09 ER die Umweltprämie nicht als anzurechnendes Einkommen angesehen. Auch eine Eigenheimzulage werde als zweckbestimmte einmalige Einnahme nicht bei den Leistungen angerechnet. Zweck der Umweltprämie sei es, die Konjunktur anzukurbeln, so dass sie einem anderen Zweck diene als Leistungen nach dem SGB II. Auch begünstige die Prämie die Verhältnisse des Empfängers nicht so, dass daneben Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht gerechtfertigt wären.
Die Antragsgegnerin hält bereits einen Anordnungsgrund für nicht gegeben. Das wirtschaftliche Risiko des Antragstellers bei Inanspruchnahme der Prämie bestehe für ihn ggf. auch nach Gewährung des begehrten einstweiligen Rechtsschutzes, da das Gericht nur vorläufig entscheide. Eine Klage im Hauptsacheverfahren wäre im Übrigen mangels Rechtsverhältnisses i.S.v. § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Umweltprämie sei Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Da die Umweltprämie von 2.500,00 EUR etwa das Achtfache der Regelleistung des Antragstellers betrage, würden durch ihre Zahlung die Lebensverhältnisse des Antragstellers auch erheblich positiv beeinflusst, so dass daneben Leistungen der Grundsicherung nicht gerechtfertigt wären. Ein Vergleich mit der Eigenheimzulage verbiete sich, da Wohneigentum ein wesentlicher Bestandteil privater Altersvorsorge sei.
Mit Beschluss vom 04.06.2009 hat das Sozialgericht den Eilantrag des Antragstellers sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Für eine Regelungsanordnung i.S.d. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG müsse es um ein ausreichend konkretisiertes Rechtsverhältnis gehen; die gerichtliche Klärung abstrakter Rechtsfragen sei nicht möglich. Allein die nicht näher konkretisierte Absicht des Antragstellers, eventuell einen PKW kaufen zu wollen, reiche insoweit nicht aus. Ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 86b Abs. 2 SGG bestehe vielmehr erst dann, wenn die Antragsgegnerin bei erfolgter Gewährung einer Umweltprämie diese als Einkommen nach dem SGB II anrechne. Dem Antragsteller sei insoweit ein Abwarten zumutbar; eine ggf. nachteilige Verwaltungsentscheidung könne er gerichtlich prüfen lassen. Das Risiko, dass die Verwaltungsentscheidung gerichtlich bestätigt werde, sei ein allgemeines Prozessrisiko, vor dem der Antragsteller auch nicht durch eine Entscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geschützt werde.
Gegen den am 09.06.2009 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 10.06.2009 Beschwerde erhoben. Er trägt ergänzend vor, die Entscheidung des Sozialgerichts verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das Angebot einer Umweltprämie wende sich an alle Kraftfahrzeughalter, welche die Voraussetzungen erfüllten. Er – der Antragsteller – trage nach der Entscheidung des Sozialgerichts das allgemeine Prozessrisiko; ein nicht Bedürftiger trage dieses Risiko nicht. Hierfür gebe es keinen sachlichen Differenzierungsgrund. Bei verfassungsgemäßer Auslegung verdichte sich seine Rechtsposition zu einem für eine einstweilige Anordnung hinreichenden Rechtsverhältnis.
Die Antragsgegnerin sieht demgegenüber einen hinreichenden Differenzierungsgrund in dem Umstand, dass vom Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen werden. Es sei auch nicht Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, abstrakte Rechtsfragen klären zu lassen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet.
Dabei kann offen bleiben, ob ein Rechtsverhältnis i.S.v. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG bereits deshalb besteht, weil die Antragsgegnerin auf telefonische Vorab-Anfrage des Antragstellers und auch im jetzigen Verfahren sich bereits dahingehend geäußert hat, im Falle der Inanspruchnahme der Umweltprämie durch den Antragsteller diese als Einkommen i.S.d. SGB II anzurechnen.
Denn jedenfalls wäre die Umweltprämie im Falle ihrer Qualifizierung als Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 SGB II bei der Berechnung der Leistungen des Antragstellers nach dem SGB II leistungsmindernd zu berücksichtigen. Dass es sich bei der als unmittelbare finanzielle Zuwendung gewährten Prämie um eine "Einnahme in Geld" i.S. dieser Vorschrift handelt, steht nicht in Frage.
Diese – im Falle ihrer Gewährung dem Antragsteller zu Verfügung stehende – Einnahme ist auch nicht etwa nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II als zweckbestimmte Einnahme berücksichtigungsfrei. Dabei lässt der Senat offen, ob die Umweltprämie i.S.d. Vorschrift einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dient. Mit der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen hat die Bundesregierung neben umweltpolitischen Zwecken die Absicht verbunden, durch Erleichterung der Anschaffung eines Neu- oder Jahreswagens, welcher eine strenge Abgasnorm ("Euro 4") erfüllt (unter gleichzeitiger Verschrottung eines Altfahrzeuges), die Konjunktur in diesem Wirtschaftsbereich zu beleben. Die Prämie wird zwar dementsprechend nur dann gewährt, wenn sie für die Anschaffung eines PKW verwendet wird, und damit nicht in der üblichen, alltäglichen und breiten Ausgabenstreuung für die Erfüllung grundlegender Bedarfe, deren Erfüllung auch die Leistungen nach dem SGB II dienen. Allerdings steht es Leistungsbeziehern nach dem SGB II auch frei, einen Teil ihrer Leistungen für die Anschaffung und den Betrieb eines PKW zu verwenden, sofern dieser sich in seinem Wert im Rahmen dessen hält, was nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II als angemessenes Kraftfahrzeug anzusehen ist.
