Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.02.2008 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rücknahme der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe und deren Erstattung nebst Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 07.04.1998 bis zum 30.11.2003.
Der 1934 geborene Kläger, der türkischer Staatsangehöriger und verheiratet ist, war vom 01.03.1977 bis zum 31.10.1994 bei der F GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von (laut Arbeitsbescheinigung) 62.800,00 DM beendet. Die Beklagte bewilligte dem Kläger nach Ausschöpfung seines Arbeitslosengeldanspruchs Arbeitslosenhilfe ab dem 07.04.1998 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 930,00 DM, ab dem 07.04.1999 von 910,00 DM, ab dem 07.04.2000 von 910,00 DM, ab dem 07.04.2001 von 770,00 DM, ab dem 07.04.2002 von 385,00 EUR und zuletzt ab dem 07.04.2003 von 375,00 EUR (Bescheid vom 24.02.2003).
Im August 2003 erhielt die Beklagte Mitteilung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C, dass der Kläger bei der U. Zinsgutschriften im Jahr 1994 in Höhe von 10.294,67 DM, im Jahr 1995 in Höhe von 921,27 DM, im Jahr 1996 in Höhe von 40.354,79 DM, im Jahr 1997 in Höhe von 464,61 DM, im Jahr 1998 in Höhe von 38.246,32 DM, im Jahr 1999 in Höhe von 2.825,87 DM, im Jahr 2000 in Höhe von 39.755,05 DM und im Jahr 2001 in Höhe von 98,53 DM erzielt habe. Der übersandte Kontoauszug der U. belegte, dass für den Kläger am 02.01.1992 eine Einzahlung über 50.000 DM (Konto 000, am 02.01.1998 nebst Zinsen transferiert auf Konto 001) und am 05.12.1994 eine Gutschrift in Höhe von 150.000,00 DM (Konto 003) durch die E Bank erfolgt war, des weiteren Zinsgutschriften am 05.12.1996 in Höhe von 26.700,00 DM, am 05.12.1998 in Höhe von 25.365,00 DM und am 05.12.2000 in Höhe von 24.738,00 DM bei Abhebungen am 07.12.1998 in Höhe von 25.365,00 DM, am 02.01.2000 von 68.095,40 DM und am 06.12.2000 in Höhe von 174.738,00 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den betreffenden Auszug Bezug genommen.
In den Anträgen auf Zahlung bzw. Weitergewährung der Arbeitslosenhilfe hatte der Kläger die Frage nach vorhandenem Vermögen jeweils verneint.
Nachdem sich der Kläger hierzu nicht geäußert hatte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2004 die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab dem 07.04.1998 auf und verlangte deren Erstattung in Höhe von 50.864,50 EUR nebst der abgeführten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von zusammen 12.180,30 EUR.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass auch nach der vorliegenden Bescheinigung ab dem Jahr 2000 keine nennenswerten Zinseinkünfte mehr erzielt worden seien. Für die Jahre 1998 und 1999 sei zu prüfen, ob es sich um nicht verwertbare Beträge für die Alterssicherung handele. Einstweilen berufe es sich auch auf die Einrede der Verjährung.
Ergänzend wies der Kläger darauf hin, dass er im Jahr 1999 in der Türkei ein Hausgrundstück zu einem Kaufpreis von 500.000.000,00 türkischer Lira erworben habe, was in der Folgezeit mit einem Kostenaufwand von 50.000,00 DM saniert worden sei. Auf das Konto der U. seien außerdem nicht nur eigene, sondern auch Ersparnisse des Sohnes N eingezahlt worden. Von dem am 06.12.2000 abgehobenen Betrag habe dieser 100.000,00 DM erhalten, welche er zum Erwerb eines Mercedes-Nutzfahrzeuges zu einem Kaufpreis von 36.064,40 EUR verwandt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Erstattung der erbrachten Beträge sei rechtmäßig, weil der Kläger nicht bedürftig gewesen sei. Soweit in dem Widerspruch auf die Vermögensverhältnisse des Klägers ab dem Jahr 2000 verwiesen worden sei, sei dies für die Beurteilung des Zeitraumes bis zum 06.04.1999 unbeachtlich, weil der Kläger bis zum 31.12.1997 allein Zinsen in Höhe von 52.035,34 DM erzielt habe. Bei zutreffenden Angaben durch den Kläger wäre eine Ablehnung des Leistungsantrags mit dem Ergebnis erfolgt, dass über ein Jahr hinaus keine Bedürftigkeit vorgelegen hätte und ein Folgeantrag wegen des fehlenden Leistungsbezuges innerhalb eines Jahres negativ beschieden worden wäre.
