Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 01.10.2009 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt für weitere sechs Monate Einstiegsgeld.
Die Beklagte gewährte dem 1976 geborenen Kläger seit dem 01.09.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II). Im März 2007 beantragte er die Gewährung von Einstiegsgeld für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zur Durchführung von "Repetitorien für Schüler und Studenten, Coaching im Zeit und Selbstmanagement für Führungskräfte". Als erwartetes Bruttoeinkommen aus dieser Tätigkeit gab er für das erste Jahr 18.954,00 EUR und für das zweite Jahr 53.946,00 EUR an. Er legte des weiteren die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit seiner Existenzgründung vor. Mit Bescheid vom 02.07.2007 bewilligte die Beklagte Einstiegsgeld für die Dauer vom 01.11.2007 bis 30.04.2008 in Höhe von monatlich 345,00 EUR. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass das Einstiegsgeld für weitere sechs Monate gewährt werden könne, wenn der Kläger seine Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlege (z.B. Gewinn- und Verlustrechnung der ersten fünf Monate, Tätigkeitsnachweise etc.). Gleichzeitig wurde darauf verwiesen, dass für die Weitergewährung eine erneute Antragstellung erforderlich sei, spätestens bis zum 15.05.2008.
Diesen Antrag stellte der Kläger am 12.05.2008 und legte dar, dass der Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur (Sekretariat, Arbeitsrecht, IT-Sicherheit, Markenrecht, Erstellen von Anzeigen, Website, Flyern, Präsentation, PR und vieles mehr) vollständig abgeschlossen sei. Regelmäßige Besuche von wichtigen Veranstaltungen der Wirtschaftsförderung und des Business-Club N seien strategisch für den Erfolg des Unternehmens entscheidend. Von besonderer Bedeutung sei die gelungene Mitgliedschaft in der VIP-Lounge. Die Aufnahme in diese Gruppe unterliege strengsten Aufnahmekriterien und sei nur über eine entsprechende Empfehlung durch ein Mitglied dieser Gruppe zu erreichen. Dem Antrag war eine Ausgabenaufstellung für die Zeit vom 01.11.2007 bis 30.04.2008 über 241,85 EUR beigefügt.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15.05.2008 den Antrag ab, weil sie im Rahmen ihrer ermessenslenkenden Weisungen Einstiegsgeld für das zweite Halbjahr nur zahle, wenn der Leistungsempfänger durch geeignete Unterlagen nachweise, dass eine hauptberufliche Selbstständigkeit ausgeübt werde. Aus den völlig ausgebliebenen Umsätzen/Erlösen sei zu schließen, dass die Wirtschaftlichkeit der selbstständigen Tätigkeit auch in nächster Zeit nicht gegeben sei. Allein der weitere Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur, Besuche bei zukünftigen Kunden und Partnern sowie Teilnahme an wichtigen Veranstaltungen ohne die Erzielung von Einnahmen könne im Hinblick auf die enge Zweckbindung des Einstiegsgeldes "Überwindung der Hilfebedürftigkeit auf Dauer durch die selbstständige Existenz" nicht dazu führen, dass Einstiegsgeld ab dem 01.05.2008 gezahlt werde. Es sei nicht erkennbar, dass in nächster Zeit ein Gewinn erzielt werde, der die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zum überwiegenden Teil bzw. in Gänze beende. Den gegen diese Entscheidung erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2008 zurück.
Der Kläger hat am 01.09.2008 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Er hat sich darauf berufen, dass ihm für ein Jahr Einstiegsgeld mündlich und schriftlich zugesagt worden sei. Die Erzielung von Gewinn im ersten Tätigkeitsjahr sei je nach Gestaltung des Unternehmens schwierig. Die Entscheidung der Beklagten sei willkürlich und ihr fehle die Kompetenz, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens zu beurteilen.
Des weiteren hat der Kläger Schadensersatz aus Amtshaftung in Höhe von 18.700,00 EUR geltend gemacht.
Mit Urteil vom 01.10.2009 hat das SG die Klage auf Einstiegsgeld abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 13.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.10.2009 Berufung eingelegt, ohne diese inhaltlich zu begründen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG Münster vom 01.10.2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2008 zu verurteilen, ihm Einstiegsgeld für die Zeit vom 01.05. bis zum 31.10.2008 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Senat macht nach entsprechendem Hinweis an die Beteiligten von der Möglichkeit des § 153 Abs. 4 SGG Gebrauch, die Berufung im Beschlussverfahren zurückzuweisen, weil die Berufsrichter übereinstimmend der Auffassung sind, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf weiteres Einstiegsgeld hat.
Nach der vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 geltenden Bestimmung des § 29 Abs. 1 S. 1 SGB II (jetzt inhaltsgleich § 16b Abs. 1 S. 1 SGB II, eingefügt durch Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I, 2917) kann zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lassen sich in dem hier streitigen Zeitraum vom 01.05. bis 31.10.2008 nicht feststellen.