Selbst wenn es sich jedoch um eine nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II zweckbestimmte Einnahme handeln sollte, würde bei summarischer Prüfung die Gewährung der Umweltprämie jedoch die Lage ihres Empfängers im Sinne der Vorschrift so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Denn mit ihr würden dem Leistungsbezieher erhebliche Geldmittel in mehrfacher Höhe einer monatlichen Regelleistung letztlich für ein (wenn auch längerlebiges und höherwertiges) Verbrauchsgut und damit für den privaten Konsum zur Verfügung gestellt; letzteren hat er jedoch aus den Grundsicherungsleistungen zu bestreiten. Eine Vergleichbarkeit mit der (bei Verwendung für die Finanzierung einer nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II als Vermögen geschützten Immobilie; vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 19/07 R) nicht auf die Leistungen nach dem SGB II angerechneten Eigenheimzulage besteht nicht (a.A. SG Magdeburg, a.a.O.). Denn anders als bei der Anschaffung eines PKW dient die Eigenheimzulage der langfristigen – in der Regel so gut wie lebenslangen – Absicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens, welches zugleich in der Verfassung mit Art. 13 Abs. 1 GG besondere Berücksichtigung findet.
Aspekte einer Gleichbehandlung des Antragstellers mit Beziehern der Umweltprämie, die nicht Leistungen nach dem SGB II beziehen, stehen dieser Sichtweise (auch über die vom Antragsteller allein für die Frage der Zulässigkeit seines Antrags vorgebrachten Gesichtspunkte hinaus) von vornherein nicht entgegen. Zwar ist die Umweltprämie eine unmittelbare staatliche Subvention bei der Anschaffung eines längerlebigen Verbrauchsgutes, die nach der Sichtweise des Senats Empfängern von Grundsicherung nach dem SGB II wirtschaftlich allenfalls in den engen Grenzen möglicher Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 SGB II einen wirtschaftlichen Vorteil bringen kann, während sie anderen Beziehern der Prämie ohne jede Einschränkung zur Verfügung steht. Dies rechtfertigt sich jedoch aus dem Umstand, dass die nach dem SGB II Berechtigten bereits erhebliche, fürsorgegleiche Leistungen beziehen, für die bereits die Allgemeinheit über die Entrichtung von Steuern aufzukommen hat, während bei Nichtbezug solcher Grundsicherungsleistungen die Allgemein-heit nicht in entsprechender Weise in Anspruch genommen wird.
Die Umweltprämie stellt auch nicht etwa als ein Surrogat für ein nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II als angemessenes Kraftfahrzeug geschütztes Vermögen seinerseits als Vermögen bei den Leistungen nach dem SGB II anrechnungsfrei gestellt. Denn der Hilfeempfänger soll nach dieser Vorschrift zwar ein vorhandenes, angemessenes Kraftfahrzeug behalten dürfen. Damit geht jedoch nicht einher, dass alle mit der Anschaffung eines Fahrzeuges verbundenen Mittel ebenfalls vor einer Anrechnung geschützt sind.
Ist der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes aus den genannten Gründen von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg, so besteht auch keine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung i.S.v. § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO). Das Sozialgericht hat dementsprechend auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe zutreffend abgelehnt. Ob für ein etwaiges Hauptsacheverfahren, in dem ggf. nach einer Anrechnung der Umweltprämie als Einkommen ein Höhenstreit betreffend die dem Antragsteller nach dem SGB II zustehenden Leistungen geführt würde, unter dem Gesichtspunkt des Aufwerfens einer noch ungeklärten, aber klärungsbedürftigen Rechtsfrage anders zu entscheiden wäre, wird das Sozialgericht ggf. dort pflichtgemäß zu prüfen haben; im (ohnehin nur auf eine Vorab-Feststellung der Anrechenbarkeit der Umweltprämie gerichteten) Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, in dem eine grundsätzliche Klärung wegen des nur vorläufigen Verfahrenscharakters und des nur eingeschränkten Instanzenzuges von vornherein nicht in Betracht kommt, erscheint dem Senat ein Obsiegen des Antragstellers allerdings so fernliegend, dass eine Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht kam.
Die Kostenentscheidung beruht, soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes richtet, auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Soweit sie sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe richtet, beruht die Kostenentscheidung auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 14.07.2009
Zuletzt verändert am: 14.07.2009