Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 14.02.2011 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Heranziehungsbescheid der Antragsgegnerin zum ärztlichen Notfalldienst.
Die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Antragstellerin betreibt gemeinsam mit ihrem Ehemann eine gynäkologische Praxis in M.
Mit Bescheid vom 17.12.2010 zog die Bezirksstelle N der Antragsgegnerin die Antragstellerin zum allgemeinen ärztlichen Notfalldienst für die Zeit vom 01.02.2011 bis zum 31.01.2012 heran. Ausweislich der Anlage zu diesem Bescheid ist die Antragstellerin verpflichtet worden, fünf "Sitzdienste" in einer Notfallpraxis (erstmalig am 18.02.2011) und fünf Fahrdienste (erstmalig am 01.03.2011) wahrzunehmen.
Mit Schreiben 27.12.2010 erhob die Antragstellerin Widerspruch. Am 24.01.2011 hat sie beim Verwaltungsgericht (VG) N einen Antrag auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gestellt. Mit Beschluss vom 31.01.2011 hat das VG das Verfahren an das Sozialgericht (SG) Dortmund verwiesen.
Zur Begründung ihres Antrags hat die Antragstellerin vorgetragen: Im Rahmen der Interessenabwägung überwiege ihr Interesse an der Aussetzung der Vollziehung, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides bestünden. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage. Es sei dem Gesetz nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass die approbierten Ärzte gleichzeitig einen Sitz- und einen Fahrdienst wahrzunehmen hätten. Da die entsprechenden Regelungen intensive Eingriffe in ärztliche Rechte darstellten, sei eine gesetzliche Regelung erforderlich. Zudem habe die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend begründet. Die Ausführungen seien lediglich floskelhaft. Eine Abwägung zwischen ihrem Individualinteresse und dem öffentlichen Interesse sei nicht erfolgt. Die Begründung der sofortigen Vollziehung sei sachlich falsch, weil nicht erkennbar sei, warum durch einen Aufschub der Vollziehung eine Versorgungslücke bei der Notfalldienstversorgung entstehe.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 27.12.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.12.2010 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass Rechtsgrundlage für die Einrichtung des Notfalldienstes § 75 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei; die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ausreichend begründet.
Mit Beschluss vom 14.02.2011 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der statthafte und im Übrigen zulässige Antrag sei unbegründet. Rechtsgrundlage für die gerichtliche Prüfung sei § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hiernach entscheide das Gericht nach Ermessen aufgrund einer Ermessensabwägung (wird ausgeführt). Das im Hauptsacheverfahren – hier Widerspruchsverfahren – verfolgte Begehren der Antragstellerin habe nach summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides bestünden nicht. Die Frage danach, ob Befreiungstatbestände griffen, sei nicht rechtserheblich. Der angefochtene Bescheid sei formell rechtmäßig. Nach §§ 4 Abs. 2 Satz 1, 6 Abs. 1 der Gemeinsamen Notfalldienstordnung (GNO) der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) und der Antragsgegnerin vom 12.12.2001/26.01.2002 entscheide der jeweilige Bezirksstellenleiter der Antragsgegnerin in allen Notfalldienstangelegenheiten seines Bezirksstellenbereichs. Die Heranziehung zum Notfalldienst erfolge gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 GNO durch Verwaltungsakt. Der Heranziehungsbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Ein Vertragsarzt übernehme als Mitglied der KV mit seiner Zulassung die Verpflichtung, in zeitlicher Hinsicht umfassend für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Das umfasse auch die Zeiten außerhalb der Sprechstunde. Der einzelne Arzt werde dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiere, von der täglichen Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet, müsse dafür aber den Notfalldienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang vertragsärztlich tätig ist. Die KV könne – gegebenenfalls zusammen mit der Ärztekammer – Regelungen in Satzungsform über die Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in