Revision wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.10.2007 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 29.04.2008 abgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen von Überprüfungsverfahren gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) die Neuberechnung seiner Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer verbesserten Bewertung der Verfolgungsersatzzeiten.
Der am 00.00.1932 in N geborene Kläger lebte seit 1938 in Palästina und wurde später israelischer Staatsangehöriger. Dort besuchte er bis Juni 1946 die Volksschule und schloss den Schulbesuch am Gymnasium 1950 mit dem Abitur ab. Nach seinem Militärdienst von 1950 bis 1952 absolvierte er von Oktober 1952 bis Juni 1956 ein Hochschulstudium, das er mit der Masterprüfung abschloss. Von April 1954 bis 30.09.1999 erwarb er 566 Monate an Versicherungszeiten in Israel. Zur Abgeltung seines Ausbildungsschadens im Wege des Härteausgleichs gemäß § 171 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) zahlte das Land Baden-Württemberg 10.000 DM an den Kläger (Oberlandesgericht Stuttgart – 9 U 5135 -, gerichtlicher Vergleich vom 24.10.1974).
Mit Bescheid vom 03.09.1997 bewilligte die Beklagte Regelaltersrente ab 01.07.1997 in Höhe von 1230,42 DM monatlich. Berechnungsgrundlage waren insoweit allein die bereits festgestellten rentenversicherungsrechtlich relevanten Zeiten (308 Beitragsmonate durch freiwillige Beiträge vom 01.06.1948 bis 31.12.1973 sowie 01.01.1983 bis 31.01.1983, Bescheid vom 15.02.1988). Dabei ging die Beklagte von dem zum Zahlungsbeginn maßgeblichen "aktuellen Rentenwert " von 47,44 DM und dem Rentenartfaktor 1,0 aus. Die Summe der Entgeltpunkte für die Beitragszeiten betrug 25,9363. Den belegungsfähigen Gesamtzeitraum legte sie für die Zeit vom 26.06.1949 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis zum 30.06.1997 (Kalendermonat vor Rentenbeginn) zuzüglich 12 Monate vor Vollendung des 17. Lebensjahres mit 589 Monaten zugrunde. Davon in Abzug gebracht wurden 65 nicht belegungsfähige Kalendermonate. Unter Berücksichtigung von 524 belegungsfähigen Kalendermonaten belief sich der Durchschnittswert nach der maßgebenden Grundbewertung auf 0,0495 Punkte. Die israelischen Pflichtbeiträge setzte sie dabei nicht als nicht belegungsfähige Kalendermonate ab.
Nachdem der Kläger zunächst durch einen vollmachtlosen Bevollmächtigten unter dem 06.12.2001 einen Neuberechnung der Rente bezüglich der beitragsfreien Zeiten unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.07.2001 – B 4 RA 45/99 – beantragt hatte, begehrte er – seit Januar 2003 anwaltlich vertreten -, die in dem Rentenbescheid vom 03.09.1997 anstelle der Anrechnungszeiten berücksichtigten freiwilligen Beiträge soweit möglich auf die weiteren Beiträge zu verteilen, hilfsweise zu erstatten. Mit Bescheid vom 18.03.2004 lehnte die Beklagte den am 13.05.2003 eingegangenen Antrag auf Neufeststellung ab und führte zur Begründung aus, der angefochtene Bescheid entspreche der geltenden Rechtslage. Selbst eine Stattgabe des Antrages führe nicht zu der angestrebten Rentenerhöhung. Soweit mit Hinweis auf das Urteil des BSG vom 24.07.2001 ein Abzug der israelischen Beitragszeiten von der Zahl der im Gesamtzeitraum belegbaren Kalendermonate