Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.03.2009 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 19.05.2009 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 27.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2007 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Der Streitwert wird auf 6.065,19 Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten geforderte Nachversicherungsbeiträge zugunsten des Beigeladenen zu zahlen hat.
Der am 00.00.1958 geborene Beigeladene I C war vom 01.08.1973 bis zum 30.09.1976 bei der Klägerin als Postjungbote und Postschaffner zur Anstellung (z.A.) versicherungsfrei beschäftigt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst bei der Klägerin übte er vom 20. bis zum 24.10.1976 sowie vom 15.11.1976 bis zum 18.02.1977 versicherungspflichtige Beschäftigungen als Arbeiter aus. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit leistete der Beigeladene in der Zeit vom 01.04.1977 bis zum 30.06.1978 bei der Bundeswehr seinen Grundwehrdienst ab. Auch im Anschluss daran war er stets versicherungspflichtig beschäftigt.
Im September 1977 übersandte die Klägerin dem Beigeladenen einen Fragebogen bezüglich einer eventuell durchzuführenden Nachversicherung für seine dortige Tätigkeit als Postjungbote und -schaffner z.A. In diesem Vordruck gab der Beigeladene unter dem 30.09.1977 fälschlicher Weise an, seit dem 01.04.1977 bei der Bundeswehr als Soldat auf Zeit beschäftigt zu sein, obwohl er tatsächlich seinen Grundwehrdienst leistete. Daraufhin erstellte die Klägerin am 21.11.1977 eine so genannte Aufschubbescheinigung, in der sie unter Nennung der zum 01.04.1977 von dem Beigeladenen (angeblich) aufgenommenen Tätigkeit als Soldat auf Zeit ausführte, dass die Nachentrichtung der Beiträge für die Zeit seines Dienstes bei der Klägerin als Postjungbote und -schaffner z.A. vom 01.08.1973 bis zum 30.09.1976 nach § 1403 Abs.1 Reichsversicherungsordnung – RVO – bzw. § 125 Abs.1 Angestelltenversicherungsgesetz – AVG – aufgeschoben werde. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beigeladene binnen eines Jahres nach seinem Ausscheiden aus dem dortigen Dienst erneut eine in der Rentenversicherung der Arbeiter oder Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen habe. Die an die Beklagte sowie den Beigeladenen versandte Aufschubbescheinigung ging am 22.11.1977 bei der Beklagten ein. Nachdem deren Beitragsabteilung – Kartenverwaltung – eine Versicherungsnummer bzw. -karten bezüglich des Beigeladenen nicht ermitteln konnte, wurde Weiteres von dort nicht veranlasst. Beiträge zugunsten des Beigeladenen für dessen Dienst bei der Klägerin forderte die Beklagte auch nachfolgend nicht an und wurden von der Klägerin nicht entrichtet.
(Erst) im Rahmen eines von ihr eingeleiteten Kontenklärungsverfahrens fragte die Beklagte unter dem 30.11.2006 bei der Klägerin an, ob zugunsten des Beigeladenen eine Nachversicherung durchgeführt worden sei und bat um Klärung des Sachverhalts. Die Klägerin erhob daraufhin die Einrede der Verjährung und vertrat im Wesentlichen die Auffassung, der Anspruch der Beklagten auf Nachentrichtung von Beiträgen zugunsten des Beigeladenen für seine dortige Tätigkeit als Postjungbote und -schaffner z.A. sei bereits binnen vier Jahren nach dessen Ausscheiden aus dem Dienst verjährt. Ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge mit der Folge des Eingreifens der 30jährigen Verjährungsfrist könne ihr nicht vorgeworfen werden. Sie (die Klägerin) habe keine Pflichten verletzt; denn nicht sie als ehemaliger Dienstherr des Beigeladenen, sondern die Beklagte sei spätestens nach dessen Ableistung des Wehrdienstes im Jahre 1978 verpflichtet gewesen, die Rechtmäßigkeit der Aufschubbescheinigung zu prüfen und ggf. die nachzuentrichtenden Beiträge zu fordern.
Die Beklagte vertrat hingegen die Auffassung, dass die Klägerin die Nachversicherung zugunsten des Beigeladenen vorsätzlich unterlassen habe. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Aufschubbescheinigung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen, bestehe nicht. Eine solche Prüfung erfolge in der Regel nur bei entsprechenden Zweifeln. Sie habe aber erst nach dem Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Grundwehrdienst (am 00.00.1978), nämlich durch die Übermittlung der entsprechenden Entgelte, davon erfahren, dass der Beigeladene entgegen den Angaben in der Aufschubbescheinigung ab April 1977 nicht als Soldat auf Zeit (versicherungsfrei) beschäftigt gewesen sei, sondern seinen (versicherungspflichtigen) Grundwehrdienst geleistet habe. Allerdings erfolge auch die Übermittlung der Entgelte ohnehin grundsätzlich ohne jegliche Überprüfung der Sachbearbeitung, wenn diese den "vorgegebenen Formaten" entspreche und nicht zu einer Kollision mit anderen Zeiten im Versicherungskonto führe. Eine solche Überprüfung sei bei der Vielzahl der dort eingehenden Entgeltmeldungen im Übrigen auch zeitlich unmöglich. Ungeachtet dessen sei bei der Frage, ob ein bedingtes vorsätzliches Vorenthalten der Nachversicherungsbeiträge vorliege und damit die 30jährige Verjährungsfrist gelte, allein auf die Situation des Beitragsschuldners, hier also der Klägerin, abzustellen.
