Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 30.09.2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu 1) einen Antrag des Klägers auf Gewährung höherer Leistungen der Sozialhilfe aus dem Gesichtspunkt eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ablehnen durfte.
Der seinerzeit im laufenden Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) bei der Beklagten zu 1) stehende Kläger beantragte unter dem 29.01.2009 weitere Leistungen in Gestalt von Zahlungen aus Anlass eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung, wobei er zur Begründung ausführte, er benötige einen Zuschuss wegen einer Diabeteserkrankung.
Mit Schreiben vom 06.02.2009 übersandte die Beklagte zu 1) dem Kläger einen Vordruck zur ärztlichen Bestätigung der behaupteten Gesundheitsstörungen und eines Mehrbedarfs mit der Bitte, den Vordruck binnen einer Frist bis 25.02.2009 zurückzureichen. Gleichzeitig wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er mit einer Versagung der begehrten Leistung rechnen müsse, wenn er die verlangten Unterlagen nicht einreiche. Der Aufforderung kam der Kläger ohne Angabe von Gründen nicht nach.
Daraufhin lehnte die Beklagte zu 1) mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.09.2009 die Bewilligung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ab, wobei sie zur Begründung ausführte, der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, so dass die begehrte Leistung gemäß §§ 60, 66 des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu versagen sei.
Hiergegen legte der Kläger unter dem 03.09.2009 mit der Begründung Widerspruch ein, ihm lägen erst seit dem 29.08.2009 neue Beweisunterlagen vor. Er werde ärztliche Bescheinigungen nachreichen.
Mit Schreiben vom 10.09.2009 übermittelte die Beklagte zu 1) dem Kläger daraufhin erneut einen Vordruck für die Erstellung einer ärztlichen Bescheinigung, wobei sie diesmal die Rückgabe bis 30.09.2009 erbat. Gleichzeitig wies sie den Kläger darauf hin, dass für den Fall der weiterhin fehlenden Mitwirkung eine Versagung der Leistung erfolgen könne.
Der Kläger übermittelte weder den ausgefüllten Vordruck, noch reichte er die im Widerspruchsschreiben vom 03.09.2009 angekündigten Unterlagen ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2009 wies der Beklagte zu 2) den Widerspruch als unbegründet zurück und begründete dies damit, dass der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung und Hinweise auf die Rechtslage seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten innerhalb der ihm gesetzten angemessenen Fristen weiterhin nicht nachgekommen sei. Zwingende Gründe dafür, dass der Kläger die angeforderten medizinischen Unterlagen nicht habe vorlegen können, seien von ihm nicht vorgetragen worden. Die Ablehnung der begehrten Leistung wegen fehlender Mitwirkung (§ 66 Abs. 1 SGB I) sei daher zu Recht erfolgt.
Hiergegen hat der Kläger am 21.12.2009 vor dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben, zu deren Begründung er sinngemäß vorträgt, der geltend gemachte Anspruch stünde ihm zu.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.09.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 zu verurteilen, ihm einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.09.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Das Sozialgericht habe ohne mündliche Verhandlung gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes – (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden können, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei. Die Beteiligten seien zuvor angehört worden.
Die Klage sei zulässig, aber unbegründet, weil der Kläger durch den angefochtenen Bescheid nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert werde. Denn der Bescheid sei rechtmäßig.
