NZB d.Kl. als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 29.02.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenständlich ist die Versagung der Leistung von Eingliederungshilfe.
Der Kläger wurde 1958 geboren. Er verfügt über einen Schwerbehindertenausweis, der einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Merkzeichen "G", "B" und "H" ausweist. Der Kläger arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Die Betreuungs-kosten hierfür finanziert der Beklagte. Der Kläger wohnt seit 1993 alleine in einer Mietwohnung.
Im Dezember 2005 wandte sich der Kläger an den Beklagten, stellte einen Antrag auf Eingliederungshilfe für ambulant betreutes Wohnen und übersandte ein ärztliches Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. T vom 22.12.2005 nebst fachärztlicher Stellungnahme sowie eine individuelle Hilfeplanung für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2006. In dem Hilfeplan wurde ein Hilfebedarf von wöchentlich 680 Minuten (= 11 1/3 Stunden) angegeben. Im Januar 2006 wurde dem Beklagten eine Betreuungsvereinbarung für ambulant betreutes Wohnen übersandt. Der Kläger gab an, die Betreuung sei am 01.01.2006 begonnen worden. Mit Schreiben des Beklagten vom 02.03.2006 wurde dem Kläger mitgeteilt, zur weiteren Antragsbearbeitung werde seine Mithilfe benötigt. Um eine individuelle Betreuungsleistung anbieten zu können, sei in den nächsten Tagen ein Hausbesuch beabsichtigt. Der Kläger werde um Rückruf gebeten. Mit Schreiben vom 10.03.2006 wurde der Kläger nochmals darum gebeten, einen Besuchstermin zu vereinbaren. Auf die Mitwirkungspflichten wurde hingewiesen. Dem Kläger wurde mitgeteilt, die Hilfegewährung werde wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt, wenn er seinen Mitwirkungspflichten nicht bis zum 29.03.2006 nachkomme. Mit Anwaltsschreiben vom 29.03.2006 stimmte der Kläger einem Hausbesuch durch den Sachbearbeiter und zwei Mitarbeiter des medizinisch-psychologischen Dienstes des Beklagten am 11.04.2006 zu. Mit Schreiben vom 30.03.2006 führte der Kläger sodann persönlich aus, er habe im bisherigen Verlauf des Antragsverfahrens bereits ausreichend mitgewirkt. Ein Besuch in seiner Wohnung durch drei Personen erzeuge bei ihm Angst, schade seiner Gesundheit und sei ihm nicht zumutbar. Er sei aber bereit, sich unter Hinzuziehung einer Person seines Vertrauens mit einem Mitarbeiter des Beklagten in seiner Wohnung zu treffen. Mit Schreiben vom 06.04.2006 gab er an, er sei bereit, mit einer Fachkraft des Landschaftsverbandes in seiner Wohnung ein Gespräch zu führen. Die Konfrontation mit zwei Mitarbeitern sei ihm aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht zumutbar.
Mit Bescheid vom 26.04.2006 lehnte der Beklagte den Antrag sodann ab. In der Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe mit Schreiben vom 06.04.2006 mitgeteilt, dass er den bereits vereinbarten Besuchstermin am 11.04.2006 nicht wahrnehmen möchte. Da er seiner Mitwirkungspflicht bislang nicht nachgekommen und hierdurch eine Entscheidungsfindung nicht möglich sei, werde die Hilfegewährung im Rahmen des Ermessens gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 29.05.2006 Widerspruch und machte geltend, der Termin am 11.04.2006 sei durch seinen damaligen Rechtsanwalt gegen seinen Willen vereinbart worden. Ein Besuch mehrerer fremder Personen in seiner Wohnung löse bei ihm aufgrund seiner psychischen Erkrankung ein Panikgefühl aus und sei ihm nicht zumutbar. Einem Gespräch mit einer Fachkraft des Landschaftsverbandes habe er zugestimmt.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2006 aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 25.10.2006 Klage erhoben. Der nicht durchgeführte Besuch rechtfertige keine Ablehnung seines Antrags. Er habe einen vollständigen Antrag vorgelegt, der durch ein fachärztliches Attest begründet worden sei. Im Übrigen entfalle seine Mitwirkungspflicht, da die Bestimmungen des Datenschutzes durch den Beklagten nicht eingehalten worden seien. Zum Beleg seines medizinischen Vorbringens hat der Kläger ein weiteres fachärztliches Attest des Dr. T vom 14.08.2007 übersandt. In dem Termin zur erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 29.02.2008, von dem der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach dem vorliegenden Empfangsbekenntnis am 09.01.2008 benachrichtigt wurde, ist für den Kläger niemand erschienen.
