Der Beklagte wird unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 21.07.2010 sowie Aufhebung des Bescheides vom 14.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom Juli 2009 verurteilt, der Klägerin ab 16.03.2009 Leistungen der Krankenbehandlung (§ 48 SGB XII) zu erbringen, soweit diese nicht durch die Leistungen der KVB gedeckt sind. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme ungedeckter Arzt- und Medikamentenkosten aus Mitteln der Sozialhilfe.
Die 1923 geborene Klägerin ist seit Jahren stationär im Altenheim St. L L untergebracht. Sie ist pflegebedürftig (Pflegestufe III). Ihr Prozessbevollmächtigter wurde vom Amtsgericht T mit Beschluss vom 17.01.2003 für den Aufgabenkreis Gesundheitsvorsorge, Vermögens- und sonstige finanzielle Angelegenheiten, Prüfung von Regressansprüchen gegen die Vorbetreuerin zum Betreuer bestellt. Der Beschluss sieht eine gerichtliche sowie außergerichtliche Vertretung der Klägerin im Rahmen des genannten Aufgabenkreises vor.
Die Klägerin verfügt über eine Altersrente sowie eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Stand 01.07.2009: 127,94 EUR und 291,63 EUR) sowie Versorgungsbezüge in Höhe von 802,25 EUR (Stand August 2010).
Die Klägerin bezieht von dem Beklagten seit dem 01.04.2009 Hilfe zur Pflege gemäß § 61 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) (Bescheid vom 24.04.2009). Aufgrund des einzusetzenden Einkommens wurden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 35 SGB XII abgelehnt.
Die Klägerin erhält als Witwe eines Bundesbahnbeamten Leistungen der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB). Die KVB ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und eine betriebliche Sozialeinrichtung des Bundeseisenbahnvermögens (BEV). Sie gewährt ihren Mitgliedern Leistungen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sowie bei Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten. Das BEV ist Rechtsnachfolger der Deutschen Bahn (DB). Die KVB erfüllt als betriebliche Sozialeinrichtung im Auftrage des BEV gegenüber Beamten, die bis zum 31.12.1993 nach Maßgabe der Satzung einen Fürsorgeanspruch gegenüber der DB hatten und beim BEV selbst eingesetzt oder gemäß Eisenbahnneuordnungsgesetz der DB AG zugewiesen sind, sowie gegenüber den Versorgungsberechtigten aus diesem Personenkreis Fürsorgepflichten, die dem BEV nach § 79 Bundesbeamtengesetz (BBG) oder aus anderen Rechtsgründen obliegen.
Die KVB zahlt Zuschüsse zu Krankheitsaufwendungen gemäß dem KVB-Tarif. Eine Vollversicherung bietet die KVB nicht an. Ebenso wenig wird eine Basisversicherung im Sinne von § 12 Abs. 1a Versicherungsaufsichtsgesetz (VA) angeboten. Über eine Restkosten- bzw. ergänzende Krankenversicherung verfügt die Klägerin nicht.
Mit Antrag vom 16.03.2009 beantragte sie die Übernahme von Arzt- und Medikamentenkosten, die durch Leistungen der KVB nicht abgedeckt seien. Es bestehe eine Unterdeckung von 20 %. Um künftig die Kosten in voller Höhe begleichen zu können, werde um Übernahme des Differenzbetrages, der sich aus den jeweils einzureichenden Erstattungsbescheiden ergebe, beantragt. Beispielhaft legte die Klägerin eine Erstattungsmitteilung zu Pflegeleistungen vom 16.01.2009 vor.
Mit Bescheid vom 24.04.2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Krankenhilfe in Form der Übernahme ungedeckter Krankenversicherungsleistungen unter Verweis auf § 2 Abs. 1 SGB XII ab. Die Klägerin sei gemäß § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen, und zwar im Umfang des nicht (durch die KVB) bestehenden Krankenversicherungsschutzes. Ein Ausschluss nach § 193 Abs. 3 Nr. 4 VVG komme nicht in Betracht, weil der Leistungsbezug nach dem SGB XII erst nach dem 01.01.2009 eingetreten sei. Die privaten Versicherer seien verpflichtet, entsprechende Versicherungen abzuschließen. Ein Anspruch auf Sozialhilfe ergebe sich aus einer ggf. rechtswidrigen Weigerung der Krankenversicherer nicht. Die Klägerin sei gehalten, Ansprüche geltend zu machen und notfalls durchzusetzen. Es werde darauf hingewiesen, dass aufgrund des verspäteten Vertragsabschlusses gemäß § 193 Abs. 4 VVG bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein Prämienzuschlag zu entrichten sei. Sofern die Prämienzuschläge zu erhöhten Sozialhilfeleistungen führten, komme ggf. eine Kostenersatzpflicht nach § 103 Abs. 1 SGB XII in Betracht.
Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 06.05.2009 führte die Klägerin aus, § 193 Abs. 3 VVG schreibe eine Versicherungspflicht nur für Personen vor, die keinen oder nur unzureichenden Krankenversicherungsschutz besäßen. Der Gesetzgeber sehe ausdrücklich einen Selbstbehalt vor. Für Beihilfeberechtigte ergäben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000,00 EUR. Der Gesetzgeber verlange also keinen 100-prozentigen Krankenversicherungsschutz. Der Beklagte habe zu prüfen, ob und inwieweit der gesetzlich vorgegebene Selbstbehalt überschritten würde.
Die Klägerin überreichte zudem eine Erstattungsmitteilung der KVB vom 21.04.2009, ausweislich derer für Leistungen (Arzneimittel, Formeldiät und Verbrauchshilfsmittel) in Höhe von 1.436,81 EUR eine Erstattung in Höhe von 1.122,55 EUR (Fehlbetrag: 314,26) erfolgte. Als Summe der im Kalenderjahr 2009 einbehaltenen Eigenanteile wurde ein Betrag von 125,32 EUR mitgeteilt. Diesbezüglich teilte der Beklagte mit Schreiben vom 07.05.2009 mit, eine neue Entscheidung in der Sache werde angesichts der Ausführungen im Bescheid vom 14.04.2009 nicht getroffen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Beklagte wies darauf hin, dass nach dem Wortlaut des § 193 Abs. 3 Nr. 2 VVG Versicherungspflicht unter anderem nicht für Personen bestehe, die beihilfeberechtigt seien oder vergleichbare Ansprüche hätten, im Umfang der jeweiligen Berechtigung. Da nur etwa 80 % der Kosten im Krankheitsfalle durch die KVB getragen würden, bestehe Versicherungspflicht für den fehlenden 20-prozentigen Anteil.
Mit einem weiteren Schreiben vom 07.07.2009 wandte sich der Beklagte an das Amtsgericht T mit der Bitte, zumindest hinsichtlich der Versicherungsangelegenheit einen Ersatzbetreuer zu bestellen (Aktenzeichen des nunmehr zuständigen Amtsgerichts L 11 XVII SCH 215).
Mit ihrer beim Sozialgericht Köln am 15.07.2009 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr auf Übernahme der ungedeckten Arzt- und Medikamentenkosten aus Mitteln der Sozialhilfe gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Sie hat vorgetragen, bei der KVB handele es sich weder um eine gesetzliche noch eine private Krankenversicherung. Das Satzungs- bzw. Tarifrecht der KVB regele, dass der Versicherte je nach Medikament oder ärztlicher Behandlung einen Anteil von 10% bis 20% selbst zu tragen habe. Nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG könnten sich für Beihilfeberechtigte Selbstbehalte ergeben, die auf den Höchstbetrag von 5.000,00 EUR beschränkt seien. Ihr tatsächlicher jährlicher Eigenanteil liege deutlich unter der gesetzlich vorgesehenen Selbstbehaltsgrenze von 5.000,00 EUR. Auch stelle sich die Frage, ob § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG überhaupt auf sie und ihre Krankenversicherung bei der KVB anwendbar sei. Sie habe einen Krankenversicherungsvollschutz, der lediglich Eigenanteile vorsehe. Eigenanteile sähen sowohl die gesetzliche Krankenversicherung als auch die Basistarife der privaten Krankenversicherungen vor. Nachfragen bei Versicherern hätten zudem ergeben, dass eine Zusatzversicherung, die pauschal 10% bis 20% der Kosten übernehme, nicht existiere. Die angefragten Versicherer hätten kein auf die KVB abgestimmtes Versicherungspaket angeboten, damit laufe auch der Versicherungszwang ins Leere. Zudem habe der Beklagte nicht geprüft, ob die Übernahme der ungedeckten Kosten teurer sei als die geforderte Zusatzversicherung, erst in diesem Fall dürfte er sie auf den Weg der Zusatzversicherung verweisen. Erschwerend komme hinzu, dass sie 86 Jahre alt und in die Pflegestufe III eingestuft sei, und eine Risikoprüfung der Krankenversicherer zur Ablehnung eines Vertragsschlusses führen würde.
Die Klägerin hat Schreiben der DEVK Versicherungen und der AXA Krankenversicherung AG (DBV) vom 28.07.2009 und 17.08.2009 zu den Gerichtsakten gereicht, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
Ferner hat sie Erstattungsmitteilungen der KVB vom 10.07.2009 und 18.06.2009 übersandt und darauf hingewiesen, dass diesbezüglich ein gesonderter Antrag bei dem Beklagten habe unterbleiben können, weil dieser bereits einen Erstattungsantrag vom 04.05.2009 ohne Erlass eines Bescheides abgelehnt habe. Eine Klage gegen private Versicherungsunternehmen sei nicht beabsichtigt. Die umliegenden Sozialämter des Kreises O, die Stadt C und der Stadt L würden in vergleichbaren Fällen anstandslos die Zahlung der Differenzbeträge zwischen Leistungen der KVB und den gesetzlichen Krankenversicherung übernehmen.
