Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster 27.05.2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
I.
Der 1983 geborene Kläger, der u.a. unter einer an Taubheit grenzende Schallempfindungsschwerhörigkeit leidet, begehrt die Erstattung der Kosten für eine drahtlose Signalübertragungsanlage. Solche sog. FM-Anlagen übertragen die von einem Mikrofon aufgenommene Sprache bzw. den Fernseh- oder Radioton drahtlos an einen Empfänger, den der Hörbehinderte um den Hals trägt und über ein Kabel an dem Hörgerät verbunden ist.
Der Kläger besuchte nach seiner Realschulzeit und anschließenden Ausbildung zum Elektromaschinenbauer ab 22.08.2005 das Berufskolleg und erlangte dort im Juni 2006 die Fachhochschulreife. Während der gesamten Ausbildung war er mit einer FM-Anlage (Modell Mikroport) versorgt. Wegen eines Defekts der Anlage beantragte er am 05.04.2006 – zu diesem Zeitpunkt war seine Ausbildung im Wesentlichen beendet – unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Hals-, Nasen und Ohrenheilkunde sowie eines Kostenvoranschlags der B Hörgeräte GmbH bei der Beklagten, bei der er krankenversichert ist, die Kostenübernahme für eine neue FM-Anlage. Im Anschluss an eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 07.07.2006 die Versorgung mit einem Hörgerät, lehnte aber die Kostenübernahme für eine FM-Anlage ab. Im Bereich der Erwachsenenversorgung und der Kinderversorgung außerhalb des Regelschulbesuches fielen drahtlose Übertragungsanlagen nicht mehr in den Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gegen die Ablehnung legte der Kläger Widerspruch ein. Die Annahme der Beklagte, dass er "keine normale Schule", also keine Regelschule besuche, entbehre unter schulrechtlichen Gesichtspunkten jeder Grundlage. Die von ihm besuchte Schule sei als Regelschule zu werten. Zum Nachweis legte er eine Bescheinigung des Berufskollegs C vom 17.08.2006 vor: Berufskollegs zählten zu den Regelschulen.
Mit weiterem Bescheid vom 14.09.2006 und Widerspruchsbescheid vom 09.02.2007 lehnte die Beklagte erneut die Übernahme der Kosten für eine FM-Anlage ab. Die Versorgung mit zwei Hörgeräten (Prisma 2 D SP) sei ausreichend und zweckmäßig. Im Bereich der Erwachsenenversorgung und der Kinderversorgung außerhalb des Regelschulbesuchs seien drahtlose Übertragungsanlagen nicht von der gesetzliche Krankenversicherung zu übernehmen.
Im Klageverfahren hat der Kläger an seinem Begehren festgehalten und – unter Wiederholung seines bisherigen Vortrags im Übrigen – ergänzend vorgetragen, er nehme seit dem 08.02.2007 wegen seiner zunehmenden Erblindung an einer von der Agentur für Arbeit geförderten Umschulung zum Informatikkaufmann teil. Er habe die begehrte Anlage zuvor im Rahmen des Schulbesuchs benötigt und benötige sie weiterhin – nunmehr im Rahmen seiner Umschulung sowie zu Befriedigung seines allgemeinen Infomationsbedürfnisses durch Funk und Fernsehen außerhalb des elterlichen Umfeldes. Da die Beklagte seinen Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eingang an den Leistungsträger weitergeleitet habe, der nach ihrer Auffassung zuständig sei, könne sie sich jedenfalls nicht auf eine fehlende Zuständigkeit berufen.
Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung blieb ebenso wie seine Beschwerde (Beschluss des Sozialgerichts (SG) vom 26.06.2007 – S 9 KR 33/07 ER – und Beschluss des Senats vom 18.09.2007 – L 11 B 18/07 KR ER -) und seine Anhörungsrüge (Beschluss des Senats vom 28.11.2007 – L 11 B 70/07 KR RG -) ohne Erfolg.
