Die Beschwerden der Antragstellerin gegen Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.12.2011 werden zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Seit dem 16.07.2005 bewohnt die Antragstellerin die 51,75 qm große Wohnung, X-Straße 00, C. Die Bruttowarmmiete beläuft sich ab dem 01.08.2011 auf 450,79 EUR mtl. Sie setzt sich aus einer Nettokaltmiete von 277,79 EUR, einer Betriebskostenvorauszahlung von 72,00 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung von 101,00 EUR zusammen. Die Wohnung wird mit einer Gas-Zentralheizung beheizt. Die Warmwassererzeugung erfolgt zentral.
Die Antragstellerin bezieht seit Februar 2006 von dem Antragsgegner durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 01.03.2006 teilte die Rechtsvorgängerin des Antragsgegners der Antragstellerin mit, dass die Unterkunftskosten unangemessen seien. Seit dem 01.10.2006 übernahm die Rechtsvorgängerin des Antragsgegners bzw. der Antragsgegner nicht mehr die tatsächlichen sondern nur noch abgesenkte Kosten der Unterkunft. Durch Bescheid vom 12.09.2011 bewilligte der Antragsgegner zuletzt Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 785,00 EUR (364,00 EUR Regelleistung + 421,00 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) vorläufig für die Zeit vom 01.11.2011 bis 30.04.2012. Die Antragstellerin betreibt ein Online-Geschäft für X-Moden.
Die Vermieterin erhob am 16.09.2011 Räumungsklage. Sie machte geltend, der Mietrückstand betrage 6.636,06 EUR und das Mietverhältnis sei fristlos gekündigt worden. Während des Verfahrens sprach die Vermieterin wegen rückständiger Mieten für die Monate Oktober und November 2011 eine weitere fristlose Kündigung aus. Durch Urteil vom 22.12.2011 verurteilte das Amtsgericht C, 000, die Antragstellerin zur Räumung der Wohnung ohne Räumungsfrist.
Durch Bescheid vom 15.09.2011 lehnte das Sozialamt der Stadt C den Antrag der Antragstellerin auf die Übernahme der Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II a. Eine Übernahme von Mietschulden komme nicht in Betracht, wenn diese durch den Verbleib in einer unangemessenen Wohnung verursacht wurden seien, obwohl der Antragsteller zur Kostensenkung aufgefordert worden sei. Des weiteren sei die Bestreitung der Mietkosten in der Zukunft nicht sichergestellt und ebensowenig, dass keine neuen Mietrückstände aufzulaufen drohten. Auch drohe bei der derzeitigen Wohnungsmarktsituation in C keine Obdachlosigkeit. Am 09.08.2011 seien der Antragstellerin zwei Wohnungsangebote unterbreitet worden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch verwarf die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2001 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig. Am 27.11.2011 stellte die Antragstellerin einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Durch Beschluss vom 23.11.2011 lehnte das Sozialgericht Dortmund, S 57 AS 50487/11 ER, den Antrag auf Verpflichtung der Stadt C zur Übernahme der Mietschulden im Wege des einstweiligen Rechtschutzes ab. Hiergegen erhob die Antragstellerin Beschwerde (L 19 As 2233/11 B)
Durch Bescheid vom 31.10.2011 lehnte der Antragsgegner die darlehensweise Übernahme der Mietrückstände nach § 22 Abs. 8 SGB II ab. Der Wohnungsmarkt sei nicht so angespannt, dass Wohnungslosigkeit drohe. Auch komme das Erwerbsgeschäft der Antragstellerin bei einer Zwangsräumung nicht zum Erliegen, da das Betreiben eines Online-Shops für X-Kleidung nicht auf eine konkrete Wohnung beschränkt sei. Ein Internetanschluss sei über einen Telefonanschluss wie auch über einen Kabelanbieter möglich. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner am 02.01.2012 zurück.
Am 11.11.2011 hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, die Mietschulden in Höhe von 7.507,64 EUR als Darlehen zu übernehmen.