Aus der Erstattungsmitteilung vom 18.06.2009 ergibt sich ein Fehlbetrag von 225,79 EUR, aus der Erstattungsmitteilung vom 10.07.2009 ein Fehlbetrag von 219,34 EUR.
Das Sozialgericht hat die Rechtssache am 24.02.2010 mit den Beteiligten erörtert. Der Beklagte hat einen Auszug aus dem Tarif der KVB vorgelegt. Regelungen zu Eigenanteilen/Abzugsbeträgen sowie Belastungsgrenzen/Härtefallregelungen finden sich in TS 1.20.1 und 1.21.1. Die maßgebliche Belastungsgrenze, ab der auf Antrag Eigenanteile nicht mehr abzuziehen sind, beträgt zwei vom Hundert des jährlichen Einkommens, für schwerwiegend chronisch Kranke, die wegen derselben Krankheit in Behandlung sind, eins vom Hundert des jährlichen Einkommens. Auf Antrag sind auch Aufwendungen für nicht verschreibungsrichtige Arzneimittel im laufenden Kalenderjahr erstattungsfähig, soweit sie eine Belastungsgrenze überschreiten, deren Höhe der vorgenannten Belastungsgrenze entspricht.
Im Nachgang zu dem Erörterungstermin hat die Klägerin ein Schreiben der KVB vom 01.03.2010 sowie einen Auszug aus dem Tarif der KVB (Stand 01.06.2009) vorgelegt, aus denen sich Erstattungsbeträge von 80-100 % ergeben.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 24.4.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7.7.2009 zu verurteilen, aus Mitteln der Sozialhilfe die Übernahme ungedeckter Arzt- und Medikamentenkosten zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat an seiner Auffassung festgehalten, der Klägerin stehe kein Anspruch auf die beantragte Leistung zu, da ihr eine vorrangige Selbsthilfemöglichkeit zur Verfügung stehe. Sie unterliege der Versicherungspflicht hinsichtlich des durch die Leistungen der KVB nicht abgedeckten Kostenanteils. Für die Auslegung der Klägerin, Beihilfeberechtigte unterfielen generell nicht der Versicherungspflicht nach § 193 VVG, biete der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhaltspunkt. Auch entspreche eine solche Auslegung nicht der Intention des Gesetzgebers, eine umfassende Krankenversicherung sicherzustellen. Außerdem müsse der Basistarif, den die Versicherungsunternehmen anböten, gemäß § 12 Abs. 1a VAG Varianten vorsehen für Personen, die beihilfeberechtigt seien. Diese Vorschrift wäre ansonsten überflüssig. Es sei Angelegenheit der anwaltlich betreuten Klägerin, den Anspruch auf einen Versicherungsvertrag im Basistarif notfalls gerichtlich durchzusetzen bzw. zunächst einen entsprechenden Antrag bei einem Versicherungsunternehmen zu stellen. Dies habe sie bislang aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterlassen. Die Klageerweiterung ohne vorhergehende Antragstellung sei unzulässig. Im Übrigen habe sich die Behauptung der Kostenübernahme bei Nachfragen bei der Stadt L und der Stadt C nicht bestätigt. Vermutlich handele es sich um Fälle, die schon vor dem 01.01.2009 im Sozialhilfebezug gestanden hätten.
Der Beklagte hat hinsichtlich der Erstattungspraxis der KVB vorgetragen, bei den Eigenanteilen, welche durch Beantragung einer jährlichen Belastungsgrenze begrenzt werden könnten, handele es sich um nicht zuschussfähige Aufwendungen. Diese würden vor Ermittlung der erstattungsfähigen Aufwendungen in Abzug gebracht. Von den verbleibenden Kosten erstatte die KVB zum Teil 80% bis 90%. Der Restbetrag sei vom Versicherten selbst zu tragen oder sei durch Abschluss einer Restkostenversicherung abzusichern. Derartige Restkostenversicherungen seien durchaus gängig, jedoch weigerten sich die privaten Versicherer bekanntermaßen, Personen erst im fortgeschrittenen Alter und mit Vorerkrankungen aufzunehmen. Gerade für diesen Fall habe der Gesetzgeber den Kontrahierungszwang in der privaten Krankenversicherung eingeführt.
Auf einen rechtlichen Hinweis des Gerichtes vom 23.03.2010 hat der Beklagte ausgeführt, wie sich aus § 12 der Verordnung über die versicherungsmathematische Methoden zur Prämienkalkulation (KalV) ergebe, kenne die Terminologie der privaten Krankenversicherung – anders als die der gesetzlichen Krankenversicherung – keinen eigenen Leistungsbereich für die Versorgung mit Arzneimitteln. Diese Leistungen seien von dem Leistungsbereich der ambulanten Heilbehandlung mit umfasst. Die Tarife der privaten Krankenversicherung umfassten für den Leistungsbereich der ambulanten Heilbehandlung zu 100% die Kosten für Arznei- und Verbandmittel. Als Beispiel würden die Tarife der willkürlich ausgewählten Versicherungen Central und HanseMerkur vorgelegt. Ferner würde auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen 2009 für den Basistarif verwiesen, darin würden Arznei- und Verbandmittel als Leistung der ambulanten Heilbehandlung aufgeführt.
