Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auch im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Übernahme der Kosten für den Besuch der T-S-Schule in C (Niedersachsen) im Rahmen der Vorschriften über die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuches – SGB XII – (§§ 53 ff. SGB XII).
Der am 17.06.2001 geborene und bei seinen Eltern in der Stadt W lebende Antragsteller leidet unter einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung, die unter anderem durch eine ausgeprägte Artikulationstörung gekennzeichnet ist. Zudem bestehen Auffälligkeiten im Bereich des Konzentrationsvermögens und der Aufmerksamkeit. In der Zeit von August 2005 bis Juli 2008 besuchte der Antragsteller den heilpädagogischen Sonderkindergarten B in C, wofür der Antragsgegner die Besuchs- und Fahrtkosten im Rahmen sozialhilferechtlicher Vorschriften bis zum Beginn der Schulpflicht übernahm (Bescheide des Antragsgegners vom 17.12.2004 und vom 22.08.2007). Mit Bescheid vom 12.06.2007 und vom 11.06.2008 stellte das Schulamt für den Kreis H aufgrund § 19 SchuIG NRW i. V. m. § 13 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung (AO-SF) einen sonderpädagogischen Förderbedarf mit Förderungsschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest.
Mit Schreiben vom 16.06.2008 beantragte der Antragsteller durch seine gesetzlichen Vertreter die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-S-Schule in C, die ebenso wie der zuvor besuchte heilpädagogische Sonderkindergarten von dem Verein für heilpädagogische Hilfe C1 e.V. getragen wird. Zur Begründung machte der Antragsteller geltend, die Anfahrt zu der örtlich zuständigen Förderschule im Bundesland Nordrhein-Westfalen, der N-Schule in H, beanspruche pro Strecke mindestens eine Stunde. Diese Anfahrtszeit führe aufgrund des individuell ausgeprägten Bewegungsdrangs zu Konzentrationsdefiziten in der ersten Schulstunde. Da schon die Eingewöhnung in den räumlich angrenzenden Kindergarten längere Zeit beansprucht habe, sei die Einschulung vor Ort wesentlich einfacher und entwicklungsfördernder als eine solche in H. Schließlich könne die bestehende Sprachstörung in C auch effektiver behandelt werden, da die dort tätige pädagogische Fachkraft für Lesen und Schreiben auch die notwendige logopädische Therapie abdecken könne. Inwieweit in H logopädische Therapien möglich seien, sei hingegen ungewiss.
Mit Bescheid vom 17.07.2008 lehnte der Antragsgegner die Kostenübernahme ab. Zuständige Schule sei gemäß dem insoweit bindenden Bescheid des Schulamtes des Kreises H die N-Schule in H. Diese schulrechtliche Entscheidung beinhalte zugleich die Feststellung der Zumutbarkeit des Anfahrtsweges. Diese Schule sei auch grundsätzlich in der Lage, den Antragsteller zum Schuljahr 2008/2009 aufzunehmen. Gemäß § 9 SGB XII solle zwar den Wünschen eines Leistungsberechtigten bzw. der Eltern entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich sei, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden könne; der Träger der Sozialhilfe solle in der Regel jedoch Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden seien. Letzteres sei vorliegend deshalb zu befürchten, weil die N-Schule eine ausreichende Beschulung des Antragstellers sicherstellen könne und die Aufnahme in der T-S-Schule unverhältnismäßige Mehrkosten auslöse. Dies gelte auch, wenn diese Tagesstätte aufgrund der kleineren Klassen und der dem Antragsteller vertrauten Umgebung möglicherweise eine optimalere Förderung gewährleisten könne.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 25.07.2008 Widerspruch. Leistungen der Eingliederungshilfe beinhalteten auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Die beanspruchte Hilfe sei erforderlich und geeignet, dem Antragsteller eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2008 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Anspruch auf Kostenübernahme bestehe für die individuell ausgewählte Einrichtung nicht. Die beanspruchte teilstationäre Beschulung in der T-S-Schule sei sozialhilferechtlich nicht notwendig. Der geltend gemachte Bedarf sei ausschließlich auf dem Boden schulrechtlicher Vorschriften zu befriedigen. Es sei davon auszugehen, dass im Rahmen des landesrechtlich gewährleisteten Sonder- und Förderschulwesens eine angemessene Beschulung eines jeden Schülers erfolgen könne.
