Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 15.11.2010 geändert. Dem Kläger wird ab 08.10.2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T, N, beigeordnet.
Gründe:
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für seinen Rechtsstreit um die Höhe der für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 31.08.2009 zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II).
Der Kläger bezog seit November 2005 bis zur Einstellung der Leistungen wegen ausreichender Eigeneinkünfte ab November 2009 Leistungen nach dem SGB II seitens der Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter).
Vor dem Hintergrund von Einkünften des Klägers in wechselnder Höhe aus Arbeitsverhältnissen bei einem Zeitarbeitsunternehmen vom 07.08.2008 bis 13.10.2008, 22.10.2008 bis 10.01.2009 und ab dem 16.02.2009, die vom Kläger zeitlich verzögert für die Zeit bis einschließlich April 2009 und nach Aktenlage für den Zeitraum ab Mai 2009 bislang nicht nachgewiesen wurden, erließ der Beklagte mehrere den streitigen Zeitraum betreffende Bescheide:
Mit Bescheid vom 13.11.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 611,67 EUR monatlich für den Zeitraum vom 01.11.2008 bis 30.04.2009. Mit Bescheid vom 11.12.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.11.2008 bis 30.04.2009 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 475,83 EUR für November 2008 und in Höhe von 83,60 EUR für den Folgezeitraum unter Anrechnung fiktiven Nettoerwerbseinkommens von monatlich 800,- EUR.
Mit Bescheid vom 06.04.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2008 bis 30.04.2009 Leistungen "gemäß § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) als Vorschuss" in Höhe von 475,83 EUR für November 2008, unter Berücksichtigung zwischenzeitlich nachgewiesener Einkünfte dieser Monate in Höhe von 31,38 EUR für Dezember 2008 und 83,60 EUR für Januar 2009 sowie in Höhe von jeweils 611,67 EUR monatlich ohne Anrechnung von Einkünften für die Folgezeit bis zum 30.04.2009. Mit Schreiben vom 15.06.2009 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Teilaufhebung der Bewilligung und Rückforderung in Höhe von 1.388,46 EUR für den Zeitraum vom 01.03.2009 bis 31.05.2009 an. Zu dieser Überzahlung sei es wegen des erzielten Erwerbseinkommens im Rückforderungszeitraum gekommen. Im September 2009 fiel Mitarbeitern der Beklagten auf, dass es infolge des Bescheides vom 06.04.2009 in Verbindung mit dem zwischenzeitlich erzielten Erwerbseinkommen des Klägers zu Überzahlungen gekommen war.
Mit Bescheid vom 30.11.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 482,79 EUR für Februar 2009, 392,25 EUR für März 2009 und 30,96 EUR für April 2009. Der Bescheid enthält die Begründung, es handele sich um die endgültige Festsetzung der mit Bescheid vom 06.04.2009 vorschussweise gewährten Leistungen nach § 42 SGB I. Mit dem Datum 16.11.2009 erließ der Beklagte nach Aktenlage drei Bescheide. Mit Bescheid vom 16.11.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von Februar bis einschließlich April 2009 Leistungen in Höhe der mit Bescheid vom 10.11.2009 genannten Beträge.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) hob der Beklagte die Bewilligung vom 11.12.2008 für die Zeit vom 01.12.2008 bis 31.01.2009 teilweise, ab dem 01.02.2009 insgesamt auf und forderte vom Kläger eine Erstattung von 104,45 EUR für Überzahlungen der Monate Dezember 2008 und Januar 2009. Mit als "Erstattungsbescheid nach § 42 Abs. 2 SGB I" überschriebenem weiteren Bescheid forderte der Beklagte die Erstattung von 838,63 EUR für den Zeitraum vom 01.02. bis 30.04.2009 unter Berufung auf § 42 Abs. 2 SGB I. Dieser Betrag sei mit einem Restanspruch von 475,83 EUR für November 2008 zu verrechnen, sodass sich ein Erstattungsbetrag von 362,80 EUR ergebe.