Nachdem die Klägerin sich weiterhin weigerte, den Beigeladenen für seine dortige Tätigkeit als Postjungbote und -schaffner z.A. nachzuversichern, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27.08.2007 gegenüber dieser fest, dass die Klägerin verpflichtet sei, an sie zugunsten des Beigeladenen für die Zeit vom 01.08.1973 bis zum 31.12.1973 Nachversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 6.065,19 Euro zu zahlen. Dieser Anspruch sei entgegen der Auffassung der Klägerin noch nicht verjährt, weil die Klägerin die Beiträge vorsätzlich vorenthalten habe und daher eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gelte, die durch das Schreiben der Beklagten vom 30.11.2006 gehemmt sei. Dass sie (die Beklagte) die Klägerin zuvor nicht zur Zahlung der Beiträge aufgefordert habe, sei unerheblich; denn die Rechtspflicht zur Nachversicherung entstehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 24.03.1983 – 1 RA 71/82 -) kraft Gesetzes.
Zur Begründung ihres gegen diesen Bescheid am 05.09.2007 eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin unter Hinweis auf eine Entscheidung des BSG vom 17.11.1970 (B 1 RA 71/69) geltend, ihr sei vorsätzliches Verhalten nicht vorzuwerfen, weil sie die ihr obliegenden Pflichten bereits dadurch erfüllt habe, dass sie eine Entscheidung über den Aufschub der Beiträge getroffen und diese dem Beigeladenen und der Beklagten – in Form der Aufschubbescheinigung – zur Kenntnis gebracht habe. Die Überwachung des Fortbestandes eines bei Erteilung der Aufschubbescheinigung angenommenen Aufschubgrundes durch den ehemaligen Dienstherrn sehe das Gesetz nicht vor, zumal dieser auch kein Recht habe, Informationen von dritter Seite, hier von dem Beigeladenen oder der Bundeswehr, über das weitere Vorliegen des Aufschubgrundes einzuholen. Abgesehen davon habe sie insbesondere bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist keinerlei Informationen darüber erhalten, dass der Beigeladene in dem streitbefangenen Zeitraum nicht Soldat auf Zeit gewesen sei, sondern lediglich seinen Grundwehrdienst abgeleistet habe. Auch habe sie nicht mit der Ableistung "nur" des Wehrdienstes rechnen können, weil der Beigeladene die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis bei der Klägerin selbst beantragt habe und daher davon auszugehen gewesen sei, dass dieser eine äquivalente Beschäftigung aufnehmen werde und aufgenommen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2008 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. In den Gründen führte der Widerspruchsausschuss ergänzend aus, dass die Beklagte zwar nicht an eine erteilte Aufschubbescheinigung gebunden sei, die Klägerin dies als Schuldnerin der Nachversicherungsbeiträge jedoch nicht entlaste; denn der Rentenversicherungsträger könne nicht immer – etwa bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Versicherten – erkennen, ob Aufschubgründe (noch) bestünden. Wenn sich der Beitragsschuldner in Kenntnis dieser Tatsache nach Erteilung der Aufbeschubbescheinigung aber generell nicht weiter um die Angelegenheit kümmere, nehme er billigend in Kauf, dass die Nachversicherungsbeiträge vorenthalten würden.
Mit ihrer am 22.02.2008 bei dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat die Klägerin weiterhin die Auffassung vertreten, die streitbefangenen Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten zu haben, und ergänzend vorgetragen, jedenfalls die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund sei sich der allein den Rentenversicherungsträgern obliegenden Pflicht, die Aufschubbescheinigung des ehemaligen Dienstherrn auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen, im Gegensatz zu der Beklagten bewusst und komme dieser in der Praxis auch tatsächlich nach. Insoweit hat die Klägerin Schreiben der DRV Bund vom 16.03. und 11.12. 2006 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Selbst bei Geltung der 30jährigen Verjährungsfrist sei der streitbefangene Anspruch der Beklagten auf Nachentrichtung der Beiträge im Übrigen verjährt; denn das Schreiben der Beklagten vom 30.11.2006, das allein noch innerhalb von 30 Jahren nach Fälligkeit dieses Anspruchs erfolgt sei, habe kein Beitragsverfahren im Sinne des § 198 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI – eingeleitet, das die Verjährungsfrist unterbreche.
Die Beklagte hat hingegen die Auffassung vertreten, § 198 SGB VI sei vorliegend anwendbar – mit der Folge, dass die 30jährige Verjährungsfrist durch ihr Schreiben vom 30.11.2006 unterbrochen und die Verjährungsfrist daher im Ergebnis noch nicht abgelaufen sei.
