Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.03.2011 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängigen Klage des Antragstellers in dem Rechtsstreit S 33 KA 534/10.
Der Antragsteller ist als praktischer Arzt in E zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) E vom 01.02.2003 – 000 – wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit weiterem Beschluss des AG vom 25.02.2010 wurde dem Antragsteller die Restschuldbefreiung erteilt; die Schlussverteilung wurde noch nicht vollzogen, so dass das AG das Insolvenzverfahren noch nicht aufgehoben hat.
Die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein (Prüfungsstelle) setzte gegen den Antragsteller mit Bescheid vom 15.07.2009 wegen Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen im Jahre 2007 einen Regress i.H.v. 25.704,60 EUR fest. Der Bescheid wurde sowohl dem Antragsteller als auch dem Insolvenzverwalter übersandt, die beide – der Insolvenzverwalter vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei G u.a. – Widerspruch einlegten. Der Insolvenzverwalter verwies u.a. darauf, dass der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung, also dem 01.02.2009, entfallen sei, so dass ab diesem Zeitpunkt ausschließlich dem Antragsteller die Umsätze aus seiner beruflichen Tätigkeit zuständen; Zahlungen an die Insolvenzmasse seien damit nicht mehr vorzunehmen (Schreiben vom 03.03.2010).
Der Antragsgegner wies den Widerspruch des Antragstellers mit sowohl dem Antragsteller als auch dem Insolvenzverwalter zugestelltem Bescheid vom 08.11.2010 zurück.
Dagegen hat der Antragsteller am 18.11.2010 beim SG Düsseldorf – S 33 KA 534/10 – Klage mit dem Antrag erhoben, den Bescheid vom 08.11.2010 aufzuheben. Am 23.11.2010 hat er den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage herzustellen, beantragt.
Mit Bescheid vom 04.02.20011 hat die Beigeladene zu 7) dem Antragsteller seinem Antrag entsprechend unter Einbeziehung eines Regresses für das Jahr 2006 Ratenzahlungen in der Form bewilligt, dass die Rückzahlung durch Kürzung der monatlichen Abschlagszahlungen von Februar 2011 bis April 2018 i.H.v. jeweils 1.100,00 EUR und im Mai 2018 i.H.v. 535,01 EUR erfolgt. Weiter wurde bestimmt, dass bei Beendigung der vertragsärztlichen Praxis der noch offen stehende Betrag sofort fällig wird (Bescheid vom 04.02.2011).
Das SG hat den Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 02.03.2011 abgelehnt: Der Gesetzgeber habe der sofortigen Vollziehbarkeit von Regressbescheiden generell ein öffentliches Interesse beigemessen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei deshalb nur gerechtfertigt, wenn im Einzelfall besondere Gründe vorlägen, aufgrund derer dem Schutz des Antragstellers gegenüber dem öffentlichen Interesse Vorrang einzuräumen sei. Derartige Gründe seien aber, nachdem die Beigeladene zu 7) dem Ratenzahlungsantrag des Antragstellers in einer ihn nicht überfordernder Weise entsprochen habe, nicht ersichtlich. Die Klage habe auch nicht offensichtlich Aussicht auf Erfolg; die von dem Antragsteller in formeller und materieller Hinsicht geltend gemachten Rügen bedürften vielmehr einer vertieften Prüfung, die aufgrund der geltend gemachten Eilbedürftigkeit im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht erfolgen könne und deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse.
Gegen die am 08.03.2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 24.03.2011, mit der er sinngemäß beantragt,
den Beschluss des SG Düsseldorf vom 02.03.2011 aufzuheben und seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 18.11.2010 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 08.11.2010 stattzugeben.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Gerichtsakte, die Streitakten des SG Düsseldorf S 33 KA 533/10 und S 33 KA 534/10 sowie den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG), die bereits für sich die Entscheidung in vollem Umfang tragen.
Ergänzend führt der Senat aus:
1. Grundvoraussetzung für den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist ein Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist vorliegend nicht gegeben.
