Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.07.2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes, insbesondere darüber, ob erarbeitetes, aber nicht zugeflossenes Arbeitsentgelt, hilfsweise Insolvenzgeld elterngeldsteigernd zu berücksichtigen ist.
Die am 00.00.1977 geborene Klägerin ist verheiratet. Sie ging in der Zeit von Mai 2004 bis Januar 2007 einer geringfügigen Beschäftigung nach, in der Zeit vom Oktober 2006 bis Dezember 2006 übte sie zudem eine Teilzeitbeschäftigung für die I GmbH aus und erhielt hierfür monatlich 576,76 EUR netto. Auch in der Zeit von Januar bis März 2007 übte die Klägerin diese Teilzeitbeschäftigung aus, bezog aber wegen der Insolvenz des Arbeitgebers kein Arbeitsentgelt, sondern von der Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld, im Januar 634 EUR, im Februar 528,34 EUR und im März wieder 634 EUR. In der Zeit vom 19.06. bis 05.10.2007 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld. Am 00.08.2007 gebar sie ihre Tochter M und beantragte am 01.10.2007 beim Versorgungsamt C die Gewährung von Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat, das ihr antragsgemäß mit Bescheid vom 04.10.2007 bewilligt wurde. Die Klägerin habe im maßgeblichen Bemessungszeitraum von Juni 2006 bis Mai 2007 ein durchschnittliches Netto-Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit von 125,02 EUR erzielt; ihr seien aus der Beschäftigung bei der I GmbH in der Zeit von Oktober bis Dezember 2006 unter Abzug der Werbungskostenpauschale 500,09 EUR zugeflossen. Ferner habe sie aus einer geringfügigen Beschäftigung ein durchschnittliches Netto-Einkommen von 200,05 EUR erzielt. Daraus ergebe sich unter Berücksichtigung der Aufstockungsregelung in § 2 Abs. 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für den dritten bis zwölften Lebensmonat ein monatlicher Zahlbetrag von 325,07 EUR, für den zweiten Lebensmonat stünden der Klägerin 43,34 EUR zu.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und begehrte die elterngeldsteigernde Berücksichtigung des Arbeitsentgeltes, das sie in der Zeit von Januar bis März 2007 durch ihre Teilzeitbeschäftigung bei der I Fenster und Türen GmbH erarbeitet habe. Sie dürfe nicht nochmals benachteiligt werden, weil ihr dieses Arbeitsentgelt wegen der Insolvenz des Arbeitgebers nicht ausgezahlt und ihr anstelle dessen Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit bewilligt worden sei. Sie überreichte Lohnabrechnungen für Januar und Februar über 576,76 EUR netto, für März habe der Arbeitgeber keine Lohnabrechnung mehr erstellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2008 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch der Klägerin zurück. Das Arbeitsentgelt für die Zeit von Januar bis März 2007 könne nicht eltergelderhöhend berücksichtigt werden, weil die Klägerin dieses Einkommen nicht erzielt habe. Auch eine elterngelderhöhende Berücksichtigung des Insolvenzgeldes scheide aus, da es sich um eine steuerfreie Entgeltersatzleistung handele.
Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben und ihr Begehren auf Berücksichtigung des erarbeiteten, aber wegen der Insolvenz ihres Arbeitgebers nicht ausgezahlten Einkommens weiterverfolgt. Hilfsweise hat die Klägerin die elterngeldsteigernde Berücksichtigung des gezahlten Insolvenzgeldes begehrt. Soweit der Beklagte dies ablehne, weil es sich um eine steuerfrei Entgeltersatzleistung handele, die mit Kranken-, Arbeitslosen- oder Mutterschaftsgeld vergleichbar sei, überzeuge das nicht, weil beim Insolvenzgeld ein (nicht realisierbarer) Entgeltanspruch gegen den Arbeitgeber bestehe, was bei den anderen vorgenannten Entgeltersatzleistungen nicht zutreffe.