Die Beklagte zu 1) habe die begehrte Leistung wegen fehlender Mitwirkung gem. §§ 60, 66 SGB I zu Recht versagt. Der Kläger sei mehrfach dazu aufgefordert worden, die erforderlichen Unterlagen zum Beleg seiner Gesundheitsstörungen vorzulegen. Angesichts des fortgesetzten querulatorischen Verhaltens des Klägers, der eine sachgerechte Mitwirkung in den von ihm angestrengten zahlreichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren über viele Jahre hinweg verweigert habe und dessen Verhalten erkennbar darauf ausgerichtet gewesen sei, über unsinnige Beschimpfungen, Vorhaltungen und querulatorische Anträge einen größtmöglichen Druck auf die Verwaltung auszuüben, sei diese Vorgehensweise bei dem Kläger auch gerechtfertigt, insbesondere habe die Beklagte nicht davon ausgehen können, dass der Kläger die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinde und notwendige Angaben zu den Behandlungen mache. Denn eine solche Mitwirkung habe der Kläger auch in Parallelverfahren bis in die Klageverfahren hinein verweigert. Bei dieser Sachlage begegne es – ausnahmsweise – keinen rechtlichen Bedenken, dem Kläger die Vorlage der erbetenen ärztlichen Bescheinigung abzuverlangen; denn dies sei der einzige erfolgversprechende Weg gewesen, dem Kläger ein Mindestmaß an Mitwirkung abzuverlangen, zumal die Beklagte davon habe ausgehen können, dass der Kläger die notwendigen Unterlagen vorlegen würde, wenn es ihm tatsächlich ernsthaft darum gegangen wäre, den beantragten Mehrbedarf zu erhalten. Dass der Kläger auch dies verweigert und wahrheitswidrig angekündigt habe, ärztliche Unterlagen vorzulegen, lasse nur den Schluss zu, dass auch dieser Antrag des Klägers keinem anderen Zweck diente, Arbeitskraft zu binden und die Verfahren in die Länge zu ziehen, ein Verhalten, das die Vorgehensweise des Klägers in nunmehr weit über 100 Verwaltungs- und Klageverfahren kennzeichne. Wer aber auf diese Weise die Verfahrensrechte für eigene unzweifelhaft querulatorische Zwecke nutze und es der Verwaltung unmöglich zu machen versuche, zu zeitnahen und sachgerechten Entscheidungen zu kommen, werde die Vorgehensweise der Beklagten hinzunehmen haben und sich nicht erfolgreich darauf berufen können, er sei nicht hinreichend zur weiteren Mitwirkung aufgefordert und über die Konsequenzen fehlender Mitwirkung aufgeklärt worden. Auch seien bei dieser Sachlage keine weiteren Ermessenserwägungen anzustellen, und die Beklagte zu 1) habe sich auch angesichts der Regelung in § 35 Abs. 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) darauf beschränken können, auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens hinzuweisen, wie sie dies im Bescheid vom 01.09.2009 ausdrücklich getan habe. In der Sache sei ihr auch kein wirklicher Ermessensspielraum verblieben, der es etwa zugelassen hätte, dem Kläger weitere Leistungen zu gewähren. Angesichts des Verhaltens des Klägers und seiner zahlreichen wahrheitswidrigen Angaben auch zu seinem Gesundheitszustand liege vielmehr eine Ermessensreduzierung auf Null vor, die allein die Versagung der streitbefangenen Leistung als gesetzeskonform in Betracht kommen lasse.
Soweit sich der Kläger mit seiner Klage nicht auf ein Anfechtungsbegehren beschränkt und zusätzlich das Begehren zum Ausdruck bringe, eine Verurteilung zur beantragten Leistung zu erreichen, könne dahingestellt bleiben, ob ein solches Vorgehen im Rahmen von Rechtsbehelfen gegen einen auf §§ 60, 66 SGB I gestützten Bescheid möglich sei. Denn einen Anspruch auf zusätzliche Sozialhilfeleistungen habe der Kläger schon deshalb nicht, weil er zur Überzeugung des Gerichts im streitbefangenen Zeitraum nicht i.S.d. §§ 2 Abs. 1, 19 Abs. 2 SGB XII bedürftig gewesen sei und die gesetzlichen Voraussetzungen des begehrten Mehrbedarfes nicht hätten festgestellt werden können.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise die Kammer im Übrigen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 01.09.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009, die sich das Gericht nach eigener Prüfung zu Eigen mache.
