Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 01.09.2011 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Duisburg ab dem 04.07.2011 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L, E, beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt mit seiner Beschwerde Prozesskostenhilfe für ein Verfahren vor dem Sozialgericht, in dem die Höhe der bewilligten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) streitig ist.
Der im Juli 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert, lebt im Haushalt seiner Eltern und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Er bezieht von der Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. SGB XII. Dabei legte die Beklagte im Rahmen der Leistungsberechnung zuletzt mit Bescheid vom 21.10.2010 für die Zeit von Oktober 2010 bis September 2011 den Regelsatz eines Haushaltsvorstandes bzw. Alleinstehenden i.H.v. 359,00 EUR zugrunde und gewährte dem Kläger darüber hinaus u.a. Leistungen für einen Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung unter Anerkennung des Nachteilsausgleichs G.
Nachdem der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des SGB XII – Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) vom 24.03.2011 (BGBl. I S. 453) rückwirkend zum 01.01.2011 die Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 SGB XII neu festgesetzt hatte, bewilligte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 23.03.2011 Leistungen der Grundsicherung unter entsprechender Aufhebung der zuvor erfolgten Bewilligung nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit ab dem 01.01.2011 lediglich noch unter Berücksichtigung der neu eingeführten Regelbedarfsstufe 3 i.H.v. 291,00 EUR. Dabei kürzte sie den Regelsatz wegen des dem Kläger in der Behindertenwerkstatt kostenlos zur Verfügung gestellten Mittagessens – wie bisher – um 10,6 %. Von einer Rückforderung der für Januar bis März 2011 entstandenen Überzahlung sah die Beklagte allerdings mit der Begründung ab, dass der Kläger insoweit Bestandsschutz genieße.
Mit seinem gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wandte der Kläger sich gegen die Herabsetzung des Regelbedarfs und vertrat die Auffassung, dass die zum 01.01.2011 in Kraft getretene Änderung der Regelsätze nach der Anlage zu § 28 SGB XII verfassungswidrig sei. Ferner bat er um Übersendung einer ausführlichen Berechnung der gewährten Leistungen.
Daraufhin informierte die Beklagte den Kläger mit formlosem Schreiben vom 19.04.2011 über die Leistungsberechnung ab dem 01.01.2011 und fügte einen Bescheid vom selben Tag bei, mit dem sie ihm entsprechende Grundsicherungsleistungen für den Kalendermonat Mai 2011 zuerkannte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.03.2011 sowie dessen gegen das aufklärende Schreiben vom 19.04.2011 vorsorglich ebenfalls erhobenen Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass der Regelsatz gemäß den ab dem 01.01.2011 geltenden Vorschriften zu Recht nach der Regelbedarfsstufe 3 in Ansatz gebracht worden sei; denn der Kläger sei erwachsen und führe keinen eigenen Haushalt.
Mit seiner am 30.06.2011 bei dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage hat der Kläger höhere Leistungen, insbesondere einen höheren Regelbedarf, ab dem 01.04.2011 begehrt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, bereits die von der Beklagten vorgenommene Kürzung des Regelbedarfs wegen des in der Behindertenwerkstatt zur Verfügung gestellten Mittagessens sei nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus seien der zugrunde gelegte Regelbedarf und folglich auch die hierauf beruhende Höhe des anerkannten Mehrbedarfs wegen seiner Schwerbehinderung zu niedrig bemessen; denn die ab dem 01.01.2011 eingeführte Regelbedarfsstufe 3, die für erwachsene Personen einen Regelsatz von nur noch 291,00 EUR vorsehe, sofern diese weder einen eigenen Haushalt noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in ähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führten, sei verfassungswidrig. Zum einen entspreche die Ermittlung der Regelbedarfsstufe 3 nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dem Gesetzgeber in seiner Entscheidung vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 u.a. aufgegeben habe; denn die Regelbedarfe in der Regelbedarfsstufe 3 seien trotz unterschiedlicher Haushaltskonstellationen der darin benannten Haushaltsmitglieder einheitlich bemessen und freihändig geschätzt worden, ohne dass der Gesetzgeber zuvor die entsprechenden Tatsachen ermittelt und nachvollziehbare Berechnungsschritte mit plausiblem Zahlenwerk dargelegt habe. Zum anderen führe die unterschiedliche Bemessung des Regelbedarfs nach Stufe 3 für erwerbsunfähige Menschen mit Behinderungen, die – wie der Kläger – das 25. Lebensjahr vollendet hätten und mit ihren Eltern zusammenlebten, gegenüber dem Regelbedarf Erwerbsfähiger in derselben Lage zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG); denn während die letztgenannte Personengruppe nach den Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) den Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 i.H.v. monatlich 364,00 EUR erhalte, werde behinderten Menschen lediglich der Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 zugestanden, der mit 291,00 EUR um 20 % geringer bemessen sei. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 19.05.2009 – B 8 SO 8/08 R bereits festgestellt, dass dieser Personenkreis den vollen Regelsatz beanspruchen könne.