den sprechstundenfreien Zeiten (Not- bzw. Bereitschaftsdienst) erlassen. Von dieser Kompetenz habe die Antragsgegnerin im Zusammenwirken mit der ÄKWL durch Erlass der GNO Gebrauch gemacht, die zuletzt mit Wirkung zum 01.02.2011 geändert worden sei. Nach §§ 30 Nr. 2, 31 Abs. 1 Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen (HeilBerG) vom 09.05.2000 (GV.NRW. 2000 S. 403 ff.), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007 (GV.NRW 2007 S. 572), i.V.m. § 26 Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 24.03.2007 und §§ 1,2 GNO der ÄKWL und der Antragsgegnerin vom 12.12.2001/26.01.2002 sei jeder niedergelassene Arzt im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin zur Teilnahme am organisierten Notfalldienst verpflichtet. Diese Regelungen verstießen weder gegen die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Gleichbehandlungsgebot. Die in der Heranziehung eines niedergelassenen Arztes zum ärztlichen Notfalldienst liegende Berufsausübungsregelung sei aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls geboten. Der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung sei weder übermäßig noch unzumutbar. Mittels der genannten Bestimmungen würden die Voraussetzungen für die Pflichtteilnahme am ärztlichen Notfalldienst sowie die Bedingungen, unter denen Befreiungen zu erteilen seien, in den Grundzügen festgelegt. Sie genügten damit dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach § 1 Abs. 1 GNO sei ein ärztlicher Notfalldienst zur ärztlichen und vertragsärztlichen Versorgung der Bevölkerung einzurichten. Nach § 2 GNO erstrecke sich die Teilnahmepflicht auf Vertragsärzte (§ 24 Ärzte-ZV), niedergelassene ermächtigte Ärzte (§ 31 Abs. 1 Ärzte-ZV) und niedergelassene privatärztlich tätige Ärzte. Die Absätze 3 bis 9 enthielten weitere, vorliegend nicht einschlägige Ausnahmeregelungen. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass eine Erfolgsaussicht des Widerspruchsbegehrens nicht gegeben sei. Infolgedessen bedürfe es keiner weiteren Interessenabwägung. Die Antragstellerin sei verpflichtet, am ärztlichen Notfalldienst des Notfalldienstbezirks, dem die jeweilige Praxis zugeordnet sei, teilzunehmen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Heranziehungsbescheid vom 17.12.2010 sei auch in formeller Hinsicht rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung benenne § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG. Danach könne die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden habe, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnen. Das den Sofortvollzug tragende öffentliche oder individuelle Interesse ("besonderes Interesse") müsse mehr als das den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigende Interesse sein, denn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der Verwaltungsaktes reichten für die Begründung des Sofortvollzugs nicht aus. Etwas anderes gelte ggf. dann, wenn das besondere Vollzugsinteresse schon aus der Eigenart der Regelung folge. Diesen Anforderungen genügten die Darlegungen der Antragsgegnerin, indem sie darauf hinweise, dass die aufschiebende Wirkung der Widersprüche zu einer unübersichtlichen Lage im neugeschaffenen Notfalldienstbezirk führen würde. Die Begründung gehe eindeutig über die Darstellung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der Verwaltungsakte hinaus, wenn ausgeführt werde:
" …Dies gilt im konkreten Fall umso mehr, als es sich um eine flächendeckende, zu einem einheitlichen "Starttermin" in Kraft tretende Reform des Notfalldienstes handelt, deren einzelne Komponenten (s. o.) nur in ihrem Zusammenwirken einen funktionsfähigen Notfalldienst gewährleistet. Mithin wäre die Zuverlässigkeit und Funktionsfähigkeit des Notfalldienstes ab dem 01.02.2011 gefährdet, wenn Ärzte durch Rechtsbehelfe (gerichtet zum Beispiel gegen die konkrete Diensteinteilung oder organisatorische Entscheidungen) einen Aufschub von der Heranziehung zum Notfalldienst erreichen würden. Durch den Aufschub würde eine Versorgungslücke entstehen, die mit einer dem "Notfall"-Begriff (Patienten, deren Gesundheit oder im Einzelfall deren Leben konkret gefährdet ist) immanenten Gefährdungslage nicht vereinbar ist."
