Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 08.04.2009 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Vergütung seiner vertragsärztlichen Leistungen in den Quartalen II/2005 und III/2005 im Wege einer Härtefallregelung oder sonstigen Stützungsmaßnahme.
Der Kläger ist als Facharzt für diagnostische Radiologie in T in Einzelpraxis niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Nach Erhalt der Abrechnungsbescheide vom 31.12.2005 (für II/2005) und vom 30.01.2006 (für III/2005) beantragte er am 28.11.2005 und 17.02.2005 für diese Quartale die Gewährung einer Härtefallregelung gemäß § 12 des Honorarverteilungsvertrages (HVV); durch die festgesetzte Vergütung sei ein wirtschaftlicher Betrieb der Praxis nicht mehr möglich. Der HVV könne eine Sicherung der wirtschaftlichen Existenz radiologischer Praxen nur dann ermöglichen, wenn ein Punktwert von 5,11 Cent vergütet werde. Tatsächlich erfolge jedoch eine Vergütung mit lediglich 3,41 Cent bzw. 3,55 Cent, was in seiner Praxis zu einem erheblichen Umsatzrückgang von über 30 % führe. Die monatlichen Fixkosten in Höhe von ca. 26.000,00 Euro seien mit der monatlichen Abschlagszahlung i.H.v. 9.000,00 EUR nicht mehr zu decken. Der Vorstand der Beklagten lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 08.12.2005 und 08.03.2006 ab, da eine einschlägige Rechtsgrundlage fehle bzw. § 12 HVV keine Anspruchsgrundlage für die beantragte Härtefallregelung darstelle.
Die dagegen mit Schreiben vom eingelegten Widersprüche des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2006 zurück. Die Regelungen des § 12 Abs. 2 bis 4 HVV seien nicht einschlägig und § 12 Abs. 1 HVV komme nicht in Betracht, da keine offenkundigen Fehlberechnungen vorliegen würden. Die vom Kläger geschilderte existenzgefährdende Situation rechtfertige auch keine Erhöhung des Individualbudgets gemäß § 7 Abs. 8, 9 oder 10 HVV. In Anwendung dieser Regelungen und bei Überprüfung der Abrechnungsunterlagen hinsichtlich des Gesamtleistungsbedarfs (im Jahresdurchschnitt), der dem Individualbudget unterliege, und der Fallzahlen, sei Folgendes ermittelt worden:
Quartal: III/02 – II/03
Durchschnittlicher Gesamtleistungsbedarf = 1.833.882,5 Punkte
Durchschnittliche Fälle = 1399
Quartal: III/03 – II/04
Durchschnittlicher Gesamtleistungsbedarf = 1.933.995,8 Punkte
Durchschnittliche Fälle = 1332
Quartal: III/04 – II/05
Durchschnittlicher Gesamtleistungsbedarf = 1.931.892,1 Punkte
Durchschnittliche Fälle = 1363
Quartal: III/05
Durchschnittlicher Gesamtleistungsbedarf = 1.796.760,0 Punkte
Durchschnittliche Fälle = 1287
Quartal: IV/05
Durchschnittlicher Gesamtleistungsbedarf = 1.796.760,0 Punkte
Durchschnittliche Fälle = 1481
Anhand dieser Zahlen sei ein Mehrbedarf nicht zu erkennen. Ferner werde darauf hingewiesen, dass der Leistungsbedarf trotz Anstiegs der Fallzahl im Quartal IV/2005 rückläufig sei. Ebenso werde festgestellt, dass in den Quartalen II/2005, III/2005 und IV/2005 keine Kürzungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers, dass die wirtschaftliche Existenz seiner Praxis gefährdet sei, da "mit der Zahlung von 9.000,00 EUR die Praxis nicht existieren könne", werde darauf hingewiesen, dass ausweislich der Quartalskonto/Abrechnungsbescheide folgende Beträge zur Auszahlung gelangt seien:
III/03 89.295,77 EUR
IV/03 108.304,98 EUR
I/04 96.598,72 EUR
II/04 95.886,18 EUR
III/04 91.905,99 EUR
IV/04 94.185,49 EUR
I/05 89.063,46 EUR
II/05 70.332,09 EUR
III/05 66.157,43 EUR
IV/05 83.736,83 EUR
Ab dem Quartal II/2004 würden zusätzlich 406.671,1 Punkte für die sog. K.O. Leistungen, auf Basis der Quartale III/2003 bis II/2004 vergütet. Somit stünden dem Kläger ab dem Quartal II/2005 insgesamt 2.228.965,3 Punkte zur Verfügung. Die von dem Kläger geltend gemachten Gründe für eine Erhöhung des maximal abrechenbaren individuellen Punktzahlvolumens seien nach Vorprüfung durch den Antragsausschuss HVV vom Vorstand als nicht ausreichend erachtet worden. Hinsichtlich der Voraussetzung und der Beurteilung habe der Vorstand einen Beurteilungsspielraum. Die rechtlich nicht zu beanstandende Vorschrift sei vorliegend rechtsfehlerfrei angewandt worden.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat die Beklagte mit ergänzendem Widerspruchsbescheid vom 15.04.2008 die Widersprüche des Klägers (erneut) zurückgewiesen und auch die Gewährung von Stützungsmaßnahmen abgelehnt. Aus grundsätzlichen Erwägungen habe die Vertreterversammlung beschlossen, von einer weiteren Umverteilung von Honorarmitteln generell abzusehen.
