Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.12.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre auf Zuerkennung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III für die Zeit ab 12.09.2009 gerichtete Klage.
Am 07.08.2009 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung einer möglichen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden. Als Grund der zeitlichen Einschränkung gab die Klägerin an, sie müsse die Betreuung für ihren schulpflichtigen Sohn (geboren 20.11.2002) sicherstellen.
Durch ihre Unterschrift vom 16.08.2009 bestätigte die Klägerin, das Merkblatt Nr. 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
In dessen ab März 2009 verwendeter Fassung wird auf den Seiten 17/18 auf den Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf Arbeitslosengeld und der Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder wie folgt hingewiesen: "Um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, müssen Sie für Vermittlungsbemühungen Ihrer Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen. Sie müssen … 2. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den auf dem Arbeitsmarkt allgemeinen üblichen Arbeitsbedingungen ausüben können und dürfen. Betreuen Sie aufsichtsbedürftige Kinder oder pflegebedürftige Personen, muss die weitere Betreuung sichergestellt sein, wenn Sie eine Beschäftigung aufnehmen. Die Agentur für Arbeit kann Sie auffordern, entsprechende Nachweise zu erbringen. Eine Einschränkung auf Teilzeit ist nur zulässig, wenn die Teilzeitbeschäftigung den üblichen Bedingungen des für Sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes entspricht …".
Die Beklagt bewilligte der Klägerin daraufhin Arbeitslosengeld für 360 Tage ab dem 01.08.2009, anfänglich unter Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit vom 01.08.2009 – 23.10.2009, die mit Abhilfebescheid vom 16.10.2009 wieder aufgehoben wurde.
Ausweislich eines Beratungsvermerkes vom 11.09.2009 gab die Klägerin im Rahmen einer persönlichen Vorsprache an diesem Tag an, dem Arbeitsmarkt nur von 08:30 Uhr bis 10:30 Uhr wochentags zur Verfügung zu stehen, da sie ihren Sohn um 08:00 Uhr zur Schule bringe und um 11:00 Uhr wieder abholen müsse. Sie könne auch am Wochenende nicht arbeiten. Mit ihr sei besprochen worden, dass Verfügbarkeit nicht gegeben sei, weil die mögliche Arbeitszeit unter 15 Stunden liege. Sie solle mit der Schule ihres Sohnes klären, ob eine Mittagsbetreuung möglich sei.
Mit Bescheiden vom 11.09.2009 und 14.09.2009 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 12.09.2009 wegen Entfalls der Verfügbarkeit der Klägerin auf und wies den Widerspruch mit Bescheid vom 13.10.2009 zurück.
Mit der Klage hat die Klägerin angegeben, entgegen der Annahme der Beklagten der Arbeitsagentur zur Verfügung zu stehen. Sie habe sich bereits (Datum der Klageschrift: 29.10.2009) darum bemüht, für ihren Sohn eine Ganztagsbetreuung nach der Schule an ihrem Wohnort zu bekommen, was ihr noch nicht gelungen sei. Sie stehe dort auf einer Warteliste.
Mit Beschluss vom 10.12.2009, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die zugleich mit Klageerhebung beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen den am 17.12.2009 zugestellten Beschluss am 21.12.2009 Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerde behauptet die Klägerin, sie sei aufgefordert worden, einen Zettel zu unterschreiben mit der Aussage, dass sie wegen der Betreuung ihres Kindes ausschließlich von Montag bis Freitag zwischen 08:30 Uhr und 10:30 Uhr zur Verfügung stehe. Ihr Leistungsverlust beruhe auf einer Fehlberatung durch Mitarbeiter der Beklagten. Auch verstoße die Ablehnung von Leistungen gegen Artikel 6 und 3 des Grundgesetzes. Eine Betreuung von Kindern stelle keine tatsächliche Bindung dar, wenn der Arbeitslosen den Willen habe, diese Betreuung aufzugeben und wenn er dafür Sorge getragen habe, dass im Falle einer Vermittlung in Arbeit eine anderweitige Betreuung möglich ist.
Auf Nachfrage des Senats hat der Förderverein der vom Sohn der Klägerin besuchten Schule mitgeteilt, ab dem 06.11.2009 sei ein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt worden. Mit Bescheid vom 19.11.2009 hat die Beklagte der Klägerin ab dem 16.11.2009 Arbeitslosengeld bewilligt.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Prozesskostenhilfe steht der Klägerin nach §§ 73 a SGG, 114 ff. ZPO nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO aufweist.
Entgegen der Formulierung des mit Klageschrift vom 29.10.2009 angekündigten Antrages, "die Bescheide der Beklagten vom 11.02.2009 und 19.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 12.09.2009 hinaus Arbeitslosengeld I zu zahlen", handelt es sich der Klageart nach nicht um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, sondern um eine bloße Anfechtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 SGG. Denn die Klägerin kann ihr Ziel, Arbeitslosengeld über den 12.09.2009 hinaus zu beanspruchen bereits dann erreichen, wenn die angefochtenen Bescheide entfallen und die Bewilligung des Arbeitslosengeldes für 360 Tage ab dem 01.08.2009 wieder auflebt.