Diese Entscheidung greift die Antragstellerin mit der Beschwerde an. Sie trägt vor: Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig. Sie werde übermäßig belastet, während andere, vergleichbare Personen weniger oder überhaupt nicht belastet würden. Die ihr auferlegten Notfalldienste seien im Vergleich zu anderen Ärzten zahlenmäßig stark überhöht. Darüber hinaus seien bestimmte Ärzte von der Notfalldienstregelung ausgenommen, beispielsweise diejenigen des Vorstandes der Antragsgegnerin. Eine solche Ungleichbehandlung sei offenkundig rechtswidrig. Der angegriffene Bescheid sei auch deswegen rechtswidrig, weil sie – die Antragstellerin – und ihr Ehemann keine gemeinsamen Sommerferien mehr durchführen könnten, obwohl sie drei schulpflichtige Kinder hätten. Darüber hinaus sei die angegriffene Entscheidung auch deshalb aufzuheben, weil die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung bei Erlass des Verwaltungsaktes nicht vorgelegen hätten. Soweit das SG davon ausgegangen sei, die Antragsgegnerin habe die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend begründet, weil sie darauf hingewiesen habe, dass eine aufschiebende Wirkung der Widersprüche zu einer unübersichtlichen Lage im neu geschaffenen Notfalldienstbezirk führe, überzeuge dies nicht. Das SG führe nicht aus, warum eine "unübersichtliche Lage im neu geschaffenen Notfalldienstbezirk" herbeigeführt werde, wenn einer Handvoll von Ärzten die gesetzlichen Rechte genommen würden. Ohnehin reiche dieser Gesichtspunkt zur Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht aus. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin durch überstürzte Invollzugsetzung des neuen, unausgegorenen und unausgereiften Planes eine solche Lage selbst herbeigeführt. Sie hätte einen geordneten Übergang vom bisherigen System zum neuen System schaffen müssen. Auch die Erwägung, es solle ein einheitlicher Starttermin festgelegt werden, rechtfertige es nicht, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Es sei abwegig zu behaupten, die Zuverlässigkeit und Funktionsfähigkeit des Notfalldienstes ab dem 01.02.2011 wäre ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung gefährdet und es könne eine Versorgungslücke entstehen. Nötigenfalls könnten Krankenhäuser eintreten. Letztendlich sei der angegriffene Bescheid auch deshalb aufzuheben, weil die durch die Satzung vorgenommenen Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung schwer und unerträglich seien und eines Gesetzes bedurft hätte. Der Gesetzgeber könne sich seiner Verpflichtung nicht entziehen und den KVen eine Notfalldienstregelung in Satzungsform überlassen, die in die Grundrechte der Beteiligten so nachhaltig eingreife, wie es bei der vorliegenden Notfalldienstregelung der Fall sei. Der niedergelassene Arzt werde zwangsverpflichtet und müsse seinen Sitz in einem Bereitschaftsraum absolvieren. Er habe dann nicht den Kontakt zu den Patienten, die aufzusuchen er verpflichtet sei. Er dürfe noch nicht einmal die ärztlich erbrachten Leistungen abrechnen, die er für "seine" Patienten erbringe; er dürfe ferner nicht nach der Notfalldienstableistung wegen der abgeleisteten Arbeitsstunden seine Praxis wieder öffnen. Er werde daher in der Berufsausübung so stark eingeschränkt, dass eine solche Regelung nicht in Satzungsform hinzunehmen sei, sondern eines Gesetzes bedürfe. Der Gesetzgeber könne sich seiner Verantwortung auch nicht entziehen, indem ihm ein "weiter Gestaltungsspielraum" überlassen werde und er dies dahingehend nutze, dass er sich seiner Verpflichtung zur Regelung der grundsätzlichen Punkte entziehe.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzt: Im Notfalldienstbezirk M sei eine durchschnittliche Dienstfrequenz von 4,56 Diensten im Rahmen des Sitzdienstes zu absolvieren. Im Fahrdienst belaufe sich die durchschnittliche Dienstfrequenz auf 4,5 Dienste. Die Antragstellerin sei mit fünf Sitzdiensten und fünf Fahrdiensten zum Notfalldienst herangezogen worden. Im Übrigen sei der zutreffenden Entscheidung des SG zu folgen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte und die beigezogenen Verwaltungsunterlagen Bezug genommen.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Mit zutreffenden Erwägungen und unter Darlegung der Rechtsgrundlagen hat das SG den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Heranziehungsbescheid zum ärztlichen Notfalldienst abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die angefochtene Entscheidung Bezug (§§ 142 Abs. 2 Satz 3, 153 Abs. 2 SGG). Klarzustellen ist vorab, dass entgegen der Ausführungen des SG Rechtsgrundlage für den Heranziehungsbescheid die GNO vom 11.11.2009/20.03.2010 und nicht jene vom 12.12.2001/26.01.2002 ist. Soweit das SG sich auf letztgenannte Fassung der GNO bezogen hat, dürfte es sich indes um ein Versehen gehandelt haben, denn die im weiteren Text des angefochtenen Beschlusses geprüften Regelungen sind solche der GNO vom 11.11.2009/20.03.2010.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
Im Einzelnen:
1. Das Vorbringen, der Heranziehungsbescheid sei bereits deswegen rechtswidrig, weil er die Antragstellerin im Gegensatz zu anderen Vertragsärzten übermäßig belaste, trifft nicht zu. Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen mitgeteilt, dass die Dienstfrequenz des Sitzdienstes im Notfalldienstbezirk sich auf 4,56 Dienste und jene des Fahrtdienstes sich auf 4,5 Dienste belaufe. Ausweislich der Anlagen 1 und 2 zum Heranziehungsbescheid wird die Antragstellerin jeweils mit fünf Diensten herangezogen. Von einer (vergleichsweise) übermäßigen Belastung kann mithin keine Rede sein.
