Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.07.2011 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht).
Mit Bescheid vom 14.01.2009 stellte die Beklagte beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 90 sowie das Merkzeichen "G" fest. Den im August 2009 gestellten Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "RF" lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 16.12.2009); der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 10.02.2010).
Der Kläger hat am 30.04.2010 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage auf Verpflichtung der Beklagten auf Zuerkennung des Merkzeichens "RF" erhoben, weil er infolge einer schweren Herzoperation viele Medikamente einnehmen und daher viel trinken müsse, weswegen er auf das ständige Vorhandensein eines WC´s angewiesen sei. Wegen seiner Oberschenkelamputation könne er sich nicht in der Öffentlichkeit in der gebotenen Weise bewegen.
Mit Urteil vom 04.07.2011 hat das SG die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht ständig gehindert sei, mit Hilfe von Begleitpersonen und technischen Hilfsmitteln an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Hinsichtlich des bestehenden Harndrangs sei es ihm zuzumuten, Windelhosen zu benutzen. Seine Fähigkeit an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, sei auch durch die behandelnden Ärzte bestätigt worden.
Gegen das am 13.07.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.08.2011 Berufung eingelegt. Er rügt, das SG habe verkannt, dass er die Kosten für die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen unter Einsatz einer Begleitperson nicht aufbringen könne. Es sei für die anderen Teilnehmer derartiger Veranstaltungen unzumutbar, wenn er immer wieder während der Veranstaltung die Toilette aufsuchen müsse oder andernfalls durch den Uringestank zu einer Belästigung werde. Auch fühle er sich im Hinblick auf seine Behinderungen in Menschenansammlungen viel zu unsicher, um an diesen teilzunehmen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 04.07.2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2010 zu verurteilen, bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "RF" festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber offensichtlich unbegründet. Aus diesem Grund macht der Senat nach entsprechendem Hinweis an die Beteiligten von der Möglichkeit des § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gebrauch und weist die Berufung im Beschlussverfahren zurück, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich halten.
Es kann dahinstehen, ob die Klage fristgemäß (einen Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides gem. § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) erhoben worden ist. Dieses wäre zwar nicht der Fall, wenn der Widerspruchsbescheid bereits am 11.02.2011 zur Post aufgegeben worden ist (der Ab-Vermerk auf der in der Verwaltungsakte befindlichen Durchschrift des Widerspruchsbescheides lässt dies allerdings nicht einwandfrei erkennen), denn in diesem Falle ist dem Kläger wegen der Versäumung der Klagefrist von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs. 2 Satz 4 SGG) zu gewähren. Er hatte ausdrücklich mit seinem Widerspruch darauf hingewiesen, dass er sich bis zum 29.03.2011 im Urlaub befinde, den er regelmäßig im Ausland verbringt. Er konnte daher vor dem 30.03.2011 keine Kenntnis von dem angefochtenen Widerspruchsbescheid erhalten, was der Beklagten bekannt war. Daher ist es offenkundig, dass er, weil er keinen Anhalt dafür zu haben brauchte, dass die Beklagte trotz seines Hinweises den Widerspruchsbescheid vor dem 30.03.2011 bekanntgeben würde, unverschuldet nicht in der Lage gewesen ist, die Klagefrist zu wahren, so dass von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (vgl. dazu Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl., § 67 Rn. 10).
Die Klage ist jedoch, wie das SG zu Recht festgestellt hat, nicht begründet. Der Senat weist diesbezüglich zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils hin (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat insbesondere zu Recht dargelegt, dass der Kläger nicht tatsächlich daran gehindert ist, öffentliche Veranstaltungen aufzusuchen. Sein Einwand, ihm fehlten hierfür die finanziellen Mittel, ist schon aus diesem Grunde unbeachtlich, im Übrigen aber auch nicht nachvollziehbar im Hinblick auf die Urlaubsgestaltung des Klägers. Des Weiteren ist es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ihm zumutbar, durch eine verringerte Flüssigkeitsaufnahme seinen Harndrang während entsprechender Veranstaltungen zu beeinflussen (vgl. dazu BSG, Urt. v. 12.12.1997 – 9 RVS 2/96 = SozR 3-3870, § 4 Nr. 17). Schließlich ist es für den Senat nicht nachvollziehbar, dass der Kläger sich regelmäßig einmal im Jahr in der Lage sieht, eine Flugreise ins Ausland zu unternehmen, aber angeblich Großveranstaltungen im Inland nicht aufsuchen können will.
Die Berufung ist daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 12.01.2012
Zuletzt verändert am: 12.01.2012