Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 03.06.2011 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt L aus E beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Klägerin ist nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen. Der Klage gegen den Bescheid vom 31.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Erfolgsaussichten dürfen nicht überspannt werden. Es genügt, wenn nach den gesamten Umständen des Falles eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges besteht.
Dies ist zu bejahen. Zwar ist die Klägerin nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und anschließendem Klageverfahren mit Rücknahme des Sanktionsbescheides vom 31.01.2008 für den Zeitraum von Januar bis März 2008 nicht mehr beschwert. Denn das Rechtsschutzbedürfnis für eine Überprüfung des Änderungsbescheides vom 31.01.2009, der den Minderungsbetrag für den Zeitraum vom 01. bis 23. Februar auswies, fehlt insoweit. Jedoch bedarf es weiterer Ermittlungen dazu, ob der Beklagte zu Recht die Übernahme der Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 31.01.2008 im Widerspruchsbescheid vom 04.12.2009 unter Hinweis auf die Verfristung des Widerspruchs ablehnte. Denn das Sozialgericht (SG) wird zu ermitteln haben, ob das Widerspruchsschreiben der Klägerin vom 15.02.2008, das am 18.02.2008 an den Beklagten gefaxt wurde, rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist beim Beklagten eingegangen ist, d.h. in dessen Machtbereich gelangt ist. Unbestritten zwischen den Beteiligten ist nach Vorlage des Sendeprotokolls mit dem Vermerk "OK", dass das Widerspruchsschreiben vom 15.02.2008 mit Fax am 18.02.2008 versandt wurde. Dem SG ist zuzustimmen, dass allein dadurch der Zugang nicht nachgewiesen ist (BSG, Beschluss vom 19.05.2005 – B 10 EG 3/05 B), da dem Sendeprotokoll insoweit lediglich Indizwirkung zukommt (BGH NJW 1995, 665; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2009, § 151 Rn. 10d). Jedoch sind alle Anhaltspunkte zu prüfen und würdigen, die für die Frage des rechtzeitigen Ein-gangs von Bedeutung sein können und insoweit den Beweis erbringen können (BSG, Beschluss vom 20.10.2009 – B 5 R 84/09 B Rn. 10 ff., 13 m.w.N.). Das SG kann den Sachverhalt dadurch weiter aufklären, dass es dem Beklagten aufgibt, zu prüfen, ob das Empfangsjournal für den 18.02.2008 noch existiert und dieses vorzulegen. In einem solchen Journal wird bezogen auf ein konkretes Datum und eine Uhrzeit der Absender, die Übertragungsdauer, die Anzahl der Seiten und die Mitteilung "OK" oder "Fehler" eines Fax erfasst. Diese Ausdrucke werden (z.B. auch beim Landessozialgericht) geführt und mehrere Jahre aufgehoben. Die Ermittlungen können Aufschluss darüber geben, ob das Fax der Klägerin vom 18.02.2008 in die Verfügungsgewalt des Beklagten gelangte.
Auf die in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich bewertete Frage der Beweislastumkehr bei Vorlage eines "OK-Vermerks" oder der Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises (BVerfG, Beschluss vom 30.06.1993 – 2 BvR 439/93) kommt es damit wegen der weiteren Verpflichtung des SG, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht an. Dabei ist es entgegen der Einschätzung des Beklagten im Widerspruchsbescheid nicht ausreichend, dass der Beklagte keinen Fax-Eingang in der Leistungsakte verzeichnen konnte und "es daher als wenig wahrscheinlich einstuft, dass der Zugang nachgewiesen werden kann".
Kosten werden im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 SGG).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 12.01.2012
Zuletzt verändert am: 12.01.2012