Gegen den Bescheid vom 17.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 hat der Antragsteller am 25.11.2008 vor dem Sozialgericht Detmold Klage erhoben, die unter dem Az. S 16 SO 32/08 geführt wird.
Aufgrund der ungeklärten Kostenübernahme hatte sich zwischenzeitlich die T-S-Schule in C bereit erklärt, die Beschulung des Antragstellers ab dem 23.08.2008 bis 31.12.2008 zu übernehmen. Seither besucht der Antragsteller diese Schule. Für den Zeitraum ab 01.01.2009 hat die Schule eine Bereitschaft zur Beschulung nur bei Sicherstellung der Kostenübernahme erklärt.
Am 16.01.2009 hat der Antragsteller das Sozialgericht Detmold um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ersucht. Zur Begründung hat er im Wesentlichen das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Insbesondere hat er nochmals darauf hingewiesen, dass er in einer Entfernung von zwölf Kilometern zur T-S-Schule wohne und für den Schulweg ca. 15 bis 20 Minuten benötige. Die N-Schule in H liege hingegen 27 Kilometer entfernt. Da die Schüler mit einem Bus zur dortigen Schule transportiert würden, beanspruche die Anfahrtszeit mehr als eine Stunde. Selbiges gelte für den Heimweg. Auch der Mehrkostenvorbehalt stehe einer Kostenübernahme nicht entgegen, weil ausschließlich der Besuch der T-S-Schule in C geeignet und erforderlich sei, dem Antragsteller eine erreichbare Bildung zu ermöglichen. Die N-Schule sei keine geeignete Alternative.
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig ab 01.01.2009 die Kosten der Beschulung in der T-S-Schule in C im Rahmen der Eingliederungshilfe bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu übernehmen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid vom 05.11.2008 verwiesen. Die begehrte Hilfe sei nicht im sozialhilferechtlichen Sinne erforderlich, weil der Antragsteller in H angemessen beschult werden könne. Die dort gewährleistete Beschulung sei "geeignet". Dieses folge auch aus den schulrechtlichen Entscheidungen des Kreises H, der die N-Schule H als zuständige Förderschule bestimmt habe. Der Anspruch auf Sozialhilfe sei nur auf angemessene und zumutbare Förderung, nicht dagegen auf die Gewährleistung optimaler Lebensbedingungen gerichtet. Auch sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, da dem Antragsteller eine gleichwertige und gleichartige Leistung in H angeboten werde.
Mit Beschluss vom 10.02.2009 hat das Sozialgericht dem Antrag des Antragstellers stattgegeben. Zur Begründung hat es im Rahmen einer Folgenabwägung im Wesentlichen ausgeführt:
"Der Anordnungsanspruch folgt aus §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 2 der Eingliederungshilfeverordnung (EinglH-VO). Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Dass der Antragsteller aufgrund seines Behinderungsbildes zu dem nach § 53 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auch hat der Antragsgegner zuletzt mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2008 ausdrücklich anerkannt, dass der Antragsteller zu dem insoweit anspruchsberechtigten Personenkreis gehört.
Streit besteht zwischen den Beteiligten indessen darüber, ob der Antragsteller konkret die Übernahme der Kosten für den von ihm begehrten Besuch der T-S-Schule in C beanspruchen kann. Hiervon ist jedenfalls für das zur Entscheidung stehende vorläufige Rechtsschutzverfahren auszugehen.
Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII u. a. Hilfen zur angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht einschließlich der Vorbereitung hierzu. Die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung umfassen auch Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbaren Bildung zu ermöglichen (§ 12 Nr. 2 EinglH-VO). Das von der T-S-Schule zur Verfügung gestellte Lehrangebot stellt eine Maßnahme der Schulbildung im Sinne von § 12 Nr. 2 EinglH-VO dar. [ …]
Inwieweit der Antragsteller im Hinblick auf sein individuelles Behinderungsbild auch in der N-Schule in H unterrichtet werden kann, ist im Hauptsacheverfahren zu beantworten. Gegenwärtig lassen sich jedenfalls die Auswirkungen einer längeren Anfahrt und die hieraus evtl. folgenden Auswirkungen auf das Konzentrationsvermögen des Antragstellers nicht hinreichend bewerten. Auch hat die Antragsgegnerin hierzu im Verwaltungsverfahren keine Feststellungen getroffen. Sollte sich die Einrichtung in H tatsächlich als geeignete Schule erweisen, wird im Hauptsacheverfahren auch darüber zu entscheiden sein, inwieweit die schulrechtlichen Entscheidungen des Kreises H und der Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 SGB XII dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehen.