Sie hat vorgetragen, dass die Übernahme der Mietrückstände die Wohnung der Antragstellerin sichern würde. Da die Vermieterin das Mietverhältnis nur fristlos gekündigt habe, bestehe für sie Möglichkeit, die fristlose Kündigung durch Begleichung des gesamten Mietrückstandes innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu beseitigen und den Mietvertrag aufrecht zu erhalten. Die Schonfrist laufe zum 12.12.2011 ab. Gründe, die gegen die vom Gesetz als Regelfall vorgesehene Übernahme der Mietrückstände sprechen, bestünden nicht. Die Wohnung sei angemessen. Die Wohnfläche betrage 51 qm, davon seien 46 qm beheizbar. Der Quadratmeterpreis liege unter 5,50 EUR. Nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts rechtfertige lediglich eine erhebliche Überschreitung der Angemessenheit die Ablehnung eines Darlehens. Die Differenz zwischen der vom Vermieter verlangten und vom Antragsteller übernommenen Miete betrage 29,79 EUR mtl, also lediglich 6, 7 % der monatlichen Miete. Sie müsse noch nicht einmal 10% der monatlichen Regeleistung als Zuzahlung zu den bewilligten Kosten der Unterkunft aufwenden, um eine dauerhafte Sicherung der Mietzahlung zu gewährleisten. Des Weiteren sei mit steigenden Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit zu rechnen, und, dass sie in Zukunft die monatlichen Mietzahlungen in ordnungsgemäßer Höhe erbringen werde. Bei der Beurteilung der Frage, ob Mietschulden übernommen werden, sei weder die Ursache für das Entstehen der Mietrückstände noch die Höhe des Zahlungsrückstandes zu berücksichtigen. Sie erkläre sich damit einverstanden, dass das Darlehen wie auch die Kosten der Unterkunft an die Vermieterin direkt ausgezahlt würden. Auf dem Wohnungsmarkt in C stünden keine den Angemessenheitskriterien des Antragsgegners entsprechende Wohnungen in ausreichendem Maß zur Verfügung. Der Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt stehe entgegen, dass sie sich in einem Insolvenzverfahren befinde, eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und gegen sie eine Räumungsklage anhängig sei. Sie habe eine Vielzahl von Maklern unter Schilderung dieser Situation angeschrieben und nur Absagen erhalten. Im Falle eines Umzugs müsse sie neue Verträge über Telefon, Strom und Internet abschließen. Die Kosten für den Neuabschluss der Verträge könne sie nicht aufbringen. Dies hätte zur Konsequenz, dass sie ihr Online-Geschäft nicht weiter führen könnte.
Der Antragsgegner hat vorgetragen, dass für die Entscheidung über die Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II die Stadt C zuständig sei. Sie habe diese Aufgabe auf die Stadt C übertragen.
Durch Beschluss vom 12.12.2011 hat das Sozialgericht Dortmund den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, da der Antragsgegner nicht zuständig sei. Die Wahrnehmung der Aufgaben der Mietschuldübernahme nach § 22 Abs. 8 SGB II habe der Antragsgegner auf die Stadt C übertragen. Diese sei damit sachlich zuständig.
Am 17.01.2012 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt.
Sie verfolgt ihr Begehren weiter und wiederholt ihr Vorbringen im erstinstanzlichem Verfahren.
Die Beschwerden sind unbegründet.
I.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht. Dabei kann dahinstehen, ob der Antragsgegner sachlich zuständig für die Entscheidung ist. Jedenfalls liegen nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte die Voraussetzungen für die Übernahme der Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II nicht vor. Danach können Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie soll übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.
Die Übernahme von Mietschulden für eine unangemessene Wohnung i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II ist nach § 22 Abs. 8 SGB II grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 22 Abs. 5 SGB II a. F. an, dessen Wortlaut mit dem jetzt geltenden § 22 Abs. 8 SGB II, in Kraft ab dem 01.01.2011, identisch ist. Nach ihrem Wortlaut schützt diese Norm eine Wohnung nur dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich ist für eine Übernahme der Schulden zu fordern, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist.(Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 58/09 R = Rn 26). Die Unterkunftskosten für die Wohnung der Antragstellerin X-Straße 00, C sind unangemessen. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts Dortmund im Beschluss vom 23.11.2011 im Verfahren, S 57 AS 50487/11 ER Bezug. Die Unangemessenheit der Unterkunftskosten wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt.
Die Übernahme der Mietschulden ist auch unter dem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt, dass der überwiegenden Anteil der Mietschulden daher rührt, dass die Antragstellerin die vom Antragsgegner bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht an die Vermieterin weitergeleitet, sondern für andere Zwecke, u. a. zur Tilgung von anderen Schulden verwandt hat. Es ist auch nicht absehbar, dass die Zahlung der vollen Unterkunftskosten in Zukunft gesichert ist. Der Senat sieht es auch nicht als glaubhaft gemacht an, dass die Antragstellerin wegen der nach ihrer Auffassung nur geringen Differenz zwischen den angemessenen und den tatsächlichen Unterkunftskosten zukünftig in der Lage sein wird, den Differenzbetrag aus der Regelleistung zu bestreiten. Bei dieser Prognose ist zu berücksichtigen, dass im Falle der Gewährung eines Darlehens nach § 22 Abs. 8 SGB II dieses Darlehen sofort nach Auszahlung mit einer monatlichen Aufrechnung in Höhe von 10% der Regelleistung nach § 42a Abs. 2 SGB II getilgt wird und somit ihr nicht die volle Regelleistung zur Verfügung steht. Insoweit ist auch nicht eine konkrete Aussicht auf wesentliche Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist aus vorstehenden Gründen nicht gegeben gewesen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
III:
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Die Rechtsverfolgung bietet aus den obengenannten Gründen keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO):
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 15.03.2012
Zuletzt verändert am: 15.03.2012