Der Beklagte hat zu den Gerichtsakten gereicht:
KalV (Auszug), BT-Drucksache 16/4247 (Auszug), Versicherungsbedingungen Vollversicherung Central und HanseMerkur und Allgemeine Versicherungsbedingungen 2009 für den Basistarif.
Mit Urteil vom 21.07.2010 – im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung – hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, einem Anspruch der Klägerin aus § 48 SGB XII stehe der Nachranggrundsatz nach § 2 SGB XII entgegen. Die Klägerin könne die hier begehrten Leistungen – ungedeckte Kosten für ambulante ärztliche Behandlung und Arzneimittel – von anderen erhalten, nämlich von einem Krankenversicherungsunternehmen. Denn seit dem 1.1.2009 bestehe für die Klägerin eine Pflicht zum Abschluss einer (ergänzenden) privaten Krankenversicherung gemäß § 193 Abs. 3 VVG weil sie über ihren Leistungsanspruch gegenüber der KVB nicht umfänglich in Bezug auf die ambulante Heilbehandlung, in der die Kosten für ambulante ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arzneimittel enthalten seien, versichert sei. Ab dem 01.01.2009 sei gemäß § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG jede Person mit Wohnsitz im Inland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst oder für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen könnten, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasse und bei der die für die tariflich vorgesehenen Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000,00 EUR begrenzt seien, abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Für Beihilfeberechtigte ergäben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000,00 EUR. Dieser gesetzlichen Pflicht zum Abschluss einer Krankenversicherung unterfalle auch die beihilfeberechtigte Klägerin, weil für sie im Rahmen der Beihilfe für Kosten der ambulanten ärztlichen Behandlung und Arznei/Verbandsmittel nach dem Tarif der K\\/B nur 90% der anerkannten Kosten übernommen würden und damit ungedeckte Kosten in Höhe von 10% im Bereich ambulante Heilbehandlung verblieben. Diese Versicherungslücke sei im Fall der Klägerin durch eine private Restkostenversicherung im Sinne eines ergänzenden Vertrages im Basistarif zu schließen.
Die Klägerin sei auch nicht von der Versicherungspflicht befreit.
Der Bezug von Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII habe im Fall der Klägerin nach dem 01.01.2009, nämlich ab dem 01.04.2009 begonnen (Bescheid vom 24.04.2009). Die Beihilfeberechtigung der Klägerin im Bereich ambulante Heilbehandlung für ambulante ärztliche Behandlung und Arznei/Verbandmittel belaufe sich auf 90%. Insoweit seien sie von der Versicherungspflicht befreit. Bezogen auf die Kosten für ambulanter ärztliche Behandlung sowie Arznei-/ und Verbandsmittel blieben 10% durch die Beihilfe ungedeckt. Insoweit bestehe Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG, weil es sich bei den ungedeckten Kosten um solche der ambulanten Heilbehandlung handele. Die Versicherungspflicht Beihilfeberechtigter könne grundsätzlich nur entfallen, wenn die Beihilfeberechtigung 100% betrage, wobei ggf. innerhalb dieser Beihilfeberechtigung der Abzug von selbst aufzubringende Kosten möglich sei (so genannte Eigenanteile oder auch die Kostendämpfungspauschale). Solche Eigenanteile – die auch im Fall der Klägerin von der KVB in Rechnung gestellt würden – als Art Selbstbehalte seien auch für Beihilfeberechtigte zu berücksichtigen wie § 193 Satz 1, letzter Halbsatz VVG zeige, führten aber nicht zum Wegfall der Versicherungspflicht. Hätten Beihilfeberechtigte eine geringere Beihilfeberechtigung als 100%, bestehe immer eine Versicherungslücke, die durch die ergänzende Pflichtversicherung im Basistarif abzudecken sei, denn Versicherungsfreiheit bestehe nur im Umfang der jeweiligen Beihilfeberechtigung. Für den Fall der Klägerin bedeute dies, dass die Beihilfeberechtigung von 90% für die ambulante ärztliche Behandlung sowie Arznei-/ und Verbandmittel zu einer Versicherungslücke von 10% führe. Insoweit sei die Klägerin ab 01.01.2009 versicherungspflichtig und habe Anspruch gegen ein Versicherungsunternehmen auf Abschluss einer ergänzenden Krankenversicherung im Basistarif. Das ergebe sich aus § 193 Abs. 5 Nr. 3 VVG, wonach der Versicherer verpflichtet sei, Personen die beihilfeberechtigt seien oder vergleichbare Ansprüche hätten, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigten, Versicherungschutz im Basistarif nach § 12 Abs. 1a VAG zu gewähren. Dem Versicherer sei abzuverlangen, ein individuell auf den Bedarf der Klägerin, d.h. auf die bei ihr bestehende Versicherungslücke in Höhe von 10% im Bereich ambulante Heilbehandlung bzw. ambulante ärztliche Behandlung sowie Arznei-/ und Verbandsmittel, passendes Versicherungsangebot zu machen.