Zwar ist die Zulässigkeit der Antragstellung nicht an ein irgendwie geartetes Vorverfahren geknüpft. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss vom 27.10.1998 – 2 BvR 2662/95 – indessen darauf hingewiesen, dass in Einklang mit Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) jede an einen Antrag gebundene Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt (vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leither, SGG, 9. Auflage, 2008, vor § 51 Rdn. 16a). So gilt auch hier, dass im Interesse der Entlastung der Gerichte das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist, wenn der Beteiligte sein Begehren erkennbar auch außergerichtlich durchsetzen kann oder der Versuch, eine Aussetzung durch die Behörde zu erreichen, nicht von vornherein aussichtslos erscheint (vgl. Düring in Jansen, SGG. 3. Auflage, 2009, § 86b Rdn. 3). Ein solcher Antrag wäre auch noch nach Klageerhebung zulässig, denn ab diesem Zeitpunkt können sowohl die Verwaltung als auch das Gericht die sofortige Vollziehung anordnen (Keller, a.a.O., § 86a Rdn. 21). Dieser Ansatz wiederum ist dahin einzuschränken, dass zwar beide Stellen zuständig sind, indessen die sofortige Vollziehung zunächst bei der Verwaltung zu beantragen ist. Erst wenn ein solcher Antrag erkennbar aussichtslos ist, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Gerichts. Der gegenteiligen Entscheidung des BSG vom 17.01.2007 – B 6 KA 4/07 R – folgt der Senat nicht. Zwar führt das BSG aus, dass § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gerade nicht voraussetze, dass sich der Antragsteller zunächst an die Verwaltung wenden muss, um eine Entscheidung der zuständigen Behörde über die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu erhalten. Das trifft zwar zu, greift indessen zu kurz. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass § 80 Abs. 6 VwGO das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis lediglich normativ konkretisiert. Hieraus lässt sich nicht schlussfolgern, dass für das SGG Abweichendes gilt. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Grundvoraussetzung dafür, dass ein Gericht sich in der Sache mit dem angetragenen Rechtsstreit befasst, denn jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl. Keller, a.a.O., vor § 51 Rdn. 16; vgl. auch Jung in Jansen, a.a.O., § 51 Rdn. 8 f.), mithin ist ein Antrag nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG vorrangig (std. Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 23.12.2010 – L 11 KA 71/10 B ER -, 10.11.2010 – L 11 KA 87/10 B ER -, 03.02.2010 – L 11 KA 80/09 ER -, 02.04.2009 – L 11 KA 2/09 ER – und vom 13.04.2011 – L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -).
Ausgehend hiervon ist das Rechtsschutzinteresse zu verneinen. Der Antragsteller hat beim Antragsgegner keinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt.
2. Die Beschwerde ist zudem auch in der Sache nicht begründet.
a) Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Zwar ist in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG lediglich die Rede von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, doch wird wegen der gleichen Zielrichtung auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von dieser Norm erfasst (Senat, Beschluss vom 20.05.2009 – L 11 B 5/09 KA ER – und vom 13.04.2011 – L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.10.2006 – L 10 B 15/06 KA ER -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 – L 4 B 269/04 KA ER -). Bei den Entscheidungen nach § 86b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung nur ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch über diese ausdrückliche Regelung hinaus ist das aus den Regelungen des § 86a SGG hervorgehende gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis zu beachten. In den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG ist maßgebend, dass der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – zu § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO). Das Gericht hat insbesondere zu berücksichtigen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28.08.2007 – 1 BvR 2157/07 -; 11.02.2005 – 1 BvR 276/05 -). Im Rahmen der Abwägung ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, der die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Festsetzung eines Regresses durch den Beschwerdeausschuss nach Durchführung einer Richtgrößenprüfung in § 106 Abs. 5a Satz 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ausdrücklich ausgeschlossen und damit das besondere öffentliche Interesse an der effektiven Umsetzung der vereinbarten Richtgrößen zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen betont hat (vgl. Begründung zum Entwurf des Gesundheits-Strukturgesetzes, BT-Drucks. 12/3608, S. 100). Angesichts dessen kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur in Betracht, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen oder wenn die Vollziehung des angefochtenen Bescheides zu einer unbilligen Härte für den Antragsteller führen würde (vgl. Senat, Beschlüsse vom 17.06.2009 – L 11 B 6/09 KA ER -, vom 01.07.2009 – L 11 B 8/09 KA ER -, vom 20.05.2009 – L 11 B 5/09 KA ER – und vom 19.03.2009 – L 11 B 20/08 KA ER -).
