Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 30.09.2009 geändert. Die Antragsgegnerin wird einstweilen verpflichtet, den Antragstellern ausgehend von einem monatlichen Betrag in Höhe von 730,- EUR, für den Zeitraum vom 14.09.2009 bis zum 31.03.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vorläufig zu erbringen. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Instanzen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht. Der Antragsteller erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 – 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Der Antragsteller hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).
Der Antragsteller hat auch seine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Denn hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er derzeit nicht über ausreichendes Einkommen verfügt, um seinen Lebensunterhalt und den der Antragstellerin zu bestreiten.
Unter Berücksichtigung der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung und des existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II geht die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebotene Folgenabwägung zugunsten der Antragsteller aus. Denn nach der Beweisaufnahme im Beschwerdeverfahren ist glaubhaft gemacht, dass Hilfebedürftigkeit trotz der selbstständigen Tätigkeit des Antragstellers vorliegt.
Den Antragstellern stehen keine ausreichenden Mittel zur Verfügung, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Senat legt dabei das Gutachten des Dipl.-Betriebswirtes X zugrunde. Danach ergibt sich ein saldierter Gewinn für den Zeitraum 01.01.2009 bis zum 26.11.2009 der Unternehmen B, an dem der Antragsteller zur Hälfte beteiligt ist, und der B C- und D, an der der Antragsteller zu 75 % beteiligt ist, in Höhe von 11.812,96 EUR (Verlust: 811,27 EUR B , Gewinn: B C 12.624,23 EUR). Hiervon in Abzug zu bringen sind nach § 3 Abs. 2 Arbeitslosengeld II-Verordnung (Alg II-Verordnung) die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben in Höhe von 8.133,37 EUR. Dabei berücksichtigt der Senat auch den Kauf des gebrauchten PKW Berlingo (5.042,02 EUR). Denn für das Unternehmen, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen X einen Umsatzerlös in Höhe von 70.000 EUR bis 80.000 EUR erwirtschaftet, muss unter Beachtung der Tätigkeit auf Messen ein funktionstüchtiger und ausreichend Platz bietender PKW vorgehalten werden. Diesen Ansprüchen wurde der vorhandene Fiat Cinquecento mit einem Buchwert von 570,- EUR nicht gerecht. Unter Berücksichtigung der weiteren im Sachverständigengutachten aufgeführten Verbindlichkeiten verbleiben als Betriebseinnahmen ca.1.390,- EUR für den Zeitraum Januar bis November 2009, mithin monatlich ein noch zu bereinigendes Einkommen in Höhe von ca. 126,- EUR.
Ausgehend von einem Bedarf des Antragstellers von ca. 672,- EUR (359,- Regelleistung, 129,- EUR, Mehrbedarf für Alleinerziehende, 184,- Kosten für Unterkunft und Heizung), Sozialgeld für die Antragstellerin (251,- EUR, § 74 SGB II), ihrem Anteil an den Kosten für Unterkunft und Heizung (184,- EUR), Anrechnung des Kindergeldes und des Unterhaltsvorschusses sowie unter Berücksichtigung des Charakters einer vorläufigen Regelung, die die Hauptsache nicht vorweg nehmen soll, sind nach Einschätzung des Senats monatlich vorläufig Leistungen in Höhe von 730,- EUR zu gewähren ab Oktober 2009 und anteilig für den Monat September 2009 (§ 41 Abs. 1 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB II). Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls hält der Senat es im Hinblick auf die Effektivität des einstweiligen Rechtsschutzes für angezeigt, im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen für einen Zeitraum vom 14.09.2009 (Antragstellung) bis zum 31.03.2010 zuzusprechen, d.h. sich weitgehend an der in § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II vorgesehene Regelung zu orientieren. Die vom Senat erlassene einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin bis einschließlich März 2010 soll Gelegenheit geben, den Hilfefall unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Beschwerdeverfahren eingehend zu überprüfen.
Die Antragsteller haben einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn der Antragsteller hat vorgetragen und durch Vorlage von Dokumenten glaubhaft gemacht, dass am morgigen Freitag Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt werden und der Antragsteller dann Insolvenz beantragen muss, da die noch vorhandenen Aktiva wegen der Versagung der Leistungen nach dem SGB II für die Bestreitung des Lebensunterhaltes aufgebraucht wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG mit der Beschwerde nicht angreifbar.
Erstellt am: 23.12.2009
Zuletzt verändert am: 23.12.2009