Unter Vorlage der Rechnung des I Hörzentrums vom 04.05.2009 in Höhe von 2.252,00 EUR sowie eines entsprechenden Kontoauszuges hat der Kläger ergänzend ausgeführt, eine Mikrolink-Anlage erworben zu haben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2007 zu verpflichten, die Kosten für eine MikroLink-Anlage in Höhe von 2.252,00 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an der von ihr im Vorverfahren vertretenen Auffassung festgehalten. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe der damals 22jährige Kläger das Berufskolleg C besucht. Hierbei handle es sich nicht um eine Regelschule. Der Kläger habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der Schulpflicht unterlegen. Insofern ergebe sich keine Leistungsverpflichtung der Beklagten. Die Leistungspflicht eines anderen Leistungsträgers habe sie erst seit dem 08.02.2007 erkennen können. Seit diesem Zeitpunkt habe der Kläger an einer Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beigeladenen teilgenommen. Es könne nicht gewollt sein, dass der erstangegangene Träger bei Unzuständigkeit nur durch Weiterleitung des Antrags an den zuständigen oder für zuständig gehaltenen Träger von der Bewilligungsverpflichtung entbunden werde. Demnach müsste der erstangegangene Leistungsträger auch leisten, wenn es ihm nicht gelinge, einen anderen Träger im gegliederten System ausfindig zu machen oder er die Zuständigkeit eines anderen Trägers aufgrund des Antragsgegenstandes bereits ausschließen könne. Diese Rechtsfolge scheitere an der Tatsache, dass das SGB IX keine eigenständige Leistungsvorschrift darstelle. Die Rechtswirkung des § 14 SGB IX sei auf die Entscheidungszuständigkeit begrenzt. Diese könne nicht mit einem Bewilligungsautomatismus verknüpft werden.
Die Beigeladene, die keinen Antrag gestellt hat, hat hingegen die Auffassung vertreten, die Beklagte sei für die Erbringung der Leistung zuständig, weil über den Antrag nicht innerhalb der durch § 14 SGB IX vorgegebenen Frist hinsichtlich der Zuständigkeit entschieden und der Antrag nicht an den vermeintlich zuständigen Träger weitergeleitet worden sei. Darüber hinaus könnten Kosten für ein Hilfsmittel nur übernommen werden, wenn dieses zum Ausgleich einer Behinderung für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. eine ganz spezielle Form einer Berufsausübung erforderlich sei und sonst bei anderweitiger beruflicher Tätigkeit nicht benötigt werde. Da der Kläger aber bereits bei einer Entfernung ab einem Meter an der allgemeinen Kommunikation bzw. einem Informationsaustausch nicht teilnehmen oder Gefahren im Alltag nicht ausreichend erkennen könne, stehe die Versorgung mit technischen Hilfe für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Vordergrund. Dies aber sei Aufgabe der Krankenversicherung.
Soweit der Kläger parallel Klage gegen die Beigeladene, die die Kostenübernahme mit Bescheid vom 07.11.2007 und Widerspruchsbescheid vom 13.02.2008 mit obiger Begründung abgelehnt hat, vor dem SG Münster – S 1 AL 24/08 – erhoben hat, ist für dieses Verfahren mit Beschluss vom 20.08.2008 das Ruhen angeordnet worden.