begehrt werde, sei dem nicht zu folgen. Eine Übertragung der Grundsätze des Art. 22 Nr. 3 des deutsch israelischen Sozialversicherungsabkommens (DISVA) auf die Rentenformel des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) sei ausgeschlossen, da das SGB VI keine Vorschriften über die "Anrechnung" von Ausfallzeiten sowie "Zurechnung" der Zurechnungszeit kenne. Die Rentenberechnung und die Bewertung der Zeiten sei aufgrund des Leistungsfalls im Jahr 1997 unzweifelhaft nach den Bestimmungen des SGB VI vorzunehmen. Damit bestehe keine Möglichkeit, eine Rente nach dem Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) unter anderer Bewertung der geltend gemachten Ausbildungszeiten zu leisten. Eine "Systemvermischung" mit Bestandteilen des Rechts der auf RVO und solchen des SGB VI halte auch das BSG im genannten Urteil für unzulässig. Den hiergegen ohne nähere Begründung am 14.04.2004 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2005 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 31.05.2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Auf weiteren Überprüfungsantrag des Klägers vom 14.09.2005 hat die Beklagte mit Bescheid vom 20.10.2005 eine Neufeststellung der Regelaltersrente vorgenommen und nunmehr den Wert des Rechts auf Regelaltersrente mit 709,08 EUR ab Dezember 2005 und eine Nachzahlung für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 30.11.2005 (in Höhe von 1825,61 EUR) festgestellt. Die erstmalig berücksichtigten Ersatzzeiten wegen NS-Verfolgung vom 27.06.1946 bis 31.05.1948 (24 Monate) wurden als beitragsfreie Zeiten mit Entgeltpunkten in Höhe von 1,1880 (unveränderter Durchschnittswert von 0,0495 x 24 Monate) bewertet. Unter Einschluss der Entgeltpunkte für die Beitragszeiten nach der Grundbewertung von 25,9488 berechnete die Beklagte die persönlichen Entgeltpunkte mit 27,1368. Als belegungsfähigen Gesamtzeitraum ermittelte die Beklagte 613 Monate abzüglich beitragsfreier Zeiten von 24 Monaten und der Pauschalzeit von 65 Monaten. Mithin verblieben 524 beitragsfähige Kalandermonate.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 05.10.2006 geltend gemacht, die in diesem Bescheid nunmehr anerkannten beitragsfreien Zeiten vom 27.6.1946 bis 31.5.1948 habe die Beklagte mit dem ungünstigen Durchschnittswert für die Grundbewertung (hier: 0,0495) bewertet. Unter Abzug der israelischen Pflichtbeiträge entsprechend der Entscheidung des BSG vom 24.07.2001 wäre eine verbesserte Bewertung der beitragsfreien Zeiten zu erreichen. Der Auffassung der Beklagten, ein Überprüfungsantrag könne im Klageverfahren nicht mehr erweitert werden, sei nicht zu folgen. Der Umfang der Überprüfung werde nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 79, 297, 299; BSG, Urteil vom 09.09.1995 – 9 BVg 5/95 -) nicht durch die vom Betroffenen vorgebrachten Einwände begrenzt, so dass eine gesamte Überprüfung des Bescheides zu erfolgen habe. Auch verkenne die Beklagte die Bedeutung der Entscheidung des BSG vom 24.07.2001, wenn sie rechtsirrig Art. 22 Nr. 3 DISVA nur für nicht pauschal gewählte Ausfallzeiten gelten lasse.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 03.