Mit Urteil vom 08.07.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe das für die Bestimmung des Elterngeldes maßgebliche Einkommen im Zeitraum 01.06.2006 bis 31.05.2007 zutreffend ermittelt. Zu Recht habe er das von der Klägerin in der Zeit von Januar bis März 2007 erarbeitete Einkommen nicht berücksichtigt, da es ihr nicht zugeflossen sei. Ohne Zufluss sei das Einkommen nicht erzielt. Das ergebe sich aus dem an das Einkommenssteuerrecht angelehnten Einkommensbegriff und dem Ziel des Gesetzgebers, mit dem Elterngeld das Einkommen zum Teil zu ersetzen, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich zur Verfügung gestanden habe. Auch das Insolvenzgeld habe der Beklagte zutreffend unberücksichtigt gelassen, da es sich hierbei nicht um Einkommen aus Erwerbstätigkeit handele; steuerfreie Einkümfte seien nicht zu berücksichtigen. Es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass nur erzieltes Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt werde. Dies sei insbesondere nicht gleichheitswidrig. Die Anwendung des Zuflussprinzips finde ihre Rechtfertigung im Charakter des Elterngeldes als Einkommensersatz; es sei nur das tatsächlich zur Verfügung gestandene Einkommen zu ersetzen. Auch für die Nichtberücksichtigung steuerfreier Einnahmen ließen sich sachliche Gründe finden. Es sei ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, Transparenz und Akzeptanz der Elterngeldberechnung dadurch zu steigern, dass statt der Arbeitslosengeld II-/Sozialgeldverordnung das Steuerrecht zur Anwendung komme. Dies bedinge, dass steuerfreie Einkünfte keine Berücksichtigung fänden. Dies führe zudem zu einer Verwaltungsvereinfachung, da die maßgebenden Beträge regelmäßig den monatlichen Lohn- und Gehaltsabrechnungen entnommen werden könnten. Ferner würden hierdurch die Ausgaben für das Elterngeld in einem überschaubaren Rahmen gehalten. Härten würden aufgefangen, indem jedermann der Sockelbetrag von 300 EUR zustehe und bei Einkommen unter 1.000 EUR eine Aufstockung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgeblichen Prozentsatzes stattfinde, im Falle der Klägerin von 67 % auf 100 %.
Gegen das am 16.08.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.08.2009 Berufung eingelegt und vertiefend ausgeführt, dass das Insolvenzgeld nicht mit anderen Entgeltersatzleistungen vergleichbar sei, da nur hier ein Vergütungsanspruch fortbestehe, der lediglich nicht realisierbar sei, was zudem der Arbeitnehmer nicht zu verantworten habe. Andernfalls komme es auch zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung gegenüber Arbeitnehmern, deren Einkommen verspätet ausgezahlt und dennoch beim Elterngeld berücksichtigt werde. Dafür, dass der erarbeite Gehaltsanspruch beim Elterngeld zu berücksichtigen sei, spreche auch der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung, da der Anspruch den Gehaltsabrechnung zu entnehmen sei. Zudem unterscheide sich der hiesige Fall des wegen Insolvenz nicht ausgezahlten Entgelts von dem bereits obergerichtlich entschiedenen Fall, dass der Teil des Arbeitsentgelts, der in eine Pensionskasse gezahlt werde, nicht elterngelderhöhend berücksichtigt. Denn nur im letztgenannten Fall verzichte der Arbeitnehmer freiwillig auf einen Teil seines Arbeitsentgelts für die aktuelle Lebensführung, während die Insolvenz allein in die Risikosphäre des Arbeitgebers falle.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.07.2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 04.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2008 zu verurteilen, der Berechnung des Elterngeldes für M zusätzlich den Anspruch auf Arbeitseinkommen für die Monate Januar bis einschließlich März 2007 zugrunde zu legen, hilfsweise das gezahlte Insolvenzgeld.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die getroffene Entscheidung weiterhin für zutreffend.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige, insbesondere nicht durch § 144 SGG beschränkte Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig sind und die Klägerin nicht beschweren. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Der Beklagte hat das Elterngeld nach der für die Höhe des Elterngeldes maßgeblichen Regelung in § 2 BEEG richtig bestimmt; er hat insbesondere zu Recht das von der Klägerin in der Zeit von Januar bis März 2007 erarbeitete, aber wegen Insolvenz des Arbeitgebers nicht ausgezahlte Arbeitsentgelt nicht elterngeldsteigernd berücksichtigt (dazu: 1); auch die hilfsweise von der Klägerin begehrte elterngeldsteigernde Berücksichtigung des Insolvenzgeldes ist zutreffend unterblieben (dazu: 2).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe der Berechnungsmodalitäten aus § 2 Abs. 7 bis 9 BEEG zu beachten.