Der Kläger hat am 10.01.2006 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben, mit der er auf sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren verwiesen hat.
Das SG hat den Kläger angehört. Wegen der Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.12.2006 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 08.02.2008 hat das SG die Klage abgewiesen, soweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe und ihrer Erstattung gewendet hat. Hinsichtlich der Erstattungsforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen hat es der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihm am 11.03.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.04.2008 Berufung eingelegt. Er macht geltend, die in der Türkei angelegten Gelder hätten zum Teil seinem Sohn gehört und seien im Übrigen für den Erwerb eines Eigenheims angespart worden. Zu der geplanten Verwendung sei es allein aufgrund eines Motorradunfalls des weiteren Sohnes nicht gekommen. Die Abhebung seines Geldes am 06.12.2000 in Höhe von 174.738,00 DM belege, dass er ab diesem Zeitpunkt vermögenslos gewesen sei.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
unter Änderung des Urteils des SG Köln vom 08.02.2008 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheides der Beklagten vom 09.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005 auch hinsichtlich der mit diesem Bescheid zurückgeforderten Arbeitslosenhilfezahlungen aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Köln vom 08.02.2008 zu ändern und die Klage vollständig abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte, die selbst gegen das Urteil des SG am 01.04.2008 Berufung eingelegt hat, ist der Ansicht, dass entgegen der Auffassung des SG die Rechtsgrundlage für die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen durch die Streichung der entsprechenden Gesetzesbestimmung im Hinblick auf die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe nicht entfallen sei.
Im Übrigen hält sie das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Sohn des Klägers N P als Zeugen vernommen. Wegen dessen Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24.02.2009 Bezug genommen. Der Senat hat des weiteren Auskünfte der Kreissparkasse F eingeholt, nachdem der Kläger im Berufungsverfahren die Sparkasse von dem Bankgeheimnis entbunden hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und der Staatsanwaltschaft C (Az 000) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung über die Berufung konnte im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter ergehen (§ 155 Abs. 3, 4 SGG). Die Entscheidung durch den Einzelrichter ist vorliegend auch sachgerecht (vgl. dazu BSG Urt. v. 08.11.2007 – B 9/9 a SB 3/06 R = SozR 4-1500 § 155 Nr. 2), weil die den streitigen Sachverhalt betreffenden Rechtsfragen hinreichend höchstrichterlich geklärt sind und das Urteil maßgeblich von der Bewertung der Tatsachen im Einzelfall abhängig ist.
Die Entscheidung konnte aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten ergehen, da die Beteiligten mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die Berufungen sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet, die der Beklagten hingegen hat Erfolg.
Der angefochtene Bescheid beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 2 SGG, denn die Beklagte hat die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe zu Recht gestützt auf § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zurückgenommen und die Erstattung der aufgrund der Bewilligung erbrachten Leistungen nach § 50 Abs. 1 SGB X verlangt.
Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, sofern er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Die Bescheide über die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe waren sämtlich von Anfang an rechtswidrig, weil der Kläger die Voraussetzungen für die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nicht erfüllte.
Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatte gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 in der hier anzuwendenden Fassung des AFRG vom 24.03.1997 (BGBl I 594) nur der Arbeitslose, der bedürftig war. Nach § 193 Abs. 2 SGB III nicht als bedürftig wurde der Arbeitslose angesehen, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen u. a. das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Arbeitslosehilfe nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs. 2 SGB III in der Fassung des 1. SGB III-ÄndG vom 16.12.1997, BGBl I 2170). Inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, bestimmt die auf Grundlage des § 137 Abs. 3 AFG ergangene und nach Art. 81 AFRG auch im Geltungsbereich des SGB III zunächst fortgeltende AlhiV in der Fassung des AlhiRG vom 24.06.1996 (BGBl I 878) mit ihren späteren Aktualisierungen. Danach ist Vermögen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert dieses Vermögens jeweils 8.000,00 DM übersteigt (§ 6 Abs. 1 AlhiV).