Zur Begründung der am 17.05.2006 erhobenen Klage hat der Kläger unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens im Wesentlichen geltend gemacht, durch den HVV habe sich eine dramatische Veränderung seiner Einkommenssituation ergeben. Gerade aus diesem Grund sehe § 12 HVV nach den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Stützungsmaßnahmen vor. Für die streitigen Quartale ergebe sich ein Honorarverlust von insgesamt ca. 55.000,00 EUR. Eine Honorarverteilung könne indes nur dann rechtmäßig sein, wenn der Punktwert von 5,11 Cent zugrunde gelegt werde.
Der Kläger, für den im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) niemand erschienen war, hat schriftsätzlich beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 08.12.2005 und 08.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2006, ergänzt mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2008, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, entsprechend der Härtefallregelung gemäß § 12 HW die Bescheide aufzuheben und dem Kläger entsprechend der begehrten Härtefallregelung eine erhöhte Honorarzahlung zukommen zu lassen,
hilfsweise die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, erneut über die Härtefallanträge des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf ihren Verwaltungsvorgang und insbesondere auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen.
Das SG Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 08.04.2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe hinsichtlich der Festsetzung seiner vertragsärztlichen Honorare weder einen Anspruch auf eine Härtefallregelung noch auf Stützungsmaßnahmen. Die Anwendung des § 12 HVV komme bereits deswegen nicht in Betracht, weil das Vorliegen offenkundiger Fehlberechnungen weder ersichtlich noch vom Kläger substantiiert dargelegt worden sei. Bei dem vom Kläger reklamierten Punktwert von 5,11 Cent handele es sich um eine Rechengröße und nicht um die verbindliche Festlegung eines der Honorierung zugrunde zu legenden Punktwertes. Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf das Gebot einer angemessenen Vergütung vertragsärztlicher Leistungen stützen. Er mache zwar geltend, aufgrund der Honorarrückgänge in den Quartalen II/2005 und III/2005 seine Praxis nicht mehr kostendeckend führen zu können. Dass der in diesen Quartalen zu verzeichnende Honorarrückgang die wirtschaftliche Existenzfähigkeit radiologischer Praxen – wie es die höchstrichterliche Rechtsprechung fordere – insgesamt in Frage gestellt hätte und in Folge des Vergütungsniveaus auch ökonomisch geführte und ausgelastete radiologischer Praxen insolvent geworden wären, sei weder ersichtlich, noch vom Kläger substantiiert dargelegt worden. Unabhängig davon, ob aus dem Vortrag des Klägers auf eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit radiologischer Praxen insgesamt geschlossen werden könne, habe sich in den Quartalen II/2005 und III/2005 gegenüber dem Zeitraum der Quartale II/2004 bis I/2005 zwar ein Rückgang der Fachgruppenquote um 11,8% bzw. 8,1% ergeben, diese habe im Quartal IV/2005 mit 74,91% aber bereits die durchschnittliche Fachgruppenquote der Quartale II/2004 bis I/2005 i.H.v. 75,67 % nahezu wieder erreicht. Allein der Umstand, dass die Fachgruppenquote der Radiologen in den Quartalen II/2005 und III/2005 gegenüber den Vorquartalen rückläufig gewesen sei und unter denen einiger anderer Fachgruppen gelegen habe, vermöge auch unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung zu begründen. Eine gesteigerte Beobachtungspflicht treffe die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zwar bei einem Honorartopf, dem eine geringe Zahl von Leistungserbringern mit einem relevantem Leistungsbereich zugeordnet und der im besonderem Maße von Leistungsausweitungen durch den medizinisch-technischen Fortschritt betroffen sei. Zeige sich hier eine dauerhafte Steigerung der Leistungsmenge und zugleich ein dauerhafter