Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.04.2011 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihren Eilrechtsstreit um höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Monate April und Mai 2011.
Die Antragstellerin zu 1) ist Mutter des Antragstellers zu 2) und bewohnt zusammen mit diesem bzw. bewohnte bis zum 31.12.2010 auch zusammen mit einem weiteren Kind eine Wohnung, deren monatliche Gesamtkosten von 535,00 EUR (Kaltmiete 335,00 EUR, Heizkostenabschlag 95,00 EUR, Nebenkostenabschlag 105,00 EUR) für den Bewilligungsabschnitt bis zum 31.03.2011 von dem Antragsgegner als zustehende Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen wurden.
Am 28.02.2011 beantragte die Antragstellerin zu 1) die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den mit dem 01.04.2011 beginnenden Bewilligungsabschnitt und legte hierbei ein Schreiben ihres Vermieters vom 23.02.2011 mit einer Umlagenabrechnung für das Jahr 2010 vor, wonach sich ein Guthaben i.H.v. 187,25 EUR ergeben habe, das auf das bekannte Konto überwiesen werde.
Der Antragsgegner glich daraufhin die für 2010 erbrachten Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung mit den Verbrauchswerten ab und gelangte zu der Überzeugung, dass eine Überzahlung von 767,61 EUR entstanden sei.
Mit Bescheid vom 01.03.2011, der mit "Änderung zum Bescheid vom 24.01.2011 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" überschrieben ist, bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen für April 2011 unter Berücksichtigung der Regelleistungen sowie Kosten für Unterkunft und Heizung von 0,03 EUR sowie für Mai 2011 unter Berücksichtigung der Regelleistungen sowie Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 272,36 EUR. Aus der Neben- und Heizkostenabrechnung sei eine Überzahlung i.H.v. 767,61 EUR entstanden, die in den Monaten April und Mai 2011 verrechnet werde.
Gegen diese Entscheidung legten die Antragsteller am 17.03.2011 Widerspruch ein. Sie beantragten, die aufschiebende Wirkung dieses Widerspruches herzustellen und kündigten die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes bei Ablauf einer Frist bis zum 25.03.2011 ohne Abhilfe an.
Mit Bescheid vom 29.03.2011 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom selben Tag, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, zurück.
Mit Antrag an das Sozialgericht im vorliegenden Verfahren vom 28.03.2011 haben die Antragsteller die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen den Bescheid vom 01.03.2011 sowie Prozesskostenhilfe für die Durchsetzung dieses Anspruchs begehrt.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 11.04.2011 hat das Sozialgericht diesen Antrag sowie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Hinblick auf die zwischenzeitliche Widerspruchsentscheidung müsse Rechtsschutz gegen diesen gesucht und ggf. die Herstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage beantragt werden.
Am 19.04.2011 haben die Antragsteller gegen den Bescheid vom 01.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2011 Klage erhoben (S 43 AS 1469/11, SG Düsseldorf) sowie die Herstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage beantragt (S 43 AS 1468/11 ER). Dem letztgenannten Antrag hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 05.05.2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, stattgegeben. Der Antragsgegner hat zwischenzeitlich mit Bescheid vom 28.03.2011 Grundsicherungsleistungen vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 mit Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung wie im Bescheid vom 01.03.2011 und sodann in Ausführung des Beschlusses vom 05.05.2011 sowie unter Verrechnung eines Guthabens und einer Nachzahlung an Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 372,75 EUR für April 2011 und i.H.v. 530,00 EUR für Mai 2011 bewilligt.
