Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.07.2009 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum 01.10.2007 bis 31.03.2008.
Der 1946 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU). Die KdU für die vom Kläger angemietete Ein-Zimmer-Wohnung betragen 366,77 Euro (270,98 Euro Kaltmiete zzgl. 51,13 Euro Nebenkosten und 44,66 Euro Heizkosten).
Mit Schreiben vom 23.01.2006 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken. Angemessen seien für einen Ein-Personen-Haushalt anstelle der bisher gezahlten 322,11 Euro Kaltmiete und Nebenkosten ein Betrag von maximal 230,00 Euro. Die Bemühungen um angemessenen Wohnraum solle der Kläger monatlich nachweisen.
In der Folgezeit überreichte der Kläger jeweils Dokumentationen über Wohnungsangebote. Die Beklagte teilte dem Kläger durch ein weiteres Schreiben vom 23.03.2007 mit, dass sich die Mietobergrenze für Ein-Personen-Haushalte nunmehr auf 253,00 Euro belaufe.
Mit Bescheid vom 04.09.2007 senkte die Beklagte die dem Kläger zustehenden KdU auf 295,75 Euro ab (Miete einschließlich Nebenkosten 253,00 Euro zzgl. 42,75 Euro Heizkosten). Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 13.09.2007 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2007 zurück. Seine Wohnung sei mit 51,69 Quadratmetern größer als der grundsicherungsrechtlich anzuerkennende Bedarf von 45 Quadratmetern für einen Ein-Personen-Haushalt. Gründe, die eine erhöhte Wohnfläche rechtfertigen, seien nicht hinreichend geltend gemacht worden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen sei auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfebeziehers marktüblichen Mieten abzustellen. Konkret sei eine Wohnung mit einem Quadratmeterpreis von 5,62 Euro (somit 253 Euro gesamt) als angemessen anzusehen. Es könne auch nicht angenommen werden, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, die Kosten der Unterkunft binnen 16 Monaten auf ein angemessenes Maß abzusenken. In den nicht kostenpflichtigen Ausgaben der I Anzeigenblätter "Sonntagsnachrichten" und "Wochenblatt" seien hinreichend Angebote enthalten gewesen, die den Anforderungen der Angemessenheit entsprochen hätten. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II seien unangemessene Aufwendungen in der Regel längstens für 6 Monate zu erbringen. Der Kläger habe jedoch nicht nur 6, sondern 16 Monate Zeit gehabt, eine günstigere Wohnung anzumieten. Somit seien die Kosten der Unterkunft nur noch in Höhe der Mietobergrenze zu leisten.
Mit der am 05.12.2007 erhobenen Klage hat der Kläger die vollständige Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von zuletzt 360,55 Euro begehrt. Zum einen stelle das Schreiben der Beklagten vom 23.01.2006 keine ausreichende Grundlage für das weitere Vorgehen dar, weil der Kläger nicht hinreichend über die Rechtslage informiert worden sei. Im Übrigen habe der Kläger regelmäßig und in beträchtlichem Umfang Nachweise seiner Bemühungen für eine kostengünstigere Wohnung vorgelegt. Trotz dieser Bemühungen sei es ihm nicht gelungen, eine entsprechende Wohnung anzumieten, dies auch vor dem Hintergrund seiner zu berücksichtigenden gesundheitlichen Einschränkungen. Nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung seien unabhängig davon jedenfalls die Neben- und Heizkosten in voller Höhe zu übernehmen.
Das Sozialgericht Gelsenkirchen hat die Klage mit Urteil vom 14.07.2009 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Unterkunftskosten als der bewilligten 295,75 in der Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008. Die Beklagte habe die angemessenen Miet-, Heiz-, Betriebs- und Nebenkosten gezahlt. Die darüber hinausgehenden unangemessenen Kosten seien von der Beklagten nicht zu zahlen. Gründe, warum es dem Kläger nicht möglich gewesen sein sollte, die Kosten der Unterkunft zB durch einen Wohnungswechsel zu senken, seien nicht ersichtlich, die Kostensenkungsaufforderungen der Beklagten rechtmäßig. Wie sich aus der Auswertung der Beklagten allein einer Zeitung aus dem I Raum ergebe, sei ausreichend Wohnraum in dem für den Kläger in Betracht zu ziehenden Preissegment vorhanden gewesen. Soweit die vom Kläger vorgelegten Dokumentationen bis auf eine Wohnung immer über den angemessenen Kosten gelegen hätten, habe er offensichtlich im falschen Preissegment gesucht. Dies könne jedoch nicht dazu führen, dass die unangemessenen Kosten mehr als 20 Monate nach Kostensenkungsaufforderung berücksichtigt werden müssten. Selbst wenn man aufgrund der körperlichen Einschränkungen des Klägers lediglich einen Teil der inserierten Wohnungen für geeignet ansehen würde, habe immer noch ein ausreichendes Angebot zur Verfügung gestanden.