Zum einen fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit (noch) in diesem Zeitraum ausgeführt hat. Dabei kann dahin stehen, welche Mindestgrenze an zeitlichem Umfang der Tätigkeit § 29 Abs. 1 S. 1 SGB II verlangt. Geht man davon aus, dass die Gewährung des Einstiegsgeldes die Arbeitslosigkeit beseitigen soll, ist eine Tätigkeit von wenigstens 15 Stunden in der Woche zu fordern, weil erst ab diesem Umfang Arbeitslosigkeit im Sinne des SGB III – Arbeitsförderung – nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB III entfällt (vgl. Thie in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 16b Rn 7; Lauterbach in Gagel, SGB II/III, § 29 SGB II Rn 7). Der Kläger hat jedoch nicht einmal Belege für eine Tätigkeit zwischen einer und 15 Stunden wöchentlich erbracht. Weder hat er für diesen Zeitraum Umsätze oder Einnahmen nachgewiesen noch sonstige Aktivitäten belegt, die einen Anhalt dafür geben könnten, dass er tatsächlich ernsthaft einer selbstständigen Tätigkeit, wie er sie der Beklagten mit seinem Antrag dargestellt hat, nachgegangen ist. Auch die von ihm für das erste Halbjahr angegebenen Ausgaben von 241,85 EUR (entsprechend ca. 40,00 EUR pro Monat) sprechen gegen eine ernsthafte selbstständige Tätigkeit relevanten Umfangs. Ebenso fehlen für das zweite Halbjahr konkrete Belege für entsprechende Ausgaben bzw. der Nachweis aufgewendeter Arbeitsstunden.
Des Weiteren wird Einstiegsgeld zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit gewährt. Daraus folgt, dass eine Förderung ausgeschlossen ist, wenn die angestrebte Tätigkeit keinerlei berechtigte Chance und Hoffnung zulässt, dass sie auf Dauer dazu führen wird, die Hilfebedürftigkeit des Leistungsempfängers und der Bedarfsgemeinschaft zu beenden (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 29 Rn 18; Thie aaO § 16b Rn 9). Angesichts des Umstands, dass keine Aktivitäten des Klägers nachgewiesen sind, die tatsächlich die Erwartung der Erzielung eines entsprechenden Einkommens aus seiner angekündigten Tätigkeit belegen könnten, fehlt es an dieser Voraussetzung. Die abstrakten Darlegungen des Klägers über die Schwierigkeiten des Aufbaus eines selbstständigen Unternehmens können zu keiner anderen Beurteilung führen, weil jeglicher Beleg dafür fehlt, dass der Kläger Tätigkeiten von solcher Qualität entfaltet hat, dass sie die berechtigte Hoffnung geben, in Zukunft könne ein ausreichender Gewinn erzielt werden.
Die Erfüllung dieser Tatbestandsmerkmale sind nicht im Ermessen der Beklagten stehende Grundvoraussetzungen für den Anspruch auf Einstiegsgeld und vom Gericht daher in vollem Umfang zu überprüfen (Spellbrink aaO § 29 Rn 27).
Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf die von ihm behauptete mündliche Zusage der Förderung für ein Jahr durch die Beklagte stützen, sodass dahin stehen kann, ob eine solche Zusage erteilt worden ist.
Die mündliche Zusage stellt keine Zusicherung dar, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen, weil § 34 Abs. 1 S. 1 SGB X hierfür die Schriftform verlangt. Ein schriftliche Zusage ist entgegen der Behauptung des Klägers durch die Beklagte jedoch nicht erfolgt. Zwar bindet auch die mündliche Zusage die Ermessensausübung der Behörde im Sinne der erfolgten Erklärung (vgl. BSG Urt. v. 18.08.2005 – B 7a AL 66/04 R – und v. 06.04.2006 – B 7a AL 20/05 R – = www.juris.de), weil aber die Tatbestandsvoraussetzungen für den begehrten Anspruch nicht erfüllt sind, kommt es auf die Ermessensausübung im Rahmen dieser Entscheidung nicht an.
Darüber hinaus hat die Beklagte eine solche Zusage durch ihren Bescheid vom 02.07.2007 geändert, indem sie die Dauer des Einstiegsgeldes auf sechs Monate beschränkt und die Fortgewährung nur unter bestimmten Voraussetzungen zuerkannt hat. Da der Kläger diesen Bescheid bestandskräftig hat werden lassen, liegt eine bindende Abänderung der behaupteten mündlichen Zusage vor.
Im Rahmen des danach bestehenden Ermessensspielraums der Beklagten ist es aber nicht zu beanstanden, wenn die Fortzahlung des Einstiegsgelds von dem Nachweis der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit abhängig gemacht und darauf abgestellt wird, dass eine wirtschaftliche, die Hilfebedürftigkeit überwindende Tätigkeit im Hinblick auf die völlig fehlenden Umsatznachweise nicht anzunehmen ist.
Für Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung ist die Sozialgerichtsbarkeit nicht zuständig; im Übrigen hat der Kläger das Übergehen dieses Anspruchs durch das SG nicht nach § 140 SGG gerügt.
Die Berufung ist daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Erstellt am: 25.11.2010
Zuletzt verändert am: 25.11.2010