2. Soweit die Antragstellerin meint, die Rechtswidrigkeit folge daraus, dass bestimmte Ärzte, namentlich Vorstandsmitglieder der Antragsgegnerin von der Notfalldienstregelung ausgenommen seien, ist dem nicht zu folgen, was sich wie folgt ergibt:
a) Die nähere Ausgestaltung des Not- bzw Bereitschaftsdienstes fällt in die Zuständigkeit der einzelnen KV. Dieser kommt insoweit eine weite Gestaltungsfreiheit zu; insbesondere obliegt es ihrer Entscheidung, ob sie einen flächendeckenden einheitlichen Bereitschaftsdienst organisiert oder neben einem hausärztlichen auch verschiedene fachärztliche Bereitschaftsdienste einrichtet. Der Vertragsarzt kann die zur Ausgestaltung des Notfalldienstes getroffenen Entscheidungen nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfen lassen. Angesichts der Gestaltungsfreiheit der KV als Normgeber und der ihr – auch gegenüber den Krankenkassen – obliegenden Verantwortung für eine angemessene Versorgung der Versicherten auch zu den sprechstundenfreien Zeiten kann der einzelne Arzt durch die Entscheidung der KV nur in seinen Rechten verletzt sein, wenn die Entscheidung der KV nicht mehr von sachbezogenen Erwägungen getragen wird und einzelne Arztgruppen oder Ärzte willkürlich benachteiligt werden (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2006 – B 6 KA 43/05 R -).
Das bedeutet nichts anderes, als dass der Vertragsarzt nicht eine Prüfung verlangen kann, ob die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung getroffen worden ist. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob sich die KV bei ihrer Entscheidung am Normzweck orientiert und die gesetzlichen Grenzen des ihr eingeräumten Beurteilungsspielraums beachtet hat (vgl. § 39 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG für Ermessensausübung; vgl. auch BSG, Urteil vom 06.09.2006 – B 6 KA 43/05 R – Ermessensspielräume). Dabei sind die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze, wie das Willkürverbot und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG) zu beachten. Diese sind erst dann verletzt, wenn das Verwaltungshandeln unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt mehr vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht.
b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
aa) Der zur Teilnahme verpflichtete Personenkreis wird in § 2 GNO bestimmt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GNO sind zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet
– zugelassene Vertragsärzte – auch soweit sie mit hälftigem Versorgungsauftrag oder unter Job-Sharing-Bedingungen nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen – ,
– niedergelassene ermächtigte Ärzte (§ 31 Abs. 1a Ärzte-ZV),
– niedergelassene privatärztlich tätige Ärzte.
