Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.04.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsanordnung liegen nicht vor. Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 19 i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB II, denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), ist erwerbsfähig i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 SGB II, hilfebedürftig i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 9 SGB II und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Gleichwohl kann er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen. Als Auszubildender, dessen Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, kann er gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II nicht in Anspruch nehmen. Unschädlich ist, dass die Förderung hier deswegen ausgeschlossen ist, weil es sich bei der Ausbildung zum Erzieher für ihn nicht um eine erstmalige Ausbildung i.S. der §§ 2, 7 BAföG handelt. Dass seine Ausbildung tatsächlich nicht gefördert wird, ist im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ebenso ohne Belang wie die Frage, aus welchen individuellen Gründen keine Förderung erfolgt. Die Vorschrift stellt allein auf die Förderungsfähigkeit der Ausbildung ab (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 28/06 R und Urteil vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 28/07 R, jeweils m. w. Nachweisen).
Der Antragsteller kann die begehrten Leistungen zum Lebensunterhalt auch nicht als Darlehen gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II beanspruchen. Ein nach dieser Vorschrift erforderlicher Härtefall liegt entgegen der vom Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift vom 05.05.2010 vertretenen Rechtsauffassung nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) (BVerwGE 94, 224 ff) ist ein besonderer Härtefall dann anzunehmen, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und vom Gesetzgeber in Kauf genommen wird. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, muss der Ausschluss von der Ausbildungsförderung als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen. Auch nach der Rechtsprechung des BSG folgt aus dem Zweck des Gesetzes, dass nicht bereits allein der Umstand, dass eine Ausbildung wegen fehlender Förderung nicht fortgeführt werden kann, einen Härtefall zu begründen vermag. Das habe der Gesetzgeber mit der Konzeption des gegliederten Sozialleistungssystems bewusst in Kauf genommen. Erforderlich sind vielmehr besondere Umstände des Einzelfalls, die es darüber hinaus als unzumutbar erscheinen lassen, dem Hilfebedürftigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verweigern (BSG, Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 28/06 R m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des BSG kann eine besondere Härte vorliegen, wenn ein wesentlicher Teil der Ausbildung bereits absolviert ist und der bevorstehende Abschluss unverschuldet an der Mittellosigkeit zu scheitern droht. Es muss die durch objektive Gründe belegbare Aussicht bestehen – nachweisbar beispielsweise durch Meldung zur Prüfung, wenn alle Prüfungsvoraussetzungen zur Prüfung erfüllt sind – die Ausbildung werde mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in absehbarer Zeit durch einen Abschluss zu Ende gebracht (BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 28/07 R, Urteil vom 01.07.2009, Az. B 4 AS 67/08 R). Eine solche Konstellation hat das SG zu Recht verneint. Der Antragsteller hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 29.09.2009 noch keinen wesentlichen Teil des erst einen Monat zuvor aufgenommenen und insgesamt auf zwei Jahre angelegten theoretischen Teils der Ausbildung abgeschlossen. Er befand sich vielmehr noch in einem frühen Stadium der Ausbildung, im Falle eines Abbruchs hätte er noch nicht einmal ein Zehntel der theoretischen Ausbildungszeit zurückgelegt. Somit wäre mit den Leistungen der Antragsgegnerin nicht etwa nur eine kurzzeitige Notlage zu überbrücken gewesen.
Eine weitere Ausnahme im Sinne eines Härtefalls kann nach der Rechtsprechung des BSG vorliegen, wenn die bereits fortgeschrittene und bisher kontinuierlich betriebene Ausbildung auf Grund von konkreten Umständen des Einzelfalls wegen einer Behinderung oder Krankheit gefährdet ist. Auch bei dieser Fallgruppe muss die Ausbildung kurz vor ihrem Abschluss stehen (BSG, Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 28/06 R). Dies ist wie bereits oben dargelegt wegen der Kürze der bisher zurückgelegten Ausbildungszeit nicht der Fall. Zudem haben die bei dem Antragsteller vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach seinen eigenen Angaben nicht zu einer Verzögerung seiner jetzigen Ausbildung zum Erzieher, sondern zum Abbruch seines Studiums an der Sporthochschule Köln geführt.
Ferner hat das BSG die Möglichkeit eines Härtefalls für den Fall diskutiert, dass die finanzielle Grundlage der Ausbildung aus der Sicht des Auszubildenden gesichert schien. Allerdings hat das BSG auch hier die Zumutbarkeit eines Ausbildungsabbruchs bejaht, wenn zum Zeitpunkt des Ausbildungsabbruchs die zurückgelegte Ausbildungsdauer nur kurz war. (BSG, Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 28/06 R). Somit kann dahinstehen, ob dem Antragsteller bei seiner Vorsprache im Mai 2009 mitgeteilt wurde, er bekäme Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Denn jedenfalls war es dem Antragsteller zum Zeitpunkt der ablehnenden Verwaltungsentscheidung im November 2009 mit Rücksicht auf die nur kurze Ausbildungsdauer noch zumutbar, die Ausbildung zu beenden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 28/07 R; in der dortigen Entscheidung hat das BSG die Zumutbarkeit sogar für einen Fall bejaht, in dem zunächst von der ursprünglich örtlich zuständen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) für drei Monate Leistungen nach dem SGB II bewilligt wurden).
Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein besonderer Härtefall zudem dann vorliegen, wenn nur eine nach den Vorschriften des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB II förderungsfähige Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (BSG, Urteil vom 06.09.2007, Az, B 14/7b AS 28/06 R). Dass die Ausbildung zum Sozialpädagogen die einzige Zugangsmöglichkeit des Antragstellers zum Arbeitsmarkt ist, ist weder vorgetragen noch erkennbar.
Ergänzend wird auf die Ausführungen des BSG in seiner Entscheidung vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 28/07 R hingewiesen, nach denen das Fünfte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürfter junger Menschen vom 26.08.2008 (BGBl I 1728) durch die Neufassung des § 60 Abs. 2 SGB III die Förderungsfähigkeit einer Zweitausbildung eröffnet, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung auf andere Weise nicht erreicht wird. Durch diese "Öffnung" des Ausbildungförderungsrechts für die Zweitausbildung werde die Fallgruppe, dass nur eine nach dem BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB II förderungsfähige Ausbildung die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt, für das Vorliegen eines Härtefalls an Bedeutung verlieren.
Soweit der Antragsteller vorträgt, er habe nichts gegen den Bescheid des BAföG-Amtes unternommen und die Ausbildung nicht zuletzt im Vertrauen auf die Aussage, ihm würden Leistungen nach dem SGB II bewilligt, aufgenommen, sind die für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Denn der eingetretene Nachteil muss durch eine zusätzliche Amtshandlung beseitigt werden können. Eine Korrektur des fehlerhaften Verwaltungshandelns würde dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen, denn das Gesetz verbietet für den ausgeschlossenen Personenkreis die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und lässt eine darlehensweise Gewährung nur bei Vorliegen einer besonderen Härte zu (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 28/07 R).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 07.09.2010
Zuletzt verändert am: 07.09.2010