Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14.01.2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung eines Kinderzuschlages gemäß § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 31.10.2007. Streitig ist im Rahmen der Leistungsberechnung, ob die Bewilligung einer Kfz-Beihilfe einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begründet.
1. Die Klägerin ist bei dem Land Nordrhein-Westfalen (NRW) nach einer zweijährigen Ausbildung als Regierungsbeschäftigte angestellt. Sie ist bei dem X-gericht X in einer Serviceeinheit (Geschäftsstelle) tätig. Sie ist schwerbehindert und zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Ihr Arbeitsplatz ist rollstuhlgerecht ausgestattet. Sie erzielte im streitigen Leistungszeitraum ein monatliches Netto-Arbeitsentgelt von 1.539,14 Euro einschließlich Kindergeld (2 x 154 Euro). Für die beiden Kinder zahlte ihr Vater B S insgesamt 131 Euro Unterhalt monatlich.
Die Klägerin lebt mit ihren zwei Kindern (geboren am 00.00.1991 und am 00.00.1993) in einem Haus in E, deren Eigentümerin sie ist. Die Wohnfläche beträgt 140 qm, die Grundstücksfläche 800 qm. Für die Finanzierung dieser Immobilie zahlte sie nach ihren Angaben im streitigen Leistungszeitraum monatlich 80,11 Euro an Zinsen. Für die Heizung zahlte sie – jeweils (durchschnittlich) pro Monat – 151 Euro, für Wasser 23,70 Euro, für Kanalgebühren 17,92 Euro, für die Müllabfuhr 17,62 Euro, für den Schornsteinfeger 6,09 Euro und an Grundsteuern 18,56 Euro, ferner für die Gebäudeversicherung 17,79 Euro und für Strom 43,60 Euro.
Die Fahrstrecke von E nach Münster beträgt 38 km (einfache Strecke). Die Fahrten zu ihrer Arbeitsstätte unternimmt die Klägerin mit ihrem behinderungsgerecht umgebauten PKW. Steuerlich werden ihr aufgrund ihrer Schwerbehinderung 0,60 Euro pro Entfernungskilometer als Werbungskosten anerkannt.
2. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte der Klägerin im März 2003 einen Zuschuss zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges und mit Bescheid vom 28.07.2005 technische Hilfen zum Erreichen des Arbeitsplatzes (Kosten für ein Einfahrtstor) als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Ferner bewilligte sie der Klägerin mit Bescheid vom 26.10.2006, Bescheid vom 15.06.2007 und Bescheid vom 06.11.2009 jeweils einen Zuschuss für den Erwerb und für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
3. Im April 2007 beantragte die Klägerin einen Kinderzuschlag bei der Beklagten. Die Beklagte errechnete einen Gesamtbedarf nach dem SGB II von 861,14 Euro. Als Einkommen der Klägerin berücksichtigte sie 857,11 Euro. Mit Bescheid vom 19.07.2007 lehnte sie den Antrag ab, weil das Einkommen der Klägerin die Höchsteinkommensgrenze des § 6a BKGG übersteige.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie trug vor, die Berechnung der Beklagten enthalte einen Rechenfehler von 100 Euro. Außerdem bat sie darum, auch die Zinsen ihres KfW-Darlehens (Kreditanstalt für Wiederaufbau) zu berücksichtigen. Nach dem Darlehensvertrag sei hierfür die erste Rate am 30.12.2007 fällig. Die Klägerin gab jedoch an, dass die Zinsen bereits früher zu zahlen seien. Außerdem seien nicht 35 Kilometer, sondern 38 Entfernungskilometer zu berücksichtigen.
Die Beklagte errechnete daraufhin einen Gesamtbedarf von 882,69 Euro und ein anzurechnendes Einkommen der Klägerin von 896,85 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2007 wies sie den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass das Einkommen der Klägerin den Gesamtbedarf übersteige. Eine Abzugsmöglichkeit wegen Schwerbehinderung bestehe nicht.