Das Sozialgericht hat das schriftsätzliche Vorbringen des Klägers dahingehend gewertet, dass dieser sinngemäß beantragt hat,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2006 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß § 55 SGB IX in einem Umfang von 11 Stunden und 20 Minuten wöchentlich und ab 01.10.2006 in einem Umfang von 9 Stunden wöchentlich zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des Dr. T vom 17.07.2007 eingeholt.
Mit Urteil vom 29.02.2008 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 26.04.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2006 aufgehoben und im übrigen die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage unzulässig sei, soweit sie nach dem schriftsätzlich formulierten Antrag über eine reine Anfechtungsklage hinaus ein Verpflichtungsbegehren beinhalte.
Der Antrag auf die Bewilligung von Eingliederungshilfe sei von dem Beklagten mit Bescheid vom 26.04.2006 allein wegen mangelnder Mitwirkung abgelehnt worden. Der Kläger sei ferner ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, dass die versagten Sozialleistungen bei nachgeholter Mitwirkung und Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen nachträglich ganz oder teilweise gewährt werden können. Gegen diesen Bescheid habe der Kläger Widerspruch erhoben, welcher nach dem Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides zurückgewiesen wurde. Hierin erschöpfe sich der Regelungsgehalt des Widerspruchsbescheides. Die Bindungswirkung von Verwaltungsakten erstrecke sich grundsätzlich nur auf den Verfügungssatz. Zudem seien für die Auslegung von Verwaltungsakten die für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze heranzuziehen. Maßgeblich sei der objektive Sinngehalt der Erklärung, dass heißt, wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles habe objektiv verstehen musste. Die im Klageverfahren schriftsätzlich geäußerte Auffassung des Beklagten, die Hilfe sei nicht allein wegen mangelnder Mitwirkung abgelehnt worden, sei damit unbeachtlich.
Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung sei grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage gegeben. Wende sich der Bürger gegen die Versagung einer Sozialleistung mangels Mitwirkung, so habe er über die Aufhebung des Versagensbescheides hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits sei nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren.
Die insoweit allein zulässige Anfechtungsklage sei begründet. Die Voraussetzungen, unter denen Leistungen wegen mangelnder Mitwirkung abgelehnt werden können, seien vorliegend nicht erfüllt. Zwar habe der Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 02.10.2006 eingehend und nachvollziehbar dargelegt, aus welchem Grunde der von ihm geplante Hausbesuch vorliegend erforderlich sei. Ein solcher Hausbesuch wäre dem Kläger unter Berücksichtigung des im gerichtlichen Verfahren eingeholten Befundberichts des Dr. T ferner gesundheitlich auch zumutbar gewesen und hätte keinen Schaden für seine Gesundheit nach sich gezogen. In der Verweigerung des Hausbesuchs liege jedoch keine Verletzung einer Mitwirkungspflicht. Gemäß § 66 Abs. 1 SGB I könne der Leistungsträger die Leistung ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise versagen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und die Aufklärung des Sachverhalts hierdurch erheblich erschwert wird. Die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I setze damit voraus, dass der Antragsteller einer verfahrensrechtlichen Obliegenheit zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung nicht nachgekommen ist. Es gebe jedoch keine Rechtsnorm, die dem Antragsteller auferlege, die Besichtigung seiner Wohnung zu dulden.
Inwieweit die Ablehnung des Hausbesuchs eine Ablehnung des Antrags auf Eingliederungshilfe mangels Nachweises der materiellen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch rechtfertige, sei nicht zu entscheiden.
Das Urteil ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 20.03.2008 zugestellt worden.
Hiergegen hat der Kläger persönlich am 16.04.2008 Berufung eingelegt. Aufgrund seiner Behinderung, der bisherigen Verfahrenslaufzeit und der Laufzeit eines ansonsten zu erwartenden weiteren Verfahrens sei in seinem Falle die Kombination einer Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid mit einer Verpflichtungklage, gerichtet auf die Gewährung der von ihm begehrten Sozialleistungen, zulässig. Dies gebiete schon das im Grundgesetz niedergelegte Diskriminierungsverbot. Sein Hilfebedarf sei durch den dem Antrag beigefügten Hilfeplan, den ausführlichen Betreuungsbericht eines Psychologen und durch drei fachärztliche Atteste des Dr. T nachgewiesen. Im übrigen sei es nach der vom Sozialgericht zitierten Rechtsprechung für die Kombination der Versagungsanfechtung mit der Verpflichtungsklage ausreichend, dass eine anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet werde. Eine solche Behauptung habe er aufgestellt.