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 20.10.2005 zu verurteilen, einen Neuberechnung der Regelaltersrente in der Weise vorzunehmen, dass für die Bewertung der beitragsfreien Zeiten (VN-Ersatzzeit vom 27.06.1946 bis 31.05.1948) von dem Gesamtzeitraum für die Zeit vom 26.06.1959 bis 30.06.1997 die vom Kläger während dieser Zeit in Israel zurückgelegten Pflichtbeiträge als nicht belegungsfähige Kalendermonate in Abzug zu bringen sind.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, ungeachtet des vollmachtlos erhobenen Überprüfungsantrages vom 11.12.2001 im angefochtenen Widerspruchsbescheid sich sachlich mit dem Begehren auseinandergesetzt zu haben. Zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 seien in der Regelaltersrente des Klägers keine beitragsfreien Zeiten vorhanden gewesen, welche nunmehr nach dem Begehren des Klägers im Klageverfahren einer günstigeren Bewertung hätten zugeführt werden können. Gleiches gelte für das nunmehr anhängige Klageverfahren. Der weitere Überprüfungsantrag vom 12.09.2005 sei nicht als Erweiterung des bereits gestellten Überprüfungsantrages anzusehen, da eine nachträgliche Erweiterung nach Erteilung des Widerspruchsbescheides nicht in Betracht komme. Ergänzend hat die Beklagte darauf verwiesen, der deutsche Gesetzgeber sei nach Ratifizierung des DISVA keinesfalls gehindert gewesen, dass innerstaatliche Recht zur Berechnung einer Rente grundsätzlich zu ändern. Diese Rechtsänderung hätte dann zwangsläufig die Folge, dass die Anwendung von Art. 22 Abs. 3 DISVA auf die Fälle beschränkt bleibe, in denen eine Rentenberechnung nach den Vorschriften der RVO vorzunehmen sei. Zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung am 03.09.1997 sowie zum Zeitpunkt des vollmachtlosen Überprüfungsantrages, aber auch des letzten Überprüfungsantrages im Jahre 2003 hätten keine beitragsfreien Zeiten vorgelegen. Eine offensichtliche Unrichtigkeit, die zu einer Überprüfung des bindenden Bescheides von Amts wegen Veranlassung gegeben hätte, habe danach nicht bestanden. Auch die vom Kläger zitierte BSG-Rechtsprechung sehe ausdrücklich eine Beschränkung der Entscheidung auf die vom Betroffenen vorgebrachten Einwände vor, soweit sich im Einzelfall keine Anhaltspunkte für die sachliche Unrichtigkeit des bindenden Verwaltungsaktes ergebe. Da eine Entscheidung über die Berücksichtigung der israelischen Pflichtbeiträge im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung bislang nicht ergangen sei, sei die Klage insoweit unzulässig. Ein zu erteilender Bescheid sei auch nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens, da sich die Streitgegenstände nicht berührten.
Durch Urteil vom 10.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, weil keine nach dem Gesetz erforderliche Verwaltungsentscheidung der Beklagten ergangen sei. Ausdrücklich beantragt worden sei im Verwaltungsverfahren die Verteilung der anstelle der Anrechnungszeiten berücksichtigten freiwilligen Beiträge. Im Klageverfahren sei ausdrücklich etwas anderes, nämlich die Neuberechnung der Altersrente in der Weise beantragt worden, dass für die Bewertung der beitragsfreien Zeiten von dem Gesamtzeitraum die vom Kläger in dieser Zeit in Israel zurückgelegten Pflichtbeiträge als nicht belegungsfähige Kalendermonate in Abzug zu bringen seien. Über diese Frage liege jedoch noch keine Verwaltungsentscheidung vor.