Wegen des im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes damit gegenwärtig nicht abschließend zu beurteilenden materiell-rechtlichen Anspruchs hat die Kammer, um etwaige grundrechtliche Positionen des Antragstellers nicht zu gefährden, eine umfassende Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Hierbei sind die Folgen, die auf Seiten des Antragstellers entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erlässt, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch besteht mit den Folgen abzuwägen, die auf der anderen Seite entstehen, wenn das Gericht die Anordnung erlässt, sich allerdings im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht (sog. Doppelhypothese des BVerfG; vgl. hierzu auch Krodel, NZS 2001, 449, 451; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 86 b Rn. 29 a m.w.N.).
Diese Abwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus. Die T-S-Schule C hat sich angesichts der ungeklärten Kostenübernahme bereit erklärt, den Antragsteller zunächst nur bis zum 31.12.2008 zu unterrichten, so dass die voraussichtlichen Folgen eines zeitnahen Schulwechsels des Antragstellers in die Abwägung einzustellen und gegen die Belastungen des Antragsgegners im Fall einer positiven Bescheidung des Rechtsschutzgesuchs abzuwägen sind.
Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einem sofortigen Schulwechsel bisher offenbar gewonnene Fortschritte in der Entwicklung des Antragstellers gefährdet werden. Jedenfalls liegt bei lebensnaher Betrachtung nahe, dass sich ein abrupter und (pädagogisch) nicht hinreichend vorbereiteter Schulwechsel im laufenden Schuljahr negativ auf die schulische Entwicklung des Antragstellers auswirken kann. Solche nachteiligen Auswirkungen liegen jedenfalls dann nicht fern, wenn bei einem siebenjährigen Kind die Einschulung ohnehin noch nicht lange zurückliegt, da die mit einer Einschulung verbundenen neuen Tagesstrukturen von einem Kind erst verarbeitet werden müssen. Dieses dürfte in besonderem Maße für solche Kinder gelten, die unter Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwächen leiden. Nach dem fachärztlichen Gutachten des Herrn D vom 08.10.2008 ist das Konzentrationsvermögen des Antragstellers deutlich eingeschränkt. Herr D führt in seinem Gutachten aus, dass aufgrund des Behinderungsbildes bei der Schulauswahl besonders darauf zu achten sei, dass die eingeschränkte Aufmerksamkeitsleistung in besonderer Weise berücksichtigt wird und nicht durch eine lange Fahrt zur Schule zusätzlich belastet wird. Nach Auswertung der vorliegenden ärztlichen Befunde geht die Kammer mithin davon aus, dass ein sofortiger Schulwechsel die geistige Entwicklung des Antragstellers gefährden kann.
Das Gericht ist sich bewusst, dass im Falle der Erfolglosigkeit des Hauptsacheverfahrens zu einem späteren Zeitpunkt über einen tatsächlichen Schulwechsel zu entscheiden sein wird. In diesem Fall sind auch neue Bezugspersonen wohl nicht zu verhindern. Maßstab der Abwägung sind nach der vorstehend dargelegten Doppelhypothese des BVerfG jedoch die Folgen, die entstehen würden, wenn das Gericht die begehrte Anordnung nicht erlässt, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der geltend gemachte Anspruch besteht (Keller, in: Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O.). Hiervon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bei Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs auch im Hinblick auf die Erfüllung der Schulpflicht praktisch gezwungen wäre, die Einrichtung zunächst zu wechseln. Sollte das bereits anhängige Hauptsacheverfahren erfolgreich sein, stünde jedenfalls dann ein erneuter Schulwechsel bevor, wenn jedenfalls weiterhin der Besuch der T-S-Schule seitens des Antragstellers bzw. seiner Eltern als Schulort gewünscht wird.