1. Dies berücksichtigend scheidet zunächst eine elterngeldsteigernde Berücksichtigung des in der Zeit von Januar bis März 2007 von der Klägerin erarbeiteten Arbeitsentgelts, das nicht an sie ausgezahlt wurde und nach Stellung des Insolvenzgeldantrages wegen des Anspruchsübergangs auf die Bundesagentur für Arbeit nach § 187 Satz 1 Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III) auch nicht mehr von ihr zu beanspruchen ist, aus. Die Klägerin hat dieses Einkommen nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG in den letzten zwölf Monaten vor dem Monat mit erstmaligem Mutterschaftsgeldbezug erzielt. Erzielt ist Einkommen im vorgenannten Bemessungszeitraum nur, wenn es in dieser Zeit auch tatsächlich zugeflossen ist. Für die Einkommenserzielung genügt es hingegen nicht, lediglich den Anspruch auf Auszahlung des Einkommens erarbeitet zu haben (Senatsurteile vom 26.08.2009 – L 13 EG 5/09 und 24/09). Für dieses Auslegungsergebnis sprechen sowohl die Entstehungsgeschichte als auch systematische Erwägungen, während der Wortlaut eine Interpretation in beide Richtungen zulässt. "Erzielen" enthält sowohl Elemente des Erlangens als auch des Erwirtschaftens, ohne eine Aussage zu treffen, zu welchem Zeitpunkt dies erfolgt sein muss (für § 112 Abs. 3 S. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), der auch auf die Einkommenserzielung im Bemessungszeitraum abstellt: Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 28.06.1995 – 7 RAr 102/94).
a) Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich aber, dass Einkommen nur dann (im Bemessungszeitraum) erzielt worden ist, wenn es auch tatsächlich zugeflossen ist. Der Gesetzgeber wollte bei der Elterngeldgewährung das Einkommen berücksichtigt wissen, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden hat und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht (BT-Drucks. 16/1889 S. 21). Ferner soll für die Berechnung des Elterngeldes das Nettoeinkommen in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes oder dem erstmaligen Mutterschaftsgeldbezug herangezogen werden, weil dieser Zeitraum die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt am besten abbildet (BT-Drucks. 16/1889, S. 20). Wenn Einkommen aber nicht im vorgenannten Zeitraum zur Auszahlung gekommen ist, dann hat es auch nicht die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt geprägt und ist insofern nicht durch das Elterngeld zum Teil zu ersetzen; nur zu beanspruchendes aber nicht zugeflossenes Einkommen hat tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden.
Aus der Entstehungsgeschichte des Elterngeldes lässt sich für das Zuflussprinzip ferner anführen, dass der Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt hat, die Einnahmen aus Erwerbstätigkeit – bis zum Erlass einer eigenen Rechtsverordnung – unter entsprechender Anwendung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (in der Fassung vom 22.08.2005) zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG-Entwurf vom 20.06.2006, BT-Drucks. a.a.O S. 5 und 21). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der vorgenannten Verordnung waren bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit laufende Einnahmen in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Die Bezugnahme auf die Einkommensermittlung bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat der Gesetzgeber zwar später aufgegeben, aber auch die jetzt Gesetz gewordene Einkommensermittlung nach den Grundsätzen des Einkommenssteuerrechts (BRat-Drucks. 426/06 S. 1 f.; BT-Drucks. 16/2785 S. 43 f.) spricht für die Geltung des Zuflussprinzips. Im Steuerrecht wird die Einkünfteerzielung in einen Erwerbstatbestand und einen Erwerbserfolg aufgegliedert und nur derjenige verwirklicht den Tatbestand der Einkünfteerzielung, der beide Voraussetzungen herbeiführt (Blümich-Ratschow, EStG, KStG und GewStG, 102. Auflage, § 2 EStG Rn. 56). Ferner bestimmt § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, dass Einnahmen in dem Kalenderjahr bezogen worden sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
b) Auch systematische Erwägungen führen zu diesem Auslegungsergebnis. Wenn § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG das Einkommen aus Erwerbstätigkeit als die Summe der positiven Einkünfte definiert, so spricht das dafür, dass der Zufluss vorausgesetzt wird, weil es andernfalls an positiven Einkünften fehlt. Dann aber wird die Voraussetzung der Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum in § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG nur beim Zufluss der Einkünfte im vorgenannten Zeitraum erfüllt.