Die gemäß § 144 Abs. 1 SGG zulassungsbedürftige Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat der Kläger am 09.09.2009 Nichtzulassungsbeschwerde zum Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung hat er angeführt, dass es sich bei der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Rechtsfrage um eine Angelegenheit mit grundsätzlicher Bedeutung handele. Kernfrage sei, in welchem Umfang den Leistungsträger für das objektive Vorhandensein von Unterkunftsalternativen die Darlegungs- und Beweislast treffe. Durch die Vorlage von Listen über Wohnungsinserate könne der Leistungsträger das objektive Vorhandensein konkret anmietbarer Wohnungen nicht belegen. Darüber hinaus beruhe das Urteil auf Verfahrensmängeln. Das Gericht habe den Vortrag des Klägers dazu ignoriert, dass für ihn aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen nur bestimmte Wohnungen in Betracht kämen. Darüber hinaus habe das SG auch gegen die Amtsermittlungspflicht verstoßen, weil es allein auf der Grundlage der von der Beklagten vorgelegten "Anzeigenliste" von ausreichendem Alternativwohnraum im streitgegenständlichen Zeitraum ausgegangen sei. Es sei aber weder ersichtlich, ob die Anzeigenzahlen überhaupt korrekt wären noch ob die darin enthaltenen Wohnungen tatsächlich ihren Vorgaben entsprochen hätten bzw. auf dem Markt vorhanden gewesen seien.
Die Beklagte hat im Verfahren die von ihr im streitigen Zeitraum gesammelten Wohnungsinserate in Kopie übersandt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen. Diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig aber nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall, weil die Klage auf die Zahlung weiterer 64,80 Euro monatlich, somit in dem 6 Monate umfassenden streitigen Leistungszeitraum insgesamt 388,80 Euro gerichtet ist.
Die Berufung ist nicht gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung eines der in dieser Norm genannten obersten Gerichte ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Auch ein wesentlicher Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG) ist nicht ersichtlich.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den konkreten Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich ist (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) (vgl. hierzu Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 144 Rn 28 i.V.m. § 160 Rn 6). Vorliegend war lediglich ein tatsächlicher, individueller Sachverhalt zu beurteilen, hier die Frage, ob unangemessene Kosten der Unterkunft und Heizung nicht (länger) zu übernehmen waren, weil dem Kläger eine Kostensenkung gem. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II zugemutet werden konnte. Diese Frage hat das SG in konkreter Abwägung der vorliegend bereits weit über die Regelzeit der genannten Vorschrift hinausgehenden Zahlungen und der von der Beklagten vorgelegten Anzahl angemessener Mietangebote unter Berücksichtigung besonderer gesundheitlich bedingter Erfordernisse bejaht. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Frage der individuellen Zumutbarkeit einer Kostensenkung nicht dadurch zu einer allgemein klärungsbedürftigen Rechtsfrage, dass er seinen Anspruch darauf stützt, die Beweislastverteilung zwischen Hilfebedürftigem und Leistungsträger hinsichtlich der objektiven Unzumutbarkeit einer Kostensenkung müsse geklärt werden. Das SG hat vorliegend gerade keine Beweislastentscheidung getroffen, sondern die Beweise im konkreten Fall als ausreichend für die Entscheidung der streitgegenständlichen Fragestellung erachtet.
Auch ein wesentlicher, die Entscheidung ggf. beeinflussender Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor.
Soweit der Kläger vorträgt, das SG habe seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht gewürdigt, ist dies unzutreffend. In der Urteilsbegründung hat das SG ausdrücklich ausgeführt, dass dem Kläger auch unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen ausreichend alternativer angemessener Wohnraum zur Verfügung gestanden habe.
Ein auf die Entscheidung einflussnehmender Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht durch das SG ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deswegen zu bejahen, weil das SG die von der Beklagten in das Verfahren eingebrachte Auswertung der Anzahl von Wohnungsanzeigen nicht weiter hinterfragt hat. Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht liegt nur dann vor, wenn sich das Gericht zu weiteren Ermittlungen bei seiner materiell-rechtlichen Sicht hätte gedrängt fühlen müssen (BSG, Urteil vom 31.07.1975, 5 BJ 28/75 in SozR 1500 § 160 Nr. 5, juris Rn 2). Nach der in der Urteilsbegründung niedergelegten Auffassung hat das SG die Vorlage von Annoncenlisten über angemessenen Wohnraum im konkreten Fall als ausreichend dafür angesehen, eine objektive Möglichkeit zur Kostensenkung beim Kläger zu bejahen. Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren daher aus Sicht des SG zu Recht nicht erforderlich. Soweit dies vom Kläger kritisiert wird, betrifft die Kritik allein die Frage der Würdigung und Bewertung vorhandener Beweise. Zweifel des Klägers daran, dass das SG die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten hat, stellen keinen Zulassungsgrund gemäß § 144 Abs. 2 SGG dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG). Nach § 145 Abs. 4 S. 4 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig.
Erstellt am: 21.04.2010
Zuletzt verändert am: 21.04.2010