Die für den Antragsgegner sprechenden Abwägungsgesichtspunkte dringen hiergegen nicht durch. Für den Fall eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren ist nämlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ein nachprozessualer Ausgleich möglich (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 945 ZPO)."
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 10.02.2009 hat der Antragsgegner am 09.03.2009 Beschwerde erhoben.
Mit Schreiben vom 14.04.2009 hat sich der Antragsgegner unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung bereit erklärt, einstweilen entsprechend dem Beschluss des Sozialgerichts Leistungen zu erbringen.
Der Senat hat am 20.08.2009 einen umfangreichen Erörterungs- und Beweiserhebungstermin durchgeführt und ein kinderärztliches und kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten des Dr. H1 vom 21.02.2010 über die Gesundheitsstörungen des Antragstellers und die Möglichkeiten seiner Beschulung eingeholt. Insoweit wird auf das Protokoll des Erörterungstermins sowie auf Bl. 340 bis 380 der Gerichtsakte verwiesen.
Der Antragsgegner ist auch unter Berücksichtigung der Beweisergebnisse der Ansicht, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht. Der Anspruch auf Eingliederungshilfe in Gestalt der Hilfe zur angemessenen Schulbildung bestehe im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Die landesrechtlichen Bestimmungen sähen bei entsprechenden Anhaltspunkten die Durchführung eines Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs vor. Der hiermit korrespondierend angebotene Unterricht in entsprechenden Förderschulen ermögliche eine angemessene und unentgeltliche Beschulung aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Dem Sozialhilfeträger entstünden hierdurch keine Aufwendungen, da der Schulträger alle Sachkosten und die nicht vom Land zu tragenden Personalkosten übernehme. Es werde weiterhin bestritten, dass es zwischen der Michaelis-Schule und der T-S-Schule qualitative Unterschiede gebe. Darauf komme es aber im Ergebnis nicht an, da die Eingliederungshilfe auf eine angemessene, nicht aber auf eine optimale Beschulung gerichtet sei.
Soweit die Frage der Zumutbarkeit des Schulwegs aufgeworfen werde, gebe es hierzu ebenfalls landesrechtliche Bestimmungen. Hiernach solle der Schulweg insgesamt nicht die Dauer von einer Stunde überschreiten. Die Formulierung als Soll-Vorschrift zeige, dass auch Ausnahmen möglich seien. Soweit die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in Betracht komme, sei durch den Schulträger ein Schülerspezialverkehr einzurichten. Der Gesetzgeber habe hiermit zum Ausdruck gebracht, dass den Kindern Fahrzeiten von einer Stunde und – in Ausnahmefällen wie dem vorliegenden – auch darüber hinaus zugemutet werden könnten.
Das Schulamt des Kreises H habe den Antragsteller mit unangefochtenem Bescheid vom 11.06.2008 der N-Schule zugewiesen. Wäre die Schule ungeeignet, den individuellen Förderbedarf zu decken, hätte eine solche Zuweisung nicht erfolgen dürfen. Der Zeuge L habe aber ausdrücklich die an seiner Schule bestehenden optimalen Voraussetzungen für eine individuelle Förderung betont und im Übrigen ausgeführt, dass die Umstellungen, die mit einem Schulwechsel einher gehen würden, in praktisch allen Fällen zu bewältigen seien.
Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten trage die Feststellung nicht, dass das Integrationsziel des Antragstellers durch einen Wechsel zur N-Schule konkret gefährdet werde. Der Sachverständige habe zunächst ausgeführt, dass valide wissenschaftliche Studien zum Zusammenhang zwischen Schulweglänge und schulischer Leistungsfähigkeit nicht bestehen würden. Die Einschätzung der Gefährdung des Integrationsziels beruhe daher auf einer individuellen Gesamtschau.
Soweit der Sachverständige die längere Fahrzeit in Bezug nehme, sei auf die vom Gesetzgeber formulierte Zumutbarkeit zu verweisen. Über den Schülerspezialverkehr hinausgehend komme sogar eine Einzelbeförderung mit einem Privatfahrzeug – einschließlich Taxen und Mietwagen – in Betracht. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Fahrzeit auch der Erholung dienen könne.