Zur Teilnahme am Notfalldienst sind gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GNO ferner Ärzte verpflichtet, die in einem Anstellungsverhältnis an der ambulanten Versorgung mitwirken (vgl. § 32b Ärzte-ZV, § 95 Abs. 9 SGB V, § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, § 19 Berufsordnung). Übt ein Arzt seine ärztliche Tätigkeit an weiteren Orten aus (§ 24 Abs. 3 Ärzte-ZV, § 17 Abs. 2 Berufsordnung), ist er hingegen zur Teilnahme am Notfalldienst am weiteren Tätigkeitsort grundsätzlich nicht verpflichtet, es sei denn, die Notfallversorgung kann anders nicht sichergestellt werden (§ 2 Abs. 3 Satz 1 GNO). Vertragsärzte, deren Zulassung ruht, aber gleichwohl in privatärztlicher Niederlassung tätig sind, sind zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet, wenn dem nicht schwerwiegende Gründe entgegenstehen (§ 2 Abs. 4 GNO). Nimmt ein Arzt in verschiedenen Formen an der ambulanten Versorgung iSv Abs. 1 bis 4 teil, ist er für jede Teilnahmeform mit dem entsprechenden Einteilungsfaktor am jeweiligen Tätigkeitsort gesondert zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet (§ 2 Abs. 5 GNO). Für die in einem zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrum tätigen, angestellten Ärzte gelten die vorstehenden Regelungen mit der Maßgabe entsprechend, dass der Träger des Medizinischen Versorgungszentrums als anstellender Arzt i. S. von Abs. 2 Satz 2 gilt (§ 2 Abs. 6 GNO). Über den in den Abs. 1 bis 6 festgelegten Personenkreis hinaus können weitere Ärzte auf freiwilliger Grundlage am Notfalldienst teilnehmen. Der erforderliche Antrag ist an die KVWL zu richten; mit dem Antrag unterwirft sich der Arzt den Bestimmungen der GNO (§ 2 Abs. 7 GNO). Psychologische Psychotherapeuten und Psychologische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nehmen nicht am ärztlichen Notfalldienst teil (§ 2 Abs. 8 GNO). Fachärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie haben die Wahl, am zahnärztlichen oder vertragsärztlichen Notfalldienst teilzunehmen (§ 2 Abs. 9 Satz 1 GNO).
Hieraus folgt, dass jeder Vertragsarzt zum Notfalldienst verpflichtet ist. Ausnahmen sieht § 2 GNO nur nach Maßgabe der Absätze 8 und 9 vor. Dies ist angesichts des Normbefehls des § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 2 Abs. 1 Satz 1 GNO auch jedes vertragsärztlich tätige Vorstandsmitglied der KV zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet.
bb) Verständlich wird das Vorbringen der Antragstellerin erst mit Blick auf § 11 GNO. Während § 2 GNO die Teilnahmeverpflichtung begründet, listet § 11 GNO eine Reihe von Befreiungstatbeständen. Systematisch greifen die Befreiungstatbestände sekundär. Sie werden erst relevant, wenn eine Teilnahmepflicht nach § 2 GNO besteht, indem sie hiervon suspendieren. § 11 Abs. 5 GNO regelt:
Ehrenamtlich für die Ärzteschaft tätige Ärzte können auf Antrag vom Notfalldienst befreit werden. Der Vorsitzende der Vertreterversammlung, die Vorstandsmitglieder, die Verwaltungsstellenleiter, die Bezirksstellenleiter der KVWL, die Vorsitzenden der Verwaltungsbezirke der ÄKWL sowie der Präsident, der Vizepräsident und die Vorstandsmitglieder der ÄKWL sind auf Antrag vom Notfalldienst zu befreien.
Die vertragsärztlich tätigen Vorstandsmitglieder der Antragsgegnerin sind hiernach auf Antrag von der ihnen durch § 2 Abs. 1 Satz 1 GNO auferlegten Pflicht, am Notfalldienst teilzunehmen, zu befreien.
Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Infolge der Neufassung des § 79 SGB V durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14.11.2004 (BGBl I 2190, 2203) übt seit 01.01.2005 auch der Vorstand der KV seine Tätigkeit hauptamtlich aus (zur zuvor maßgebenden Rechtslage vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 – B 6 KA 64/98 R -). Der Vorstand darf jetzt höchstens nur noch mit drei Mitgliedern besetzt werden (§ 79 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Die Amtszeit der Vorstandsmitglieder beträgt entsprechend der Dauer der Wahlperiode (§ 80 Abs. 3 SGB V) seit dem 01.01.2005 sechs Jahre; eine – auch mehrmalige – Wiederwahl ist zulässig (§ 79 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Wird ein Vertragsarzt (Vertragszahnarzt/Psychotherapeut) in den hauptamtlichen Vorstand gewählt, kann er seine bisherige ärztliche Tätigkeit in begrenztem Umfange unter Beibehaltung seines vertragsärztlichen Status als Nebentätigkeit weiterführen (vgl. § 79 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Umfang dieser zulässigen Nebentätigkeit muss dabei so bemessen werden, dass die Erfüllung der hauptamtlichen Vorstandsaufgaben nicht beeinträchtigt wird (Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung – SGB V, § 79 Rdn. 12, Stand 10/2005). Der in den Vorstand gewählte Arzt kann sich auch dafür entscheiden, seine vertragsärztliche Zulassung für die Dauer seiner Vorstandstätigkeit ruhen zu lassen (§§ 79 Abs. 4 Satz 4 zweiter Halbs. i.V.m. § 95 Abs. 5 SGB V).