Bei der Anfechtungsklage ist Streitgegenstand (alleine) die Behauptung der Klägerin, der VA sei rechtswidrig und er enthalte einen Eingriff in ihre Rechtsspähre (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 96 Rn 6 m. w. N.). Das so verstandene Begehren bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die Wiederherstellung der Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld ab dem 06.11.2009 ist hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht relevant, da diese Veränderung nach Erlass des Widerspruchsbescheides am 13.10.2009 eingetreten ist.
Zu Recht hat die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 12.09.2009 aufgehoben, da ab diesem Tag eine wesentliche Änderung in den bei der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld vorliegenden Verhältnissen zum Nachteil der Klägerin eingetreten ist. Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ist ab dem 12.09.2009 infolge ihrer Erklärung entfallen, sie sei derzeit nicht in der Lage, eine Beschäftigung von mehr als zehn Stunden wöchentlich aufzunehmen, da die Betreuung ihres Sohnes nicht sichergestellt sei. Hierdurch ist ihre Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung als Bestandteil der Leistungsvoraussetzung "Arbeitslosigkeit" im Sinne von §§ 118 Abs. 1, 119 Abs. 5 SGB III entfallen. Die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 13.10.2009 treffen zu, der Senat nimmt hierauf Bezug.
Allerdings kommt es für die Verfügbarkeit bei tatsächlicher Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder auf das Vorhandensein einer Betreuungsalternative, nicht deren aktuelle tatsächliche Nutzung an (Urteil des BSG vom 12.12.1990 – 11 RAr 137/89, pflegebedürftiger Ehegatte; Urteil vom 25.04.1991 – 11 RAr 9/90 -, Verfügbarkeit beider Ehegatten, solang beide arbeitslos sind und jeder Ehegatte bereit ist, die Kinder bis zur Aufnahme einer eigenen Arbeit zu betreuen).
Dieser Rechtsprechung entspricht auch die im Verfahren vorgelegte Dienstanweisung der Beklagten nach dem Stand von November 2009 (a. a. O., 119. 123 sowie 119. 124).
Insoweit konnte die Klägerin auch auf Nachfrage des Senats nicht darlegen, welche Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind ab dem 12.09.2009 zur Verfügung stand; nach den späteren Ermittlungen des Senats stand eine Betreuungsalternative erst ab dem 06.11.2009 (Angabe des Fördervereins der vom Sohn der Klägerin besuchten Schule vom 24.02.2010, Blatt 31 PKH-Heft) zur Verfügung.
Ein Leistungsanspruch ab dem 12.09.2009 ist auch nicht gegeben wegen des mit der Klage angenommenen Beratungsfehlers.
Insoweit ist schon nicht plausibel dargelegt, welcher Beratungsfehler einem Mitarbeiter der Beklagten unterlaufen sein sollte, ein hierauf gestützter Anspruch scheitert aber auch aus Rechtsgründen.
Vor dem Hintergrund der mit dem Merkblatt Nr. 1 zur Verfügung gestellten Informationen ist nicht zu erkennen, welcher Beratungsfehler einem Mitarbeiter der Beklagten am 11.09.2009 unterlaufen sein könnte. Es bestand jedenfalls keine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zur Behauptung einer tatsächlich nicht bestehenden Betreuungsalternative zu beraten.
Auch in der Annahme eines tatsächlich unterlaufenden Beratungsfehlers wäre keine vor den Sozialgerichten nutzbar zu machende Anspruchsgrundlage ersichtlich. Insbesondere der sozialrechtliche Herstellungsanspruch lässt eine Korrektur eines Fehlverhaltens von Mitarbeitern der Leistungsträger bezüglich der Voraussetzung der Verfügbarkeit nicht zu (BSGE 76, 48, 91 m. w. N.; BSGE 58, 104, 109 = SozR 1100 § 103 Nr. 36; Urteil vom 17.07.1997 – 7 RAr 106/96 = NZA-RR 1998, 229 ff., Beschluss des Senats vom 04.04.2005 – L 19 B 10/05 AL zu einer Abmeldung aus dem Leistungsbezug).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage besteht auch nicht wegen der ab dem 06.11.2009 sichergestellten Betreuung des Sohnes der Klägerin.
Abgesehen von der weiterhin prüfungsbedürftigen Frage, ob sich diese Veränderung zu Gunsten eines Leistungsanspruches der Klägerin auswirken kann, obwohl die Beklagte von der objektiven Veränderung der Verhältnisse keine rechtzeitige Kenntnis hatte, ist diese Veränderung für die Erfolgsaussichten der vorliegenden Anfechtungsklage ohne Bedeutung.
Denn maßgeblicher Prüfungszeitpunkt bei der Anfechtungsklage ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des verfahrensabschließenden Bescheides (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, Rn 33 ff. auch zu – hier nicht vorliegenden – Ausnahmen).
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
Erstellt am: 29.04.2010
Zuletzt verändert am: 29.04.2010