Klassengröße und Lehrer-Schüler-Relationen seien in der N-Schule angemessen. Eine durch die Ferien bedingte schädliche Unterbrechung der Therapiekontinuität sei ebenfalls nicht zu erkennen. Der Antragsteller habe die freie Auswahl, welche Therapeuten er nach Maßgabe ärztlicher Verordnungen aufsuche. Er könne ggf. sogar einen zweiten Therapeuten hinzuziehen. Die von dem Sachverständigen befürwortete Hippotherapie sei zwar wünschenswert, aber nicht verordnungsfähig und damit als Entscheidungsgrundlage nicht maßgeblich.
Zutreffend sei, dass mit dem Schulwechsel Veränderungen für den Antragsteller verbunden seien, welche möglicherweise auch mit einer Umstellungs- und Eingewöhnungsphase einher gehen könnten. Diese Belastungen seien jedoch nur vorüber gehender Art und würden die Entwicklung des Antragstellers insgesamt nicht gefährden. Grundsätzlich seien Hilfen zur angemessenen Schulbildung langfristig angelegt. Der Anspruch hierauf könne also auch dadurch erfüllt werden, dass anfängliche Beeinträchtigungen später ausgeglichen werden. Letztlich gehe auch der Sachverständige davon aus, dass eine Umstellung erfolgen werde. Die – lediglich unterstellten – damit verbundenen Erschwernisse ließen sich ausgleichen. Dem Antragsteller sei schließlich auch der Übergang vom Kindergarten in die T-S-Schule gelungen, wenngleich es nach Darstellung des Sachverständigen zu "Motivationseinbrüchen und Widerständen gegenüber dem Besuch der Einrichtung" gekommen sei. Dass es bei dem Übergang zur N-Schule zu einem "Mehr" an Umstellungsschwierigkeiten kommen werde, sei aber weder vorgetragen noch ersichtlich.
Auch müsse die Erwägung unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller die Unzufriedenheit der Eltern mit der schulischen Situation wahrnehme und dies seiner Entwicklung nicht förderlich sei. Es läge damit in der Hand der Eltern, durch den Verweis auf ihr Befinden einen sozialhilferechtlichen Anspruch auszulösen. Dass die Eltern des Antragstellers in ihrem Engagement nachlassen könnten, sei im Übrigen nicht zu befürchten.
Schließlich sei zu betonen, dass die medizinische Notwendigkeit sich nicht immer mit der sozialhilferechtlichen Notwendigkeit decke. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW könne der Träger der Sozialhilfe den Wechsel in eine kostengünstigere Einrichtung verlangen, selbst wenn vorgelegte ärztliche Bescheinigungen dringend vom Besuch einer öffentlichen Schule abraten würden.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 aufzuheben und den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verbleibt unter Verweis auf das Beweisergebnis bei der Ansicht, dass die Beschulung in der N-Schule ungeeignet sei.
Der Beigeladene hat sich nicht weitergehend geäußert.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten, der den Antragsteller betreffenden Verwaltungsakten des Antragsgegners und des Beigeladenen, die ebenfalls Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrten Leistungen besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG vom 12. 05. 2005 – 1 BvR 569/05 – unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60, 80). Denn im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (LSG NRW, Beschluss vom 27. 07.2005 – L 7 AS 18/05 ER – ).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Dabei ist, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (BVerfG vom 12.05.2005 – a.a.O.). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. etwa Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Rn. 42). Deshalb sind auch Erkenntnisse, die erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens zutage getreten sind, vom Senat zu berücksichtigen (LSG NRW, Beschluss vom 6.01.2006 – L 7 AS 87/05 ER – ).
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich des Anordnungsanspruchs hat das Sozialgericht zutreffend auf §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 2 EinglH-VO verwiesen. Für die Feststellung der persönlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Hilfe zur angemessenen Schulbildung verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.
Ob der Antragsteller hiernach die Übernahme der Kosten für die Beschulung gerade in der T-S-Schule von dem Antragsgegner beanspruchen kann, ist auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme noch nicht eindeutig zu beantworten (nachfolgend a)). Die damit notwendige Folgenabwägung ist jedoch zugunsten des Antragstellers vorzunehmen (nachfolgend b)).
a) Der Antragsteller kann nur dann eine Kostenübernahme für die Beschulung in der T-S-Schule von dem Antragsgegner beanspruchen, wenn die Beschulung in der N-Schule ungeeignet ist.
