Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19.05.2011 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Seit dem 01.03.2008 bewohnt der am 00.00.1948 geborene Antragsteller die 66 qm große Wohnung X-straße 00, X, bestehend aus 3 Zimmern, einem Bad und einer Küche. Die Bruttowarmmiete betrug ab dem 01.03.2008 430,00 EUR mtl. und ab dem 01.10.2009 436,20 EUR mtl … Der Antragsgegner übernahm ab dem 01.04.2008 nur noch einen Betrag von 434,05 EUR mtl. als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 SGB II. Im Jahr 2009 zog die Zeugin F in die Wohnung des Antragstellers ein.
Am 07.03.2011 beantragte der Antragsteller die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.04.2011. Im Antragsformular verneinte er die Fragen hinsichtlich des Bestehens einer Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft. In der Anlage EK verneinte er die Frage, ob er Einkommen aus Vermietung/Untervermietung oder Verpachtung aus Land- und Forstwirtschaft beziehe. Durch Bescheid vom 24.03.2011 lehnte der Antragsgegner den Antrag wegen fehlenden Nachweises der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ab.
Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Durch Bescheid vom 05.04.2011 bewilligte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Antragsteller und der Zeugin F, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 313,20 EUR mtl … Er ging von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 1.092,20 EUR (Regelleistung für den Antragsteller von 328,00 EUR + Regelleistung für die Zeugin F von 328,00 EUR + 436,20 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) aus. Von dem Gesamtbedarf zog er das Renteneinkommen der Zeugin F in Höhe von 779,00 EUR ab. Im Übrigen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 05.04.2011 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 27.04.2011 hat der Antragsteller Klage, S 17 AS 1658/11, erhoben.
Er trägt vor, dass er mit der Zeugin F lediglich eine Wohngemeinschaft bilde. Er habe mit ihr mit Wirkung zum 01.12.2009 einen Untermietvertrag geschlossen. Es bestehe mit der Zeugin F keine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB.
Am 31.03.2011 hat der Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm höhere Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.04.2011 in Höhe von 698,05 EUR ohne Anrechnung eines Einkommens der Zeugin F zu bewilligen.
Das Sozialgericht hat die Zeugin F vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.05.2011 Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 19.05.2011 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 25.05.2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 22.06.2011 Beschwerde eingelegt.
Er verfolgt sein Begehren weiter.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin F. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.09.2011 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Vorliegend hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch auf Gewährung von ungekürzten Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des Einkommens der Zeugin F nicht glaubhaft gemacht. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand spricht deutlich mehr für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und der Zeugin F und damit das einer Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Danach gehören zu einer Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammen lebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein solcher Wille wird u.a. vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammen leben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II). Gemeint sind hiermit eheähnliche Lebensverhältnisse. eine solche ist die Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus gehen (BVerfG Urteil vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 = BVerfGE 87, 234 und Beschluss vom 02.09.2004 – 1 BvR 1962/04 = info also 2004, 260).