Der Kläger verfügte zum Stichtag 07.04.1998 – erstmalige Bewilligung der Arbeitslosenhilfe – über ein Vermögen, das seine Bedürftigkeit ausschloss. Zur Überzeugung des erkennenden Richters ist es als erwiesen anzusehen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt über Einlagen bei der U. in Höhe von 208.455,00 DM (58.455,00 DM auf Konto 001, 150.000,00 DM auf Konto 003) verfügte. Dies ergibt sich aus dem aktenkundigen Kontoauszug der U., auf dessen Richtigkeit sich der Kläger im Berufungsverfahren selbst gerade berufen hat. Dieses Vermögen ist lediglich in Höhe von 26.000,00 DM bei der Prüfung der Bedürftigkeit außer Acht zu lassen. Abzugsfähig sind lediglich der Freibetrag nach § 6 Abs. 1 AlhiV von 2 x 8.000,00 DM sowie weitere 10.000,00 DM gemäß § 7 Abs. 1 AlhiV – Vermögen aus einmaliger Sozialleistung -, weil zugunsten des Klägers davon auszugehen ist, dass in dem Betrag die dem Kläger gezahlte Abfindung wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes zumindest teilweise enthalten ist (vgl. dazu BSG SozR Urt. v. 19.06.1996 – 7 RAr 116/95 S. = SozR 3-4100 § 137 Nr. 6 S.58).
Über den verbleibenden Betrag von 182.455,00 DM konnte der Kläger nach Überzeugung des erkennenden Richters frei verfügen. Dieser war insbesondere nicht dem Sohn des Klägers, dem Zeugen N P, zuzuordnen. Dies folgt schon daraus, dass der Kläger und der Zeuge übereinstimmend erklärt haben, dass N P spätestens 1998 (nach den Erklärungen des Klägers vor dem SG 1997) das ihm zustehende Kapital von 70.000,00 DM (so der Kläger vor dem Sozialgericht) oder 100.000,00 DM – so der Kläger im Widerspruchsverfahren und die Bekundungen des Zeugen – zurückgezahlt worden ist. Die Guthaben von 150.000,00 DM und 58.455,00 DM waren aber noch im Jahr 2000 auf den Konten gutgeschrieben. Da weder der Kläger noch der Zeuge erklärt haben, Letzterem hätten weitere Ansprüche gegen den Kläger zugestanden, kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Kläger über die entsprechenden Guthaben uneingeschränkt verfügen konnte.
Dieses Vermögen ist auch nicht um einen weiteren Betrag im Hinblick auf die 1999 erworbene Immobilie von der Anrechnung ausgenommen. Nach § 6 Abs. 3 S.2 Nr. 7 AlhiV ist die Verwertung von Vermögen nicht zuzumuten, das nachweislich zum alsbaldigen Erwerb eines angemessenen Hausgrundstücks oder einer solchen Eigentumswohnung bestimmt ist. Nachweislich zum alsbaldigen Erwerb sind Vermögenswerte in dem Sinne aber nur bestimmt, wenn sowohl der Kaufpreis als auch die weiteren Einzelheiten des Kaufvertrages derart feststehen, dass entweder ein notariell beglaubigter Kaufvertrag über den Erwerb eines Hausgrundstücks geschlossen, ein Notartermin zum Abschluss eines endgültigen Kaufvertrages vereinbart oder ein vergleichbarer Stand der Verhandlungen gegeben ist (BSG Urt. v. 17.12.2002 – B 7 AL 126/01 R – S. 13). Daran fehlt es, weil sich der ursprünglich nach den Angaben des Klägers geplante Hauskauf im Jahr 1997 zerschlagen hatte. Hinsichtlich des im September 1999 und damit 1 1/2 Jahre nach Beginn des Arbeitslosenhilfebezuges getätigten Hauskaufs sind diese Voraussetzungen aber offensichtlich im Zeitpunkt der erstmaligen Arbeitslosenhilfebewilligung nicht erfüllt gewesen, da auch nach dem Vortrag des Klägers zu diesem Zeitpunkt die Einzelheiten des Kaufvertrages noch nicht feststanden.