Der Senat ist insoweit mit dem Antragsgegner der Ansicht, dass auch die Hilfen zur angemessenen Schulbildung unter dem Vorbehalt der Prüfung unverhältnismäßiger Mehrkosten (sogenannter Mehrkostenvorbehalt) nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII stehen. Hierbei ist davon auszugehen, dass es sich bei der Förderschule um eine teilstationäre Einrichtung im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB XII handelt (Vergl. BVerwG, Urt.v. 22.05.1975 – V C 19.74 -). Die Regelung geht dem Wunsch- und Wahlrecht behinderter Menschen nach § 9 SGB IX vor (Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, § 9 Rd. 27).
Geschuldet ist nicht die optimale, sondern eine angemessene Beschulung. Angesichts der Tatsache, dass für den Antragsgegner als Sozialhilfeträger keine Kosten für die Beschulung in der N-Schule entstehen, ist die Diskrepanz zu den anfallenden monatlichen Kosten der Schule in C derartig hoch, dass auch unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts aus § 9 Abs. 2 SGB XII die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners nicht zu beanstanden wäre. Dem steht nicht entgegen, dass dem zuständigen Schulträger seinerseits Kosten entstehen. In die Abwägung einzustellen sind allein die sozialhilferechtlichen Aufwendungen.
Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel an der Eignung der N-Schule für die Beschulung gerade des Antragstellers, ohne das hierdurch die generelle Eignung der N-Schule als Förderschule in Frage gestellt werden soll.
aa) Dem steht nicht die Entscheidung des Schulamts des Kreises H vom 11.06.2008 zur Beschulung durch die N-Schule entgegen. Die Sicht des Antragsgegners, dass das Schulamt einen Schüler nicht einer Schule zuweisen darf, die dem spezifischen Förderbedarf nicht gerecht wird, ist nicht zu bestreiten. Diese Entscheidung ist allerdings für den vorliegenden Rechtsstreit nicht in dem Sinne bindend, dass bestandskräftig feststeht, dass die N-Schule geeignet und eine Beschulung ausschließlich dort durchzuführen ist.
Die Entscheidung des Schulamts nimmt Bezug auf eine vorangegangene Entscheidung vom 12.06.2007, in welcher die Zuweisung zu einer Förderschule für Geistige Entwicklung unter Zurückstellung für ein Jahr erfolgte. Namentlich wird dort die N-Schule benannt. Dass hiermit aber über die Art der Förderschule hinausgehend eine Entscheidung über die konkret zu besuchende Schule getroffen wurde, lässt sich dem Bescheid vom 12.06.2007 nicht eindeutig entnehmen. In dem Bescheid vom 11.06.2008 wird insoweit ausgeführt, dass die Entscheidung vom 12.06.2007 weiterhin gelte. Es werde davon ausgegangen, dass der Antragsteller demnächst die N-Schule besuche. Sollte er eine andere Förderschule des Förderschwerpunkts Geistige Entwicklung besuchen, werde gebeten, das Schulamt und die N-Schule zu informieren.
Von einer eindeutigen Zuweisung zu einer konkreten Schule ging das Schulamt nach dem hier maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont folglich nicht aus. Damit steht zugleich fest, dass eine bindende Entscheidung über die Zumutbarkeit des Anfahrtswegs zu dieser Schule noch nicht getroffen wurde.
bb) Das vom Senat eingeholte kinderpsychiatrische Gutachten wirft erhebliche Zweifel an der Geeignetheit der Beschulung in der N-Schule auf. Der Senat erachtet das Gutachten als in wesentlichen Teilen überzeugend und nachvollziehbar.
Der Antragsteller leidet nach den Feststellungen des Sachverständigen im Wesentlichen an einer leichten Intelligenzminderung mit deutlicher Verhaltensstörung und assoziierten Beeinträchtigungen hinsichtlich Grob- und Feinmotorik, Artikulation und rezeptiver sowie expressiver Sprache, an einer psychischen Störung organischen Ursprungs mit einhergehender Aufmerksamkeitsdefizitsymptomatik, erhöhter Angstbereitschaft und reduzierter Veränderungstoleranz und schließlich einem Zustand nach emotionaler Störung mit Trennungsangst.