4. Hiergegen hat die Klägerin am 07.11.2007 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, dass erhöhte Fahrtkosten aufgrund ihrer Behinderung anzuerkennen seien. Die tatsächlichen Kosten für die Fahrt mit dem eigenen PKW seien bekanntermaßen höher als die nach dem Steuerrecht berücksichtigungsfähigen Werbungskosten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 19.07.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit von April bis Oktober 2007 Kinderzuschlag in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sich aus § 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (ALG ll-V) eine höhere Wegstreckenentschädigung als 0,20 Euro pro Entfernungskilometer nicht ergebe. Auch komme die Berücksichtigung eines Mehrbedarfes gemäß § 21 Abs. 4 SGB II nicht in Betracht. Denn der Zuschuss zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges bewirke keinen entsprechenden Mehrbedarf.
Das SG Münster hat das Bundesministerium für Finanzen um Mitteilung der Gründe für die Festlegung der steuerlich anerkannten Fahrtkosten gebeten. Insbesondere ist auch danach gefragt worden, ob Erhebungen zur Entwicklung der tatsächlichen Fahrtkosten durchgeführt worden sind. Außerdem ist eine Anfrage an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gerichtet worden im Hinblick auf die in § 3 der Alg Il-V festgelegte Pauschale. Bezüglich der Antworten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Urteil vom 14.01.2009 hat das SG Münster den Bescheid der Beklagten vom 19.07.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2007 aufgehoben "und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit von April bis Oktober 2007 Kinderzuschlag zu zahlen und bei der Berechnung dem Bedarf der Klägerin einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II hinzuzurechnen". Denn die Klägerin habe für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung eines Kinderzuschlages.
Die Beklagte habe zwar die Einkünfte der Klägerin richtig berechnet, sie gehe jedoch von einem zu niedrigen Bedarf aus. Zum einen seien die Unterkunftskosten der Klägerin geringfügig höher: Denn die Beklagte habe bei den Kosten der Heizung für die Warmwasserbereitung 27,61 Euro abgezogen, tatsächlich jedoch nur 14,93 Euro berücksichtigen dürfen. Zum anderen bestehe bei der Klägerin ein erhöhter Bedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II. Die Klägerin habe jedenfalls seit dem Jahr 2003 mehrfach Zuschüsse zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges und zur behindertengerechten Ausstattung desselben von der Rentenversicherung Bund erhalten. Hierbei handelt es sich um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 33 SGB IX. Denn dort sei in Absatz 8 Nr. 1 ausdrücklich die Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeughilfeverordnung aufgeführt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund habe die Beträge zwar jeweils in einem Betrag bewilligt und diesen direkt an den Händler überwiesen. Dies bedeute jedoch nicht, dass nicht auch nach Auszahlung des Betrages ein erhöhter Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 4 SGB II bestehe. Die gesetzliche Regelung bezwecke, dass ein zusätzlicher Bedarf als Folge der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gedeckt werden kann. Die Anschaffung eines PKW habe nicht nur zur Folge, dass der Kaufpreis zu bezahlen ist, sondern die Anschaffung des PKW hat auch weitere finanzielle Belastungen zur Folge, die nach den Bescheiden der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht von dort getragen werden. Eine Person, die eine Beihilfe nach der Kfz-Hilfe-Verordnung erhält, sei unbedingt auf die Benutzung des Kraftfahrzeuges angewiesen, um überhaupt den Arbeitsplatz erreichen zu können. Da sie ein speziell ausgestattetes Kfz benötige, sei es in der Regel auch nicht möglich, Fahrgemeinschaften zu bilden. Sie sei zudem außerstande, günstigere Verkehrsmittel zu benutzen wie Bus oder Bahn oder das Fahrrad. Dies bedeute auch, dass häufiger als bei gesunden Menschen die Anschaffung eines neuen PKW unbedingt erforderlich sei. In aller Regel werde die Kraftfahrzeughilfe zudem nicht in Höhe des vollen Kaufpreises gezahlt. Jede Neuanschaffung habe also zusätzliche Kosten schon allein durch die Anschaffung zur Folge.