Mit Urteil vom 25.03.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Gründen wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte von der Klägerin die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge zugunsten des Beigeladenen für seinen dortigen Dienst als Postjungbote und -schaffner z.A. vom 01.08.1973 bis zum 30.09.1976 verlangen könne. Ein Grund, die Nachversicherung aufzuschieben, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden, weil der Beigeladene nach seinem Ausscheiden aus dem Postdienst stets versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Die Durchsetzung dieses Anspruchs sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht durch die Einrede der Verjährung gehindert. Vorliegend gelte die 30jährige Verjährungsfrist, weil die Klägerin die Beiträge vorsätzlich vorenthalten habe; denn sie habe die Beitragspflicht aufgrund der Angaben des Beigeladenen in dem Fragebogen, eine (nur) befristete Tätigkeit als Soldat auf Zeit aufgenommen zu haben, für möglich halten müssen, habe aber dennoch keine weiteren Vorkehrungen zur Abführung der Beiträge getroffen oder eine solche veranlasst und dadurch billigend in Kauf genommen, dass eine Beitragsabführung nicht erfolge. Da es zu den Kernaufgaben und wesentlichen, kraft Gesetzes entstehenden Pflichten des Dienstherrn gehöre, die ausscheidenden Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 9 AVG nachzuversichern (LSG NRW Urteil vom 16.01.2006 – L 3 R 3/05 -), ohne dass es einer entsprechenden Aufforderung seitens des Rentenversicherungsträgers bedürfe, sei die Klägerin spätestens vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist von vier Wochen verpflichtet gewesen, das Ende einer – ihr aus den Angaben des Beigeladenen bekannten – Befristung und damit das Fortbestehen des Aufschubgrundes zu kontrollieren und so eine ordnungsgemäße Nachversicherung zu ermöglichen. Die somit maßgebliche 30jährige Verjährungsfrist habe am 01.01.1977 begonnen und am 31.12.2006 geendet. Zwar habe die Beklagte die Klägerin erst mit Bescheid vom 27.08.2007 zur Nachentrichtung aufgefordert; die Verjährung sei jedoch gemäß § 198 SGB VI durch die konkrete Anfrage der Beklagten vom 30.11.2006 unterbrochen worden. Mit Beschluss vom 19.05.2009 hat das Sozialgericht das Urteil insoweit ergänzt, als die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.
Gegen das ihr am 29.04.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.05.2009 Berufung eingelegt und beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.03.2009 in der Fassung des Beschlusses vom 19.05.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.08.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin gemäß § 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in ihren Rechten.
Die Beklagte war zwar als zuständiger Rentenversicherungsträger befugt, gegenüber der Klägerin als öffentlich-rechtlichem Arbeitgeber (Dienstherr) die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge zugunsten des Beigeladenen durch Verwaltungsakt einzufordern, d.h. die Beitragspflicht und Beitragshöhe verbindlich festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.1992, 4 RA 16/91; ferner Urteil vom 01.09.1988, 4 RA 18/88, vom 11.06.1986, 1 RA 51/84, und vom 31.03.1992, 4 RA 23/91); hierfür besteht regelmäßig dann ein Bedürfnis, wenn Meinungsverschiedenheiten über das Bestehen oder die Höhe der Beitragspflicht vorliegen (vgl. BSG, Urteil 21.07.1992, 4 RA 16/91). Sie kann von der Klägerin jedoch für die Zeit vom 01.08.1973 bis zum 30.09.1976 zugunsten des Beigeladenen nicht die Nachentrichtung von Beiträgen verlangen.
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass der geltend gemachte Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen zugunsten des Beigeladenen entstanden ist (dazu unter (1.)). Entgegen der Auffassung der Beklagten steht seiner Geltendmachung jedoch die Einrede der Verjährung entgegen (dazu unter (2.)), die die Klägerin zulässiger Weise erhoben hat (dazu unter (3.)).
(1.) Der Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Nachentrichtung von Beiträgen zugunsten des Beigeladenen für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Klägerin als Postjungbote und Postschaffner z.A. vom 01.08.1973 bis zum 30.09.1976 ist entstanden.