Punktwertabfall bis deutlich unter andere vergleichbare Durchschnittspunktwerte, ohne dass dies von den betroffenen Ärzten zu verantworten sei, so sei darauf durch eine angemessene Erhöhung des Honorarkontingentes zu reagieren. Diese Voraussetzungen lägen hier indes nicht vor. Insbesondere lasse sich nicht feststellen, dass der Punktwert bzw. die Fachgruppenquote der Radiologen auf Grund einer dauerhaften Steigerung der Leistungsmenge deutlich unter andere vergleichbare Durchschnittspunktwerte abgesunken wäre. Vielmehr hätten in den Quartalen II/2005 und III/2005 nahezu alle Fachgruppen – offenbar aufgrund der Neubewertungen der vertragsärztlichen Leistungen durch den ab 01.04.2005 geltenden EBM – einen Rückgang der Fachgruppenquoten zu verzeichnen gehabt, wobei dieser Rückgang bei den Radiologen gegenüber anderen Fachgruppen keineswegs überdurchschnittlich ausgefallen sei.
Der Kläger hat gegen das ihm am 15.07.2009 zugestellte Urteil am 10.08.2009 unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags Berufung eingelegt und weiterhin die Auffassung vertreten, er habe einen verfassungsrechtlich gebotenen Anspruch auf eine individuelle Ausnahmeregelung zu seinen Gunsten nach den Maßstäben einer Härtefallregelung, hilfsweise nach denen einer sonstigen Stützungsmaßnahme. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung, nach der das System erst reagieren müsse, wenn sich ein dauerhafter Punktwertabfall einstelle, der alle Vertragsärzte betreffe, sei mit dem Verfassungsrecht nicht vereinbar. Dieselben Rechtspflichten, die einen Dienstherren in einem beamtenrechtlichen Verhältnis treffen würden, habe auch die KV – hier die Beklagte – im Verhältnis zu dem in ihrem Zuständigkeitsbereich tätigen Vertragsarzt – hier dem Kläger – zu beachten, da der Vertragsarzt, durch unzählige Verwaltungsrestriktionen gebunden und dem Berufsbild eines Beamten angenähert sei. Der individuelle Achtungsanspruch des einzelnen Vertragsarztes erfordere, dass seine persönliche und wirtschaftliche Situation rechtlich berücksichtigt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.04.2009 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 08.12.2005 und 08.03.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 09.05.2006 und 15.04.2008 zu verpflichten, ihm für die Quartale II/2005 und III/2005 Honorar in Höhe von weiteren 55.000,00 EUR zu zahlen,
hilfsweise
ihm für diese Quartale ein angemessenes Honorar zu zahlen,
hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.04.2009 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 08.12.2005 und 08.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2006 und 15.04.2008 zu verpflichten, erneut über seine Anträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hat auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil sowie auf ihren Widerspruchsbescheid vom 09.05.2006 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf höhere Honorare für seine in den Quartalen II/2005 und III/2005 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen im Wege einer Härtefallregelung bzw. sonstiger Stützungsmaßnahmen hat. Er ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 08.12.2005 und 08.03.2006 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 09.05.2006 und 15.04.2008 nicht in rechtswidriger Weise beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Diese Bescheide sind rechtmäßig. Soweit der Kläger mit seinem Hauptantrag nunmehr einen konkreten Zahlungsanspruch in Höhe von weiteren 55.000,00 EUR, hilfsweise eine "angemessene" Summe, geltend macht, kann dahin gestellt bleiben, ob darin eine Klageänderung gemäß § 99 Abs. 1 SGG oder eine Erweiterung des Klageantrags ohne Änderung des Klagegrundes gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zu sehen ist, da sich die Beklagte jedenfalls ohne Widerspruch in der mündlichen Verhandlung auf die Änderung eingelassen hat (§ 99 Abs. 2 SGG). Ebenso lässt es der Senat dahin stehen, ob die Honorarbescheide für die Quartale II/2005 vom 31.12.2005 und III/2005 vom 30.01.2006 bestandskräftig geworden sind oder wirksam (inzident) angefochten wurden. In der Sache ist das Begehren des Klägers jedenfalls – wie das SG zutreffend festgestellt hat – ohne Erfolg.