Damit erhöhe sich der Bedarf der Klägerin selber auf 845,43 Euro unter Berücksichtigung der Berechnung des § 6 a Abs. 4 BKGG. Dem stehe das zu berücksichtigende Einkommen von 896,85 Euro gegenüber. Hierbei seien 0,20 Euro pro Entfernungskilometer für die Fahrten zur Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Höhere Fahrtkosten könnten nur berücksichtigt werden, wenn diese auch nachgewiesen sind. § 3 Abs. 1 Ziffer 3 b der Alg Il-V sehe lediglich die 0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer vor, soweit nicht höhere notwendige Ausgaben nachgewiesen sind. Einen solchen Nachweis könne die Klägerin nicht führen. Hierzu wäre erforderlich, dass sie ein Fahrtenbuch führt und sie sämtliche Belege vorlegen kann. Aus der steuerlich berücksichtigten höheren Pauschale lasse sich jedenfalls kein Schluss auf die tatsächlichen Kosten des Kraftfahrzeuges ziehen, wie sich aus der Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen ergebe.
5. Gegen dieses ihr am 02.02.2009 zugestellte Urteil des SG Münster hat die Beklagte am 25.02.2009 Berufung erhoben.
Der Gesamtbedarf der Klägerin betrage 882,69 Euro. Einkünfte der Klägerin seien in Höhe von 896,85 Euro zu berücksichtigen. Das SG habe einen Bedarf von 895,36 Euro zugrunde gelegt, weil für die Kosten der Warmwasserzubereitung nicht 27,61 Euro, sondern nur 14,93 Euro in Ansatz zu bringen seien. Ob dies richtig sei, könne aber dahinstehen. Denn auch dann übersteige das Einkommen der Klägerin ihren Gesamtbedarf. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn bei der Klägerin ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II bestünde. Dessen Tatbestandsvoraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Denn die einmalige Gewährung einer Kfz-Beihilfe führe entgegen der Rechtsauffassung des SG nicht zur Anerkennung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 4 SGB II. Zwar handele es sich bei der Kfz-Beihilfe um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 33 Abs. 8 Nr. 1 SGB IX. Durch die hier einmalige Kostenübernahme des Rentenversicherungsträgers für den Erwerb und behinderungsgerechten Umbau eines privaten Kfz würden jedoch die Kosten, die einer behinderten Person entstehen, abgegolten. Außerdem werde kein dauernder Mehrbedarf begründet. Ein Mehrbedarf entstehe nur in den Monaten, in denen die Kosten für den Erwerb oder den Umbau tatsächlich anfallen. Die weiteren Kosten, die der Unterhalt eines privaten Kfz mit sich bringe, lösten entgegen der Rechtsauffassung des SG keinen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II aus. Denn diese Kosten seien keine behinderungsbedingten Kosten, sondern Kosten, die auch nicht behinderten Menschen entstünden, die ihren Arbeitsplatz nur mit dem Auto erreichen können.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14.01.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Ergänzend trägt sie vor, die Gewährung von Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger decke entgegen der Auffassung der Beklagten nicht alle Kosten ab, die einer behinderten Person entstehen. Ein ungedeckter Mehrbedarf verbleibe insbesondere durch den notwendigen Kauf eines Transporters. Ein elektrischer Rollstuhl lasse sich nur mit einem Transporter mitnehmen, so dass der Kauf eines Kleinwagens ausscheide. Die Anschaffungskosten hierfür würden den Zuschuss des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers übersteigen. Weitere (ungedeckte) Kosten entstünden durch die Fahrten zu Umbaufirmen, TÜV-Kosten, Fahrten zu ärztlichen Gutachtern und erhöhte Versicherungskosten für die behinderungsgerechte Zusatzausstattung von zuletzt 35.000 Euro. Im Erörterungstermin am 03.12.2009 hat die Klägerin angegeben, dass sie in der öffentlichen Verwaltung der Stadt E nicht arbeiten könne, weil die dortigen Angestellten als Verwaltungsfachangestellte ausgebildet seien. Eine Tätigkeit beim Amtsgericht E scheide aus, weil dieses bislang nicht behindertengerecht ausgebaut sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Münster vom 14.01.2009 ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
1. Die Berufung der Beklagten ist statthaft. Die Regelung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht der Statthaftigkeit nicht entgegen.
Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt hier den Betrag von 750 Euro. Denn das SG Münster hat die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin von April bis Oktober 2007 Kinderzuschlag zu gewähren. Der höchstmögliche Kinderzuschlag beträgt für jedes im gemeinsamen Haushalt lebende Kind 140 Euro monatlich (§ 6a Abs. 2 Satz 1 BKGG). Daraus errechnet sich ein Beschwerdewert von (maximal) 1.960 Euro (140 Euro x 7 (Monate) x 2 (Kinder)). Im Verwaltungsverfahren hatte die Beklagte einen (möglichen) Gesamtkinderzuschlag von 149 EUR errechnet (für den Berechnungsmonat April 2007); auch danach übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750 EUR (149 EUR x 7 = 1.043 EUR).
2. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG Münster mit Urteil vom 14.01.2009 zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 19.07.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit von April bis Oktober 2007 Kinderzuschlag zu zahlen.
a) Damit hat das SG ein Grundurteil gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG erlassen, weil es ebenso wie die Beteiligten erkennbar davon ausging, dass die Leistungshöhe von der Beklagten in Ausführung dieses Urteils noch festzusetzen sein wird. Der Erlass dieses Grundurteils war zulässig, weil die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG erfüllt sind. Denn die Klägerin begehrt mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG die Leistung des Kinderzuschlages, auf die gemäß § 6a Abs. 1 BKGG ein Anspruch besteht.
b) Die Klägerin kann von der Beklagten für die Zeit vom 01.04.2007 bis zum 31.10.2007 einen Kinderzuschlag gemäß § 6a BKKG dem Grunde nach mit Erfolg beanspruchen. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 6a Abs. 1 BKGG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung sind erfüllt.
aa) Im Haushalt der antragstellenden Klägerin lebten im streitigen Zeitraum zwei unverheiratete Kinder, die jeweils das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und für die die Klägerin Kindergeld beanspruchen kann (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG).
bb) Die zu berücksichtigenden Einkünfte der Klägerin als alleinerziehende Mutter übersteigen die gesetzlich geforderte Mindesteinkommensgrenze. Denn die Einkünfte der Klägerin decken ihren eigenen Bedarf (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG i.d.F. bis zum 30.09.2008) bzw. erreichen den (zwischenzeitlich einheitlich fixierten) Betrag von 600 EUR (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BKKG ab dem 01.10.2008 i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 24.09.2008, BGBl. I S. 1854).
Die zu berücksichtigenden Einkünfte der Klägerin betragen (entsprechend der nicht zu beanstandenden Berechnung der Beklagten im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25.10.2007, dort Seite 4) 896,85 Euro.
Ihr Bedarf setzt sich aus der Regelleistung (345 Euro gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II; ab 01.07.2007 347 Euro gemäß Bekanntmachung v. 18.06.2007, BGBl. I S. 1139), einem Mehrbedarf für Alleinerziehung (83 Euro gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II) und anteiligen Kosten der Unterkunft zusammen; letztere hatte die Beklagte – basierend auf den Angaben der Klägerin – zuletzt mit insgesamt 408,68 Euro monatlich in Ansatz gebracht (wobei der Abzug für die Warmwasserbereitung entsprechend der Ausführungen des SG geringfügig zu korrigieren ist). Ob die Kosten der Unterkunft gemäß § 6a Abs. 4 Satz 2 BKGG nach dem letzten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern zugrundegelegten Elternanteil (60,68 %) oder aber nach dem SGB II-Bedarf zu errechnen sind (hier nach Kopfteilen, also 33,3 %; hierzu Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 6a BKGG Rn. 10 und 10a m.N.), kann hier dahinstehen, weil das Einkommen der Klägerin ihren eigenen Bedarf in jedem Fall übersteigt. Das gilt auch bei der Berücksichtigung eines Mehrbedarfs der Klägerin für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige (zu dessen Voraussetzungen sogleich) gemäß § 21 Abs. 4 SGB II in Höhe von 120,75 Euro (35 v.H. der Regelleistung). Das Einkommen der Klägerin übersteigt damit die erforderliche Mindesteinkommensgrenze.
cc) Das Einkommen der Klägerin überschreitet ferner nicht die Höchsteinkommensgrenze, bestehend aus dem zuvor dargelegten eigenen Bedarf der Klägerin zuzüglich des Gesamtkinderzuschlages von 280 Euro (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG i.d.F. bis zum 30.09.2008; § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKKG ab dem 01.10.2008 i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 24.09.2008, BGBl. I S. 1854).