Ausgehend davon, dass die vertragsärztliche Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds seit 01.01.2005 rechtlich als Nebentätigkeit zu qualifizieren ist, erachtet es der Senat angesichts des der Antragsgegnerin eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums (hierzu BSG, Urteil vom 11.05.2011 – B 6 KA 23/10 R -) als jedenfalls vertretbar, wenn § 11 Abs. 5 GNO insoweit einen antragsbestimmten Befreiungstatbestand vorsieht. Von einer sachwidrigen oder gar willkürlichen Ungleichbehandlung kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein. Art. 3 Abs. GG verbietet nur eine ungleiche Regelung gleicher Sachverhalte.
3. Soweit die Antragstellerin meint, die Heranziehung sei rechtswidrig, weil die ihr und ihrem Ehemann (hierzu das Verfahren L 11 KA 14/11 B ER) auferlegten Notfalldienste dazu führten, trotz dreier schulpflichtiger Kinder keine gemeinsamen Sommerferien mehr machen zu können, trägt das die Beschwerde nicht.
Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen begannen am 25.07. und enden am 06.09.2011. Die Antragstellerin ist ausweislich des Notfalldienstplanes für diesen Zeitraum weder zum Sitzdienst noch zum Fahrdienst eingeteilt. Ihr Ehemann ist für den 09.08.2011 zum Sitzdienst und am 28.07.2011 sowie 24.08.2011 zum Fahrdienst eingeteilt.
Schon dies erhellt, dass das Vorbringen der Antragstellerin, keine gemeinsamen Sommerferien mehr durchführen zu können, neben der Sache liegt. Im Übrigen wäre es ihr unbenommen geblieben, einen Befreiungsantrag (§ 11 Abs. 1 GNO) zu stellen bzw. sich nach § 9 GNO vertreten zu lassen (hierzu BSG, Urteil vom 06.02.2008 – B 6 KA 13/06 R -) oder den Dienst zu tauschen (§ 10 GNO).
4. Die Auffassung der Antragstellerin, der Heranziehungsbescheid sei rechtswidrig, weil die dem zugrundeliegenden Regelungen der GNO gegen den Gesetzesvorbehalt bzw. -vorrang verstoßen, geht fehl.
Hierzu hat das BSG im Urteil vom 06.02.2008 – B 6 KA 13/06 R – ausgeführt:
Der Kläger ist als zur fachärztlichen Versorgung vertragsärztlich zugelassener Pathologe prinzipiell zur Teilnahme an dem gemeinsam von der Beklagten und der Ärztekammer Nordrhein organisierten ärztlichen Notfalldienst verpflichtet. Rechtsgrundlage für diese Pflicht ist § 1 Abs 1 GNO in der für die Beurteilung der Verpflichtungsklage in rechtlicher Hinsicht maßgeblichen aktuellen Fassung vom 23.12.2006 (Rheinisches Ärzteblatt 1/2007 S 61; zur maßgeblichen Rechtslage bei Verpflichtungsklagen vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 5; BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, jeweils RdNr 5). Danach haben alle niedergelassenen sowie in Praxen oder Medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte am organisierten ärztlichen Notfalldienst teilzunehmen. Das umfasst nach der Auslegung, die das LSG hinsichtlich der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltenden und im hier maßgeblichen Umfang inhaltsgleichen Vorgängervorschrift (§ 1 GNO idF vom 1.1.2002, Rheinisches Ärzteblatt 1/2002 S 65) vorgenommen hat, auch für in der fachärztlichen Versorgung tätige Ärzte die Verpflichtung zur Teilnahme am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst. Dieses Auslegungsergebnis ist mit Bundesrecht vereinbar. Der Senat hat hierzu zuletzt im Urteil vom 6.9.2006 (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 5) bekräftigt, dass die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst aus seinem Zulassungsstatus folgt. Dieser auf seinen Antrag hin verliehene Status erfordert es, in zeitlicher Hinsicht umfassend – dh auch in den Zeiten außerhalb der Sprechstunde – für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Der einzelne Arzt wird mithin dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiert, von seiner andernfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet. Als Gegenleistung hierfür muss jeder Vertragsarzt den Notfalldienst als gemeinsame Aufgabe aller Ärzte gleichwertig mittragen (vgl BSG, aaO, RdNr 10).