Zwischen dem Antragsteller und der Zeugin F besteht nach bisherigem Erkenntnisstand nicht nur ein reine Wohngemeinschaft, sondern auch eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, die das Tatbestandsmerkmal des "Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt" erfüllt. Insoweit folgt der Senat der Auffassung des Sozialgerichts, dass nach den Gesamtumständen deutlich mehr für das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft als dagegen spricht und nimmt auf die Gründe des erstinstanzlichen Verfahrens Bezug. Zwar haben der Antragsteller und die Zeugin F auch im Beschwerdeverfahren durchgehend behauptet, dass zwischen ihnen nur eine reine Wohngemeinschaft besteht. Jedoch sind die vom Sozialgericht aufzeigten Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers und der Zeugin F im Beschwerdeverfahren nicht ausgeräumt, sondern verstärkt worden. Insbesondere die divergierenden Angaben des Antragstellers und der Zeugin F über die Art und Höhe des von der Zeugin F in den letzten Monaten geleisteten Beitrags zu den Unterkunftskosten verstärken diese Zweifel. Der Antragsteller hat dargelegt, dass die Zeugin F seit Mai 2011 einen Beitrag von 136,00 EUR, der höher als der schriftlich vereinbarte Untermietzins ist, direkt an Vermieter überweist. Demgegenüber hat sich die Zeugin F zunächst dahingehend eingelassen, dass sie weiterhin am Anfang des Monats an den Antragsteller einen Betrag von 125,00 EUR, mit dem alle Kosten, die mit der Nutzung des Zimmers zusammenhängen, abgedeckt sein sollen, bar ausgehändigt habe. Dann auf Vorhalt der Angaben des Antragstellers hat sie erklärt, dass sie von den Überweisungen an den Vermieter keine Kenntnis habe. Dieses Aussageverhalten der Zeugin F ist für den Senat insbesondere vor dem Hintergrund, dass sowohl von dem Antragsteller wie auch von der Zeugin F betont wird, dass sie getrennt wirtschaften, nicht nachvollziehbar, zumal der Vermieter später die Angaben des Antragstellers über die Direktzahlungen der Zeugin F an ihn bestätigt hat. Ebenso hat der Antragsteller die Zweifel an dem wirksamen Abschluss eines schriftlichen Untermietvertrages vor dem Einzug der Zeugin F in die Wohnung nicht ausgeräumt. Der Vermieter hat die Einlassungen des Antragstellers nicht bestätigt, dass er den Abschluss des Mietvertrages gemäß § 13 des Mietvertrages genehmigt hat, vielmehr hat er eine Kenntnis von der Existenz des Untermietvertrages verneint; ihm sei lediglich bekannt, dass die Zeugin F beim Antragsteller eingezogen sei. Die Angabe des Antragstellers, dass er den Einzug der Zeugin F zur Untermiete dem Antragsgegner mitgeteilt habe, lässt sich anhand des Akteninhalts nicht verifizieren. Zudem variieren die Angaben hinsichtlich des betreffenden Zeitpunktes, zum einen bei einer persönlichen Vorsprache im November 2009 und zum anderen bei der persönlichen Abgabe des Fortzahlungsantrags. Auch divergieren im Beschwerdeverfahren wiederum die Angaben des Antragstellers und der Zeugin F über die Ausstattung der Wohnung mit Kühlgeräten und deren Eigentümer, die Nutzung der Waschmaschine des Antragstellers durch die Zeugin F sowie den Bestand der Haushaltsgeräte der Zeugin F Nach Angaben des Antragstellers nutzt die Zeugin F gelegentlich das Gefrierfach seiner Kühlkombination in der Küche, besitzt sie einen eigenen Kühlschrank in ihrem Zimmer, nutzt sie gelegentlich seine Waschmaschine und bewahrt in der Küche ein Kaffeeservice, ein paar Geschirrteile, etwas Kochgeschirr sowie eine Kaffeemaschine auf. Dagegen hat die Zeugin F erklärt, dass sie ein Fach im Kühlschrank in der Küche nutzt, in ihrem Zimmer ein Gefrierschrank des Antragstellers steht, sie in der Wohnung über keine eigenen Kühlgeräte verfügt, die Waschmaschine in der Wohnung nicht nutzt und neben einem Kaffeegeschirr, Töpfe und Pfannen als Haushaltsgeräte eine Kaffeemaschine, einen Wasserkocher, einen Toaster sowie eine Backofen zum Aufbacken von Brötchen besitzt. Diese Divergenzen in den Angaben sind gravierend und nicht plausibel erklärt.
Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird bei einem Zusammenleben über ein Jahr – wie im vorliegenden Fall – ein Einstandswille vermutet. Durch bloßes Bestreiten wird die Vermutungsregelung nicht widerlegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 28.09.2011
Zuletzt verändert am: 28.09.2011