Scheiden u.a. Beamte der Länder, die – wie der Beigeladene für seinen Dienst als Postjungbote und Postschaffner z.A. in dem genannten Zeitraum – nach § 1229 Abs.1 Nr.2, 3 RVO versicherungsfrei gewesen sind, aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis ohne beamtenrechtliche Versorgung aus, so sind sie für die Zeit, in der sie – wie hier der Beigeladene – sonst in der Rentenversicherung der Arbeiter versicherungspflichtig gewesen wären, nach § 1232 Abs.1 RVO nachzuversichern. Diese Vorschriften sind vorliegend weiterhin anwendbar, weil der Beigeladene vor dem 01.01.1992 aus dem Dienst der Klägerin ausgeschieden ist (vgl. § 233 Abs.1 S.1 SGB VI). Die Nachversicherung geschieht in der Weise, dass der Arbeitgeber die Beiträge gemäß § 1402 RVO für die ursprünglich versicherungsfreie Beschäftigung nachentrichtet. Dabei ist der beitragsberechtigte Rentenversicherungsträger ermächtigt und verpflichtet, die Nachversicherung gemäß §§ 1232, 1402 RVO zu vollziehen, soweit nicht die Voraussetzungen für einen Aufschub der Nachentrichtung im Sinne des § 1403 Abs.1 RVO erfüllt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn (a) die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 1403 Abs.1 RVO für einen Aufschub der Nachentrichtung gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84) und (b) eine – konkrete oder generelle – Aufschubbescheinigung im Sinne des § 1403 Abs.3 RVO vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.1970 – 1 RA 71/69 -, Urteil vom 01.09.1988, – 4 RA 18/88 -, und Urteil vom 30.06.1983 – 11 RA 34/82 -).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Zwar hat die Klägerin am 21.11.1977 eine Aufschubbescheinigung erstellt, die der Beklagten am Folgetag zugegangen ist. Es fehlt jedoch an einem materiell-rechtlichen Aufschubgrund, was von der Klägerin auch nicht bestritten wird. Nach § 1403 Abs.1 Buchstabe d) RVO, der nach dem vorliegenden Sachverhalt insoweit allein in Betracht zu ziehen ist, wird die Nachentrichtung von Beiträgen (u.a.) aufgeschoben, wenn die aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausscheidende Person nicht unmittelbar, aber spätestens ein Jahr nach dem Ausscheiden in eine andere in der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung (1. Alt.) oder zu einer probeweisen Beschäftigung übertritt, die spätestens zwei Jahre nach dem Ausscheiden in eine in der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung übergeht (2. Alt.). Keine dieser Alternativen ist hier jedoch erfüllt. Weder ist der Beigeladene binnen zwei Jahren nach seinem Ausscheiden aus dem Postdienst in eine probeweise Beschäftigung übergetreten, noch hat er spätestens ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Postdienst am 30.09.1976 eine andere versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen; denn nicht nur in seinen anschließend zunächt ausgeübten Beschäftigungen, sondern insbesondere auch während der Ableistung seines Grundwehrdienstes, der am 01.04.1977 und damit binnen eines Jahres nach seinem Ausscheiden aus dem Postdienst (am 30.09.1976) begann, war der Beigeladene nicht versicherungsfrei, sondern gemäß § 1227 Abs.1 Nr.6 RVO versicherungspflichtig. Nach dieser Vorschrift werden in der Rentenversicherung der Arbeiter für die Dauer einer Wehrdienstleistung von mehr als drei Tagen u.a. Personen versichert, die vor einer Wehrdienstleistung im Sinne des § 4 Abs.1 des Wehrpflichtgesetzes – WPflG – zuletzt nach diesem Absatz versichert waren. Der Beigeladene war aber vor Ableistung des Grundwehrdienstes, der nach § 4 Abs.1 Nr.1 WPflG von einer Wehrdienstleistung im Sinne des § 4 Abs.1 WPflG umfasst wird, aufgrund seiner zuvor ausgeübten Beschäftigung gemäß § 1227 Abs.1 Nr.1 RVO (als Arbeitnehmer gegen Entgelt) versicherungspflichtig beschäftigt und unterlag damit auch während der Ableistung des Grundwehrdienstes der Versicherungspflicht.
(2.) Die Beklagte kann den somit mangels Vorliegens eines Aufschubgrundes entstandenen Anspruch auf Nachentrichtung jedoch nicht mehr geltend machen, weil dieser verjährt ist. Dabei kann offen bleiben, ob die Verjährung von Beitragsansprüchen – was in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt ist – unabhängig davon, ob der Anspruchsgegner sich auf Verjährung berufen hat, auch von Amts wegen zu beachten ist (bejahend BSG, Urteil vom 25.10.1990, 12 RK 27/89 = BSGE 67, 290 ff = SozR 3-2400 § 25 Nr.2 = NZA 1991, 493 ff mit Nachweisen zu dem Meinungsstreit, wobei es in dem dortigen Rechtsstreit auf diese Frage allerdings nicht ankam); denn vorliegend hat die Klägerin die Verjährungseinrede erhoben. Der geltend gemachte Anspruch der Beklagten ist entgegen deren Auffassung auch verjährt.
Nach § 25 Abs.1 S.1 des am 01.07.1977 in Kraft getretenen und damit auf den vorliegenden Anspruch anwendbaren SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in der Sozialversicherung, also auch in der gesetzlichen Rentenversicherung, in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge gilt allerdings eine 30jährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs.1 S.2 SGB IV).