Das SG Münster hat die Klage mit Urteil vom 27.05.2009 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Es habe sich weder um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt, da die Anlage dem Kläger leihweise zur Verfügung gestellt worden sei, noch habe er einen Anspruch auf Versorgung mit diesem Hilfsmittel gehabt. Er sei durch leistungsstarke hochwertige Hörgeräte ausreichend versorgt. Die Beklagte sei zum Ausgleich der Behinderung über eine Versorgung der Grundbedürfnisse hinaus nach Abschluss der schulischen Ausbildung nicht mehr verpflichtet. Bei dem Besuch der Regelschule handle es sich zwar für Kinder um ein elementares Lebensbedürfnis, das eine Leistungspflicht der Beklagten auslösen könne. Die Schulfähigkeit bzw. der Erwerb einer elementaren Schulausbildung seien als allgemeines Grundbedürfnis eines Schülers anerkannt, soweit es um die Vermittlung von grundlegendem schulischen Allgemeinwissen an Schüler im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht gehe. Die gesetzliche Krankenversicherung sei jedoch zu einer über die Schulpflicht hinausgehenden Herstellung und Sicherung der Schulfähigkeit nicht verpflichtet. Eine Leistungspflicht der Beklagten ergebe sich auch nicht aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Aus den im Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen und Angaben habe von der Beklagten in keiner Weise entnommen werden können, dass der Kläger die FM-Anlage nunmehr für weitere Ausbildungsmaßnahmen, nämlich die am 08.02.2007 im Berufsförderungswerk Würzburg beginnende Qualifizierungsmaßnahme zum Informatikkaufmann benötigt habe. Erkennbar sei auch nicht gewesen, dass es sich hierbei um eine von den Beigeladenen geförderten Maßnahme gehandelt habe. Die Auseinandersetzung über die Bewilligung der beantragten MikroLink-Anlage sei vom Kläger stattdessen unter Hinweis darauf geführt worden, dass es sich bei dem Besuch des Berufskollegs um eine Regelschule handele und hiermit die Leistungspflicht der Beklagten gegeben sei. Wie vom Landessozialgericht im Beschluss vom 18.09.2007 festgestellt, sei es der Beklagten objektiv im Verwaltungsverfahren nicht möglich gewesen, den geltend gemachten Anspruch auch unter Berücksichtigung des Leistungsrechts des "eigentlich zuständigen" Trägers zu prüfen, weil ihr nicht bekannt gewesen sei, wofür die FM-Anlage tatsächlich benötigt worden sei. Wären die notwendigen Angaben vom Kläger gemacht worden, hätte er die Beklagte in die Lage versetzt, eine Entscheidung über die eigene Zuständigkeit und die Zuständigkeit der Beigeladenen zu treffen und innerhalb der vorgesehenen Frist den Antrag bei Verneinung der eigenen Zuständigkeit an die Beigeladene weiterzuleiten. Dass dies nicht geschehen sei, liege im Verantwortungsbereich des Klägers. § 14 SGB IX solle im Interesse Behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenwirken. Hierdurch werde keine Leistungspflicht eines Leistungsträgers begründet, wenn aufgrund unzutreffender oder unvollständiger Angaben eines Antragstellers die mögliche Zuständigkeit eines weiteren Leistungsträgers nicht erkannt und ermittelt werden könne. Eine solche Fallgestaltung werde von Sinn und Zweck der Regelung des § 14 SGB IX nicht erfasst.
Im Berufungsverfahren wendet sich der Kläger gegen die erstinstanzliche Entscheidung und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, es sei abwegig, ihm vorzuhalten bei Antragstellung im April 2006 nicht auf eine Umschulungsmaßnahme hingewiesen zu haben, die erst im Jahre 2007 begonnen habe. Er habe zu keinem Zeitpunkt wahrheitswidrige Angaben gemacht. Überdies sei seine Umschulung ebenfalls mit erheblichen schulischen Anteilen versehen. Die Beklagte habe sich rechtsfehlerhaft darauf beschränkt, ihre eigene Zuständigkeit wegen des Fehlens eines elementaren Grundbedürfnisses zu negieren, ohne einen anderen Träger zu benennen oder auch nur dessen Zuständigkeit in Erwägung zu ziehen. Unabhängig von alledem habe er, dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 – folgend, einen unmittelbaren Anspruch gegen die Beklagte, weil es hier um einen Ausgleich unmittelbarer Behinderungsfolgen (Hörverlust) gehe und es daher auf eine Unterscheidung zwischen Grundbedürfnissen und den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen nicht ankomme.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 27.05.2009 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2007 zu verurteilen, die ihm entstandenen Kosten für eine MikroLink-Anlage in Höhe von 2.252,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf ihr vorhergehendes Vorbringen und trägt ergänzend vor: § 14 SGB IX enthalte lediglich eine Regelung zur Zuständigkeit und Erstattung. Die Frage der Zuständigkeit betreffe das Außenverhältnis zwischen dem Rehabilitationsträger und dem Antragsteller. Ziel dieser Vorschrift sei es, dass Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage einschließlich der vorläufigen Leistungserbringung bei ungeklärter Zuständigkeit oder bei Eilbedürftigkeit nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen sollen. Grundsätzlich bleibe die Zuständigkeit der einzelnen Zweige der sozialen Sicherheit für Rehabilitationsleistungen unberührt. Jedoch solle nach der Gesetzesbegründung das Verwaltungsverfahren durch eine rasche Zuständigkeitsklärung deutlich verkürzt werden, damit die Berechtigten die erforderlichen Leistungen schnellstmöglich erhielten. Sinn und Zweck des § 14 SGB IX sei es mithin, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellten und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergriffen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Der Versicherte solle lediglich einen Bescheid erhalten. Leistungsansprüche erwüchsen hieraus indessen nicht.