Gegen diesen ihm am 07.10.2010 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 03.11.2010 eingelegten Berufung.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass ihm "ein Altersmehrbedarf" in der gesetzlichen Höhe sowie die "Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe" zustünden. Ferner reicht der Kläger medizinische Unterlagen aus 2008/2010 ein, aus denen neben orthopädischen Gesundheitsstörungen u.a. die Diagnosen eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II sowie einer arteriellen Hypertonie hervorgehen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich und sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 30.09.2010 abzuändern und die Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 zu verurteilen, ihm einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Gewährung des streitgegenständlichen Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung habe bereits wegen fehlender Mitwirkung des Klägers abgelehnt werden müssen, weil dieser die geforderte ärztliche Bescheinigung niemals vorgelegt habe. Soweit der Kläger im Übrigen lediglich auf seine Erkrankungen Diabetes mellitus und Bluthochdruck hinweise, sei bei diesen beiden Erkrankungen nach medizinischen Erkenntnissen gerade keine kostenaufwändige Ernährung, sondern vielmehr eine Reduzierung des Körpergewichts erforderlich, welche nicht mit höheren, sondern geringeren Kosten verbunden sei.
Der Kläger ist zu dem Verhandlungstermin nicht erschienen. Er ist ausweislich der Postzustellungsurkunde am 04.02.2011 ordnungsgemäß von dem Termin benachrichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er ordnungsgemäß von dem Termin benachrichtigt und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Seine mit Schreiben vom 21.03.2011 (Eingang bei Gericht) vorgetragenen Gründe für eine Verlegung des Termins vom 23.03.2011 auf einen Zeitpunkt nach dem 15.05.2011 sieht der Senat als nicht ausreichend an. Dies ist dem Kläger sofort noch am Tag des Eingangs seines Verlegungsantrags, also am 21.03.2011, schriftlich mitgeteilt worden. Die am 21.03.2011 gleichfalls zusätzlich verfügte und von der Senatsgeschäftsstelle umgehend ausgeführte Mitteilung der Ablehnung der Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung unter der von dem Kläger selbst in seinem vorgenannten Schreiben angegebenen Fax-Nr. und seiner Mailadresse scheiterten (vgl. Vermerk der Geschäftsstelle des Senats vom 21.03.2011). Aktuelle Gesundheitsbeeinträchtigungen, die einer Terminswahrnehmung entgegenstehen, werden nicht geltend gemacht. Der Kläger bezieht sich vielmehr auf einen Kreislaufzusammenbruch anlässlich eines Krankenhausaufenthalts Anfang Februar 2011. Darüber hinaus verweist der Kläger auf eine massive Sehbeeinträchtigung, die er aber bereits Ende 2010 geltend gemacht hat und die ihn nicht gehindert hat, einen Termin vor dem erkennenden Senat am 03.11.2010 wahrzunehmen und die ihn darüber hinaus auch nicht hindert, weitere Schriftsätze zu verfassen. Auch die Vertreterin der Beklagten zu 1) hat im Termin bestätigt, der Kläger habe noch wenige Tage vor dem Termin mit ihr korrespondiert.
Die zulässige, insbesondere statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 01.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten zu 2) vom 04.12.2009 nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG beschwert, weil sich der Bescheid als rechtmäßig erweist. Die Beklagte zu 1) hat dem Kläger den von ihm nach § 30 Abs. 5 SGB XII begehrten Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung zu Recht wegen fehlender Mitwirkung gemäß § 66 Abs. 1 SGB I – vorläufig – versagt. Soweit der Kläger über die Anfechtung der auf § 66 Abs. 1 SGB I gestützten Versagung hinaus seinen Verpflichtungs- bzw. Leistungsantrag auf Gewährung des Mehrbedarfes aufrecht erhalten hat, ist die Klage im Übrigen bereits unzulässig.
1.) Die Beklagte zu 1) hat die Gewährung des Mehrbedarfszuschlages wegen kostenaufwändiger Ernährung wegen Fehlens der erforderlichen Mitwirkungshandlung des Klägers zu Recht gemäß § 66 Abs. 1 SGB I versagt. Dabei ist – unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheides des Beklagten zu 2) – die Entscheidung der Beklagten gesetzeskonform dahingehend zu interpretieren, dass die vom Kläger begehrte Leistung nicht endgültig versagt worden ist, sondern entsprechend §§ 66 Abs. 1, 67 SGB I vorläufig bis zur Nachholung der Mitwirkung.
Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Nach § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger ist seinen aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB I folgenden Mitwirkungspflichten zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes nicht nachgekommen. Er hat hierdurch die Sachverhaltsaufklärung erheblich erschwert. Ferner hat die Beklagte zu 1) in formeller Hinsicht die Anforderungen des § 66 Abs. 3 SGB I beachtet und das ihr zukommende Ermessen bei der Versagung der vom Kläger begehrten Leistung fehlerfrei ausgeübt. Ob das Ermessen angesichts des im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ausführlich geschilderten Vorverhaltens des Klägers in zahlreichen Parallelverfahren sogar auf Null reduziert war, kann deshalb dahinstehen.
Gemäß § 60 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I). Ferner ist der Betroffene verpflichtet, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Bezogen auf die hier in Frage stehende medizinische Sachverhaltsaufklärung, die der möglichen Feststellung eines Anspruchs auf einen Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 30 Abs. 5 SGB XII notwendigerweise vorausgehen muss, bedeutet dies, dass von einem Antragsteller verlangt werden kann, dass er behandelnde Ärzte, soweit es für den aufklärungsbedürftigen Sachverhalt notwendig ist, von der Schweigepflicht entbindet und der Verwertung von ärztlichen Unterlagen im Verfahren zustimmt. Ferner muss er selbst, gegebenenfalls auf Anfrage der Behörde, Angaben zu seiner Erkrankung machen. Dazu ist es aus Gründen der Praktikabilität nicht zu beanstanden, wenn die Behörde einen Antragsteller um die Beibringung eines Befundberichts durch seinen behandelnden Arzt bittet (SG Berlin 08.03.2006 – S 88 SO 32/06 – Rdnrn. 16, 18 [juris]). Es kann hinsichtlich der dem Antragsteller abzuverlangenden Mitwirkungshandlung keinen Unterschied machen, ob die Behörde diesen um Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht bittet und sodann den Befundbericht selbst einholt oder dem Betroffenen die ärztliche Bescheinigung mit der Bitte um Weiterleitung und Ausfüllung durch den behandelnden Arzt übersendet. Denn auch Letzteres beinhaltet denknotwendigerweise die Bitte, den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden.
Hier hat die Beklagte zu 1) dem Kläger auf seinen Antrag vom 29.01.2009 mit aktenkundigem Schreiben vom 06.02.2009 einen Vordruck "Ärztliche Bescheinigung" mit der Bitte um Weiterleitung an den behandelnden Arzt übersandt und um Rückübersendung des vom Arzt ausgefüllten und unterschriebenen Vordrucks bis 25.02.2009 gebeten. Dem ist der Kläger ohne Angabe von Hinderungsgründen nicht nachgekommen, obwohl die Länge der Frist (fast 3 Wochen) angemessen war. Ferner ist der Kläger im Schreiben vom 06.02.2009 nach § 66 Abs. 3 SGB I über die Folgen der unterbliebenen Mitwirkungshandlung bei Versäumung innerhalb der gesetzten Frist unmissverständlich belehrt worden. Auch nach Einlegung des Widerspruchs vom 03.09.2009 gegen den Versagungsbescheid vom 01.09.2009 hat der Kläger – trotz entsprechender Ankündigung im Widerspruchsschreiben – weder die ihm angeblich seit dem 29.08.2009 vorliegenden Beweisunterlagen übersandt, noch die erbetene ärztliche Bescheinigung überreicht, obwohl die Beklagte zu 1) ihn mit weiterem Schreiben vom 10.09.2009 unter Beifügung des entsprechenden Vordruckes bei – angemessener – Fristsetzung bis 30.09.2009 und erneuter Aufklärung über die Rechtsfolgen unterbliebener Mitwirkung dazu aufgefordert hat. Gründe für die wiederholte Unterlassung der gebotenen Mitwirkungshandlung hat der Kläger wiederum nicht benannt. Hierdurch hat der Kläger auch die Aufklärung des medizinischen Sachverhalts i.S.d. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I erheblich erschwert, da die Beantwortung der speziell auf den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gerichteten Fragen durch den behandelnden Arzt notwendig ist, um dem Träger der Grundsicherung bzw. Sozialhilfe eine sachgerechte Überprüfung unter Einbeziehung medizinischen Sachverstandes zu ermöglichen. Insoweit steht dem auch der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB X) nicht entgegen, weil die Beklagten es dem Kläger gerade nicht aufgegeben haben, den medizinischen Sachverhalt selbst aufzuklären oder selbst die erforderlichen Auskünfte durch Dritte, insbesondere Ärzte, einzuholen, wozu § 60 SGB I den Antragsteller nicht verpflichtet (SG Berlin 08.03.2006 – S 88 SO 32/06 – Rdnr. 16). Der Kläger sollte es den Beklagten zu 1) durch die Übersendung des ausgefüllten Befundberichts vielmehr erst ermöglichen, weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen anzustellen, was durch die gänzlich fehlende Mitwirkung des Klägers aber vereitelt worden ist.