Ferner spricht hierfür, dass nach § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG Grundlage für die Feststellung des Einkommens die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen sind, die – wie das Sozialgericht zu Recht ausführt – in der Regel keine Aussagen über nicht gezahltes Einkommen enthalten. Auch hier hat der Arbeitgeber der Klägerin zumindest für März 2007 keine Gehaltsbescheinigung mehr erstellt.
Ebenfalls ein Vergleich zum Einkommen aus selbständiger Arbeit spricht dafür. Denn hier wird nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 8 BEEG auf den Gewinn im Bemessungszeitraum abgestellt. Ein Gewinn setzt – zumindest für die Ermittlung durch Überschussrechnung – den Zufluss des Geldes voraus (Schmidt-Heinicke, EStG, 28. Auflage, § 4 Rn. 370 ff.).
Schließlich ist dem Gesetzgeber die Fragestellung, ob sich erarbeitetes, aber später nachgezahltes oder (noch) nicht gezahltes Arbeitsentgelt auf die Höhe der Sozialleistung auswirkt, aus anderen Bereichen bekannt. Insbesondere im Recht der Arbeitsförderung wird nach § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III bei der Ermittlung des für die Höhe des Arbeitslosengeldes entscheidenden Bemessungsentgeltes fingiert, dass Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt gelten, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Im Unfallversicherungsrecht hat der Gesetzgeber in § 82 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) für die Höhe der Leistung darauf abgestellt, dass das Arbeitsentgelt im Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalls verdient worden ist (Jahresarbeitsverdienst); ob es auch tatsächlich gezahlt worden ist, spielt hingegen keine Rolle (Kasseler Kommentar-Ricke, § 82 SGB VII Rn. 5). In anderen Leistungsbereichen hat der Gesetzgeber hingegen solche Regelungen nicht getroffen, z.B. bei der Bemessung des Krankengeldes nach § 47 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V). Das spricht dafür, dass der Gesetzgeber beim Elterngeld bewusst darauf verzichtet hat, nicht gezahltes oder außerhalb des Bemessungszeitraum nachgezahltes Arbeitsentgelt bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen und es beim tatsächlich im Bemessungszeitraum gezahlten Einkommen zu belassen (ähnlich für die tatsächlich innegehabte Steuerklasse nach Lohnsteuerklassenwechsel: BSG, Urteile vom 25.06.2009 – B 10 EG 3/08 R und B 10 EG 4/08 R; a.A.: SG Aachen, Urteil vom 23.09.2008 – S 13 EG 10/08).
c) Dieses Auslegungsergebnis hält auch einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Zunächst gebietet es das Verfassungsrecht nicht, den in § 2 BEEG normierten Zuflussgrundsatz zu modifizieren. Das Bundessozialgericht hat diesen Weg für das Arbeitslosen-, Unterhalts- und Krankengeld beschritten und bei der Bemessung der vorgenannten Leistungen im Wege der verfassungskonformen Auslegung auch das Einkommen berücksichtigt, das dem Versicherten für den maßgeblichen Bemessungszeitraum bei Annahmeverzug des Arbeitgebers zur nachträglichen Vertragserfüllung zugeflossen ist (BSG, Urteil vom 28.06.1995 – 7 RAr 102/94 für das Unterhaltsgeld; Urteil vom 21.03.1996 – 11 RAr 101/94 für das Arbeitslosengeld und Urteil vom 16.02.2005 – B 1 KR 19/03 R für das Krankengeld); diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber inzwischen für das Arbeitslosengeld – wie zuvor dargestellt – aufgegriffen. Nach dieser Rechtsprechung ist der eigentlich vom Gesetz bei der Einkommenserzielung vorgesehene Zuflussgrundsatz verfassungskonform im Lichte von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in dem Sinne auszulegen, dass auch nachgezahltes Arbeitsentgelt die Leistung erhöht. Andernfalls käme es zu Äquivalenzabweichungen bei Versichertengruppen mit gleicher Beitragsleistung, für die kein hinreichender sachlicher Grund ersichtlich sei. Insoweit sei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Berücksichtigung von Einmalzahlungen in der Arbeitlosenversicherung einschlägig (BVerfG, Beschluss vom 11.01.1995 – 1 BvR 892/88). Diese Überlegungen lassen sich auf den Fall der Klägerin nicht übertragen, weil ihr das in Rede stehende Arbeitsentgelt überhaupt nicht ausgezahlt worden ist. Aber auch im Falle der Nachzahlung von Arbeitsentgelt außerhalb des Bemessungszeitraums sind die vorgenannten Erwägungen nicht auf das Elterngeld übertragbar, weil hier mangels Beitragsleistung keine Äquivalenzabweichungen zu besorgen sind (so auch für die Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2005 – 1 BvR 1773/03; a.A.: SG Aachen, Urteil vom 23.09.2008 – S 13 EG 10/08). Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung zur Gruppe derjenigen sieht, denen Arbeitsentgelt nachgezahlt worden ist, besteht diese – wie dargestellt – nicht; soweit die Nachzahlung außerhalb des Bemessungszeitraums erfolgt, ist diese nicht elterngeldsteigernd zu berücksichtigen (so auch die Senatsurteile vom 26.08.2009, a.a.O.).