b) Ausgehend hiervon ergibt sich:
aa) Die formalen Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegen vor. Die Klage des Antragstellers gegen den Regressbescheid des Antragsgegners hat keine aufschiebende Wirkung (§ 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V).
bb) Besondere zu einer unbilligen Härte führende Gründe, die ggf. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen können, sind – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – weder ersichtlich noch von dem Antragsteller dargetan. Das gilt zumindest ab dem Zeitpunkt, in dem dem Antragsteller Ratenzahlungen eingeräumt worden sind. Damit wurde einer ggf. in dem vollständigen Einbehalt des Honorars des Antragstellers liegenden Härte hinreichend Rechnung getragen; der Antragsteller wird jedenfalls nunmehr nicht in unzumutbarer Weise belastet. Nach seinen Angaben beläuft sich der durchschnittliche GKV-Umsatz seiner Praxis auf 36.000,00 EUR pro Quartal; die Praxiskosten beziffert der Antragsteller auf 50%, so dass ihm danach 18.000,00 EUR pro Quartal bzw. 6.000,00 EUR pro Monat verbleiben. Bei einer monatlichen Rate von 1.100,00 EUR verfügt er mithin ab Februar 2011 über ein Honorar allein aus vertragsärztlicher Tätigkeit i.H.v. 4.900,00 EUR.
cc) An der Rechtmäßigkeit des Regressbescheides vom 08.11.2010 bestehen nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage derzeit keine ernsthaften Zweifel.
(1) Der Bescheid ist formal rechtmäßig. Soweit der Antragsteller meint, der Bescheid sei deswegen nichtig, weil er dem Insolvenzverwalter nicht in dieser Funktion ausgestellt worden sei, trifft das nicht zu. Sowohl der Bescheid der Prüfungsstelle vom 15.07.2009 als auch der Bescheid des Antragsgegners vom 08.11.2010 sind, unabhängig davon, dass es auf die Rechtswirksamkeit des Bescheides der Prüfungsstelle nicht ankommt (vgl. dazu im Weiteren Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 – L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -), sowohl dem Gemeinschuldner als auch dem Insolvenzverwalter zugestellt worden. Die Hinweise des Antragstellers auf das Urteil des SG Marburg – S 12 KA 711/06 – tragen nicht. In jenem Fall sind die Bescheide der Prüfgremien ausschließlich dem Gemeinschuldner zugegangen. Vorliegend ist der streitbefangene Bescheid hingegen sowohl dem Insolvenzverwalter als auch dem Gemeinschuldner zugegangen. Dass dies zur Nichtigkeit führt, hat der Antragsteller weder dargelegt noch erschließt sich dies dem Senat.
(2) Der Auffassung des Antragstellers, der Regressbescheid hätte nicht ergehen dürfen, weil die daraus resultierende Forderung insgesamt beim Insolvenzverwalter zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen, vermag der Senat nicht zu folgen.
Insolvenzgläubiger sind nach der Legaldefinition des § 38 Insolvenzordnung (InsO) persönliche Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Eine Insolvenzforderung liegt hiernach nur vor, wenn der Anspruch vor Eröffnung "begründet" war. Das bedeutet nicht, dass die Forderung bereits durchsetzbar gewesen sein muss, wie sich aus §§ 41, 191 InsO ergibt. Erforderlich ist nur, dass vor Insolvenzeröffnung die Grundlage des Schuldverhältnisses besteht, aus dem sich der Anspruch ergibt. Deshalb gewähren sog. künftige Ansprüche, bei denen erst ein sog. "Rechtsboden" besteht, keine Insolvenzforderung. Nach Eröffnung "begründete" Ansprüche sind sog. Neuforderungen (Eickmann in HK-InsO, 4. Auflage, 2005, § 38 Rdn. 16).
Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers am 01.02.2003 eröffnet wurde, sind nur die Ansprüche aus der Insolvenzmasse zu befriedigen, die in diesem Zeitpunkt bereits begründet waren. Alle anderen Forderungen unterliegen nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Vielmehr handelt es sich dabei um Neuforderungen, für die die Prozessführungsbefugnis dem Schuldner zusteht (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 29.12.2003 – 11 W 90/03 -; Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 – L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -). Um solche Neuforderungen geht es vorliegend. Zwar wurden die Forderungen des Gemeinschuldners (bis zum 31.01.2009) zur Insolvenzmasse gezogen (§ 35 Abs. 1 InsO), die gegen ihn gerichteten Vermögensansprüche wären indessen nur dann aus der Insolvenzmasse zu befriedigen, wenn sie zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens "begründet" gewesen wären (s.o.). Der den Zeitraum ab dem 01.01.2007 betreffende Schadensregress fällt nicht darunter. Losgelöst von der Frage, welches Schuldverhältnis ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwischen dem Gemeinschuldner und den Gläubigern oder der Kassenärztliche Vereinigung (zum Anspruch auf vertragsärztliches Honorar vgl. BSG, Urteil vom 03.02.2010 – B 6 KA 30/08 R -) bestand, war jedenfalls der Regressanspruch noch nicht begründet. Es fehlt der sog. Rechtsboden (s.o.), denn bis zur Insolvenzeröffnung hatte der Gemeinschuldner noch nicht gegen die aus § 12 SGB V und der Arzneimittelrichtgrößenvereinbarung folgenden vertragsärztlichen Pflichten verstoßen.
(3) Die Einwendungen des Antragsteller zu einer verspäteten, d.h. eine Frist von fünf Monaten überschreitenden Bekanntgabe des Beschlusses der Prüfungsstelle an den Insolvenzverwalter greifen schon deshalb nicht, weil es darauf nicht ankommt. Ab dem Zeitpunkt der Anrufung des Beschwerdeausschusses war nur noch dieser Ausschuss zuständig, so dass es die Prüfungsstelle gleichsam nicht mehr gibt (vgl. BSG, Urteil vom 09.06.1999 – B 6 KA 76/97 R -; Clemens in jurisPK, 2008, SGB V, § 106 Rdn. 281). Bei Verfahrensfehlern ist nur der Bescheid des Beschwerdeausschusses, nicht aber jener der Prüfungsstelle aufzuheben (vgl. Henke in Peters, a.a.O., § 106 Rdn. 55 m.w.N.). Das wiederum bedeutet, dass der Bescheid des Beschwerdeausschusses nicht nur Verfahrens- und Formfehler nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) heilen kann, sondern auch nichtige Bescheide der Prüfungsstelle zu ersetzen vermag (Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 – L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -).
c) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Bescheid vom 08.11.2010 nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden.