Der Senat hatte keinen Anlass, an diesen schlüssigen aus den Untersuchungsbefunden abgeleiteten Feststellungen zu zweifeln.
Nach der Einschätzung des Sachverständigen ist in der Gesamtschau der Umstände aufgrund der vorgenannten Erkrankungen durch einen Wechsel zur N-Schule eine Gefährdung des Integrationsziels zu befürchten.
Auch dieser Einschätzung vermag der Senat zu folgen. Er erachtet hierfür aus der von dem Sachverständigen vorgenommenen Gesamtschau im Wesentlichen zwei Aspekte als entscheidend.
Zum einen stellt die zweimal täglich erforderlich werdende Fahrzeit von 50 bis 60 Minuten mit Blick auf die vollständige Nutzung der Lernressourcen eine nicht unerhebliche Erschwernis dar. Der Antragsgegner hat zwar zutreffend darauf verwiesen, dass auch nach Einschätzung des Sachverständigen sich die aus der längeren Fahrzeit ergebenden Einschränkungen nicht genau quantifizieren lassen. Allerdings ist aus der generellen Erfahrung des Sachverständigen das Zurücklegen längerer Fahrzeiten in der Regel ein Nachteil und nicht als Erholungsphase nutzbar. Dass jedenfalls in der Person des Antragstellers nicht von einer Erholung während der Fahrzeit, sondern von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen ist, erachtet der Senat – auch unter Berücksichtigung der Aussagen der Eltern im Erörterungstermin – als nachvollziehbar. Grundsätzlich hält es der Senat für eine Frage der Eignung und nicht der optimalen Förderung, ob dem betroffenen Hilfebedürftigen die Möglichkeit eingeräumt wird, seine Aufmerksamkeitsressourcen vollständig zu nutzen. Es ist klar, dass schon alleine durch die räumliche Entfernung zur Schule in jedem Fall Fahrzeiten anfallen. Stellen diese in medizinischer Hinsicht einen Nachteil dar, überschreiten sie also eine Erheblichkeitsschwelle, sind sie so kurz wie möglich zu halten. Der Antragsgegner kann in diesem Zusammenhang nicht darauf verweisen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 13 Abs. 3 SchfkVO NRW eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde als zumutbar erachtet hat. Zutreffend ist zwar, dass es sich um eine Soll-Vorschrift handelt, mithin sogar in Ausnahmefällen eine Überschreitung dieses Zeitrahmens stattfinden kann. Solche Ausnahmefälle sind grundsätzlich auch zutreffend dort angesiedelt, wo im ländlichen Bereich eine Beschulung nur unter Inkaufnahme entsprechend längerer Fahrzeiten überhaupt in Betracht kommt. Der Senat schließt sich aber nicht der Auffassung an, dass die Erbringung von Hilfen zur angemessenen Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht auch jedem beeinträchtigten Schüler ohne jede Abwägung einen Schulweg von bis zu einer Stunde abverlangt. Die Vorschrift muss in diesem Zusammenhang so ausgelegt werden, dass sie unter dem Vorbehalt steht, den Eingliederungserfolg ihrerseits nicht zu gefährden. Denn der Transport der Schüler ist nur Mittel zum eigentlichen Zweck der erfolgreichen Durchführung der Beschulung.
Dieser Erwägung kann der Antragsgegner auch nicht mit dem Argument entgegentreten, es sei als letzte dem Schulträger obliegende Verpflichtung ein Schülerspezialverkehr einzurichten und nötigenfalls sogar ein Transport mit privaten Fahrzeugen zu ermöglichen. Zum einen ist eine solche Möglichkeit innerhalb des laufenden Verfahrens dem Antragsteller nicht konkret angeboten worden. Auf abstrakte Möglichkeiten zur Deckung eines konkreten sozialhilferechtlichen Bedarfs kann der Betroffene nur verwiesen werden, wenn die Bedarfsdeckung erkennbar jederzeit und ohne Schwierigkeiten zeitnah abgerufen werden kann. Hiervon ist nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht ohne weiteres auszugehen. Zum anderen ist nicht ohne weiteres zu erkennen, dass der Einsatz eines privaten Fahrzeugs die Transportzeit so verkürzt, dass ein signifikanter Unterschied zur Fahrt zur T-S-Schule nicht mehr besteht. Und drittens ist zu bedenken, dass auch eine Verkürzung der Fahrzeit nicht zwingend geeignet ist, die Gefährdung des Integrationsziels auszuschließen.
