Urteil des LSG wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Neues Az. = L 16 AL
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.07.2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 66643,93 EUR festgesetzt. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an den Versicherten N.
Der am 00.00.1948 geborene Versicherte war von 1966 bis zum 31.01.2003 als Rangierer/Stellwerkwärter im Bergbau beschäftigt. Im Anschluss daran bezog er seit dem 01.02.2003 Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Am 11.06.2003 stellte der Versicherte bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diesen Antrag leitete die Beklagte mit Schreiben vom 12.06.2003 an die Klägerin weiter. Nach den von ihr getroffenen Feststellungen sei die Zuständigkeit der Klägerin gegeben. Die Klägerin bewilligte dem Versicherten Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben und nahm ihn zum 17.11.2003 im Eingangsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen auf. Sie bewilligte ihm im Anschluss daran Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen vom 15.12.2003 bis zum 14.12.2005 und gewährte ihm ab dem 17.11.2003 Übergangsgeld für die Dauer der Maßnahmen. Das Übergangsgeld wurde auf das Anpassungsgeld des Versicherten angerechnet. Insgesamt entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 2492,25 Euro für das Eingangsverfahren und in Höhe von 64151,68 Euro für die Leistungen im Berufsbildungsbereich. Zum 15.12.2005 wechselte der Versicherte in den Arbeitsbereich der Werkstatt. Kostenträger der Maßnahme ist seitdem der Landschaftsverband Westfalen-Lippe.
Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 66.643,93 Euro geltend, den diese als unbegründet ablehnte. Die Klägerin hat daraufhin am 04.06.2007 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, beim Versicherten sei nach sozialmedizinischer Prüfung ein Rehabilitationsbedarf für Leistungen in einer Behindertenwerkstatt festgestellt worden. Da die Beklagte den Antrag des Versicherten an sie weitergeleitet habe, sei die Klägerin nach § 14 Abs 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) dazu verpflichtet gewesen, die Leistung ohne Prüfung der eigenen Zuständigkeit festzustellen. Weil der Versicherte Anpassungsgeld bezogen habe, seien Rehabilitationsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung aber gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ausgeschlossen. Zuständiger Rehabilitationsträger sei gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die Beklagte. Diese sei daher nach § 14 Abs. 4 SGB IX zur Erstattung der entstandenen Aufwendungen verpflichtet. § 42 Abs. 1 SGB IX bestimme insoweit ausdrücklich, dass die Träger der Rentenversicherung "unter den Voraussetzungen des § 11 bis 13 SGB VI" sachlich zuständig seien. Diese Voraussetzungen seien hier gerade nicht erfüllt, weil der Versicherte Anpassungsgeld und damit eine Leistung im Sinne von § 12 Abs 1 Nr. 4a SGB VI bezogen habe. Als zweitangegangener Rehabilitationsträger sei sie jedoch dazu verpflichtet gewesen, über den weiter geleiteten Reha-Antrag nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 Satz 3 SGB IX zu entscheiden. Dabei sei der Rehabilitationsbedarf umfassend auch nach den Leistungsgesetzen anderer Sozialleistungsträger zu beurteilen. Der Umstand, dass der Ausschlusstatbestand des § 12 Abs 1 Nr 4 a SGB VI erfüllt sei, habe sie nicht dazu berechtigt, den Reha-Antrag insgesamt abzulehnen.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass ein Erstattungsanspruch der Klägerin nicht bestehe. Bei der Regelung des § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX werde nur darauf abgestellt, ob ein Rentenversicherungsträger grundsätzlich für die gewährten Leistungen zuständig sei. Dies sei hier der Fall, weil der Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs 1 SGB VI erfüllt habe. Es komme nicht darauf an, ob der Rentenversicherungsträger gegenüber dem jeweiligen Versicherten konkret zur Leistung verpflichtet gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus § 22 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Der Umstand, dass die Klägerin übersehen habe, dass beim Versicherten wegen des Bezugs von Anpassungsgeld der Ausschlusstatbestand des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI vorgelegen hat und sie ihm deshalb rechtswidrig Leistungen gewährt habe, könne nicht zu einem Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten führen.