Mit der Beschwerde vom 13.05.2011 im vorliegenden Rechtsstreit, für die zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, haben sich die Antragsteller gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe im Beschluss vom 11.04.2011 gewandt.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 01.03.2011 sei anzuordnen gewesen und ihre Rechtsverfolgung insoweit erfolgversprechend, als auf den monatlichen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung für April und Mai 2011 i.H.v. je 535,00 EUR nicht der von dem Antragsgegner ermittelte Betrag von 767,61 EUR, vielmehr lediglich das vermieterseits ermittelte Guthaben von 187,25 EUR anzurechnen sei. Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Gründe:
II:
Die Beschwerde ist unzulässig und nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), i.V.m. § 572 Abs. 5 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) als unzulässig zu verwerfen. Dabei richtet sich die Entscheidung des Rechtsstreits in der Sache entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts wie auch der Beteiligten nicht nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, weil die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel, volle Unterkunftskosten für die Monate April und Mai 2011, nicht durch Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen den Bescheid vom 01.03.2011 erreichen können, sondern nur durch eine Verpflichtung des Antragsgegners, bislang nicht bewilligte Leistungen vorläufig zu erbringen. Denn mit dem Bescheid vom 01.03.2011 wurde nicht in eine bislang schon vorhandene Bewilligung für den am 01.04.2011 beginnenden Abschnitt eingegriffen; die Leistungsbewilligung für den Bewilligungsabschnitt vom 01.04. bis 30.09.2011 erfolgte vielmehr nachfolgend durch den Bescheid vom 28.03.2011, für April und Mai 2011 allerdings auch nur unter Berücksichtigung der bereits im Bescheid vom 01.03.2011 zuerkannten Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Der Rechtsstreit wäre danach im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf eine sog. Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zu entscheiden gewesen. Auch die Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 19.04.2011 gegen den Bescheid vom 11.03.2011 durch Beschluss des Sozialgerichts vom 05.05.2011 im Verfahren S 43 AS 1468/11 ER ging ins Leere, wenngleich der Antragsgegner, nach eigener Einschätzung in Ausführung des Beschlusses vom 05.05.2011, mit Bescheid vom 19.05.2011 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für April und Mai 2011 bewilligt hat.
Die Beschwerde ist unzulässig und nach §§ 202 SGG, 572 Abs. 5 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der für eine statthafte Beschwerde erforderliche Wert der Beschwer von mehr als 750,00 EUR (§§ 172 Abs. 1 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 01.04.2008 geltenden Fassung (Gesetz vom 26.03.2008, BGBl. I, 444)) nicht erreicht wird.
Für den maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung ist die Beschwer zu ermitteln als Differenz der bislang zuerkannten zu den begehrten Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung waren den Antragstellern durch die Bescheide des Antragsgegners vom 01.03.2011, 28.03.2011 und 29.03.2011 Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 272,39 EUR (0,03 EUR für April 2011, 272,36 EUR für Mai 2011) zuerkannt worden.
Sie haben die Zuerkennung ihrer vollen Unterkunftskosten von insgesamt 1.070,00 EUR für beide Monate abzgl. der Anrechnung einer vermieterseitigen Erstattung von 187,25 EUR begehrt und beantragen dies auch im Hauptsacheverfahren S 43 AS 1469/11.
Die Höhe der für beide Monate beanspruchten Kosten der Unterkunft und Heizung beträgt danach 882,75 EUR (1.070,00 EUR abzgl. 187,25 EUR), die Differenz zu den bereits bewilligten 272,39 EUR beträgt 610,36 EUR und unterschreitet den erforderlichen Wert der Beschwer von mehr als 750,00 EUR deutlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, da ein eigenständiger Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nach allgemeiner Auffassung und ständiger Rechtsprechung – auch des vorliegend befassten Senats – nicht besteht (z.B. Beschlüsse des Senats vom 06.10.2010 – L 19 AS 225/10 B m.w.N., vom 30.05.2011 – L 19 AS 841/11 B -).
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Im Hinblick auf die Rechtsauslegung des Antragsgegners hält der Senat einige Hinweise für angebracht:
Auswirkungen von Rückzahlungen und Guthaben auf Leistungsansprüche bzgl. der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II waren bis zum 31.03.2011 in § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II und sind ab dem 01.04.2011 in § 22 Abs. 3 SGB II (Neufassung vom 13.05.2011, BGBl. I, 849 f.) geregelt.
Nach beiden Fassungen der Vorschrift mindern Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben außer Betracht.
Die Vorschrift ist mit dem zum 01.08.2006 in Kraft getretenen "Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende" vom 20.07.2006 (BGBl. I, 1706) – damals als § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II – eingeführt worden, um zuvor bestehende Anrechnungsprobleme zu beseitigen.