Es treffe auch nicht zu, dass er seit 1993 selbständig gewohnt habe. Vielmehr habe er zunächst in einer Einrichtung für geistig Behinderte gelebt. In der 1993 angemieteten Wohnung sei er von der ersten Stunde an – vor allem von Herrn M – ehrenamtlich betreut worden. Auch während der Laufzeit des jetzigen Verfahrens sei er permanent und unentgeltlich von Herrn M betreut worden. Dessen Betreuung habe sich durchaus als erfolgreich erwiesen. Der Hilfebedarf von zunächst 11 Stunden 20 Minuten sei ab Oktober 2006 bis Juli 2009 auf 9 Stunden abgesunken gewesen. Ab August 2009 habe sich der Bedarf wieder auf 11Stunden 20 Minuten erhöht, da eine Tagesmüdigkeitssymptomatik hinzu getreten sei. Deshalb sei er langsamer und schwerfälliger geworden und reagiere nur noch verzögert auf Anleitung.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 29.02.2008 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß § 55 SGB IX in einem Umfang von 11 Stunden und 20 Minuten wöchentlich, ab 01.10.2006 in einem Umfang von 9 Stunden wöchentlich und ab 01.08.2009 in einem Umfang von 11 Stunden und 20 Minuten wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat sich nicht gegen die Aufhebung des Versagungsbescheides gewandt und sieht das Verfahren hierdurch in seinen Ausgangszustand zurückversetzt. Es sei nunmehr im Verwaltungsverfahren weiter zu ermitteln, da der tatsächliche Bedarf des Klägers weiterhin nicht aufgeklärt sei.
Nur ausnahmsweise sei in den Fällen der Versagung nach § 66 SGB I eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Dies setze jedenfalls voraus, dass die tatsächlichen Anspruchsvoraussetzungen unstreitig seien. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Kläger habe in seinem Antrag angegeben, dass die Hilfen durch den mit ihm befreundeten Zeugen M erbracht werden sollten. Dessen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit dem Beklagten habe ab 01.01.2006 gegolten, sei aber auf die Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung beschränkt gewesen und durch den Beklagten zudem zum 31.12.2006 gekündigt worden.
Zum Umfang der Hilfebedürftigkeit seien die vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht aussagekräftig. Aus den von dem Kläger vorgelegten Attesten ergäben sich aber Hinweise auf psychische und seelische Behinderungen, so dass der Hilfebedarf nicht nur dem Umfang, sondern auch seiner Zuordnung nach der weiteren Aufklärung bedürfe. Selbst wenn man mit dem Sozialgericht davon ausginge, dass die Verweigerung des Hausbesuchs keine Verletzung der Mitwirkungspflicht sei, so sei doch der Hilfebedarf insgesamt nicht nachgewiesen. Als weitere Ermittlungsmöglichkeiten kämen außer einer Wohnungsbesichtigung auch die Durchführung einer Hilfeplankonferenz unter Beteiligung des Klägers, die Einladung des Klägers zu einem Gespräch unter Beteiligung des medizinisch-psychosozialen Fachdienstes oder gegebenenfalls die Untersuchung des Klägers durch einen Amtsarzt in Betracht.
Das von Herrn M gegen die Kündigung der bestehenden und den Nichtabschluss einer auch psychische Behinderungen umfassenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) geführte Verfahren hat vor dem Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 20 SO 95/07 am 25.05.2009 mit einem Vergleich geendet. Hierin ist die Kündigung der bestehenden LPV zurückgenommen worden. Zwischenzeitlich ist zudem eine weitere LPV mit der Zielgruppe "Erwachsene mit psychischer Behinderung und/oder Suchterkrankung" abgeschlossen worden.
Der Beklagte hat im weiteren Verlauf des Verfahrens darauf verwiesen, dass allenfalls – anhand des für 2006 vorgelegten Hilfeplans – eine wöchentliche Fachleistungsstundenzahl von 3,25 gerechtfertigt sei. Zur genauen Bestimmung des Bedarfs müssten allerdings zahlreiche weitere näher bezeichnete Fragen beantwortet werden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte L 20 SO 95/07 des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten, die ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Nachdem das Sozialgericht den Versagungsbescheid des Beklagten vom 26.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2006 aufgehoben hat und der Beklagte gegen diese Entscheidung seinerseits keine Berufung eingelegt hat, ist alleiniger Prüfungsgegenstand, ob die auf die Verpflichtung des Beklagten zur Leistungsgewährung gerichtete Klage zutreffend als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Diese Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.