Es ist auch im Übrigen kein Verstoß gegen die Verfassung zu besorgen. In Betracht kommt allein ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher liegt aber nicht vor. Denn die Ungleichbehandlung derjenigen, deren Einkommen bereits im Bemessungszeitraum zur Auszahlung gekommen ist, im Vergleich zu denjenigen, deren Einkommen vom Arbeitgeber endgültig oder zunächst vorenthalten worden ist, ist gerechtfertigt. Vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber bei steuerfinanzierten Sozialleistungen hat (zur Arbeitslosenhilfe: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2005 – 1 BvR 1773/03), gibt es ausreichende sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung, hinter denen die auch von der Klägerin angeführten "Gerechtigkeitsgesichtspunkte" zurücktreten, die v.a. darin bestehen, dass der Betroffene keinen Einfluss darauf hat, ob sich sein Arbeitgeber vertragskonform verhält oder ob er wegen Zahlungsunfähigkeit insolvent wird. Maßgeblich lässt sich zunächst mit dem Sozialgericht die bereits oben wiedergegebene Gesetzesbegründung anführen. Das Elterngeld soll das Erwerbseinkommen zum Teil ersetzen, das der Familie im Jahr vor der Geburt tatsächlich zur Verfügung gestanden hat. Deswegen soll für die Berechnung des Elterngeldes das Nettoeinkommen in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes herangezogen werden, weil dieser Zeitraum die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt am besten abbildet (BT-Drucks. 16/1889, S. 20). Wenn Einkommen aber nicht im vorgenannten Zeitraum zur Auszahlung gekommen ist, dann hat es auch nicht die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt geprägt, es hat tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden. Abgesehen hiervon lassen sich Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung anführen, insbesondere wenn im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht feststeht, ob und ggf. wann eine Nachzahlung erfolgt, oder nicht ohne weiteres erkennbar ist, in welcher Höhe die Nachzahlung für den Bemessungszeitraum oder andere Zeiträume erfolgt ist (so der dem Urteil des Senats vom 26.08.2009 – L 13 EG 5/09 – zu Grunde liegende Sachverhalt). Ferner liegt eine durch die typisierende Regelung geförderte beschleunigte Feststellung der Leistung im Interesse aller Elterngeldberechtigten und trägt dazu bei, den Gesetzeszweck zu verwirklichen; denn nur ein zeitnah gewährtes Elterngeld ist geeignet, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (BT-Drucks. 16/1889 S. 2). Den letztgenannten Gesichtspunkten der Verwaltungspraktikabilität und Beschleunigung hat das BSG bei der Krankengeldberechnung zwar mit dem Argument keine Bedeutung beigemessen, dass sie für alle Sozialleistungen gelten (BSG, Urteil vom 16.02.2005 – B 1 KR 19/03 R). Diese Ausführungen sind aber im Lichte des strengeren Prüfungsmaßstabes der Beitragsäquivalenz zu sehen, der bei der hier in Rede stehenden steuerfinanzierten Leistung nicht gilt.