Gegen das ihm am 06.11.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.11.2007 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er unter Hinweis auf einen weiteren Bescheid gemäß § 44 SGB X der Beklagten vom 29.04.2008 sein Klagebegehren weiterverfolgt. Darin lehnt die Beklagte den Antrag auf günstigere Bewertung der beitragsfreien Ersatzzeiten gemäß § 44 SGB X ab. Die jüngere Rechtsprechung des BSG sei nicht zu berücksichtigen, da die dort angewandte Regelung in Art. 22 Nr. 3 DISVA nur für nicht pauschal gewährte Ausfallzeiten, nicht aber für Ersatzzeiten gelte. In der Rechtsmittelbelehrung wird – ebenso wie bei dem Bescheid vom 20.10.2005 – auf die Einlegung eines Widerspruchs verwiesen. Zur weiteren Berufungsbegründung trägt der Kläger vor, mit Erteilung des neuen Rentenbescheides vom 20.10.2005, der ebenso wie der Bescheid vom 29.04.2008 Gegenstand des laufenden Verfahrens geworden sei, habe er seinen ursprünglichen Überprüfungsantrag im laufenden Klageverfahren nicht mehr aufrechterhalten, sondern die Überprüfung auf die Bewertung der beitragslosen Ersatzzeiten beschränkt. Die Beklagte habe lediglich die 24 Monate VN-Ersatzzeiten und pauschale Ausfallzeiten als nicht belegungsfähige Kalendermonate abgesetzt. Nach dem zitierten BSG-Urteil seien jedoch von dem Gesamtzeitraum die in Israel zurückgelegten Beitragszeiten in Abzug zu bringen, woraus sich auch die verbesserte Bewertung der beitragslosen Zeiten ergebe. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei Art. 22 Nr. 3 DISVA nicht einschlägig. Gerade weil israelische Pflichtbeiträge nicht gleichgestellt seien, seien sie als nicht belegungsfähige Kalendermonate zu behandeln und deshalb vom Gesamtzeitraum in Abzug zu bringen mit der Folge, dass die anerkannten Ersatzzeiten eine bessere Bewertung erbrächten.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.10.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 20.10.2005 und Aufhebung des Bescheides vom 29.04.2008 zu verurteilen, den Bescheid vom 03.09.1997 teilweise zurückzunehmen und eine Neuberechnung der Regelaltersrente in der Weise vorzunehmen, dass für die Bewertung der anerkannten Verfolgungsersatzzeiten vom 27.06.1946 bis 31.05.1948 von dem Gesamtzeitraum für die Zeit vom 26.06.1949 bis 30.06.1997 die von ihm während dieser Zeit in Israel zurückgelegten Pflichtbeiträge als nicht belegungsfähige Kalendermonate in Abzug gebracht werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie pflichtet dem angefochtenen Urteil bei und vertritt die Auffassung, entsprechend der Rechtsmittelbelehrung sei der Bescheid vom 29.4.2008 nicht Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden. Gegen diesen Bescheid sei mit Schreiben vom 27.05.2008 Widerspruch eingelegt worden. Im Übrigen verbleibe sie bei ihrer Auffassung, wonach im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nur eine bestimmte konkret genannte Sache zur Überprüfung gestellt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl weder der Kläger noch seine Prozessbevollmächtigte zum Termin erschienen sind. Die Prozessbevollmächtigte ist mit der ordnungsgemäß erfolgten Terminsbenachrichtigung (Empfangsbekennntnis vom 11.09.2009) auf diese zulässige Verfahrensweise hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Streitgegenstand ist die Ablehnung der Neufeststellung der mit Bescheid vom 03.09.1997 bewilligten Rente im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 SGB X aufgrund des Bescheides der Beklagten vom 18.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren auch die während des Klage- bzw. Berufungsverfahrens erteilten Bescheide vom 20.10.2005 und 29.04.2008 in das Verfahren einzubeziehen. Zwar ist der Beklagten insoweit beizupflichten, als sie im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 SGB X auf die vom Betroffenen vorgebrachten Einwände beschränkt ist, soweit sich im Einzelfall keine Anhaltspunkte für die sachliche Unrichtigkeit des bindenden Verwaltungsakts ergeben (BSGE 79, 297, 299). Die Beklagte hat aber im vorliegenden Verfahren vor dem Hintergrund der erstmalig im Klageverfahren vorgebrachten Einwände die Bescheide vom 20.10.2005 