Vorliegend ist der Anspruch der Beklagten auf Nachentrichtung von Beiträgen zugunsten des Beigeladenen bereits am 31.12.1980 verjährt. Liegt – wie hier – ein Aufschubgrund nicht vor, so wird der Beitragsanspruch der Beklagten sofort mit dem unversorgten Ausscheiden des Versicherten aus dem Beamtenverhältnis, hier also bei einem Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Postdienst am 30.09.1976, mit Ablauf dieses Tages fällig (vgl. BSG, Urteil vom 01.09.1988, 4 RA 18/88; LSG Saarland, Urteil vom 18.03.2004, L 1 RA 77/01). Ausgehend von diesem Zeitpunkt ist der Nachentrichtungsanspruch der Beklagten am 31.12.1980, nämlich vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem Fälligkeit eingetreten ist (hier im Jahre 1976), verjährt; denn vorliegend gilt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten die kurze Verjährungsfrist nach § 25 Abs.1 S.1 SGB IV, weil die Klägerin die streitigen Beiträge nicht im Sinne des § 25 Abs.1 S.2 SGB IV vorsätzlich vorenthalten hat.
Für Vorsatz, wie ihn § 25 Abs.1 S.2 SGB IV voraussetzt, sind seit der Neuregelung des Gesetzes zum 01.07.1977 (s.o.) lediglich das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen (BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R), nicht hingegen – wie in der Vorgängervorschrift des § 29 Abs.1 RVO a.F. – absichtliches Hinterziehen. Dabei genügt es, dass der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 21.06.1990, 12 RK 13/89, USK 90106; ferner BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R). Für den Lauf der langen Verjährungsfrist ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass der Beitragsschuldner bereits bei Fälligkeit der Beiträge mit – direktem oder bedingtem – Vorsatz gehandelt hat. Vielmehr reicht es aus, dass der Beitragsschuldner zwar bei Fälligkeit der Beiträge gutgläubig war, aber vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist (hier am 31.12.1980) bösgläubig geworden ist; denn die anfänglich vorhandene Gutgläubigkeit begründet keinen Vertrauensschutz, wenn nach Fälligkeit, aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist Vorsatz hinzutritt (BSG in ständiger Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R).
Ausgehend hiervon hat die Klägerin die streitbefangenen Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten. Sie hatte weder bei Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Postdienst am 30.09.1976 noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aufschub der Nachversicherung (im November 1997) noch bis zum Ablauf der kurzen Verjährungsfrist am 31.12.1980 im Sinne eines direkten Vorsatzes das Bewusstsein und den Willen, die Nachversicherung des Beigeladenen trotz Fälligkeit der Beiträge zu unterlassen. Auch hielt sie die Beitragspflicht im Sinne eines bedingten Vorsatzes nicht für möglich. Vielmehr ging die Klägerin bzw. der für die Nachversicherung zuständige Bedienstete der Klägerin – dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt – unter Zugrundelegung der Angaben des Beigeladenen in dem von ihm im September 1977 vervollständigten Fragebogen auch über den 31.12.1980 hinaus irrtümlich davon aus, dass der Beigeladene zum 01.04.1977, also binnen eines Jahres nach seinem Ausscheiden aus dem Postdienst, bei der Bundeswehr eine Beschäftigung als Soldat auf Zeit aufgenommen hatte, die – anders als der tatsächlich geleistete Grundwehrdienst – gemäß § 1229 Abs.1 Nr.5 RVO versicherungsfrei war, ein Aufschubgrund im Sinne des § 1403 Abs.1 Buchst. d, 1. Alt. RVO also tatsächlich bestand.
Der Klägerin ist positive Kenntnis von dem Fehlen des Aufschubgrundes auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Organisationsmangels zu unterstellen. Danach ist jede juristische Person verpflichtet, den Geschäftsbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass die ordnungsgemäße Erledigung der ihr obliegenden wichtigen Aufgabengebiete gewährleistet ist. Kommt eine Behörde diesen Pflichten nicht nach, so kann sie sich auf fehlende positive Kenntnis nicht berufen, wenn der jeweilige Sachbearbeiter bei ordnungsgemäßer Regelung des Geschäftsgangs entsprechende Kenntnis hätte haben müssen (vgl. BSG, Urteil vom 10.10. 