Der Verpflichtungsklage des Klägers fehlt das Rechtschutzbedürfnis. Mit der bereits vom Sozialgericht angeführten Entscheidung vom 17.02.2004 – B 1 KR 4/02 R – hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass der Bürger über die Aufhebung des Versagungsbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung hat, wenn er sich gegen die Versagung einer Sozialleistung mangels Mitwirkung wendet.
Soweit das Bundessozialgericht weiter ausführt, dass in Kombination zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid ausnahmsweise eine unmittelbare Klage auf die Leistungsgewährung zulässig sei, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvor-aussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sind die Voraussetzungen hierfür jeweils nicht erfüllt.
a) Die vom Bundessozialgericht als erstes genannte Ausnahmevariante, d.h. die bloße Behauptung des anderweitigen Nachweises der Leistungsvoraussetzungen, liegt nicht vor. Sie lässt sich nicht mit der unsubstantiierten Behauptung erfüllen, der Tatbestand einer Leistungsnorm sei gegeben, sondern setzt zumindest voraus, dass der anderweitige Nachweis schlüssig vorgetragen wird.
Denn wenn die Leistungsklage eröffnet werden soll, muss dem Gericht auch die tatsächliche Verurteilung zur Leistung möglich sein. Hierfür ist erforderlich, dass die Leistungsvoraussetzungen zur Überzeugung des Gerichts auch tatsächlich vorliegen. Die Voraussetzungen sind dabei nicht von Amts wegen zu ermitteln, sondern der Kläger muss die entsprechenden Informationen von sich aus beibringen. Denn ansonsten würde der beklagten Behörde die ihr obliegende Berechtigung und Verpflichtung zur eigenständigen Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen eines Verwaltungs- und ggf. Widerspruchsverfahrens genommen und der Ausnahmecharakter der Klage auf Leistungsgewährung neben der Versagungsanfechtungsklage würde in sein Gegenteil verkehrt.
Dass das Bundessozialgericht diese Sichtweise teilt, verdeutlichen die beiden von ihm in Bezug genommenen Entscheidungen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat es in dem Urteil vom 17.01.1985 – 5 C 133/81 – als Ausnahme ausdrücklich nur genügen lassen, dass die Leistungsvorausetzungen anderweitig nachgewiesen sind. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.10.1988 – 7 RAr 70/87 – lässt die Fragestellung offen und verweist für den Fall der bloßen Behauptung des anderweitigen Nachweises seinerseits auf das Urteil vom 24.11.1987 – 3 RK 11/87 -.
Letztere Entscheidung musste sich in umgekehrter Konstellation mit der Frage befassen, ob es einen Verfahrensfehler darstellt, dass das Sozialgericht neben der Aufhebung der Versagungsentscheidung zur Leistung verurteilt hatte. In diesem Zusammenhang wird ausgeführt: "Dennoch ist auch im Falle einer Versagung nach § 66 SGB I nicht stets ausgeschlossen, mit der Anfechtungsklage eine Leistungs- oder Verpflichtungsklage zu verbinden. So ist eine Versagung nach § 66 Abs 1 SGB I nur zulässig, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Daraus folgt, dass der Versicherungsträger die Leistung nicht wegen mangelnder Mitwirkung des Versicherten bei der Aufklärung des Sachverhalts versagen darf, wenn bereits alle Leistungsvoraussetzungen nachgewiesen sind. In solchen Fällen wäre es aus prozessökonomischen Gründen nicht sinnvoll und aus Rechtsschutzgründen nicht vertretbar, lediglich die Versagung aufzuheben – mit der Begründung, die Leistungsvoraussetzungen seien nachgewiesen – und den Versicherten im übrigen auf ein neu in Gang zu setzendes Verfahren zu verweisen. Der Kläger hat geltend gemacht, aufgrund der Bescheinigungen seines behandelnden Arztes stehe fest, dass er in der streitbefangenen Zeit arbeitsunfähig gewesen sei und ihm deshalb Krankengeld zugestanden habe. Er hat damit nicht nur die Voraussetzungen für eine Versagung bestritten, sondern auch das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen behauptet. Seine Leistungsklage war aus diesem Grund nicht bereits unzulässig."
Diesen Erwägungen vermag sich der Senat anzuschließen. Denn sie verdeutlichen, dass ein schlüssiger Vortrag der Anspruchsvoraussetzungen, dort also das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit, für die ausnahmsweise Möglichkeit einer Leistungsklage erforderlich ist.
Der Kläger des vorliegenden Verfahrens hat – hieran gemessen – dagegen nicht schlüssig vorgetragen.