Der Senat nimmt insofern Bezug auf die Entscheidungen der Beklagten und des SG (§§ 136 Abs. 3, 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus:
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 09.12.2004 – B 6 KA 44/03 R – ist das in § 72 Abs. 2 SGB V normierte Ziel der angemessenen Vergütung vertragsärztlicher Leistungen eine von mehreren Vorgaben für die Regelung der gesamtvertraglichen Beziehungen zwischen den vertragsärztlichen Institutionen. Ein Anspruch auf Vergütung in bestimmter Höhe kann daraus nicht hergeleitet werden. Die Zuerkennung höheren Honorars kommt aufgrund des Artikel 12 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Grundsatz der angemessenen Vergütung erst dann in Betracht, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen gefährdet wird. Eine solche Situation hat in den streitbefangenen Quartalen II/2005 und III/2005 indessen nicht bestanden. Nach den für das Jahr 2005 veröffentlichten Daten standen Gesamtvergütungen zur Honorierung aller vertragsärztlichen Leistungen von insgesamt 21,6 Milliarden EUR zur Verfügung, die an ca 130.000 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte zu verteilen waren. Bezogen auf die alten Bundesländer haben die Fachärzte für Radiologie im Durchschnitt Honorare in Höhe von 407.000,00 EUR (Grunddaten zur Vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Hrsg KBV, 2006, Tabellen I.8., II.3. und V.2. – www.kbv.de -) abzüglich Betriebskosten von durchschnittlich 82,4 % (Grunddaten zur Vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Hrsg KBV, 2004, Tabelle III.4. – www.kbv.de -), mithin durchschnittlich 72.600,00 EUR erhalten. Damit wurde zwar der durch den erweiterten Bewertungsausschuss ab 01.04.2005 errechnete kalkulatorische Arztlohn von rund 95.500,00 EUR pro Jahr nicht erreicht (Broschüre der KBV, EBM 2000plus – Eine Investition in die Zukunft 9, 14 f. – www.kbv.de -), es erscheint aber – unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG – bereits fraglich, ob aus dieser Einkommenssituation ein mangelnder finanzieller Anreiz zur vertragsärztlichen Tätigkeit hergeleitet werden kann. Das BSG hat a.a.O. bezogen auf die Jahre 1997/1998 in Überschüssen aus vertragsärztlicher Tätigkeit von 62.000,00 DM im Jahr je Radiologe noch keine flächendeckend unzureichende Vergütung vertragsärztlicher Leistungen einer bestimmten Arztgruppe erkannt, zumal mit diesem Überschuss das im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vom 01.07.1997 kalkulierte Durchschnittseinkommen knapp von unter 70.000,00 DM je Arzt annähernd erreicht werde (vgl. juris Rdn. 136). Jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum in den alten Bundesländern hat das BSG – weitergehend auch in Überschüssen von lediglich 12.000,00 DM pro Quartal – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen, insbesondere einer gewährleisteten vertragsärztlichen Versorgung im jeweiligen Fachgebiet, für die Jahre 1998 bis 2000 keinen Anlass zur Beanstandung gesehen (vgl. BSG, Beschluss vom 31.08.2005 – B 6 KA 22/05 B – juris Rdn. 9 unter Hinweis auf das unveröffentlichte Urteil vom 09.12.2004 – B 6 KA 73/03 -, jedoch mit fehlerhafter Angabe der Währung). Ob ein zu versteuerndes Einkommen (ohne Einnahmen aus privatärztlicher und sonstiger privatrechtlicher Tätigkeit) i.H.v. ca. 18.000 EUR in diesem Sinn angemessen ist, kann dahin gestellt bleiben, da die dargestellte Einkommenssituation der Radiologen in den alten Bundesländern jedenfalls nicht zur Beeinträchtigung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten geführt hat, was auch der Kläger selbst nicht vorträgt. Insbesondere hat die Anzahl der vertragsärztlich tätigen Radiologen nicht abgenommen, sondern kontinuierlich zugenommen (vgl. Grunddaten zur Vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Hrsg KBV, 2009, Tabelle I.7.).