Wenn die Klägerin vortrage, die von ihr angefragten Versicherer hätten kein auf ihren Fall abgestimmtes Versicherungspaket angeboten, womit auch der Versicherungszwang ins Leere laufe, sei auf § 12 Abs. 1b VAG hinzuweisen, wonach der Versicherer verpflichtet sei, Personen, die beihilfeberechtigt seien oder vergleichbare Ansprüche hätten, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 \\/\\/G ergänzenden Versicherungsschutz benötigten, eine Versicherung im Basistarif anzubieten. Zudem sei festzustellen, dass die Klägerin bzw. ihr gesetzlicher Vertreter bislang keine sachdienlichen Anträge bei privaten Krankenversicherungsunternehmen gestellt haben dürften.
Der Abschluss eines ergänzenden Versicherungsvertrages im Basistarif wegen des möglichen Eintritts ungedeckter Kosten im Bereich der ambulanten ärztlichen Behandlung und Arzneiversorgung (ambulante Heilbehandlung) sei für die Klägerin nicht nur verpflichtend, sondern es stehe hr durch den Abschlusszwang seitens eines privaten Versicherungsunternehmens und den darüber vermittelten Versicherungsschutz auch ein bereites Mittel zur Selbsthilfe zur Verfügung (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.10.2009 – L 23 SO 148/09 B ER).
Wenn die Klägerin bzw. ihr gesetzlicher Betreuer es unterlassen hätten bzw. weiterhin unterließen, einen entsprechenden Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages im Basistarif bei einem privaten Krankenversicherer zu stellen, gehe dies zu Lasten der Klägerin und könne nicht dazu führen, den Beklagten zur Tragung ungedeckter Behandlungs- bzw. Arzneikosten zu verpflichten. Auch könne das Gericht angesichts der gesetzlichen Verpflichtung der Krankenversicherer zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages im Basistarif nicht sehen, weshalb eine solche Antragstellung bei einem Versicherer bzw. bei Ablehnung des Antrages eine gerichtliche Verfolgung des Anspruchs auf Vertragsabschluss angesichts des Kontrahierungszwangs ohne Aussicht auf Erfolg sein solle.
Gegen das der Klägerin am 09.08.2010 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 06.09.2010. Die Klägerin führt aus:
Sie begehre die Übernahme der durch die KVB ungedeckten Kosten für Ärzte, Heil- und Hilfsmittel sowie Krankenhausaufenthalte im Rahmen der Kostenübernahme einer gesetzlichen Krankenversicherung durch die Beklagte als zuständigem Sozialhilfeträger. Das Sozialgericht habe übersehen, dass § 193 Abs. 3 einen Satz 3 VVG beinhalte, wonach ein vor dem 01.04.2007 vereinbarter Krankheitskostenversicherungsvertrag den Anforderungen des Satzes 1 genüge. Sie sei unstreitig seit Jahrzehnten, das genaue Versicherungsdatum sei unbekannt, über die KVB krankenversichert. Somit falle ihr Krankenversicherungsverhältnis unter die Regelung des § 193 Abs. 3 Satz 3 VVG. Eine Pflicht, einen zusätzlichen Versicherungsvertrag nach § 193 Abs. 3 VVG abzuschließen, bestehe daher nicht. Denn Altverträge erfüllten die Anforderungen an § 193 Abs. 3 VVG auch dann, wenn der Selbstbehalt höher sei oder sich der Krankenversicherungsschutz auf die stationäre Behandlung beschränke (vgl. Prölss/Martin, VVG § 193 Rn. 15). Bei diesen Altverträgen werde mit Recht die Gefahr einer Vergreisung mit deutlichen Steigerungen der Versicherungsprämie gesehen, weil diese Tarife angesichts der neuen gesetzlichen Regelung für Neuzugänge geschlossen werden müssten (vgl. Grote/Bronkars, VersR 2008, 580). lm Übrigen könne bisher keiner der vom Betreuer der Berufungsklägerin angeschriebenen Versicherer einen solchen Vertrag, der 10 -20 % der von der KVB ungedeckten Kosten übernehme, anbieten. Zuletzt habe auch die E mit Schreiben vom 19.08.2010 das Angebot eines Basistarifs abgelehnt. Die weiteren Ausführungen des Sozialgerichts Köln zur Frage der Zulässigkeit von Selbstbehalten, dem Zeitpunkt des Bezuges der Hilfe zur Pflege und zum Kontrahierungszwang seien nicht weiter diskutabel, da das Sozialgericht bereits verkannt habe, dass die Berufungsklägerin mit ihrem Krankenversicherungsverhältnis bei der KVB, welches unstreitig bereits vor dem 01.04.2007 bestanden habe, nicht unter § 193 Abs. 3 VVG falle. In der der ersten Instanz habe die Berufungsklägerin mit Schriftsatz vom 11.09.2009 eine Klageerhöhung vorgenommen, die sich auf die Erstattung der Seitens der KVB ungedeckten Kosten aus den Erstattungsmitteilungen vom 10.07.2009 und 18.06.2009 im Umfang der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen habe. Eine Entscheidung des Sozialgerichts über die beiden Klageanträge aus der Klagerweiterung vom 11.09.2009 liege nicht vor. Auch fehlten diese komplett im Tatbestand.