Die Beigeladene hat keine Stellungnahme abgegeben.
Der Senat hat die Beteiligten auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die beigezogenen Gerichtsakten des SG Münster S 9 KR 33/07 ER und S 1 AL 24/08 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
II.
Der Senat kann über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist. Der Senat hat die Beteiligten hierzu angehört.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die zutreffende Begründung des Urteil vom 27.05.2009 wird Bezug genommen (§153 Abs. 2 SGG). Der Senat hält an seiner im Beschluss vom 24.02.2010, mit dem er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, ausgeführten Rechtsauffassung fest:
Auch das Vorbringen des Klägers zur Begründung seiner Berufung führt – nach der im Prozesskostenhilfsverfahren gebotenen summarischen Prüfung – nicht zu einer abweichenden Entscheidung. Die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs. 3 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2. Nr. 3, § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bzw. § 15 Satz 4 SGB IX sind – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – nicht erfüllt. Wegen des kostenlosen Erhalts eines Leihgerätes handelte es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung; ein Notfall oder eine andere dringende Bedarfslage bestand vor diesem Hintergrund nicht. Auch war die Weigerung der Beklagten rechtmäßig, den Kläger mit einer MikroLink-Anlage zu versorgen, so dass sich ein Erstattungsanspruch auch vor diesem Hand nicht begründen lässt. Wie bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Senat ausgeführt (Beschluss vom 18.09.2007 – L B 18/07 KR ER -), ist die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beschränkt auf den Bereich der allgemeinen Schulpflicht, eine darüber hinaus gehende Schul- und Hochschulausbildung zählt zur beruflichen Rehabilitation, für die keine Leistungspflicht der GKV besteht. Das Gleiche gilt für eine Umschulungsmaßnahme, die der Eingliederung in das Berufsleben dient und zwar unabhängig davon, ob diese -.wie der Kläger zur Berufungsbegründung vorträgt – mit "erheblichen schulischen Anteilen" versehen ist. Insoweit hat auch das SG den geltend gemachten Anspruch zu Recht unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03.11.1999 – B 3 KR 3/99 R – verneint, da die schulische Ausbildung des Klägers de facto bereits bei Antragstellung beendet war.
Es kann insofern dahin gestellt bleiben, ob der Kläger einen Anspruch auf die beantragte Hilfsmittelversorgung für die Zeit seiner Umschulung hatte, da er darauf gerichtet bereits keinen Antrag gestellt hat, so dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 2. Alt. SGB V bereits aus diesem Grund nicht erfüllt sind. Schließlich macht der Kläger auch nicht geltend, außerhalb der Ausbildung- bzw. Umschulungssituation nicht ausreichend durch die ihm von der Beklagten gewährten Hörgeräte"Prisma 2D SP" versorgt (gewesen) zu sein.