Hat das BSG in dieser Entscheidung maßgebend auf § 1 der fraglichen GNO als Ermächtigungsgrundlage abgestellt, die es wiederum als von § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V gedeckt ansah, ist mit der Entscheidung vom 11.05.2011 – B 6 KA 23/10 R – eine gewisse Verschiebung hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlage festzustellen, wenn das BSG nunmehr ausführt: "Die Verpflichtung des Klägers zur Präsenz während seines Notdienstes in der Notfallpraxis am Krankenhaus in S. ergibt sich aus § 8 Abs 2 Satz 4 GNO. In der seit dem 1.1.2007 geltenden Fassung dieser Norm ist diese Pflicht explizit normiert. Für die hier noch maßgebliche frühere Fassung folgt dasselbe Ergebnis aus der im Lichte der Gewährleistungsverantwortung der KÄV nach § 75 Abs 1 Satz 2 SGB V gebotenen Auslegung dieser untergesetzlichen Norm. Die Wendung, "bei Bestehen einer Notfallpraxis ( ) sind die zum Notfalldienst herangezogenen Ärzte verpflichtet, den Notfalldienst in der Notfallpraxis zu versehen", begründet mit hinreichender Deutlichkeit die Präsenzpflicht des Arztes."
Ob und inwieweit hieraus hergeleitet werden kann, dass schon § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V unmittelbar Ermächtigungsgrundlage für den angegriffenen Heranziehungsbescheid ist, es mithin zwischengeschalteter Notfalldienstordnungen nunmehr nicht mehr bedarf, mag hier dahinstehen. Jedenfalls ist der von der Antragstellerin angegriffene Heranziehungsbescheid durch die Notfalldienstordnung gedeckt und diese wiederum auf § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V zurückzuführen.
6.Das Vorbringen der Antragstellerin,
"Der Arzt, der als niedergelassener Arzt zwangsverpflichtet wird und seinen Sitz in einem Bereitschaftsraum zu absolvieren hat, der Kontakt zu den Patienten, die aufzusuchen er verpflichtet ist nicht hat, der noch nicht einmal die ärztlich erbrachten Leistungen abrechnen darf, die er für "seine" Patienten erbringt und der problematischer Weise noch nicht einmal nach der Notfalldienstableistung wegen der abgeleisteten Arbeitsstunden seine Praxis wieder öffnen darf wird in der Berufsausübung so stark eingeschränkt, dass eine solche Regelung nicht in Satzungsform hinzunehmen ist, sondern eines Gesetzes bedarf."
ist schwer nachvollziehbar. Die Antragstellerin verkennt, dass sie nicht zwangsverpflichtet, vielmehr infolge des durch die gesamte Ärzteschaft organisierten Notfalldienstes von ihrer anderenfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet wird (vgl. BSG, Urteil 06.02.2008 – B 6 KA 13/06 R -). Die dem Arzt auferlegte Verpflichtung, den Notfalldienst in einem Bereitschaftsraum abzuleisten, ist rechtmäßig, was nach Auffassung des BSG bereits aus § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgt (vgl. Urteil vom 11.05.2011 – B 6 KA 23/10 R -). Soweit die Antragstellerin meint, die im Notfalldienst erbrachten Leistungen nicht abrechnen zu dürfen, geht das fehl. Grundlage der Abrechnung der im Notfalldienst erbrachten Leistungen ist der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) in der jeweils gültigen Fassung. Das weitere Vorbringen, nach der Notfalldienstleistung wegen der geleisteten Arbeitsstunden die eigene Praxis nicht wieder öffnen zu dürfen, bleibt unklar. Ein kodifiziertes oder untergesetzliches Verbot (GNO) existiert nicht. Ob und inwieweit in der eigenen Praxis im unmittelbaren Anschluss an den absolvierten Notfalldienst Patienten behandelt werden können, wird wesentlich auch von der jeweiligen Inanspruchnahme im Notfalldienst abhängen.
Im Übrigen verkennt die Antragstellerin, dass der in der Notfalldienstverpflichtung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit auch dann hinzunehmen ist, wenn er für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringt. Erst beim Vorliegen schwerwiegender Gründe kann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten und eine Befreiung des Betroffenen geboten sein (BSG, Urteil vom 18.10.1995 – 6 Rka 66/94 -). Hierzu ist nichts ersichtlich und nichts dargetan.