Vor der Einführung der Vorschrift wurden Rückzahlungen der Energieversorger als Einkommen angerechnet. Dies führte zum einen dazu, dass ein Versicherungspauschbetrag bzw. Versicherungskosten von der Rückzahlung abgesetzt werden musste, zum anderen dazu, dass überzahlte Betriebskosten im Wesentlichen der Agentur für Arbeit zugute kamen, obwohl diese zu über 70% von den Kommunen im Rahmen ihrer Leistungszuständigkeit für Leistungen nach § 22 SGB II aufgebracht worden waren. Dies zu ändern, war ausdrücklich erklärte Intention des Gesetzgebers (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Bundestagsdrucksache 16/1696 vom 31.05.2006, S. 26 f. zu Nr. 6a des Entwurfes). Dort heißt es weiter: "Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, Erstattungen überzahlter Betriebskosten unmittelbar von den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abzusetzen. Im Ergebnis kommt es zu einer Entlastung des kommunalen Trägers. Nicht abgesetzt werden können Rückzahlungsanteile, die sich auf die Kosten der Haushaltsenergie beziehen. Diese Kosten werden nicht vom kommunalen Träger, sondern aus der vom Bund zu finanzierenden Regelleistung bestritten."
§ 22 Abs. 1 S. 4 SGB II findet daher nach Wortlaut und Materialien gleichermaßen eindeutig (nur) dann Anwendung, wenn Leistungsempfänger Rückzahlungen oder Guthaben erzielt haben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind und dem Leistungsempfänger zugute kommen (dies bejahend bei Rückfluss in die Insolvenzmasse im Falle der Verbraucherinsolvenz LSG NW Urteil vom 22.09.2009 – L 6 AS 11/09 -; verneinend bei Verrechnung durch den Vermieter mit einer eigenen Forderung SG Neubrandenburg Urteil vom 27.09.2010 – S 11 AS 960/07 -; Beschluss des Senats vom 14.01.2011 – L 19 AS 1608/10 B.).
Vor diesem Hintergrund beruht die Ermittlung einer "Rückzahlung" bzw. eines "Guthabens" von 787,61 EUR als Differenz der bereits für den abgelaufenen Bewilligungsabschnitt geleisteten Kosten der Unterkunft und Heizung auf einem grundlegenden Missverständnis der Norm.
Nach Wortlaut und vorstehend beschriebener Intention des Gesetzgebers kann nur die im Verhältnis des Mieters zu seinem Vermieter bzw. zu den Versorgern entstandene Rückzahlung oder das hieraus zur Verfügung stehende Guthaben Berücksichtigung finden (vgl. bereits die Arbeitshilfe "Kosten der Unterkunft und Heizung gem. § 22 SGB II, 4. Aufl., Stand 01.03.2010, S. 47 des MAGS zur damaligen Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II).
Insoweit kommt nur der den Antragstellern vermieterseitig zugewendete Rückzahlungsbetrag von 187,25 EUR als Anrechnungsbetrag in Betracht und dies auch nur insoweit, wie die Rückerstattung nicht die Kosten für Haushaltsenergie umfasst.
Nach der vermieterseitig beigefügten Abrechnung zur Mitteilung vom 23.02.2011 dürfte ein noch zu ermittelnder Anteil der gesamten Rückzahlung auf Kosten für Haushaltsenergie entfallen.
Bislang allerdings steht nicht einmal fest, wann die Antragsteller die Rückzahlung erhalten haben. Im Schreiben vom 23.02.2011 wurde die Überweisung der Rückzahlung angekündigt, so dass der zu überweisende Betrag durchaus noch im laufenden Monat Februar dem Konto der Antragsteller gutgebracht worden sein könnte. Bei Zugang der Rückzahlung noch im Februar 2011 wäre eine Anspruchsminderung bereits ab März 2011 zu berücksichtigen gewesen und nicht erst ab April 2011, wie es in den Bescheiden vom 01.03.2011 und 28.03.2011 angenommen wurde.
Auch dies wird zu prüfen sein.
Erstellt am: 07.09.2011
Zuletzt verändert am: 07.09.2011