und 29.4.2008 erteilt, die nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid im Sinne dieser Vorschrift immer nur dann, wenn er denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft. Ein bloßer Sachzusammenhang mit dem anfänglich erhobenen Anspruch ist jedenfalls nicht ausreichend. Diese Feststellung, ob der neue Bescheid dergestalt in die Regelung des zunächst angefochtenen Bescheides eingegriffen hat, ist durch Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen Regelungen (der ergangenen "Verfügungssätze") zu treffen (BSG, Urteil vom 20.07.2005 – B 13 RJ 23/04 R -, SozR 4- 1500 § 96 Nr. 3 m.w.N.). Mit Bescheid vom 20.10.2005 hat die Beklagte auf den weiteren Überprüfungsantrag hin die nicht bindende Ablehnung einer Neufeststellung der gewährten Regelaltersrente abgeändert und höhere Regelaltersrente bewilligt. Mit dem weiteren Bescheid vom 29.04.2008 hat die Beklagte – nachdem nunmehr beitragsfreie Ersatzzeiten anerkannt worden waren – zur bereits im Verwaltungsverfahren aufgeworfenen Rechtsfrage einer Anwendung der Rechtsprechung des BSG bei der Bewertung beitragsfreier Zeiten erneut im Rahmen eines weiteren Antrages gemäß § 44 SGB X Stellung genommen. Vor dem Hintergrund, dass es der Beklagten unbenommen bleibt, auch während eines anhängigen Gerichtsverfahrens einen angefochtenen Bescheid nach § 44 SGB X zu überprüfen und ein derartiger positiver Bescheid den ursprünglich angefochtenen Bescheid ersetzt im Sinne von § 96 SGG (so wie vorliegend der Bescheid vom 20.10.2005), kann auch bei Ablehnung einer Neufeststellung im Rahmen des anhängigen Gerichtsverfahrens (hier mit Bescheid vom 29.04.2008) zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen nichts anderes gelten (BSG, Urteil vom 20.07.2005 a.a.O.).
Entgegen der Auffassung des SG war die ursprüngliche Klage ebenso wie die zweitinstanzlich erhobene Klage zulässig, jedoch unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 03.09.1997 und Neuberechnung der Regelaltersrente nicht zu. Die Beklagte hat den Wert des Rechts auf Regelaltersrente gemäß § 64 SGB VI zutreffend bewertet. Dieser ergibt sich rechnerisch als Produkt aus dem Rangstellenwert des Rechtsinhabers (Summe seiner Entgeltpunkte) aus – hier nicht umstrittenem – Zugangsfaktor, Rentenartfaktor sowie aktuellem Rentenwert, die jeweils mit ihrem Wert, in die "Rentenformel" einzusetzen sind (BSG, Urteil vom 25.11.2008 – B 5 RJ 15/04 R – www.juris.de.; BSG, Urteil vom 24.7.2001 – B 4 RA 45/99 R -, SozR 3 – 2600 § 71 Nr. 2). Die einzelnen Rangstellenwerte, die der Kläger in seinen rentenrechtlichen Zeiten erworben hat, hat die Beklagte zutreffend ermittelt. Rentenrechtliche Zeiten sind nach § 54 SGB VI Beitragszeiten, Berücksichtigungszeiten und "beitragsfreie" Zeiten (Ersatzzeiten, Zurechnungszeit, Anrechnungszeiten). Als Beitragszeiten hat die Beklagte die Zeiten mit den vollwertigen freiwilligen Beiträgen sowie die beitragsgeminderten Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (§ 54 Abs. 4 SGB VI) von insgesamt 308 Beitragsmonaten anerkannt. Zu Recht hat sie auch die israelischen Versicherungszeiten des Klägers nicht als Beitragszeiten berücksichtigt (Urteil des BSG vom 24.07.2001 a.a.O. Rn. 17). Die Beklagte hat ferner zutreffend in dem bindenden Bescheid vom 03.09.1997, aber auch – konkludent durch Ablehnung einer Neufeststellung – in dem angefochtenen Bescheid vom 18.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 eine Berücksichtigung beitragsfreier Zeiten – hier allein streitig sind Ersatzzeiten – nicht vorgenommen, denn diese waren erstmalig im Rahmen der Antragstellung vom 14.09.2005 geltend gemacht und auch in dem Bescheid vom 20.10.2005 unter Beachtung der Verjährungsvorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X berücksichtigt worden. Bis auf die im Berufungsverfahren allein noch geltend gemachte Bewertung der beitragsfreien Ersatzzeiten im Rahmen der Überprüfung nach § 44 SGB X hat der Kläger die Berechnung der Beklagten einschließlich des belegungsfähigen Zeitraums nach den Bewertungsvorschriften des SGB VI nicht angegriffen und ergeben sich auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit.