Durchgreifende Bedenken gegen die Datenbasis hat der Antragsteller bisher nicht erwecken können. Die zugrundegelegten Arzneiverordnungskosten entsprechen den einzelnen Quartalsbilanzen; Rabatte und Versichertenzuzahlungen sind über die "Rechengrößen Nettokostenbasis" berücksichtigt. Die Verordnungskosten hat der Antragsgegner zu Gunsten des Antragstellers "bereinigt". Er hat zunächst die dem Antragsteller nach den WP-Listen günstigeren Verordnungskosten zugrundegelegt, dann nicht aufgeklärte Verordnungen und Verordnungen von Nichtarzneimitteln in Abzug gebracht und zudem von Amts wegen Praxisbesonderheiten i.S.d. § 5 Abs. 3 bis 5 der Vereinbarung über Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel 2007 (Rheinisches Ärzteblatt 1/2007, S. 77 ff = Richtgrößenvereinbarung) berücksichtigt. Soweit der Antragsteller grundsätzlich die Regelungen des § 5 Abs. 4 Richtgrößenvereinbarung beanstandet, übersieht er, dass allein den Vertragspartnern das Recht zusteht, den Leistungsumfang abschließend zu regeln. Nur den Vertragspartner ist in § 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V aufgegeben, in Vereinbarungen die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu bestimmen. Mithin sind die von den Vertragspartnern in Form öffentlich-rechtlicher Verträge mit Rechtsnormcharakter (Normsetzungsverträge) in § 5 Abs. 3 bis 5 RGV getroffenen Regelungen grundsätzlich von der Regelungsermächtigung gedeckt. Hinsichtlich der im Einzelnen getroffenen Regelungen steht den Vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer normativer Gestaltungsspielraum zu (vgl. Freudenberg in jurisPK-SGB V, 2008, § 84, Rdn. 100). Dass dessen Grenzen überschritten sein bzw. dass die getroffenen Regelungen gegen höherrangiges Recht (z.B. Art. 12 Abs. 1 GG oder gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des Willkürverbots, vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.10.2002 – 1 BvL 13/96, 1 BvL 14/96, 1 BvL 15/96 -) verstoßen könnten, hat der Antragsteller indes bisher nicht dargetan und ist ansonsten auch nicht ersichtlich. Dass der Antragsteller andere Regelungen für ihn günstiger oder insgesamt sinnvoller erachtet, ist unerheblich.
Einen Ansatzpunkt dafür, dass der Beklagte weitere Praxisbesonderheiten hätte anerkennen müssen, sieht der Senat derzeit nicht. Praxisbesonderheiten sind – ebenso nach der Richtgrößenvereinbarung wie nach der Rechtskonkretisierung durch die Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen (vgl. Clemens a.a.O., § 106 Rdn. 175) – aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (u.v.a. BSG, Urteil vom 21.06.1995 – 6 RKa 35/94 -). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (u.v.a. BSG, Urteil vom 06.09.2000 – B 6 KA 24/99 R -). Dabei ist es grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, Praxisbesonderheiten darzulegen und nachzuweisen; ihn trifft die Darlegungslast (u.v.a. BSG Urteil vom 11.12.2002 – B 6 KA 1/02 R -). Es ist also Angelegenheit des Vertragsarztes und nicht des Antragsgegners oder des Gerichts, entscheidungserhebliche Umstände vorzutragen, die auf eine Abweichung von der Typik der Praxen der Fachgruppe schließen lassen. Der Vertragsarzt ist nicht nur gemäß § 21 Abs. 2 SGB X allgemein gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Im Rahmen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen hat er vielmehr eine entsprechende besondere Mitwirkungspflicht aus der Sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein Arzt sich auf ihm günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (u.v.a. BSG, Urteil vom 15.11.1995 – 6 RKa 58/94 – m.w.N.). Vorsorglich zu ergänzen ist dazu, dass die Regelungen des § 5 Abs. 5 und 6 Richtgrößenvereinbarung diese von der Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen entwickelte Rechtskonkretisierung zu Praxisbesonderheiten nicht abändern, sondern diese nur wiederholen bzw. erläutern (vgl. Clemens a.a.O.; Senat, Urteil vom 09.02.2011 – L 11 KA 38/09 -).
Dass der Antragsteller der ihm obliegenden Darlegungspflicht, der grundsätzlich in dem vor dem Antragsgegner geführten Verwaltungsverfahren zu genügen ist, in hinreichendem Maße nachgekommen, vermag der Senat im Rahmen der summarischen Prüfung nicht zu erkennen. Jedenfalls reicht allein der pauschale Hinweis auf sog. Praxisschwerpunkte und damit verbundene Kosten (s. Schreiben des Antragsteller vom 02.06.2007) ebenso wie die Angabe einzelner schwerstkranker Patienten (Schreiben des Antragstellers vom 30.08.2010) nicht aus. Im Übrigen und insbesondere hinsichtlich der Teilnahme an DPM-Programmen für KHK, Diabetes mellitus und COPD wird auf den Bescheid des Antragsgegners (S. 16 f) mit der Anmerkung verweisen, dass die Prüfung der Sach- und Rechtslage im Einzelnen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.