2. Auch die hilfsweise von der Klägerin begehrte elterngeldsteigernde Berücksichtigung des Insolvenzgeldes scheidet aus. Der in § 2 Abs. 1 BEEG geregelte Einkommensbegriff des Elterngeldes orientiert sich anstatt am Einkommensbegriff des Sozialrechts an demjenigen des Steuerrechts. Die Elterngeldberechnung knüpft an die Summe der positiven Einkünfte an. Dafür spricht zunächst der Wortlaut von § 2 Abs. 1 BEEG, soweit danach für die Elterngeldberechnung nur das Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen ist und ferner in Satz 2 auf § 2 Abs. 1 EStG Bezug genommen wird, wonach u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger und selbständiger Arbeit zu versteuern sind; insbesondere daraus ergibt sich, dass steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht zu berücksichtigen sind. Ferner spicht dafür die Entstehungsgeschichte, denn der Gesetzgeber hat im Gesetzgebungsverfahren den Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen, den Einkommensbegriff des Elterngeldes anstatt am Einkommensbegriff des Sozialrechts an demjenigen des Steuerrechts zu orientieren (Senats-Urteil vom 12.12.2008 – L 13 EG 32/08 -; zum – steuerrechtlichen – Einkommensbegriff inzwischen auch BSG, Urteil vom 25.6.2009 – B 10 EG 9/08 R). Dies berücksichtigend ist das Insolvenzgeld kein Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 BEEG. Es handelt sich nicht um Einkommen aus Erwerbstätigkeit und diese Einnahme ist nach § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei. Auf die von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Unterschiede zwischen Insolvenz- und Krankengeld kommt es insoweit nicht an, zumal die Klägerin in diesem Zusammenhang übersieht, dass auch beim Insolvenzgeld kein Arbeitsentgeltanspruch mehr gegen den Arbeitgeber besteht, weil dieser – wie ausgeführt – nach der Beantragung des Insolvenzgeldes gemäß § 187 Satz 1 SGB III auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen ist.
Auch die Nichtberücksichtigung der Einkommensersatzleistung Insolvenzgeld beim Elterngeld bedeutet keinen Verfassungsverstoß, insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung von Einkommen und Einkommensersatzleistungen findet ihre Rechtfertigung zunächst in dem legitimen gesetzgeberischen Ziel, Transparenz und Akzeptanz der Elterngeldberechnung zu steigern. Die Übernahme des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs zielte darauf ab, den Berechtigten die Elterngeldberechnung im Wesentlichen auf der Grundlage ihres Einkommenssteuerbescheids zu ermöglichen und damit zu erleichtern. Der Gesetzgeber ging dabei nachvollziehbar davon aus, unterschiedliche Einkommensbegriffe im Steuer- und Elterngeldrecht wären für die Berechtigten nicht nachvollziehbar gewesen und die zumeist einkommenssteuerpflichtigen Elterngeldempfänger würden einen Bezug zum Steuerrecht eher akzeptieren als einen Verweis auf die Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Senats-Urteil vom 26.9.2008 – L 13 EG 27/08 unter Bezugnahme auf den Änderungsvorschlag des Bundesrats, BR-Drucks. 426/06, S. 1, bestätigt durch BSG, Urteil vom 25.06.2009 – B 10 EG 9/08 R). Legitimes Ziel des Gesetzgebers war ferner nicht der Ausgleich des allgemeinen Erwerbsrisikos, sondern lediglich des speziellen Risikos des Erwerbsausfalls durch Schwangerschaft (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 20.6.2006 – BT-Drucks. 16/1889 S. 42). Hierdurch wird das gesetzgeberische Ziel, einen Schonraum für Familien zu schaffen, auch nicht in Frage gestellt, weil § 2 Abs. 5 BEEG einen einkommensunabhängigen Sockelbetrag von 300 EUR vorsieht. Es ist zudem konsequent und insoweit im Rahmen des Gestaltungsspielraums, wenn der Gesetzgeber bei einer einkommensabhängigen steuerfinanzierten Leistung nur steuerpflichtige Einkommensbestandteile bei der Berechnung der Leistungshöhe berücksichtigt (Senats-Urteil vom 30.1.2009 – L 13 EG 48/08; LSG Bayern, Urteil vom 24.06.2009 – L 12 EG 51/08).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat der hier u.a. zu entscheidenden Frage, wann Einkommen erzielt worden ist, grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher die Revision zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Erstellt am: 30.12.2010
Zuletzt verändert am: 30.12.2010