Auf die Beschwerden wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 20.06.2011 geändert. Den Klägern zu 3) und zu 4) wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Kostenbeteiligung ab dem 11.04.2011 bewilligt und Rechtsanwältin V in H beigeordnet. Im übrigen werden die Beschwerden der Klägerin zu 1), des Klägers zu 2) und der Klägerin zu 5) zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) sind verheiratet. Sie wohnen mit ihren drei gemeinsamen Kindern, dem am 00.00.2000 geborenen Kläger zu 3), dem am 00.00.2001 geborenen Kläger zu 4) und der am 00.00.2009 geborenen Klägerin zu 5) zusammen. Die Kläger zu 3) und zu 4) besuchen allgemeinbildende Schulen.
Durch Bescheid vom 23.06.2010 bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich: der Beklagte) der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus den fünf Klägern, Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2010. In der Zeit vom 11.07. bis 06.08.2010 hielten sich die Kläger urlaubsbedingt in der Türkei auf. Der Beklagte stimmte der Ortsabwesenheit der Kläger in den ersten drei Wochen bis zum 31.07.2010 zu. Durch Bescheid vom 09.07.2010 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Bedarfsgemeinschaft mit Wirkung ab dem 01.08.210 auf.
Am 09.08.2010 beantragte die Klägerin zu 1) die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II. Durch Bescheid vom 12.08.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 09.08. bis 31.08.2010 in Höhe von 1.130,81 EUR.
Durch Bescheid vom 18.08.2010 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin zu 1) auf Zusatzleistungen nach § 24a SGB II von 100,00 EUR pro Kind ab. Nach § 24a SGB II erhalte die Zusatzleistung, wer zum 01.08. eines Jahres Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe. Ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II sei aber erst am 09.08.2010 gestellt worden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin zu 1) wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2010 zurück.
Durch Bescheid vom 03.02.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin zu 1) auf Überprüfung der Entscheidung vom 18.08.2010 ab. Der Anspruch auf Schulgeldpauschale für das laufende Schuljahr sei zu Recht abgelehnt worden, da weder die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) als Elternteile noch die Kläger zu 3) und 4) einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II am 01.08.2010 gehabt hätten.
Am 11.04.2011 haben die Kläger Klage mit dem Begehren erhoben, den Beklagten zur Gewährung von Leistungen nach § 24a SGB II zu verpflichten.
Durch Beschluss vom 20.06.2011 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Hiergegen haben die Kläger Beschwerde eingelegt.
II. Die Beschwerde der Kläger zu 3) und zu 4) ist begründet (A).
Die Beschwerden der Klägerin zu 1), des Klägers zu 2) und des Klägers zu 5) sind unbegründet (B).
A. Die Klagen der Kläger zu 3) und zu 4), gerichtet auf die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung eine Schulbedarfs nach § 24a SGB II, bieten hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Nach summarischer Prüfung der Rechtslage steht den beiden Klägern ein Anspruch auf Gewährung eines Schulbedarfs nach § 24a SGB II zu. Nach § 24a Satz 1 SGB II in der Fassung ab dem 01.08.2009 (Art. 16 des Gesetzes vom 16.07.2009, BGBl. I, 1959) erhalten Schülerinnen und Schüler, die das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von 100,00 EUR, wenn sie oder mindestens ein im Haushalt lebenden Elternteil am 1. August des jeweiligen Jahres Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch haben. Die beiden Kläger hatten zum Stichtag, dem 01.08.2010, das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet und besuchten eine allgemeinbildende Schule. Unerheblich ist, dass die beiden Klägern am 01.08.2010 tatsächlich keine Leistungen nach dem SGB II bezogen haben bzw. ein Anspruch ihrer Eltern auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit nach § 7 Abs. 4a SGB II ausgeschlossen gewesen ist. Entscheidend ist, dass ihnen am 01.08.2010 ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, nämlich ein Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II, zugestanden hat (vgl. hierzu Fügemann in Hauck/Noftz, SGB II, K § 24a Rn 26f; BT-Drs. 16/13429 S. 56). Nach § 28 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2010 erhalten nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des zwölften Buches haben. Das Sozialgeld umfasst die sich aus § 19 Satz 1 SGB II ergebenden Leistungen. Als nicht erwerbsfähige Angehörige haben die beiden Kläger am 01.08.2010 mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gebildet. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die beiden Kindern Mittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts aus eigenem Einkommen oder Vermögen auch unter Berücksichtigung des Kindergeldes beschaffen konnten. Die Eltern der beiden Kläger, die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2), haben nach Aktenlage am 01.08.2010 die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt. Der Anspruch der beiden Kläger auf Sozialgeld ist am 01.08.20010 auch nicht nach § 7 Abs. 4a SGB II in der Fassung bis zum 31.03.2011 ausgeschlossen gewesen. Danach erhält derjenige nicht Leistungen nach dem SGB II, der sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeitsanordnung vom 23.10.1997 definierten zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält, wobei die übrigen Bestimmungen dieser Anordnung entsprechend gelten. Die beiden Kläger sind zwar am 01.08.2010 i.S.v. § 7 Abs. 4a SGB II a. F. ortsabwesend gewesen. Jedoch findet die Vorschrift des § 7 Abs. 4a SGB II a. F. nicht auf Bezieher von Sozialgeld Anwendung (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg Urteil vom 14.07.2010 – L 3 AS 3552/09 -; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 7 Rn 87; vgl. auch BT-Drs. 17/3404 S. 92, wonach mit der Änderung der Vorschrift des § 7 Abs. 4a SGB II klargestellt wird, dass nur erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei unerlaubter Ortsabwesenheit ihren Leistungsanspruch verlieren und nicht erwerbsfähige Personen keiner besonderen Zustimmung zur Ortsabwesenheit bedürfen).
Die Kläger zu 3) und zu 4) sind nicht in der Lage, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, sodass die Prozesskostenhilfe ratenfrei zu gewähren ist.
B.
Die von den Klägerin zu 1), dem Kläger zu 2) und der Klägerin zu 5) eingeleitete Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Ihnen steht ein Anspruch auf Gewährung der Leistungen nach § 24a SGB II schon aufgrund ihres Alters nicht zu. Auch wenn ihr Klagebegehren dahingehend ausgelegt wird, dass sie die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung eines Schulbedarfs nach § 24 SGB II an die Kläger zu 3) und zu 4) begehren, ist die Klage unzulässig. Denn es handelt sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Schulbedarf nach § 24a SGB II um Individualansprüche der Kläger zu 3) und zu 4) (vgl. hierzu BSG Urteil vom 10.05.2011 – B 4 AS 11/10 R = juris Rn 15). Mithin sind die Klagen der Klägerin zu 1), des Klägers zu 2) und der Klägerin zu 3) wegen Fehlens eines Rechtschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. BSG Urteil vom 23.03.2010 – B 14 AS 81/08 R = juris Rn 12).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 07.09.2011
Zuletzt verändert am: 07.09.2011