Die Klägerin legt ein Schreiben der E vom 19.08.2010 vor. Darin ist ausgeführt:
"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
Sie beantragen die Versicherung nach dem Basistarif für Frau … als Zusatzversicherung zur bestehenden Absicherung durch die KVB. Der Basistarif erfüllt jedoch nicht eine solche Funktion, sondern kann ausschließlich als substitutive (den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz ersetzende) Krankenversicherung abgeschlossen werden. Dies wäre im Fall Ihrer Betreuten gegeben, wenn sie die bisherige Absicherung durch die KVB aufgeben müsste.
Im Übrigen erfüllt die Absicherung durch die KVB die seit 1. Januar 2009 geltende Pflicht zur Krankenversicherung nach § 193 Abs. 3 VVG. Wir bitten deshalb um Ihr Verständnis, dass wir für Frau … die Versicherung nach dem (brancheneinheitlichen) Basistarif nicht bieten können/dürfen."
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2011 klargestellt, dass sie lediglich Leistungen im Umfang der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung begehre, insbesondere dass nicht der ihr obliegende Eigenanteil entsprechend § 61 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) begehrt werde.
Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sie sich hinsichtlich etwaiger Ansprüche über das Jahr 2009 hinaus dem (rechtskräftigen) Ausgang des vorliegenden Verfahrens unterwürfen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 21.07.2010 und unter Aufhebung des Bescheides vom 24.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2009 zu verurteilen, ihr aus Mitteln der Sozialhilfe die Übernahme ungedeckter Arzt- und Medikamentenkosten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und ist der Auffassung, die Klägerin übersehe, dass es sich bei ihrer Form der Krankenversorgung nicht um einen Krankheitskostenversicherungsvertrag i.S.d. § 193 Abs. 3 Satz 3 VVG handele. Die KVB unterliege bereits nicht den Regelungen des VVG. Die KVB sei kein Versicherungsunternehmen, sondern eine betriebliche Sozialeinrichtung des BEV. Im Auftrag des BEV erfülle die KVB gegenüber den Beamten des BEV Fürsorgepflichten u.a. in Krankheitsfällen, die dem BEV nach dem BBG oblägen. Die KVB sei daher vergleichbar mit einer Beihilfestelle. Der einzige Unterschied zu einer klassischen Beihilfestelle bestehe darin, dass die KVB ihre Leistungen nicht aufgrund einer Beihilfeverordnung erbringe, sondern aufgrund einer Satzung. Dies wiederum resultiere daraus, dass die tariflichen Leistungen der KVB durch einen beitragsfinanzierten Teil einerseits und einen Zuschuss des BEV als Beihilfesurrogat andererseits finanziert würden (vgl. §§ 27 und 28 KVB-Satzung). Hieraus erkläre sich im Übrigen auch, weshalb die Leistungen der KVB die üblichen Beihilfesätze deutlich überstiegen.
Dass es sich bei der KVB nicht um ein Versicherungsunternehmen handele, werde auch dadurch bestätigt, dass die KVB nach der ausdrücklichen Regelung des § 1 Abs. 3 Ziff. 4a VAG nicht der Versicherungsaufsicht unterliege.
Die Krankenversorgung der KVB werde auch deshalb nicht von der Regelung des § 193 Abs. 3 Satz 3 VVG erfasst, weil die Klägerin mit der KVB keinen Vertrag geschlossen habe. Vielmehr sei die Klägerin durch Antrag Mitglied der KVB geworden (vgl. § 19 KVB-Satzung).
Nach alledem stehe die Krankenversorgung der Klägerin dem Kontrahierungszwang der privaten Krankenversicherungsunternehmen nicht entgegen. Soweit die Klägerin vortrage, kein Versicherer habe ihr bisher einen entsprechenden Vertrag angeboten, wäre es Sache des Betreuers der Klägerin gewesen, das Recht seiner Betreuten durchzusetzen. Hierauf sei der Betreuer seitens des Beklagten auch hingewiesen worden. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin nach Auffassung des Sozialgerichtes keinen Anspruch auf Sozialhilfe habe, sei eine gesonderte Entscheidung über die rein betragsmäßige Klageerweiterung entbehrlich gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie der Prozessakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Dabei kan dahinstehen, ob streitig der gesamte Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung ist, weil es sich bei dem angefochtenen Bescheid um die Ablehnung der Gewährung von Krankenhilfe dem Grunde nach, losgelöst von der einzelnen Erstattungsforderung, handelt, oder ob lediglich die geltend gemachten Differenzbeträge im Streit stehen. Denn auch insoweit wird ein Streitwert von mehr als 750,00 EUR erreicht. Hier ist allein darauf abzustellen, was nach Vorstellung der Klägerin Gegenstand der Berufung ist. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.