Soweit die Beklagte zu 1) die vom Kläger begehrte Leistung wegen fehlender Mitwirkung ganz versagt hat, sind Fehler bei der Ausübung des ihr zustehenden Ermessens (§ 39 SGB I) im Bescheid vom 01.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 04.12.2009 nicht ersichtlich. Ihr blieb mangels Vorlage entscheidungserheblicher medizinischer Unterlagen letztlich nichts anderes übrig, als die insoweit unteilbare Leistung des Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII insgesamt abzulehnen. Dies hat sie im angefochtenen Bescheid auch ausgeführt und ist damit ihrer Begründungspflicht nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X hinreichend nachgekommen. Dass sie sich hierbei auch auf Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Klägers gestützt hat, ist unschädlich, da es sich ausweislich der Begründung im Versagungsbescheid nicht um einen entscheidungstragenden Gesichtspunkt gehandelt hat. Im Widerspruchsbescheid des Beklagten zu 2) vom 04.12.2009 wird die Problematik der Bedürftigkeit im Übrigen gar nicht mehr erwähnt.
Nach alledem haben die Beklagten mit den angefochtenen Bescheiden den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags wegen fehlender Mitwirkung zu Recht gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I vorläufig abgelehnt.
2.) Soweit der Kläger seinen weitergehenden Verpflichtungs- und Leistungsantrag auf Zuerkennung eines Mehrbedarfszuschlags gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII aufrecht erhalten hat, ist dieser unzulässig. Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage statthaft. Streitgegenstand ist bei einem auf § 66 SGB I gestützten Versagungsbescheid nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren (BSG 01.07.2009 – B 4 AS 78/08 R – SozR 4-1200 § 66 Nr. 5; LSG Hamburg 27.05.2010 – L 5 AL 26/08 – Rdnrn. 41 f. [juris]).
Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegen nicht vor. Danach ist die auf Leistungsgewährung gerichtete Klage zulässig, wenn die anderweitige Klärung zwischen den Beteiligten unstreitig ist oder vom Kläger behauptet wird oder wenn sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG 01.07.2009 – B 4 AS 78/08 R – SozR 4-1200 § 66 Nr. 5 – Rdnrn. 14, 16). Hier ist zwischen den Beteiligten gerade streitig, ob die medizinischen Voraussetzungen für einen Anspruch auf den Mehrbedarfszuschlag nach § 30 Abs. 5 SGB XII gegeben sind. Außerdem hat der Kläger nicht behauptet, dass die Anspruchsvoraussetzungen bereits anderweitig geklärt sind. Dass er aufgrund seiner von ihm aufgeführten Erkrankungen vom Bestehen dieses Anspruchs überzeugt ist, liegt in der Natur der Sache, genügt aber insoweit nicht. Auch dass bei Aufhebung des Versagungsbescheides lediglich eine Wiederholung des bisherigen Verwaltungsverfahrens zu erwarten ist, steht nicht fest. Denn mittlerweile steht ausweislich vieler aktueller Parallelverfahren die Bedürftigkeit des Klägers an sich im Streit. Zudem mag nicht ausgeschlossen sein, dass der Kläger kraft besserer Einsicht seinen Mitwirkungspflichten in der Zukunft nachkommt.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4.) Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) bestehen nicht.
Erstellt am: 16.06.2011
Zuletzt verändert am: 16.06.2011