Zur Bestimmung der Dauer, für die Arbeitslosenhilfe aufgrund dieses Vermögens nicht zustand, ist letzteres durch das wöchentliche Bemessungsentgelt gemäß §§ 200, 201 SGB III zu teilen (vgl. BSG Urt. v. 09.08.2001 – B 11 AL 11/01 R = SozR 3-4300 § 193 Nr. 2 Rn 20). Selbst bei ausschließlicher Berücksichtigung des höchsten Bemessungsentgelts von 930,00 DM, das der Arbeitslosenhilfebewilligung von der Beklagten zugrunde gelegt worden ist, folgt daraus ein Ausschluss des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe von 196 Wochen.
Die mangelnde Bedürftigkeit des Klägers seit dem 07.04.1998 führte mit Wirkung vom 08.04.2001 zum vollständigen Entfallen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe. Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung des SG nicht aus § 196 S. 1 Nr. 2, S. 2 Nr. 1 SGB III – Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Arbeitslosenhilfe drei Jahre vergangen sind -, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erworben hatte, sondern aufgrund der Bestimmung der §§ 190 Abs. 1 Nr. 4, 192 S. 2 Nr. 1 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung des 3. SGB III-ÄndG vom 22.12.1999 (BGBl I 2624). Danach setzt der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe den Bezug von Arbeitslosengeld in der Vorfrist voraus (§ 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Diese beträgt ein Jahr und verlängert sich um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erfüllt sind, nur deshalb einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht hatte, weil er nicht bedürftig war, längstens jedoch um zwei Jahre (§ 192 S. 2 Nr. 1 SGB III). Da die übrigen Anspruchsvoraussetzungen auf Arbeitslosenhilfe am 07.04.1998 erfüllt waren, endete danach die verlängerte Vorfrist am 08.04.2001. Da zu diesem Zeitpunkt Bedürftigkeit des Klägers im Sinne der §§ 190, 193 SGB III weiterhin nicht bestand, konnte der Kläger die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht mehr erfüllen.
Unabhängig davon bestand aber auch in den Jahren ab dem 01.01.2002 kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, weil der Zeitraum von 196 Wochen in das Jahr 2002 hineinragte und der Verbrauch des Vermögens ab diesem Zeitpunkt nicht belegt ist (vgl. dazu noch unten).
Der Kläger hat auch nicht durch den Verbrauch seines Vermögens zwischen dem 07.04.1998 und 08.04.2001 seine Bedürftigkeit herbeigeführt und damit einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe begründet. Nach den gesamten Ermittlungen steht zur Überzeugung des erkennenden Richters fest, dass der Kläger in diesem gesamten Zeitraum über ein seine Bedürftigkeit ausschließendes Vermögen verfügt hat.