Denn der Senat erachtet zum anderen auch die Einschätzung des Sachverständigen als schlüssig und nachvollziehbar, dass die Herausnahme des Antragstellers aus dem bislang vertrauten Umfeld ihm eine – derzeit – unzumutbare Umstellungsleistung abverlangt. Zwar ist dem Antragsgegner zuzustimmen, dass der Sachverständige im Ergebnis eine Umstellung als möglich erachtet. Es ist auch zutreffend, dass die Hilfe zur angemessenen Schulbildung über eine lange Zeitdauer zu betrachten und damit ausreichend ist, wenn unvermeidliche Brüche in der Integration später kompensiert werden. Dennoch ist die für den Senat nachvollziehbar dargestellte zerbrechliche Bindungsstabilität des Antragstellers geeignet, den Entwicklungsfortschritt über einen signifikanten Zeitraum zu hemmen. Dies lässt sich nachvollziehbar auf die beschriebenen Erkrankungen zurückführen. Dass die ablehnende Haltung der Eltern des Antragstellers diese Hemmung noch unterstützen würde, räumt auch der Antragsgegner ein. Diesem Umstand kann aber nicht entgegen gehalten werden, dass es die Eltern durch den schlichten Vortrag einer Negativhaltung in der Hand hätten, einen sozialhilferechtlichen Anspruch zu begründen.
Die zulässige Längsschnittbetrachtung der Hilfe zur angemessenen Schulbildung findet nach Einschätzung des Senats dort ihre Grenze, wo der Bruch in der Integration den Betroffenen soweit beeinträchtigt, dass ggf. ein ganzes Schuljahr verloren geht. Der Sachverständige hat insoweit im günstigsten Fall ein Zeitfenster von einem halben bis zu einem Jahr als erforderlich bezeichnet. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Aussage auf den langjährigen Erfahrungen des Sachverständigen als Leitender Arzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie beruht.
Eine Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Zukunft, vorliegend für den vom Sozialgericht in Bezug genommenen Zeitraum bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, kann dennoch nicht sicher angenommen werden. Zum einen kann der Senat nicht ausschließen, dass mit der Einrichtung eines Schülerspezialverkehrs die Fahrzeiten zur N-Schule, gemessen an dem regulären Schülertransport zur T-S-Schule, signifikant angeglichen werden können. Zum anderen ist nicht auszuschließen, dass der Sachverständige unter Berücksichtigung dieses Umstandes ggf. bereit wäre, seine Einschätzung noch einmal zu relativieren, da er diese ja ausdrücklich auf eine Gesamtschau gestützt hat.
b) Die vorbeschriebenen erheblichen Zweifel an der Geeignetheit der Beschulung durch die N-Schule führen aber jedenfalls zu einer für den Antragsgegner negativen Folgenabwägung. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend beschrieben hat, würde eine negative Entscheidung den Antragsteller aufgrund der bestehenden Schulpflicht faktisch zum Schulwechsel in die N-Schule zwingen. Die von dem Sachverständigen beschriebene Behinderung der Entwicklungsprogression wäre nicht wieder rückgängig zu machen.
Auch wenn dem Senat bewusst ist, dass die Realisierung eines etwaigen Ersatzanspruchs gegenüber dem Antragsteller bei negativem Ausgang des Hauptsacheverfahrens schwierig wäre, tritt dies in der Abwägung hinter den wahrscheinlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers zurück.
Sollte sich die Fähigkeit des Antragstellers zum Aufbau stabiler Bindungen verbessern und sollte hinsichtlich des Transportweges eine signifikante Verbesserung durch den Schülerspezialverkehr zu erzielen sein, so mag künftig eine andere Bewertung in Betracht kommen. Denn nach dem Eindruck, den der Senat im Erörterungstermin von den Möglichkeiten der N-Schule gewonnen hat, ist dort grundsätzlich von einer angemessenen Förderung auszugehen.
Derzeit ist allerdings die Entscheidung des Sozialgerichts, auch in ihrer zeitlichen Reichweite, aufrecht zu erhalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 01.04.2010
Zuletzt verändert am: 01.04.2010