Der geltend gemachte Teilhabeanspruch ist in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geregelt als "Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen".
Teilhabeziel ist, durch das ambulante betreute Wohnen zu einer (ansonsten) selbständigen Lebensführung befähigt zu werden. Die nähere Ausfüllung dieses Tatbestandes ist einzelfallabhängig und vom Grundsatz der Erforderlichkeit geprägt (vergl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 54 Rn. 13).
Zur Einleitung des Verfahrens muss der Betroffene oder eine Hilfsperson die Lebensumstände und die angestrebten Unterstützungsleistungen beschreiben.
Der von Herrn M gefertigte Hilfeplan für das Jahr 2006 lässt – auch unter Einbeziehung des Anfang 2007 gefertigten Betreuungsberichts – keine eindeutigen Schlüsse auf die Erforderlichkeit der benannten Unterstützungsleistungen zu.
Dass die gesamten von Herrn M aufgeführten Leistungen geeignet und notwendig sind, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.
Deren Eignung steht schon deshalb in Frage, weil die Teilhabeleistungen grundsätzlich mit dem Ziel einer Verselbständigung des Leistungsempfängers erbracht werden sollen. Der Zeuge hat nach eigenen Angaben die von ihm beschriebenen Leistungen bislang in vollem Umfang durchgehend, also bereits über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren erbracht hat. Dies hat einen nachvollziehbaren Erfolg in Gestalt einer signifikanten Absenkung des Betreuungsbedarfs nicht gezeitigt. Das vorgetragene zwischenzeitlichen Absinken des Bedarfs auf neun Stunden ist gemessen an der Gesamtmenge der begehrten Fachleistungsstunden und der Dauer der bisherigen Betreuung nicht erheblich. Da die Zuordnung der zeitlichen Absenkung zu einzelnen Maßnahmen nicht substantiiert dargestellt wurde, kann insoweit auch nicht die Geeignetheit differenziert betrachtet werden.
Auch ist dem Senat nicht ersichtlich, ob für alle angeführten Maßnahmen gerade die Qualifikation eines Diplom-Psychologen erforderlich ist. Teile der Leiden des Klägers könnten vorrangig durch eine Krankenbehandlung zu beheben bzw. zu lindern sein, beispielsweise durch eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung. Dem mag die ungünstige Kombination aus angeborener Lernminderung und depressiver Störung entgegenstehen, aber ein Behandlungserfolg ist nicht auszuschließen. Für andere Bedarfe, beispielsweise im Bereich der Unterstützung bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen, kommt – ggf. nach einer Eingewöhnungsphase – grundsätzlich die Stellung einer minder qualifizierten Hilfskraft in Betracht. Weitere Teile des vorgetragenen Betreuungsbedarfs bieten zudem Anlass zu der Frage, ob nicht die Bestellung eines Betreuers vorrangig erforderlich wäre.
b) Auch der zweite vom Bundessozialgericht angenommene Ausnahmefall kommt nicht in Betracht. Die Leistungsvoraussetzungen sind nicht zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers mit den vorstehend benannten Erwägungen substantiiert entgegen getreten. Dass zuletzt anhand der bisherigen Angaben aus 2006 eine wöchentliche Fachleistungsstundenzahl von 3,25 als gerechtfertigt bezeichnet wurde, ist nicht zur teilweisen Unstreitigstellung des Hilfebedarfs geeignet. Der zuständige Fallmanager des Beklagten hat auch im Zusammenhang mit den Lebensbereichen, in welchen er die Akzeptanz eines wöchentlichen Zeitaufwands empfohlen hat, weitere Fragen aufgeworfen und seine Empfehlungen keinen konkreten einzelnen Unterstützungsleistungen zugeordnet. Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte aufgrund der im Verfahren zum Ausdruck kommenden fraglichen Distanz des Herrn M zum Kläger dessen Eignung als Leistungserbringer – in diesem konkreten Fall – anzweifelt.
Da der Kläger die Leistungserbringung ausschließlich durch Herrn M begehrt, kann auch insoweit nicht von einer Unstreitigstellung des Leistungsanspruchs in einem zeitlichen Umfang von 3,25 Stunden ausgegangen werden.
Eine vergleichsweise Einigung auf diesen zeitlichen Umfang ist im gerichtlichen Verfahren aufgrund des fehlenden Einverständnisses des Herrn M gescheitert. Die Beteiligten sind nunmehr für die Auseinandersetzung um die konkret erforderlichen Hilfeleistungen auf das Verwaltungsverfahren zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 15.07.2010
Zuletzt verändert am: 15.07.2010