2002, B 2 U 10/02 R; BFH E 138, 313, 315; 143, 520, 522; LSG NRW, Urteil vom 16.01.2006 – L 3 R 3/05 -). Ein solches Organisationsverschulden ist der Klägerin jedoch nicht vorzuwerfen; denn der für den Vorgang des Beigeladenen zuständige Bedienstete hätte bei ordnungsgemäßer Regelung des Geschäftsgang weder im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge (mit Ablauf des 30.09.1976) bzw. der Entscheidung über den Aufschub der Nachversicherung (im November 1977) noch (spätestens) vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist (am 31.12.1980) Kenntnis davon haben müssen, dass der von ihm im Zeitpunkt der Erteilung der Aufschubbescheinigung (irrtümlich) angenommene Aufschubgrund tatsächlich nicht (mehr) bestand. Insbesondere war er nicht verpflichtet, die (falschen) Angaben des Beigeladenen in dem am 30.09.1977 vervollständigten Fragebogen, eine Tätigkeit als Soldat auf Zeit aufgenommen zu haben, nach dessen Eingang – etwa durch Rückfrage bei dem Beigeladenen oder seinem neuen Arbeitgeber – auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Erst Recht oblag ihm nachfolgend, insbesondere spätestens vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist, keine Kontroll- und Überwachungspflicht, ob der Beigeladene die von ihm in dem Fragebogen angegebene Tätigkeit als Soldat auf Zeit inzwischen wieder aufgegeben und erneut eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hatte und der (irrtümlich) angenommene Aufschubgrund damit nachträglich entfallen war. Vielmehr trifft die Verpflichtung zu prüfen, ob ein Aufschubgrund (fort-)besteht, im Rahmen des dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses zwischen ehemaligem Arbeitgeber (hier der Klägerin), ausgeschiedenem Arbeitnehmer (hier dem Beigeladenen) und Rentenversicherungsträger (hier der Beklagten) nicht die Klägerin, sondern ausschließlich die Beklagte.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 11.09.1980 – 1 RA 81/79 -, vom 25.06.1971 – 1 RA 243/70 -; vgl. ferner BSG, Urteil vom 11.02.1969 – 1 RA 71/69 – und vom 17.11.1970 – 1 RA 163/69 -), der sich der erkennende Senat vollumfänglich anschließt, gestalten sich die Rechtsbeziehungen im Rahmen dieses dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses wie folgt: Der ehemalige Dienstherr trifft als nach § 1229 Abs.2 (bzw. § 6 Abs.2 AVG) zuständige Stelle gemäß § 1403 Abs.3 RVO (bzw. § 125 Abs.3 AVG) eine Aufschubentscheidung. Dabei handelt es sich allerdings lediglich um eine Entscheidung über eine auf dem Gebiet des Verwaltungs- oder Arbeitsrechts liegende Vorfrage, mit der nur für den jeweiligen Bereich der öffentlichen Verwaltung eine Regelung darüber getroffen wird, ob Nachversicherungsbeiträge für einen ohne beamtenrechtliche Versorgung ausgeschiedenen Beschäftigten beim Vorliegen eines Aufschugrundes im Sinne des § 1403 Abs.1 RVO (bzw. § 125 Abs.1 AVG) gezahlt werden sollen oder nicht. Die Aufschubentscheidung beschränkt sich also auf die Mitteilung, dass und weshalb der Arbeitgeber meint, Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger (noch) nicht zahlen zu müssen. Mit dieser Aufschubentscheidung wird hingegen nicht im Sinne des Rentenrechts und für das Gebiet der Sozialversicherung mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger, dem Arbeitgeber und dem Versicherten abschließend darüber entschieden, ob im Einzelfall für den ausgeschiedenen Beschäftigten der Aufschub der Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § § 1403 RVO (bzw. § 125 AVG) eingetreten ist und der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber die Beiträge tatsächlich nachzuentrichten hat oder nicht. Die Aufschubentscheidung der nach § 1229 Abs.2 (bzw. § 6 Abs.2 AVG) zuständigen Stelle, die an keine Form gebunden ist (BSG, Urteil 17.11.1970 – 1 RA 163/69 -) und die in der – eine bloße Beweisurkunde darstellenden (BSG, Urteil vom 11.02.1969 – 1 RA 71/69 -), von dem Arbeitgeber nach § 1403 Abs.4 RVO (bzw. § 125 Abs.4 AVG) auszustellenden – Aufschubbescheinigung dokumentiert wird, ist vielmehr neben dem Vorliegen des Aufschubgrundes im Sinne des § 1403 Abs.1 RVO (bzw. § 125 Abs.1 AVG) nur eine weitere Voraussetzung dafür, dass im Sinne der Rentenversicherung die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben ist. Ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 1403 Abs.1 RVO (bzw. § 125 Abs.1 AVG) für einen Aufschub der Beitragsnachentrichtung gegeben sind und ob eine wirksame Aufschubentscheidung im Sinne des § 1403 Abs.3 RVO (bzw. § 125 Abs.3 AVG) vorliegt, entscheidet hingegen der Träger der Rentenversicherung durch rechtsmittelfähigen Bescheid mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber und dem Versicherten. Dabei ist der öffentlich-rechtliche Dienstherr im Rahmen dieser sozialversicherungsrechtlichen Rechtsbeziehungen der Entscheidungsgewalt des Trägers der Rentenversicherung unterworfen, dem – so ausdrücklich das BSG in seinem Urteil vom 17.11.1970 (1 RA 163/69) – die Entscheidung über die Rechte und Pflichten aus der Rentenversicherung "ausschließlich" zusteht (vgl. auch BSG, Urteil vom 11.09.1980 – 1 RA 81/79 – und Urteil vom 25.06.1971 – 1 RA 243/70 -, nach dem die endgültige Entscheidung darüber, ob tatsächlich ein Aufschub eingetreten ist, "allein" dem Rentenversicherungsträger obliegt).