Der Bescheid des Beklagten ist schließlich auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Prüfungsstelle keine Vereinbarung im Sinne von § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V angeboten hat. Nach dieser Regelung soll die Prüfungsstelle vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu 1/5 zum Inhalt haben kann. Diese Regelung zielt darauf ab, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden (BT-Drucksache 14/6309, S. 11), und ist deshalb auch ausschließlich nur für das Verfahren vor der Prüfungsstelle vorgesehen. Die Reduzierung des Regressbetrages um bis zu einem Fünftel stellt quasi die Gegenleistung dafür dar, dass sich der Vertragsarzt seiner Rechtsschutzmöglichkeiten begibt und er die Unwirtschaftlichkeit durch den Abschluss des Vertrages konkludent anerkennt (vgl. Liebold / Zalewski, Kassenarztrecht, § 106 SGB V, Anm. 35). Für die Anwendung dieser Regelung besteht aber kein Raum mehr, wenn das Verfahren vor der Prüfungsstelle abgeschlossen ist. Nachfolgend kann ein Vertragsarzt auch keine Ansprüche daraus herleiten, dass – aus welchen Umständen auch immer – im Verfahren vor der Prüfungsstelle keine Vereinbarung getroffen worden ist. Schutzbefohlener der Norm ist grundsätzlich nicht der Vertragsarzt, sondern es steht allein die Verfahrensökonomie zu Gunsten der Prüfgremien im Vordergrund; diese sollen von aufwändigen und langwierigen Streitverfahren entlastet werden (s. entsprechend zur "gezielten Beratung" i.S.d. § 106 Abs 5 Satz 2 SGB V, die nach der Rechtsprechung des BSG ebenfalls grundsätzlich keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Kürzungsbescheides ist = BSG, Urteil vom 27.04.1982 – 6 RKa 4/79 -, vom 09.03.1994 – 6 RKa 17/92 -, vom 19.06.1996 – 6 RKa 40/95 -, vom 14.05.1997 – 6 RKa 63/95 -, vom 27.06.2001 – B 6 KA 66/00 R und vom 05.11.2008 – B 6 KA 63/07 R -). Dementsprechend ist schließlich auch die Regelung in § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V als reine sanktionslose "Sollvorschrift" (oder wie es in der Gesetzesbegründung (s.o.) heißt, der ehemalige "Satz 7 hält den Prüfungsausschuss an, ") ausgestaltet.
III.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG).
Nach § 53 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers ist darauf gerichtet, mittels Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage den Rückforderungsanspruch des Antragsgegners i.H.v. 25.704,60 EUR einstweilen, d.h. in der Regel bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, nicht befriedigen zu müssen (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 04.06.2009 – L 11 KA 7/09 ER -, 17.06.2009 – L 11 KA 78/08 – und vom 20.01.2010 – L 11 B 13/09 KR -). Dabei ist grundsätzlich der gesetzliche Zinssatz (§ 246 Bürgerliches Gesetzbuch) und die durchschnittliche Verfahrensdauer eines Klageverfahrens (vgl. Senat a.a.O.), aber vorliegend auch zusätzlich die zwischen Antragsteller und Beigeladener zu 7) getroffene Ratenzahlungsvereinbarung zu berücksichtigen. Unter Zugrundelegung eines sich ohne Ratenzahlungsvereinbarung ergebenden jährlichen Zinsvorteils von 1.028,18 EUR (4% von 25.704,60 EUR) schätzt der Senat im Hinblick auf die sonstigen Imponderabilien den vorliegend relevanten Zinsvorteil auf 2.000,00 EUR.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 12.10.2011
Zuletzt verändert am: 12.10.2011