Der Kläger hat auch gegen die Beklagte als erstangegangene Rehabilitationsträgerin keinen Kostenerstattungsanspruch aufgrund weiterer rehabilitationsrechtlicher Anspruchsgrundlagen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich eigentlich zuständige Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Leistungszuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beklagte Krankenkasse) eine i.S. von § 14 Abs. 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl. BT-Drucks. 14/5074 S. 95 zu A und S. 102 f. zu § 14). Dazu ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IX). Andernfalls bestimmt § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind. Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX und §§ 102 ff. SGB X verweist (vgl. BSG, Urteil vom 20.11.2008 – B 3 KN 4/07 KR R – m.w.N.). Bei einem Antrag auf Kostenübernahme für eine Mikrolink-Anlage ist in der Regel davon auszugehen, dass der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit jemand ist, der für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten aufgrund seiner Hörschädigung zumindest am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt und daher gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX alsBehinderter anzusehen ist. Der Antrag ist daher regelmäßig nach §§ 14, 15 SGB IX zu beurteilen, denn ein Antrag auf Versorgung mit zumindest solchen Hilfsmitteln ist immer auch auf Leistungen zur Teilhabe i.S. von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Im Zweifel will der behinderte Mensch die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen, so dass der gestellte Antrag umfassend, d.h. auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen ist (ständige Rechtsprechung, zuletzt BSG, Urteil vom 20.10.2009 – B 5 R 5/07 R – m.w.N.). Soweit Krankenkassen Kenntnis davon haben bzw. haben müssen, dass anstelle einer Grundversorgung (etwa mit einem analogen Hörgerät) ein Mehrbedarf an Teilhabeleistungen besteht, haben sie den Antrag – zur Vermeidung eigener Inanspruchnahme – an den zuständigen Rehabilitationsträger weiterzuleiten. Ergibt sich dies nicht bereits aus dem Antrag, ist der erstangegangene Rehabilitationsträger bei Vorliegen von Anhaltspunkten zur eingehenden Prüfung von Amts wegen gemäß § 20 SGB X verpflichtet. Solche Anhaltspunkte lagen indessen nicht vor. Der Senat verweist insofern auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils, der er sich nach – der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen – eigenen Sach- und Rechtsprüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG analog).
Davon abzuweichen besteht nach der im Hauptsacheverfahren – über die bloße summarische Prüfung im Prozesskostenhilfsverfahren hinausgehenden – gebotenen Überprüfung der Sach- und Rechtslage auch unter Berücksichtigung des vom Kläger angeführten Urteils des BSG vom 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 – keine Veranlassung.
Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass es nach Auffassung des 3. Senats des BSG in Unterscheidung zwischen mittelbarem und unmittelbarem Behinderungsausgleich Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten Behinderungsausgleichs ist, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt je nach Notwendigkeit – begrenzt durch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) – auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein. Der Kläger verkennt jedoch, dass Streitgegenstand dieses Verfahrens nicht die Kostenübernahme für ein digitales Hörgerät, sondern für eine MikroPort-Anlage und damit für eine Einsatzerweiterung der Hörgeräteversorgung durch ein externes Zusatzgerät ist, so dass es insoweit um eine Frage des mittelbaren Behinderungsausgleiches geht. Diese Auffassung vertritt auch der 3. Senat in dem vom Kläger angeführten Urteil, wie aus folgendem Zitat hervorgeht: "Desgleichen kann (Anmerkung: auch im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleich) eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl. Urteil des Senats vom 03.11.1999 – B 3 KR 3/99 R -, SozR 3-2500 § 33 Nr. 34 zur Versorgung mit einer – dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden – Mikroportanlage)."
In diesem Bereich sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG (u.a. das vom Kläger angeführte Urteil m.w.N.) zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Dabei geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungsträger. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach Maßgabe dieser Grundsätze zählt die Ausstattung mit einer Mikroportanlage bei Erwachsenen nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 03.11.1999 a.a.O.), wenn – wie hier – eine grundlegende Verbesserung des Hörvermögens bereits durch die Hörgeräte-Versorgung erreicht worden ist und nach Antrag und weiterem Vorbringen des Klägers die begehrte zusätzliche Versorgung (zumindest ganz im Wesentlichen) für einen Bereich – hier im Rahmen von Bildungsmaßnahmen – erforderlich ist, in dem keine menschlichen Grundbedürfnissen zu befriedigen sind. Eine Verbesserung des Behinderungsausgleichs auf beruflicher Ebene reicht dazu nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183, 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 14.09.2011
Zuletzt verändert am: 14.09.2011