Ausgehend von diesen Grundsätzen gehört es somit im Rahmen des dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses zwischen ehemaligem Arbeitgeber, ausgeschiedenem Arbeitnehmer und Rentenversicherungsträger (lediglich) zu den Pflichten des ehemaligen Arbeitgebers, im Falle des Ausscheidens eines Beschäftigten eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Nachversicherungsbeiträge gezahlt werden sollen oder nicht (= Aufschubentscheidung) und ggf. die Beiträge nachzuentrichten bzw. bei Annahme eines Aufschubgrundes eine Aufschubbescheinigung zu erteilen. Ist der Arbeitgeber diesen Pflichten nachgekommen, so ist es nunmehr die alleinige Aufgabe des Rentenversicherungsträgers zu prüfen, ob eine Aufschubentscheidung des Dienstherrn vorliegt und ein materiell-rechtlicher Aufschubgrund tatsächlich besteht bzw. anderenfalls die Beitragsnachentrichtung durch Bescheid für die Beteiligten verbindlich festzustellen. Ob dem ehemaligen Arbeitgeber im Rahmen des dienst- oder arbeitsrechtlichen Verhältnisses zu seinem ausgeschiedenen Arbeitnehmer (ebenfalls) die Verpflichtung obliegt, das Vorliegen eines Aufschubgrundes zu prüfen, bevor er eine Aufschubbescheinigung erteilt bzw. diesen nachversichert, ist insoweit unerheblich; denn es muss – wie bereits ausgeführt – zwischen der Regelung "dienstrechtlicher" Vorfragen und solchen Fragen, die aufgrund ihrer sozialversicherungsrechtlichen Natur allein vom Sozialversicherungsträger zu entscheiden sind, differenziert werden. Ist im Rahmen des letztgenannten (Nachversicherungs-)Verhältnisses somit aber ausschließlich der Rentenversicherungsträger befugt und verpflichtet, nach entsprechender Prüfung verbindlich festzustellen, ob ein Aufschubgrund tatsächlich besteht, so obliegt diesem im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zwingend auch allein die Pflicht, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das Fortbestehen eines (zunächst angenommenen) Aufschubgrundes zu überprüfen, um ggf. nach dessen Wegfall die Nachentrichtung der Beiträge von dem ehemaligen Arbeitgeber zu fordern.
Die von der Beklagten und dem Sozialgericht angeführte Entscheidung des BSG vom 24.03.1983 (1 RA 71/82) vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Einzuräumen ist zwar, dass den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber die Rechtspflicht zur Nachversicherung in Bezug auf bei ihm versicherungfrei beschäftigt gewesene Personen nach § 1402 Abs.1 S.1 RVO bzw. § 124 Abs.1 S.1 AVG mit deren Ausscheiden, also unmittelbar kraft Gesetzes trifft, ohne dass es einer entsprechenden Aufforderung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger bedarf, sofern ein Aufschubgrund nicht besteht. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass den ehemaligen Arbeitgeber auch die Verpflichtung trifft, nach Erteilung einer Aufschubbescheinigung den Fortbestand eines von ihm darin (zu Recht oder irrtümlich) bejahten Aufschubgrundes zu prüfen und die Nachversicherung bei dessen Wegfall von sich aus durchzuführen; denn in dem der genannten Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalt war eine Aufschubbescheinigung seitens des Arbeitgebers – abweichend von dem hier zu entscheidenden Fall – gerade noch nicht erteilt worden und dieser den ihm im Rahmen des dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses obliegenden Pflichten somit nicht vollumfänglich nachgekommen. Ist der ehemalige Dienstherr hingegen – wie hier die Klägerin – zu der Überzeugung gelangt, dass ein Aufschubgrund besteht und hat er eine entsprechende Aufschubbescheinigung erstellt, so ist es nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG vielmehr Aufgabe der Beklagten, die Beiträge von dem ehemaligen Arbeitgeber zu fordern, falls er die Aufschubentscheidung nach entsprechender Prüfung für fehlerhaft hält.
Ebenso wenig ist das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 16.10.2006 – L 2 R 129/05 – (abgedruckt bei JURIS), auf das sich das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls stützt, geeignet, ein vorsätzliches Vorenthalten der Nachversicherungsbeiträge durch die Klägerin zu begründen. Darin hat der dortige Senat zwar bedingten Vorsatz des Dienstherrn und damit den Lauf der 30jährigen Verjährungsfrist angenommen, weil der zuständige Sachbearbeiter den Vorgang des ausgeschiedenen Beamten nicht spätestens vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist wieder aufgegriffen hatte. Dieser Vorwurf bezog sich jedoch allein auf die bis dahin noch nicht getroffene, "überfällige" (vgl. Rdnr. 34 des Urteils) Entscheidung des Arbeitgebers, ob die Nachversicherung durchgeführt werden sollte. Eine Aufschubentscheidung war also im Gegensatz zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt – ebenso wie im Übrigen in dem von dem erkennenden Senat mit Urteil vom 16.01.2006 (L 3 R 3/05) entschiedenen Fall – auch dort noch nicht getroffen worden.
Kann der Klägerin somit Vorsatz – auch unter dem Gesichtspunkt eines Organisationsverschuldens – nicht unterstellt werden, so war der am 30.09.1976 fällig gewordene Anspruch der Beklagten auf Nachversicherung bereits am 31.12.1980 verjährt (s.o.), ohne dass die Beklagte die Klägerin zuvor zur Nachentrichtung der Beiträge aufgefordert hat.
