Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 19.12.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig.
Der Kläger hat Klage gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat dem Kläger mit Beschluss vom 16.04.2008 ab 27.03.2008 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt L beigeordnet.
Nach Anberaumung eines Erörterungstermins unterbreitete das SG den Beteiligten einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, wonach der Beklagte die Rückforderung auf 700,00 EUR reduziert und 70 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt. Die Beteiligten haben dem Vergleichsvorschlag zugestimmt.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 05.04.2011 auf 226,10 EUR festgesetzt – unter Anrechnung bereits gewährter Zahlung der Staatskasse von 321,30 EUR. Nicht berücksichtigt wurde hierbei die Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG von 200,00 EUR mit der Begründung, die Voraussetzungen von Nr. 3106 VV RVG lägen nicht vor, da der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt worden sei. Der Betrag wurde an die Beschwerdeführerin, der der beigeordnete Rechtsanwalt den Gebührenanspruch abgetreten hatte, ausgezahlt.
Die gegen die Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr eingelegte Beschwerde hat das SG mit Beschluss vom 19.12.2011 unter Hinweis auf ein Entscheidungen des 20. und 19. Senats des LSG NRW (Beschluss vom 16.08.2006 – L 20 B 137/06 AS; vom 13.05.2011 – L 19 AS 726/11 B) zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Erinnerung eingelegt. Sie macht geltend, die Terminsgebühr falle im sozialgerichtlichen Verfahren analog zu Anmerkung Absatz 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG auch dann an, wenn ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden sei. Der Gesetzgeber habe eine der Anmerkung Absatz 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG entsprechende Regelung zwar nicht vorgesehen. Jedoch handele es sich insoweit um ein Versehen des Gesetzgebers.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdeführerin steht gegenüber der Staatskasse keine höhere Vergütung als die festgesetzte Vergütung aus § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG zu.
Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist nicht entstanden. Die Voraussetzungen von Nr. 3106 VV RVG liegen nicht vor. Insbesondere hat weder eine mündliche Verhandlung stattgefunden noch wurde der Rechtsstreit durch Annahme eines Anerkenntnisses ohne Verhandlung beendet. Eine auf die Vermeidung oder die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung zwischen den Beteiligten i. S. d. Vorbemerkung zu § 3 Abs. 3 VV RVG fand ebenso wenig statt.
Im Übrigen kann die Beschwerdeführerin den Gebührenanspruch auch nicht aus einer analogen Anwendung von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG herleiten. Danach entsteht in Verfahren, in denen keine Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG), also auch in Verfahren nach § 197a SGG im sozialgerichtlichen Verfahren, anfallen und für die eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs eine Terminsgebühr. Eine entsprechende Regelung enthält Nr. 3106 VV RVG, die gegenüber der Bestimmung der Nr. 3104 VV RVG für Verfahren nach § 183 SGG – wie im vorliegenden Fall – vorrangig ist, nicht. Zudem ist Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG auch nicht analog auf Verfahren nach § 183 SGG anzuwenden, da keine Regelungslücke besteht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 13.05.2011 – L 19 AS 726/11 B; LSG NRW, Beschluss vom 30.03.2009 – L 2 B 20/08 KN P; LSG Thüringen, Beschluss vom 26.11.2008 – L 6 B 130/08 SF; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2007 – L 1 B 513/07 R SK; LSG Sachsen, Beschluss vom 09.12.2010 – L 6 AS 438/10 B KO; LSG Bayern, Beschluss vom 22.06.2007 – 15 B 200/07 P KO; LSG Hessen Beschluss vom 20.04.2011 – L 2 SF 311/09). Es besteht keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in Nr. 3104 VV RVG ausdrücklich auf die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV RVG verwiesen, wenn es sich um ein sozialgerichtliches Verfahren handelt, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, ohne die Vergleichsregelung aufzunehmen. Für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien keine konkreten Anhaltspunkte (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 23.02.2011 – L 19 AS 1522/10 B).
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG, § 177 SGG).
Erstellt am: 13.03.2012
Zuletzt verändert am: 13.03.2012