II. Die Berufung ist – in dem aus der Tenorierung ersichtlichen Umfang – auch begründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) zu Unrecht abgewiesen. Streitig ist dabei der gesamte Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung durch den Senat, da der Beklagte die Gewährung von Krankenhilfe durch den angefochtenen Bescheid vom 24.04.2009 (zukunftsoffen) abgelehnt hat. Eine den streitigen Zeitraum einschränkende Zäsur ist allein in der Vorlage konkreter Erstattungsmitteilungen der KVB durch die Klägerin nicht zu sehen. Der Beklagte hat eine erneute Bescheidung vielmehr ausdrücklich abgelehnt.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 24.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2009 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Sie hat Anspruch auf Gewährung von Krankenhilfe gemäß §§ 48ff. SGB XII.
1. Dem kann der so genannte Nachranggrundsatz gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII nicht entgegengehalten werden.
Das Bundessozialgericht (BSG) geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 23/08 R – Rn. 20) davon aus, dass die Vorschriften über den Nachrang der Sozialhilfe regelmäßig keine eigenständigen Ausschlussnormen darstellen, sondern lediglich im Zusammenhang mit ergänzenden bzw. konkretisierenden Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes bzw. SGB XII die Bedürftigkeit verneinen lassen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 21/08 R). Eine Ausschlusswirkung ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII soll allenfalls in extremen Ausnahmefällen (allgemeine Selbsthilfe nach § 2 Abs. 1, 1. Alt SGB XII) denkbar sein, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind.
Soweit der Beklagte die Klägerin unter Heranziehung des Nachranggrundsatzes auf einen Anspruch gegen private Versicherungsunternehmen auf Abschluss eines (privaten) Krankenversicherungsvertrages verweisen will, und das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil ein Verschulden des Betreuers der Klägerin hinsichtlich des Unterlassens einer ggf. gerichtlichen Durchsetzung des unterstellten Kontrahierungszwangs annimmt, vermag dies nicht überzeugen. Ersichtlich sind die vermeintlichen Ansprüche auf Abschluss entsprechender Verträge nicht ohne weiteres realisierbar. Mag man dem Sozialgericht noch dahingehend folgen können, dass die erstinstanzlich vorgelegten Bescheinigungen der Versicherungen hinsichtlich der Möglichkeit der Erlangung eines Krankenversicherungsschutzes auf der Grundlage eines Basistarifs wenig aussagekräftig sind, hätte das Sozialgericht jedoch nicht ohne weitere Ermittlungen unterstellen dürfen, dass ein (privatrechtlicher) Krankenversicherungsschutz ohne weiteres durchsetzbar war. Insofern kommt es auch nicht darauf an, dass der Betreuer und Prozessbevollmächtigte der Klägerin von seiner Rechtsauffassung ausgehend die geforderte gerichtliche Durchsetzung (ggf. schon zur Kostenvermeidung im Interesse der Klägerin) verweigerte. Jedenfalls das im Berufungsverfahren vorgelegte Schreiben der E belegt, dass die vom Bevollmächtigten der Klägerin vertretene Rechtsauffassung von privaten Unternehmen geteilt wird, und – von dieser ausgehend – eine (Pflicht-) Versicherung auf der Grundlage eines Basistarifs auch abgelehnt wird.
Dabei war dem Beklagten im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts auch bekannt, dass das Amtsgericht Köln bereits mit Urteil vom 26.05.2010 (146 C 257/09, bestätigt durch das Landgericht Köln, Urteil vom 11.05.2011 – 23 S 44/10) in einem vergleichbaren Fall eines Mitarbeiters im Ruhestand der ehemaligen DB, der ebenfalls Mitglied der KVB war, dessen Klage auf Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages gemäß § 193 Abs. 5 VVG i.V.m. 12 Abs. 1a VAG abgelehnt hat. Dabei ist das Amtsgericht in der genannten Entscheidung davon ausgegangen, dass die Erstattungsleistung der KVB die Voraussetzungen, die gemäß § 193 Abs. 3 VVG für einen Basistarifs begehrt werden, erfüllen. Ungeachtet der Richtigkeit dieser Rechtsauffassung kann angesichts negativer Rechtsprechung der zuständigen Zivilgerichte jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass ein Anspruch auf Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages ohne weiteres realisierbar war und ist.