Mit Bescheid vom 18.11.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Monate Mai und Juni 2009 in Höhe von 33,46 EUR sowie für die Monate Juli und August 2009 in Höhe von 41,46 EUR im Hinblick auf den ab 01.07.2009 erhöhten Regelbedarfssatz nach § 20 SGB II. Mit Schreiben vom 15.12.2009 bezog sich der Kläger auf die Bescheide des Beklagten "über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 16.11.2009 … und vom 18.11.2009” und legte Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010 (W 1976/09) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16.11.2009, mit dem Leistungen für die Zeit vom 01.02.2009 bis 30.04.2009 (endgültig) bewilligt worden waren, zurück. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010 (W 1977/09) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18.11.2009 zurück. Beide Widerspruchsbescheide wurden dem Kläger am 04.02.2010 zugestellt. Am 04.03.2010 hat der durch seinen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger Klage erhoben mit dem Antrag,
unter entsprechender Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2010 (W 1976/09) sowie des Bewilligungsbescheides vom 18.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2010 (XXX) die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem SGB II in Höhe der ursprünglichen vorläufigen Bewilligungen zu gewähren.
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 15.11.2010, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, abgelehnt. Der Kläger hat gegen den am 17.11.2010 zugestellten Beschluss am 15.12.2010 Beschwerde eingelegt, auf deren Begründung vom 21.02.2011 Bezug genommen wird.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.
Prozesskostenhilfe steht dem Kläger nach §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes, 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu, weil die beabsichtigte und nicht mutwillige Rechtsverfolgung des nach seinen glaubhaft gemachten persönlichen Verhältnissen bedürftigen Klägers auch hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO aufweist. Der nach Sachverhalt und Bescheidlage gleichermaßen nicht einfache Rechtsstreit wirft Fragen und Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der einzubeziehenden Bescheide auf, die der sorgfältigen Überprüfung im Hauptsacheverfahren bedürfen und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen. Im Rahmen der hier stattfindenden alleine summarischen Prüfung ist auf Folgendes hinzuweisen: Zweifelhaft ist bereits die Richtigkeit der dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2010 – W 1976/09 – zugrunde gelegten Annahme des Beklagten, der Kläger habe lediglich den Bewilligungsbescheid vom 16.11.2009 angefochten. Die Formulierung des Widerspruchsschreibens jedenfalls lässt die Annahme zu, dass der Kläger nicht nur einen der nach Aktenlage drei Bescheide vom 16.11.2009, sondern mehrere, möglicherweise alle drei Bescheide, angefochten hat. Hierzu bietet sich zunächst die Nachfrage an, welche Bescheide vom 16.11.2009 dem Kläger tatsächlich zugegangen sind. Sollte sich herausstellen, dass der Kläger tatsächlich nur den Bewilligungsbescheid vom 16.11.2009 angefochten hat bzw. anfechten wollte, stünde auch nicht ohne weiteres fest, dass die weiteren Bescheide vom 16.11.2009 im vorliegenden Rechtsstreit keine Beachtung finden müssten. Vielmehr treffen die weiteren Bescheide vom 16.11.2009 Regelungen bzgl. der Leistungsansprüche des Klägers im selbenBewilligungszeitraum, den der nach Ansicht der Beklagten allein angefochtene Bewilligungsbescheid vom 16.11.2009 regelt. Ihre Einbeziehung als sog. "Gegenstandsbescheide" in direkter oder entsprechender Anwendung von § 86 SGG liegt daher nahe.
Insbesondere die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 16.11.2009, mit der der nach Auffassung der Beklagten überzahlte Vorschuss zurückgefordert wurde, begegnet ernstlichen Bedenken hinsichtlich seiner Rechtmäßigkeit. Denn bei Erlass des Bescheides vom 06.04.2009 lag ein Sachverhalt für den Erlass eines Vorschussbescheides nicht vor. Dass der Erlass des Bescheides als Vorschussbescheid für den geregelten Zeitraum seitens des Beklagten überhaupt beabsichtigt, beruhte vielmehr auf einem Eingabefehler (vgl. Vermerk vom 09.11.2009, Bl. 339 VA). Aus diesem Grunde sowie wegen der Nichtberücksichtigung der zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe bereits teilweise feststehenden Einkünfte des Klägers für den geregelten Zeitraum dürfte der Bescheid vom 06.04.2009 als ursprünglich rechtswidriger Bescheid anzusehen sein, der nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückzunehmen wäre. Die Umdeutung eines der Bescheide vom 16.11.2009 in einen rechtmäßigen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X wäre gegenwärtig wegen der bislang fehlenden Prüfung des subjektiven Tatbestandes in § 45 SGB X, im Übrigen auch wegen der bislang fehlenden Anhörung hierzu (Urteil des BSG vom 09.11.2010 (B 4 AS 37/09 R) ausgeschlossen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 SGG nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 23.05.2011
Zuletzt verändert am: 23.05.2011