Das auf den Konten der U. nachgewiesene Guthaben des Klägers ist nicht in einem Umfang für den Kauf eines Hauses in der Türkei verwandt worden, der die Berücksichtigung dieses Vermögens in ausreichendem Umfang ausschließen könnte. Dabei kann dahinstehen, ob es sich überhaupt bei dieser Immobilie um angemessenen Wohnraum im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 7 AlhiV handelt und ob eine Erwerbsabsicht, die erst nach der Beantragung und erstmaligen Bewilligung von Arbeitslosenhilfe entsteht, im Rahmen des § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 7 AlhiV noch von Bedeutung ist (ebenso offengelassen von BSG Urt. v. 17.12.2002 – B 7 AL 126/01 R – S. 7). Zum einen ist es nämlich nicht glaubhaft, dass der im Dezember 2000 von dem Konto 003 der U. abgehobene Betrag in Höhe von 174.738,00 DM zum Kauf dieses Hauses verwendet worden ist. Nach dem vom Kläger vorgelegten Grundbuchauszug datiert der Kauf von September 1999, die Abhebung ist aber erst im Dezember 2000 also mehr als ein Jahr später erfolgt. Der diesbezügliche Vortrag vor dem SG widerspricht auch den früheren Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren. Dort hat der Kläger nämlich behauptet, er habe bereits im Jahr 2000 über kein Vermögen mehr verfügt, weil er dieses 1999 für den Hauskauf verwendet habe, was nach der Lebenserfahrung auch naheliegend wäre. Zum anderen wäre auch ohne Berücksichtigung des Anteils des bei der U. angelegten Vermögens, der für den Hauskauf verwendet worden seien soll, die Bedürftigkeit in dem genannten Zeitraum ausgeschlossen. Der Kläger behauptet, für den Hauskauf 2,7 Milliarden (alte) türkische Lira (TRL) verwendet zu haben. Nach der eingeholten Bankauskunft betrug der Umrechnungskurs für 100 TRL zum 15.06.1999 0,00045415 DM, entsprechend 12.262,05 DM für 2,7 Milliarden TRL. Der Wert der TRL hat im Laufe des Jahres 1999 weiter abgenommen und betrug zum 01.09.1999 lediglich noch 10.109,70 DM für 2,7 Milliarden TRL (vgl. Währungsrechner Oanda unter www.oanda.com). Dieser Betrag hat im Hinblick auf das Gesamtvermögen des Klägers aber keine relevante Bedeutung.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger ca. 90.000,00 DM aufgewendet hat, wie er im Termin am 24.02.2009 unter Angabe eines anderen Umrechnungskurses behauptet hat (30.000,00 TRL für 1,00 DM), würde aufgrund des verbleibenden Vermögens die Bedürftigkeit im gesamten maßgeblichen Zeitraum zwischen dem 07.04.1998 und 08.07.2001 ausgeschlossen sein. Bei Abzug von 90.000,00 DM von dem Anlagevermögen von 208.455,00 DM unter Berücksichtigung der Freibeträge von 26.000,00 DM verbleiben 92.455,00 DM, was zu einem Leistungsausschluss von mindestens 99 Wochen (Teilungsfaktor 930) und damit vom 07.04.1998 bis zum März 2000 geführt hätte. Ab diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger aber wieder über weiteres Vermögen, wie die Anlage von weiteren 34.816,63 DM auf dem Konto 004 bei der U. am 02.01.2000 belegt. Hinzukommt, dass dem Kläger am 05.12.1998 eine Zinsgutschrift in Höhe von 25.365,00 DM auf dem Konto 003 gutgeschrieben worden war. Zwar sind Zinsen grundsätzlich als Einkommen ab dem Zeitpunkt des Zuflusses für die folgenden zwölf Monate anzurechnen (vgl. BSG Urt. v. 09.08.2001 – B 11 AL 15/01 R = SozR 3-4300 § 193 Nr. 3). Da eine Einkommensanrechnung im Hinblick auf die fehlende Bedürftigkeit infolge des vorhandenen Vermögens aber nicht zu erfolgen hatte und der Verbrauch des Zinsbetrages nicht belegt ist, stand der Betrag im Jahr 2000 wiederum als Vermögen zur Verfügung. Die Beträge von 34.816,63 DM sowie 25.365,00 DM haben den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für einen weiteren Zeitraum von 66 Wochen (60.181,63 DM durch das ab 2000 maßgebliche Bemessungsentgelt von 910,00 DM) ausgeschlossen.
Der Ansicht des Klägers, die Abhebung der Geldbeträge von den Konten der U. müsse dem Verbrauch des Geldes gleichgestellt werden, kann nicht gefolgt werden. Aus diesem Umstand folgt lediglich, dass die Gelder nicht mehr bei dieser Bank angelegt waren, nicht aber ihr Verbrauch. Da der Kläger hierzu nichts Schlüssiges vorgetragen hat, wie zuvor dargelegt worden ist, ist ihm dieses Vermögen weiter zuzuordnen.