2. Ohne dass es angesichts der vorstehenden Ausführungen noch darauf ankommt, dürfte im Übrigen aber Folgendes gelten:
Für die Klägerin besteht kein hinreichender, ihre Aufwendungen im Krankheitsfall abdeckender Krankenversicherungsschutz. Insbesondere ist die Klägerin nicht pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Die Absicherung im Krankheitsfall durch die KVB gehört zu den Sondersystemen, die, solange sie eine Absicherung im Krankheitsfall bieten, der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V entgegenstehen (BSG, Urteil vom 12.01.2011 – B 12 KR 11/09 R). Dabei ist das BSG (a.a.O.) davon ausgegangen, dass die KVB weder zur gesetzlichen Krankenversicherung gehört, noch der privaten Krankenversicherung zugerechnet werden kann. Letzteres folge aus ihrem Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft, die aufgrund des § 14 Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz (vom 27.12.1993, BGBl. I 160) als in ihrem Bestand geschlossene betriebliche Sozialeinrichtung der DB in der bisherigen Rechtsform mit dem Ziel der Abwicklung nach Maßgabe von Satzung und Tarif weitergeführt werde und die Krankenversorgung der Beamten des BEV wahrnehme. Die KVB sei insbesondere nicht verpflichtet, eine Versicherung zum Basistarif anzubieten.
Steht die Absicherung durch die KVB als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall aber einer Pflichtversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V entgegen, spricht bereits dieser Umstand gegen eine – dann gleichsam subsidiär – eintretende Versicherungspflicht gemäß § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG. Nach dieser Vorschrift ist jede Person mit Wohnsitz im Inland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000,00 EUR begrenzt sind, abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
Mit dieser Vorschrift korrespondiert die Verpflichtung der (privaten) Versicherer gemäß § 193 Abs. 5 Nr. 3 VVG, Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, eine Versicherung im Basistarif nach § 12 Abs. 1a VAG anzubieten.
Allerdings erscheint es angesichts der im Vergleich zur gewöhnlichen Beihilfeberechtigung weitergehenden Absicherung durch die KVB und der dadurch im Regelfall nur geringen verbleibenden wirtschaftlichen Belastungen gerechtfertigt, wie das Amtsgericht Köln (a.a.O.), davon auszugehen, dass auch für die Klägerin der gesetzgeberischen Intention entsprechend ein der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbarer umfassender Versicherungsschutz sichergestellt war. Insoweit verweist das Amtsgericht zutreffend wohl auch auf den in § 193 Abs. 3 VVG vorgesehenen Selbstbehalt.
Das Landgericht Köln (a.a.O.) führt entsprechend aus:
"Insoweit ist zu sehen, dass das Gesetz selbst keine 100%ige Abdeckung der Krankheitskosten verlangt, sondern auch Versicherungen, die einen absoluten oder prozentualen Selbstbehalt vorsehen, grundsätzlich geeignet sind, der Versicherungspflicht nach § 193 III 1 VVG n.F. zu genügen, solange sich dieser Selbstbehalt betragsmäßig nicht über einen Betrag von 5.000 EUR kalenderjährlich hinaus auswirkt. Um eine solche Konstellation einer Vollversicherung mit einem prozentualen Selbstbehalt für bestimmte Arten der Behandlung handelt es sich jedoch vorliegend bei der für den Kläger bestehenden Versicherung. Insoweit ist zu sehen, dass der streitgegenständliche Tarif Erstattungsansprüche für stationäre Behandlungen zu 100 % und für ambulante Behandlungen je nach Art der ambulanten Behandlung zu 90 % oder zu 100 % vorsieht. Dieser Versicherungsschutz genügt den Anforderungen des § 193 III 1 VVG n.F. bereits vollumfänglich, so dass ergänzender Versicherungsschutz zur Erfüllung der Versicherungspflicht nicht erforderlich ist."
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsvorschriften zur Beihilfeverordnung – konkret zu dessen § 10 – davon ausgehen, in 10.2.4 ebenfalls davon ausgehen, dass ein Anspruch auf Leistungen der KVB als eine der Versicherungspflicht genügende Absicherung gilt (GMBl. 2009, 138).
Die Bundesregierung (vgl. BT-Drs. 17/4386 S. 6) geht davon aus, dass § 193 Absatz 3 VVG (nur) einen Mindestumfang des Krankenversicherungsschutzes verlangt, der erfordert, dass der Versicherungsschutz die ambulante und stationäre Heilbehandlung bei einem maximalen Selbstbehalt von betragsmäßig 5.000,00 EUR im Kalenderjahr umfasst.
Mag es – im Einzelfall – daher bei Überschreiten des Betrages von 5.000,00 EUR (wofür hier nichts spricht; vgl. hierzu auch Landgericht Köln a.a.O.) auch vertretbar sein, davon auszugehen, dass grundsätzlich eine Verpflichtung der Versicherer besteht könnte, einen Basistarif auch für KVB-Berechtigte im Umfang der jeweiligen Deckungslücke für den Bereich der ambulanten und stationären Versorgung vorzusehen, dürfte diese Auffassung kaum in Einklang zu bringen sein, mit den Ausführungen des BSG (a.a.O.) zur anderweitigen Absicherung durch die KVB
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
IV. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht. Die die Entscheidung des Senats tragenden (rechtlichen) Ausführungen zur Reichweite des so genannten Nachranggrundsatzes stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Sie betreffen darüber hinaus den Einzelfall.
Erstellt am: 18.08.2011
Zuletzt verändert am: 18.08.2011