5. Die Antragsgegnerin hat die angeordnete sofortige Vollziehung auch hinreichend schriftlich begründet (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG). Die Begründung muss erkennen lassen, warum im konkreten Fall das öffentliche Interesse oder das Individualinteresse eines Beteiligten am Sofortvollzug überwiegt und warum dies dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht. Das den Sofortvollzug tragende öffentliche oder individuelle Interesse ("besonderes Interesse") muss mehr als das den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigende Interesse sein, denn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes reichen für die Begründung des Sofortvollzugs nicht aus (Senat, Beschluss vom 29.10.2010 – L 11 KA 64/10 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.11.2004 – L 10 B 14/04 KA -). Etwas anders mag nur dann gelten, wenn das besondere Vollzugsinteresse schon aus der Eigenart der Regelung folgt (Senat, Beschluss vom 06.01.2004 – L 11 B 17/03 KA ER -). Die Vollziehungsanordnung ist somit grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht lediglich formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im konkreten Fall das Interesse des Betroffenen überwiegt. An die Begründung sind im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde sowie die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit hohe Anforderungen zu stellen (Senat, Beschluss vom 04.05.2011 – L 11 KA 120/10 B ER -).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Antragstellerin greifen nicht durch. Die Antragsgegnerin hat nicht, die sofortige Vollziehung lediglich damit begründet, dass der Notfalldienst nur dann funktionsfähig ist, wenn ein einheitlicher Starttermin gewährleistet ist. Sie hat vielmehr dargelegt, dass das eingeschränkte Versorgungsangebot im Notfalldienst nur gewährleistet werden kann, wenn "Planbarkeit, Verlässlichkeit und Effektivität der getroffenen organisatorischen Entscheidungen strikt eingehalten werden". Wesentlich für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist der Umstand, dass durch Einlegung von Rechtsbehelfen mit aufschiebender Wirkung Versorgungslücken entstünden, die die Antragsgegnerin nicht durch "Ersatzkräfte" ausgleichen kann. Eine zusätzliche Belastung der schon eingeteilten Vertragsärzte mit weiteren Diensten zur Schließung der Versorgungslücken stellt zudem u.U. einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Die Versorgungslücken wären auch nicht hinnehmbar, weil im Rahmen der Notfalldienstreform zum 01.02.2011 die Notfalldienstbezirke im Vergleich zu früher deutlich größer zugeschnitten sind.
Soweit die Antragstellerin meint, Versorgungslücken entstünden schon deswegen nicht, weil notfalls Krankenhäuser eintreten könnten, verkennt sie das System der vertragsärztlichen Versorgung grundlegend. Hiernach wirken die Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren und Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zusammen (§ 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die KVen haben sodann sicherzustellen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertragsärztlichen Erfordernissen entspricht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Sicherstellung umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich, dass die Überlegung der Antragstellerin, notfalls könnten die Krankenhäuser eintreten, ersichtlich unzutreffend ist. Der Notfalldienst ist als ureigenste Aufgabe von den Vertragsärzten zu organisieren.
Im Übrigen: Angesichts dessen, dass das formelle Begründungserfordernis des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG nicht eine in jeder Hinsicht "richtige" Begründung erfordert und auch "gruppentypisierte" Erwägungen genügen, die hier bezüglich des aus Gründen des Patientenschutzes zu gewährleistenden regelmäßigen Notfalldienstes genannt wurden, ist die spezielle Situation der Antragstellerin in diesem Zusammenhang ohne Belang (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.07.2011 – 13 B 395/11 -).
Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Sie berücksichtigt, dass der Sach- und Streitstand nicht genügend Anhaltspunkte gibt, um den Streitwert nach Maßgabe des § 52 Abs. 1 GKG festzusetzen. Somit ist auf den Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR abzustellen (§ 52 Abs. 2 GKG). Ein Abschlag wegen des einstweiligen Charakters des Verfahrens ist nicht gerechtfertigt. Für den Zeitraum der Gültigkeit des Notfalldienstplanes (01.02.2011 bis 31.01.2012) hat das einstweiligen Rechtsschutzverfahren faktisch endgültigen Charakter.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 14.09.2011
Zuletzt verändert am: 14.09.2011