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, er habe weitere Aufwendungen im Hinblick auf den Unfall seines zweiten Sohnes gehabt, ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass hierzu nicht ausreichend weiteres Vermögen zur Verfügung stand. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger weitere Zinsgutschriften in Höhe von 9.640,40 DM am 02.01.2000 und 24.738,00 DM am 05.12.2000 erhalten hatte. Diese Beträge waren aber ausreichend, die vom Kläger belegten Aufwendungen zu bezahlen.
Härtegesichtspunkte, die eine Berücksichtigung des Vermögens unzumutbar machen könnten, sind weder vom Kläger vorgetragen worden noch nach Aktenlage ersichtlich.
Hat der Kläger demnach zu Unrecht Arbeitslosenhilfe ab dem 07.04.1998 bewilligt erhalten, war die Beklagte gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III berechtigt, die Bewilligung auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies ist der Fall, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Der Kläger war verpflichtet seine Vermögensverhältnisse bei seinem Antrag auf Arbeitslosenhilfe bei der Beklagten zu offenbaren. Zwar hat der Kläger vor dem SG erklärt, er habe den Antrag lediglich ohne Kenntnisnahme der im Antragsformular enthaltenen Fragen unterschrieben. Dies kann ihn aber nicht entlasten. Zum einen hätten sich dem Kläger angesichts der zahlreichen in dem Antragsformular aufgelisteten Fragen aufdrängen müssen, dass es einer ordnungsgemäßen Erklärung über seine Verhältnisse bedurfte. Zum anderen muss dieser Vortrag als zweckgerichtet bewertet werden, weil sich der Kläger im gesamten Verwaltungsverfahren hierauf nicht berufen hatte, sondern dies erstmals bei der Anhörung durch das SG vorgetragen hat. Die nachträgliche Erklärung kann daher nur als Versuch gewertet werden, den Rückforderungsansprüchen der Beklagten zu entgehen. Angesichts des gesamten Verhaltens des Klägers im vorliegenden Verfahren besteht für den erkennenden Richter daher kein Zweifel, dass der Kläger vorsätzlich unwahre Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat.
Die Beklagte hat die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe folglich zu Recht mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, so dass der Kläger gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zur Erstattung der bereits erbrachten Leistungen verpflichtet ist. Hinsichtlich der Höhe der Erstattungsforderung hat der Kläger keine Einwendungen erhoben und für eine fehlerhafte Berechnung des Erstattungsbetrages bestehen nach Aktenlage auch keine Anhaltspunkte.
Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen.
Die Berufung der Beklagten ist dagegen begründet, weil der Kläger gemäß § 335 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) als Bezieher von Arbeitslosenhilfe die von der Beklagten gezahlten Beträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen hat, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und diese zurückgefordert worden ist. Die weitere Anwendung der Fassung dieses Gesetzes, welches zum 01.01.2005 dahin geändert worden ist, dass die Bezieher von Arbeitslosenhilfe nicht mehr erfasst werden, ergibt sich aus dem Inhalt der gesetzlichen Regelung und den Grundsätzen des intertemporalen Rechts (vgl. BSG Urt. v. 27.08.2008 – B 11 AL 11/07 R = SozR 4-4300 § 335 Nr. 1, das das SG in seine Entscheidung noch nicht einbeziehen konnte). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist hier der Zeitpunkt der Geltendmachung der Erstattungsforderung. Diese erfolgte aber bereits durch den Bescheid vom 09.03.2004 und damit zu einem Zeitpunkt des früher geltenden Rechts (vgl. BSG a.a.O.). Durch den Bescheid vom 09.03.2004 hat die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe aufgehoben und die gezahlten Leistungen erstattet verlangt. Gleichzeitig hat sie die Erstattung der bisher entrichteten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 11.061,18 EUR sowie der Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.119,12 EUR verfügt. Da die Voraussetzungen für die Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung gegeben waren, wie zuvor dargelegt worden ist, und der Kläger im maßgeblichen Zeitraum auch nicht anderweitig kranken- und pflegeversicht gewesen ist (vgl. § 335 Abs. 1 S. 2 SGB III), besteht daher der Erstattungsanspruch der Beklagten nach § 335 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 SGB III in seiner bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (vgl. BSG a.a.O. Rn 16).
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG daher insoweit zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 02.07.2010
Zuletzt verändert am: 02.07.2010