Denn bei dem Bedarf der Klägerin ist ein Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige gemäß § 21 Abs. 4 SGB II (in Höhe von 120,75 Euro) monatlich zu berücksichtigen mit der Folge, dass das Einkommen der Klägerin nicht ausreicht, um ihren eigenen Bedarf zu decken.
(1) Der Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II ist bei der Bedarfsberechnung innerhalb des § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG zu berücksichtigen (vgl. Spellbrink a.a.O., § 19 Rn. 9). Dies verdeutlicht auch die Regelung des § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BKKG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 24.09.2008, wonach der Mehrbedarf bei der Prüfung gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BKGG unberücksichtigt bleibt, also bei der Prüfung, ob durch die Gewährung des Kinderzuschlages Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft vermieden wird. Wortlaut ("bei der Prüfung, ob Hilfebedürftigkeit vermieden wird") und systematische Stellung des § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BKGG (Satz 2 der Nr. 4, nicht Satz 2 des Abs. 1 des § 6a BKGG) verdeutlichen, dass der Mehrbedarf nach § 21 SGB II ausschließlich bei der Prüfung nach Nr. 4 des § 6a Abs. 1 BKGG unberücksichtigt bleiben soll, nicht dagegen bei der Prüfung nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG. Auch teleologische Überlegungen sprechen für diese Auslegung. Denn mit der Einfügung des Satzes 2 in § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG sollte "die Anzahl der Kinder und Familien, die den Kinderzuschlag beziehen können, erhöht (werden)" (BT-Drucksache 16/9792, Seite 10), nicht dagegen der anspruchsberechtigte Personenkreis reduziert werden. In diesen Fällen "wird künftig ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme von Kinderzuschlag und Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch eingeräumt" (BT-Drucksache 16/9792, Seite 10).
(2) Gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, einen Mehrbedarf von 35 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden (§ 21 Abs. 4 Satz 2 SGB II).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II erfüllt die Klägerin entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten. Die zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesene und berufstätige Klägerin ist erwerbsfähig und behindert.
Im fraglichen Leistungszeitraum von April bis Oktober 2007 wurden ihr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erbracht. Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Zu den erforderlichen Leistungen gehört gemäß § 33 Abs. 8 Nr. 1 SGB IX auch Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung. Die Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation (Kraftfahrzeughilfe-Verordnung – KfzHV) vom 28. September 1987 (BGBl. I S. 2251) bestimmt in ihrem § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2, dass die Kraftfahrzeughilfe Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs (Nr. 1) sowie für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung (Nr. 2) umfasst.
Diese Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurden der Klägerin von der Deutschen Rentenversicherung Bund bewilligt und erbracht: Im März 2003 als Zuschuss zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges, mit Bescheid vom 28.07.2005 als technische Hilfen zum Erreichen des Arbeitsplatzes (Kosten für ein Einfahrtstor), mit Bescheiden vom 26.10.2006, 15.06.2007 und 06.11.2009 als Zuschuss für den Erwerb und für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung eines Kraftfahrzeuges. Die Klägerin erhielt damit in den Jahren 2003, 2005, 2006, 2007 und 2009 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die Rechtsposition der Beklagten, wonach der Klägerin nur einmalige Leistungen gewährt worden seien und sie keinen dauerhaft erhöhten Bedarf habe, so dass sie deshalb einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II nicht beanspruchen könne, überzeugt den Senat nicht. Zwar ist der Klägerin seitens des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers jeweils eine einmalige Leistung bewilligt worden. Bei isolierter Betrachtung der jeweiligen Bewilligung könnte deshalb möglicherweise fraglich sein, ob der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben "erbracht werden" im Sinne des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Denn diese Formulierung könnte mehr als eine einmalige und nicht dauerhafte Bewilligung von Leistungen erfordern (vgl. Landessozialgericht (LSG) NRW vom 12.11.2008, L 19 B 179/08 AS ER, Juris). Bei der Klägerin ist aber maßgeblich zu berücksichtigen, dass ihr die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht nur einmal, sondern regelmäßig und wiederkehrend bewilligt wurden, nämlich in den Jahren 2003, 2005, 2006, 2007 und 2009. In all diesen Jahren sind ihr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben somit erbracht worden.