(3.) Es war der Klägerin schließlich auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -) nicht verwehrt, die Einrede der Verjährung zu erheben. Es sind keine Umstände ersichtlich, die die Berufung auf die Verjährung des Nachentrichtungsanspruchs als treuwidrig erscheinen lassen.
Insbesondere ist der Klägerin kein gegen § 242 BGB verstoßendes widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen. Widersprüchliches Verhalten kann u.a. dann rechtsmißbräuchlich sein, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist (BGH 32, 279, 94, 354, NJW 86, 2107; Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Auflage München 2010, § 242 Rdnr. 55). So ist die Einrede der Verjährung unzulässig, wenn der Schuldner den Gläubiger, wenn auch schuldlos, von der Unterbrechung der Verjährung abgehalten hat (so noch Palandt/Heinrichs, a.a.O., 60. Auflage München 2001 § 242 Rdnr. 56 b). Die Klägerin hat die Beklagte aber gerade nicht davon abgehalten, ihren Nachversicherungsanspruch zugunsten des Beigeladenen gegenüber der Klägerin durchzusetzen. Vielmehr enthielt die Aufschubbescheinigung, die die Klägerin der Beklagten im November 1977 hat zukommen lassen, den ausdrücklichen Hinweis, dass der Beigeladene zum 01.04.1977 eine Tätigkeit als Soldat auf Zeit aufgenommen hatte. Die Beklagte hatte daher hinreichend Gelegenheit, den Vorgang spätestens vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist (am 31.12.1980) erneut aufzugreifen und bei dem Beigeladenen oder seinem neuen Arbeitgeber (der Bundeswehr) nachzufragen, ob dieser seiner (angeblichen) Tätigkeit als Soldat trotz der Befristung weiterhin nachging bzw. er inzwischen eine andere versicherungsfreie oder versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hat, um dann ggf. die Beiträge von der Klägerin nachzufordern. Dass eine derartige Prüfung mit einem organisatorischen Aufwand verbunden sein mag, ist insofern unerheblich; denn jede Behörde, ist verpflichtet, ihren Geschäftsbereich so zu organisieren, dass die rechtmäßige Erledigung der ihr obliegenden Aufgabengebiete gewährleistet ist (s.o.).
Treuwidriges Verhalten ist der Klägerin ferner nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung eigener Pflichten anzulasten. Zwar kann die Rechtsausübung unter Umständen auch dann unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Lasten fällt (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rdnr. 45, 46). Dabei muss es sich allerdings um einen krassen Ausnahmefall handeln; denn Rechtsverstöße begründen in der Regel unter den im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen in erster Linie (lediglich) Schadensersatzansprüche, führen aber grundsätzlich nicht zu einem Wegfall eigener Rechte (vgl. Palandt/Gründeberg, a.a.O., § 242 Rdnr. 45). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor. Es mag zwar sein, dass die Klägerin in ihrer Eigenschaft als ehemaliger Dienstherr des Beigeladenen durch die unterbliebene Nachversicherung diesem gegenüber eine Pflichtverletzung begangen hat, indem der zuständige Bedienstete den Vorgang des Beigeladenen trotz der in dem Fragebogen aus September 1977 angegebenen Aufnahme einer (nur) befristeten Tätigkeit als Soldat auf Zeit zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut aufgegriffen hat, um zu klären, ob der ursprünglich angenommene Aufschubgrund weiterhin bestand. Eine solche dienstrechtliche Pflichtverletzung ist aber – wie bereits ausgeführt – strikt von dem dreiseitigen Nachversicherungsverhältnis zu trennen und kann einer Berufung auf die Einrede der Verjährung im Rahmen dieses Verhältnisses folglich nicht entgegen stehen.
Das Verhalten der Klägerin ist schließlich auch nicht mit Blick darauf treuwidrig, dass die eingetretene Verjährung sich zu Lasten des Beigeladenen, also eines Dritten, auswirkt, für dessen Dienst bei der Klägerin nunmehr Beiträge von Seiten der Klägerin nicht gezahlt werden; denn abgesehen davon, dass die unmittelbar nach dessen Ausscheiden aus dem Postdienst unterbliebene Nachversicherung und damit der Verlust dieser Beiträge auf dessen eigenen falschen Angaben in dem im September 1977 vervollständigten Fragebogen beruht, ist der aus dem öffentlichen Dienst Ausgeschiedene auch bei einer pflichtwidrig unterbliebenen Nachversicherung nicht rechtlos gestellt; denn er hat innerhalb der Verjährungsfristen die Möglichkeit, seinen ehemaligen Dienstherrn auf Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge in Anspruch zu nehmen und diesen Anspruch gegebenenfalls auch gerichtlich durchzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2008 – B 13 R 27/07 R -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt der Entscheidung in der Sache.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a SGG in Verbindung mit § 25 Abs.2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 31.08.2010
Zuletzt verändert am: 31.08.2010