Mit Urteil vom 04.07.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Erstattungsanspruch nach § 14 SGB IX oder §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) scheide aus, weil der Versicherte keinen Anspruch auf die von der Klägerin bewilligten Leistungen gegen die Beklagte gehabt habe. § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX bestimme insoweit, dass die Beklagte die von der Klägerin bewilligten Leistungen nicht erbringe, soweit ein Träger der Rentenversicherung nach §§ 11 bis 13 SGB VI zuständig sei. Hier sei die Rentenversicherung der zuständige Leistungsträger für den Versicherten. Zwar habe die Klägerin die Leistungen wegen des Leistungsausschlusses nach § 12 Abs. 1 Nr. 4a SGB VI zu Unrecht bewilligt, dies führe jedoch nicht dazu, dass ihre Zuständigkeit im Sinne von § 42 SGB IX entfallen sei, sondern bedeute lediglich, dass sie die Leistungen nicht hätte bewilligen dürfen. Auch aus § 22 Abs. 2 SGB III ergebe sich, dass die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur erbringen dürfe, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig sei. Auch hieraus folge, dass die grundsätzliche Zuständigkeit der Rentenversicherung für einen Versicherten unabhängig davon, ob im Einzelfall eine Leistungsverpflichtung der Rentenversicherung bestehe, Leistungen der Beklagten ausschließe.
Gegen das am 25.07.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.08.2011 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Beklagte unter Berücksichtigung von § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX, der die Zuständigkeit für Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufungsbildungsbereich regele, der materiell zuständige Leistungsträger für die durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme ist. Ihre eigene Zuständigkeit entfalle aufgrund des Ausschlusstatbestandes des § 12 Abs. 1 Nr. 4a SGB VI. Dass Anpassungsgeld eine Leistung im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 4a SGB VI ist, die regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird, sei bereits in der Gesetzesbegründung zum "Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung – WFG (BT-Drucks. 13/4610) ausdrücklich festgestellt worden. Auch unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes und der Erwerbsbiographie des Versicherten sei unzweifelhaft davon auszugehen, dass dieser bereits endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei. § 42 Abs 1 Nr. 1 SGB IX sei eine spezielle Zuständigkeitsregelung für Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen und gehe insoweit der allgemeinen Regelung des § 22 Abs 2 SGB III vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 66.643,93 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte.
Die Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von 66 643,93 Euro. Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs sind nicht erfüllt.
Nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX hat der "zweitangegangene Träger" einen spezialgesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den eigentlichen bzw. originär zuständigen Rehabilitationsträger. Dieser Erstattungsanspruch geht den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 34/06; Urteil vom 20.04.2010 – B 1/3 KR 6/09 R).
Voraussetzung ist, dass nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger – hier also die Beklagte – für die Leistung zuständig ist. Eine Zuständigkeit der Beklagten hat das Sozialgericht aber zu Recht verneint.
Die Zuständigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben richtet sich hier nach § 42 Abs 1 SGB IX. In dieser Vorschrift wird die Zuständigkeit für Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich geregelt. Diese Leistungen sind hier an den Versicherten erbracht worden.
Die Beklagte ist insoweit nach § 42 Abs Nr.1 SGB IX zuständig, wenn nicht einer der in den Nummern 2 bis 4 genannten Träger zuständig ist. Nach § 42 Abs 1 Nr.3 SGB IX sind die Träger der Rentenversicherung unter den Voraussetzungen der §§ 11 bis 13 SGB VI zuständig. Eine Zuständigkeit der Beklagten würde sich dementsprechend nur ergeben, wenn eine (vorrangige) Zuständigkeit der Klägerin als Rentenversicherungsträger nach § 42 Abs 1 Nr.3 SGB IX nicht vorliegt. Diese ist hier aber entgegen der Auffassung der Klägerin gegeben, weil der Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI erfüllt und damit generell zu dem Personenkreis gehört, für den die Klägerin als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig ist.