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht auf die Ertragssituation einer einzelnen vertragsärztlichen Praxis abzustellen. Dementsprechend ist unerheblich, in welcher Höhe der einzelne Vertragsarzt Honoraransprüche erwerben und ob seine Praxis einen ausreichenden Gewinn abwerfen kann. Dies hängt nicht nur von der Höhe der insgesamt zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen und der Ausgestaltung der normativen Regelungen über die Honorarverteilung ab, sondern wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die der Verantwortungssphäre des einzelnen Vertragsarztes zuzurechnen sind. Solche Umstände sind z.B. die Ausrichtung seiner Praxis, die Qualität seines Dienstleistungsangebotes, die Qualität seiner medizinischen Leistungen, aber auch strukturelle Faktoren wie z.B. die Infrastruktur des Praxisstandortes (Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Parkplatzsituation), die Größe des Einzugsbereichs der Praxis, die Patientenstruktur (Verhältnis von Primärkassen- und Ersatzkassenpatienten und Privatpatienten) und nicht zuletzt die Konkurrenzsituation (BSG a.a.O., juris Rdn. 140).
Soweit der Kläger die Entscheidung des BSG als verfassungswidrig ansieht und die Auffassung vertritt, es sei vor dem Hintergrund seines beamtenrechtsähnlichen Verhältnisses zur Beklagten auf seine persönliche individuelle Einkommenssituation unabhängig von der Fachgruppe und der Versorgungslage für die Mitglieder gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzustellen, ist dem nicht zuzustimmen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat insofern bereits in seinem Urteil vom 23.03.1960 – 1 BvR 216/51 – ausgeführt:
Die Rechtsstellung des Vertragsarztes ist kein öffentlicher Dienst im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG, bei dem allein die öffentliche Organisationsgewalt im öffentlichen Interesse den Stellenplan bestimmt, so dass sich die Berufsfreiheit der Bewerber auf das Recht des gleichen Zugangs zu den öffentlichen Ämtern reduziert. Zwar erfüllt der Vertragsarzt mit der Behandlung der GKV-Mitglieder auch eine öffentliche Aufgabe; er wird sogar durch die Zulassung in ein öffentlich-rechtliches System einbezogen. Innerhalb dieses Systems steht er jedoch zur Kassenärztlichen Vereinigung in keinem Dienstverhältnis. Dieser gegenüber übernimmt er mit der Zulassung die Verpflichtung, sich zur vertragsärztlichen Versorgung bereitzuhalten und die Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der Richtlinien durchzuführen; insoweit bestehen auch gewisse Disziplinarbefugnisse, die aber ein Abhängigkeitsverhältnis weder begründen noch voraussetzen. Die Kassenärztliche Vereinigung ist organisiert als genossenschaftliche Vereinigung der Kassenärzte zur kooperativen Erfüllung der Verpflichtung, die ärztliche Versorgung der Kassenmitglieder sicherzustellen. Der Vertragsarzt ist nicht ihr Dienstnehmer, sondern ihr Mitglied und nimmt als freiberuflich tätiger Arzt an der Versorgung der GKV-Mitglieder teil. Die Kassenärztliche Vereinigung hat dementsprechend weder die dem öffentlichen Dienst eigentümliche Fürsorgepflicht eines Dienstherrn, der dem Kassenarzt die Sorge um die Existenz abnehmen würde (Bundesverfassungsgericht – BVerfG -, Urteil vom 23.03.1960 – 1 BvR 216/51 -).