Auch die hilfsweise vorgetragene Rechtsauffassung der Beklagten, ein Mehrbedarf entstehe nur in den Monaten, in denen die Kosten für den Erwerb oder den Umbau tatsächlich anfallen, überzeugt den Senat nicht. Zum einen hätte die Beklagte der Klägerin dann wegen des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 15.06.2007 jedenfalls für den Monat Juni 2007 den Kinderzuschlag bewilligen müssen und wegen der Regelung des § 21 Abs. 4 Satz 2 SGB II möglicherweise auch für die Zeit danach. Zum anderen führt diese formaljuristische Begründung zu einem Ergebnis, das sich mit Sinn und Zweck des § 21 Abs. 4 SGB II nicht verträgt. Die Vorschrift will beim Vorliegen einer Behinderung die daraus folgende Beeinträchtigung des Hilfesuchenden bei der Teilhabe am Arbeitsleben kompensieren (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 21 Rn. 38). Warum nur in den Bewilligungsmonaten eine Beeinträchtigung des Hilfesuchenden vorliegen soll, ist nicht ersichtlich.
Der Hinweis der Beklagten, bei der Klägerin liege kein dauerhaft erhöhter Bedarf vor, überzeugt den Senat schließlich ebenfalls nicht. Denn die Klägerin ist dem bereits mit ihrer Berufungserwiderungsschrift und der dortigen Aufzählung ihrer erhöhten Kosten substantiiert entgegengetreten. Außerdem leuchtet es zur Überzeugung des Senats bei lebensnaher und -praktischer Betrachtung ohne weiteres ein, dass die Klägerin infolge ihrer Behinderung erhöhte Aufwendungen hat als ein Arbeitnehmer ohne Behinderungen: Die Klägerin muss längere Anfahrtstrecken zurücklegen, weil behinderungsgerechte Arbeitsplätze seltener vorhanden sind. Sie muss diese Fahrten mit einem speziellen PKW absolvieren, dessen Unterhalt ebenfalls einen größeren Aufwand erfordert. Dass hierbei nicht ein überzogen strenger Maßstab anzulegen ist, zeigt im Übrigen der umfangreiche Leistungskatalog des § 33 SGB IX, der erkennbar eine umfassende Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben bereit stellten will.
Der Regelung des § 21 Abs. 4 SGB II liegt zudem die Erkenntnis zugrunde, dass es für den Personenkreis der behinderten Menschen aufgrund nicht ausreichend behindertengerecht ausgestalteter konkreter Arbeitsbedingungen oftmals besonders schwer ist, einen vorhandenen Arbeitsplatz zu erhalten oder eine Ausbildung durchzustehen (Behrend in: jurisPK, SGB II, § 21 Rn. 39). Hierbei gewährt § 21 Abs. 4 SGB II pauschalierend eine Erhöhung der Regelleistung, wenn – wie hier der Fall – nach allgemeinen Umständen ein Mehrbedarf zu erwarten ist (Urteil des erkennenden Senats vom 17.07.2009, L 7 AS 65/08, Juris (Rn. 38)).
dd) Schließlich wird durch die Gewährung eines Kinderzuschlages die Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft vermieden (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG i.d.F. bis zum 30.09.2008; § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BKKG ab dem 01.10.2008 i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 24.09.2008, BGBl. I S. 1854). Denn die Differenz zwischen dem Gesamteinkommen und dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft (aus Klägerin und ihrer beiden Kindern), also der ungedeckte Bedarf der Bedarfsgemeinschaft, ist kleiner als der höchstmögliche Gesamtkinderzuschlag des § 6a Abs. 2 Satz 1 und 2 BKGG von 280 EUR (2 Kinder x 140 EUR).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Der Senat hatte keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Insbesondere eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist nicht erkennbar. Höchstrichterlich ist zwar noch nicht geklärt, ob die Bewilligung einer einmaligen Kfz-Beihilfe einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begründet. Im konkreten Falle der Klägerin war eine Kfz-Beihilfe jedoch wie ausgeführt über mehrere Jahre fortlaufend bewilligt worden, und dies auch im streitigen Zeitraum. Die streitigen Fragen konnten damit anhand des Gesetzestextes ohne Auslegungsschwierigkeiten beantwortet werden.
Erstellt am: 18.05.2010
Zuletzt verändert am: 18.05.2010