Der Umstand, dass der Versicherte ein Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus erhält und deshalb nach § 12 Abs 1 Nr.4a SGB VI von Leistungen zur Teilhabe ausgeschlossen ist, führt zu keiner anderen Bewertung. Allerdings ist das Anpassungsgeld eine Leistungen die regelmäßig bis zum Beginn der Altersrente gezahlt wird und damit eine Leistung im Sinne von § 12 Abs 1 Nr. 4a SGB VI (vgl. Luthe jurisPK-SGB VI, Stand 11.05.2011, § 12 Rdnr 48). Da § 42 Abs 1 Nr 3 SGB IX bestimmt, dass die Träger der Rentenversicherung unter den Voraussetzungen der §§ 11 bis 13 SGB VI zuständig sind und damit nach seinem Wortlaut auch auf § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI verweist, könnte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs 4a SGB VI die Zuständigkeit der Klägerin entfallen und damit die Zuständigkeit der Beklagten nach § 42 Abs 1 Nr. 1 SGB IX gegeben sein.
Gegen eine solche Auslegung spricht aber, dass § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI keine Zuständigkeitsregelung ist und die Zuständigkeitsregelungen im Rahmen des SGB III ebenfalls nur eine nachrangige Zuständigkeit der Bundesagentur im Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben annehmen. Dort wird in § 22 Abs 2 SGB III ausdrücklich bestimmt, dass die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur erbringen darf, wenn nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist. Die Leistungszuständigkeit der Beklagten ist insoweit nachrangig, d.h. ihre Leistungspflicht entfällt auch dann, wenn ein anderer Leistungsträger sachlich zuständig ist, die Leistung im konkreten Fall aber ablehnt (Estelmann/Eicher, SGB III, § 22 Rdnr 49). Insoweit unterscheidet sich § 22 Abs 1 SGB III von Abs 2. Während in § 22 Abs 1 SGB III bestimmt ist, dass Leistungen zur aktiven Arbeitsförderung nur erbracht werden dürfen, wenn nicht ein anderer Träger zur Leistung verpflichtet ist, spricht § 22 Abs 2 Satz 1 SGB III ausdrücklich davon, dass Leistungen schon dann nicht erbracht werden dürfen, wenn ein anderer Rehablitationsträger zuständig ist.
Zu der Vorgängerregelung von § 22 Abs 2 Satz 1 SGB III, der Vorschrift des § 57 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), hat das BSG in diesem Zusammenhang bereits ausdrücklich entschieden, dass die Vorschrift als reine "Kompetenznorm" nur die generelle Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers regelt. Ist ein Rentenversicherungsträger für eine Person als Rehabilitationsträger "zuständig", schließe § 57 AFG die Gewährung berufsfördernder Maßnahmen durch die BA an diese Personen aus (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.1979 – 11 RA 22/79, SozR 4100 § 57 AFG Nr 9; ). Die Begriffe "Verpflichtung und Zuständigkeit" seien insoweit nicht als gleichbedeutend anzusehen. Die Zuständigkeit bestimmt sich dabei danach, wer zum Kreis der Versicherten gehört (vgl auch BSG, Urteil vom 15.03.1979, 11 RA 36/78, SozR 2200 § 1236 Nr 15). Eine subsidiäre Zuständigkeit der Bundesagentur für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sei dementsprechend bereits dann nicht mehr gegeben, wenn grundsätzlich ein anderer Träger zuständig ist, auch wenn der Betroffene die für diesen Träger geltenden Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Fall nicht erfüllt (vgl. auch Brandts in Niesel, SGB III, 5. Auflage, § 22 Rdnr 17).
Genau dieser Sachverhalt liegt hier aber vor. Die Klägerin war grundsätzlich für Leistungen an den Versicherten nach § 11 SGB VI zuständig. Ihre Leistungspflicht ist hier nur wegen der Gewährung von Anpassungsgeld im konkreten Fall nicht gegeben. Die diesbezügliche Bestimmung des § 12 Abs 1 SGB VI ist gerade keine Zuständigkeitsregelung, was sich auch aus dem dort verwendeten Wortlaut (werden nicht "erbracht" – im Gegensatz zu "ist nicht zuständig") ergibt.