Dieser Auffassung ist der Senat mit Urteil vom 21.02.1996 – L 11 Ka 108/95 – gefolgt und hat ergänzend ausgeführt:
Soweit demgegenüber in der Literatur die Auffassung vertreten wird, der Status des Vertragsarztes sei öffentlicher Dienst im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG oder dem jedenfalls angenähert (Bürck, MedR 1989, 63, 68; ders. DOK, 1988, 362, 367; Ebsen, ZSR 1992, 328, 332; Bogs in Festschrift für Thieme, 1993, 715, 718 f.; vgl. auch Schulin, VSSR 5/1994, 355, 359), folgt der Senat dem nicht (vgl. auch Urteile vom 21.02.1996 – L 11 Ka 108/95 -, vom 03.12.1997 – L 11 Ka 3/97 – und vom 07.10.1998 – L 11 KA 62/98 -). Richtig ist zwar, dass Art. 12 Abs. 1 GG dann als Prüfungsmaßstab zurückgedrängt würde, indessen ist die vertragsärztliche Tätigkeit (zumindest derzeit noch) dem öffentlichen Dienst im Sinn des Art. 33 Abs. 5 GG wesensfremd, wenngleich es gewisse Annäherungen gibt. Infolge der Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein wesentliches Charakteristikum selbständiger Tätigkeit zurückgedrängt, nämlich das volle Unternehmerrisiko (so zutreffend von Maydell/Pietzcker, a.a.O., S. 20; Schulin, VSSR 5/1994, 355, 359), obwohl zunehmend nach der Erfahrung des Senates auch die Vertragsärzte Konkurs machen. Es fehlt aber an einem entscheidenden Merkmal, um die vertragsärztliche Tätigkeit Art. 33 Abs. 5 GG zuordnen zu können. Obgleich der Vertragsarzt in ein öffentlich-rechtliches System mit vielfältigen Pflichten eingebunden ist, übt er weiterhin eine freiberufliche Tätigkeit aus (vgl. BVerfGE 16, 286, 294, 298; Hänlein, VSSR 3/1993, 169, 187; Schneider, MedR 1994, 383, 385; Hess, VSSR 5/1994, 395, 397 ff.; Oldiges, DOK 1994, 456, 459). Seine Aufgaben sind nicht wie die eines Notars "originäre Staatsaufgabe" (Hänlein a.a.O.). Ob er wie dieser einen "staatlich gebundenen" Beruf ausübt, mag dahinstehen (zum Notar BVerfGE 73, 280, 292 = NJW 1987, 887; verneinend zum Kassenarzt BVerfGE 11, 30, 40; offen gelassen vom BSG im Urteil vom 24.11.1993 – 6 RKa 26/91 – NZS 329, 330). Das Bundesverfassungsgericht hat die Einführung einer Altersgrenze durch das am 03.02.1991 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Notare und der Rechtsanwälte vom 29.01.1991 (BGBl. I, 150) dennoch unter dem Gesichtspunkt der Einschränkung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG geprüft und Art. 33 Abs. 5 GG nicht einmal erwähnt (BVerfG vom 29.10.1992 -1 BvR 1581/91 – in NJW 1993, 1575, 1576).
Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht keine Veranlassung, zumal seit einigen Jahren eine Liberalisierung des Vertragsarztrechts zu erkennen ist (z. B. durch Einräumung der Möglichkeit zur Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren und Zweigpraxen), die um so mehr mit der Vorstellung, einem beamtenrechtsähnlichen Verhältnisses angenähert zu sein, nicht mehr in Einklang zu bringen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 18.11.2011
Zuletzt verändert am: 18.11.2011