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht aber auch kein Anspruch darauf, dass für die Bewertung der zwischenzeitlich anerkannten beitragsfreien Ersatzzeiten vom 27.06.1946 bis 31.05.1948 von dem Gesamtzeitraum für die Zeit vom 26.06.1949 bis 30.06.1997 die von ihm während dieser Zeit in Israel zurückgelegten Pflichtbeiträge als nicht belegungsfähige Kalendermonate in Abzug gebracht werden. Hierfür bieten weder die Vorschriften zur Gesamtleistungsbewertung nach §§ 71-74, 263 SGB VI noch die völkervertragsrechtlichen Regelungen des DISVA eine Rechtsgrundlage. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.07.2001 a.a.O.; Urteil vom 18.05.2006 – B 4 RA 34/05 -) ist zwar bei der Bewertung beitragsfreier Zeiten seit 1992 die Anzahl der israelischen Monate von der Zahl der im Gesamtzeitraum belegbaren Kalendermonate abzuziehen, weil diese im Sinne der §§ 71-73 SGB VI weder Beitragszeiten" noch "Versicherungslücken" sind. Entgegen der Auffassung des Klägers kann aus dieser Rechtsprechung aber kein allgemeiner Rechtssatz dahingehend abgeleitet werden, dass eine entsprechende Anrechnung israelischer Monate uneingeschränkt erfolgt. Vielmehr sind die Ausführungen ausschließlich dahingehend zu verstehen, im Rahmen des Anwendungsbereiches von Art. 22 Nr. 3 DISVA eine völkerrechts- und verfassungsgemäße Auslegung zu gewährleisten. Diese Vorschrift ist vorliegend aber nicht anwendbar, da sie ausschließlich die Anrechnung von Ausfallzeiten (beziehungsweise seit 1992 Anrechnungszeiten, vgl. § 300 Abs. 4 S. 2 SGB VI) oder einer – ebenfalls nicht einschlägigen – Zurechnungszeit betrifft (BSG, Urteil vom 24.07.2001 a.a.O. Rn. 26ff; Urteil vom 18.5.2006 a.a.O. Rn. 16). Das gleiche gilt auch für Nr. 7 des Schlussprotokolls zum DISVA (SP-DISVA), denn diese Norm ergänzt lediglich Art. 22 Nr. 3 DISVA, indem sie NS-verfolgte israelische Versicherte bezüglich der Anrechnung von Ausfallzeiten begünstigt. Die Vorschrift hatte stets den Zweck, israelischen Versicherten der von der NS-Verfolgung unmittelbar betroffenen Generationen in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung den Rangstellenwert vor allem aus Ausbildungs-Ausfallzeiten zu sichern (BSG, Urteil vom 24.07.2001 a.a.O. Rn. 28; BSG SozR 6480 Art. 22 Nr. 1). Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um derartige Ausbildungs-Ausfallzeiten, sondern um Ersatzzeiten gemäß § 52 SGB VI. Eine Bestandsgarantie wie bei Ausbildungs-Ausfallzeiten sieht das DISVA hingegegen nicht vor. Angesichts des eindeutigen Wortlautes und Sinn und Zweck der Vorschrift kommt weder eine direkte noch eine entsprechende Anwendung auf Ersatzzeiten in Betracht.
Letztlich ist auch zu berücksichtigenden, dass eine "Systemvermischung " der kraft abkommensrechtlicher Bestandsgarantie maßgeblichen Werte mit solchen Rangwerten, die erstmals aufgrund des Inkrafttretens des SGB VI entstanden sind (Werte aus Ersatzzeiten), schlechthin unzulässig ist (BSG Urteil vom 24.07.2001 a.a.O. Rn. 45; BSGE 78, 138, 147f).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 06.01.2011
Zuletzt verändert am: 06.01.2011