Soweit die Klägerin § 22 Abs 2 SGB III und die zu ihrer Vorgängerreglung ergangene Rechtsprechung nicht für einschlägig hält, weil § 42 Abs 1 SGB IX insoweit eine Spezialzuständigkeit für Leistungen im Eingangsbereich und im Berufsbildungsbereich von Werkstätten enthalte, kann sich der Senat dieser Auffassung nicht anschließen. Gegen eine solche Auslegung spricht bereits § 7 SGB IX, der ausdrücklich bestimmt, dass die Vorschriften des SGB IX für die Leistungen zur Teilhabe gelten, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabiltationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt (Satz 1) und dass die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe sich nach den für die den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen richten (Satz 2). Aus dieser Vorschrift folgt gerade, dass die Leistungsgesetze der jeweiligen Leistungsträger – also auch § 22 Abs 2 SGB III – weiterhin anwendbar bleiben und die Vorschriften des SGB IX nur maßgeblich sein sollen, soweit dort nichts Abweichendes vorgesehen ist (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 03.11.2010 – L 4 KR 212/07). In der Gesetzesbegründung zu § 7 wird diesbezüglich ausdrücklich betont, dass mit der Regelung klargestellt werden soll, dass die besonderen Regelungen für die einzelnen Rehabilitationsträger maßgeblich bleiben, die im Neunten Buch weder zusammengefasst noch inhaltlich neu gestaltet werden sollen (BT-DruckS 14/5074 Seite 100). § 42 SGB IX ist dementsprechend lediglich als deklaratorische Vorschrift anzusehen, die die Zuständigkeitsregelungen des gegliederten Systems zusammenfasst und nicht verändert (vgl. Luik, jurisPK-SGB IX, Stand 01.02.2010, § 42 Rdnr 6 und 8).
Auch der Sinn und Zweck der Regelung des § 12 Abs 1 Nr. 4a SGB VI spricht gegen die Auffassung der Klägerin, ein Ausschluss von Rehabilitationsleistungen durch die Rentenversicherungsträger nach dieser Vorschrift, könne wieder zu einer Zuständigkeit anderer Leistungsträger führen. § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI will verhindern, dass Rehabilitationsleistungen noch an Versicherte gewährt werden, die eigentlich schon endgültig aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind. Dieser Sinn und Zweck würde aber verfehlt, wenn in diesem Fall wieder ein anderer Träger zuständig werden würde.
Die (nachrangige) Zuständigkeit der Beklagten muss dementsprechend auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen der Rentenversicherungsträger, beispielsweise mangels Vorversicherungszeiten, von vorn herein nicht zuständig im Sinne von § 11 SGB VI ist. Da die Hauptzielgruppe der Werkstätten für behinderte Menschen jüngere Menschen mit geistiger Behinderung sind, die regelmäßig die beitragsrechtlichen Sondervorschriften des § 11 SGB VI nicht erfüllen, ist insoweit auch eine regelmäßige Zuständigkeit der Beklagten gegeben (vgl. Knittel, SGB IX, Jahrbuch 2010, § 42 Rdnr 8 – 10). Für die Personen, für die der Rentenversicherungsträger grundsätzlich nach § 11 SGB VI zuständig ist, führt ein Leistungshindernis nach § 12 Abs 1 SGB VI ("Leistungen dürfen nicht erbracht werden") demgegenüber nicht dazu, dass erneut eine Zuständigkeit der Beklagten begründet wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 und § 162 Abs 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da keiner der Beteiligten zum Personenkreis des § 183 SGG gehört.
Der Streitwert beruht auf § 52 Abs 3 GKG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage wie § 42 Abs 1 SGB IX im Verhältnis zu § 22 Abs 2 SGB III auszulegen ist, von grundsätzlicher Bedeutung und bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Erstellt am: 16.07.2013
Zuletzt verändert am: 16.07.2013