Mit Beschluss vom 01.09.2011 hat das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt. In den Gründen hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, die Berechnung der Leistungshöhe nach der Regelbedarfsstufe 3 entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die zum 01.01.2011 in Kraft getretene Neuregelung seien trotz der von dem Kläger vorgetragenen Einwände nicht ersichtlich.
Gegend den seiner Bevollmächtigten am 08.09.2011 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 07.10.2011 Beschwerde erhoben. Er verweist ergänzend auf ein Gutachten von Münder über die verfassungsrechtliche Bewertung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 – BGBl. I S. 453, erstellt für die Hans-Böckler-Stiftung (in Soziale Sicherheit, Zeitschrift für Arbeit und Soziales, Sonderheft September 2011, S. 63 ff.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für das erstinstanzliche Verfahren.
Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beizuordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, NJW 1997, S. 2745; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 55. Auflage, § 114 Rn. 80) ist die Rechtsverfolgung des Klägers, der die Kosten der Prozessführung ausweislich der am 04.07.2011 bei dem Sozialgericht eingegangenen Unterlagen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit eigenen Mitteln bestreiten kann, nicht mutwillig und entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch nicht ohne Erfolgsaussicht.
Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Prozesskostenhilfe Begehrenden auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (VGH BW NVwZ 98, 1098; OVG RP NVwZ 91, 595; OVG MV NNwZ-RR 96, 621; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73 a Rdnr. 7a). Davon ist u.a. dann auszugehen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfGE 81, 347; ferner BVerfG, Beschluss vom 14.06.2004 – 2 BvR 626/06; LSG NRW, Beschluss vom 01.06.2011 – L 19 AS 48/11 B; Leitherer, a.a.O., § 73a Rn. 7b m.w.N.). Ist ein Bescheid nach dem einfachen Recht formell und materiell nicht zu beanstanden, können dennoch hinreichende Erfolgsaussichten einer Klage bestehen, wenn die Verfassungswidrigkeit streitentscheidender Normen und daran anknüpfend die Gewährung bzw. Verurteilung zu höheren Leistungen nicht unwahrscheinlich ist bzw. nicht fernliegt.
Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht ist vorliegend entgegen der Auffassung des Sozialgerichts gegeben. Dabei mag offen bleiben, ob die Klage insofern unzulässig ist, als sich der Kläger auch gegen das – möglicherweise nicht als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) anzusehende – aufklärende Schreiben der Beklagten vom 19.04.2011 wendet; denn die Klage hat jedenfalls hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 23.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2011 richtet. Es liegt bei summarischer Prüfung zumindest nicht fern, dass diese – fraglos Verwaltungsaktqualität besitzenden – Bescheide, mit denen die Beklagte dem Kläger unter entsprechender Aufhebung der zuvor für die Zeit von Oktober 2010 bis September 2011 bewilligten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. SGB XII Leistungen ab dem 01.04.2011 lediglich noch in Höhe des Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 3 gewährt hat, rechtswidrig sind.
Zwischen den Beteiligten ist insofern zu Recht unstreitig, dass der Kläger über den 31.03.2011 hinaus dem Grunde nach zu dem von § 41 SGB XII begünstigten Personenkreis gehört. Die angefochtenen Bescheide entsprechen den gesetzlichen Vorgaben ferner insoweit, als in den tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnissen, die dem Bewilligungsbescheid vom 21.10.2010 zugrunde lagen, (spätestens) zum 01.04.2011 insofern eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eingetreten ist, als im Rahmen der Berechnung der bewilligten Grundsicherungsleistungen seither ein Regelbedarf i.H.v. nur noch 291,00 EUR monatlich zugrunde zu legen war.
Gemäß § 27a Abs. 2 SGB XII (in der Fassung des Artikel 3 Nr. 8 RBEG) ergibt der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 der Vorschrift – mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt – den Regelbedarf (Satz 1). Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt, die bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede und bei erwachsenen Personen deren Anzahl im Haushalt sowie die Führung eines Haushalts berücksichtigen (Satz 2). Zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben, sind nach § 27a Abs. 3 SGB XII monatliche Regelsätze zu gewähren, die gemäß § 42 Nr. 1 SGB XII auch von den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfasst sind. Dabei sieht die Anlage zu § 28 SGB XII gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG ab dem 01.01.2011 eine Regelbedarfsstufe 3 i.H.v. 291,00 EUR für erwachsene leistungsberechtigte Personen vor, die – wie der Kläger – weder einen eigenen Haushalt noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher bzw. lebenspartnerschaftlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen.
Hat die Beklagte der Leistungsbewilligung somit zwar ab dem 01.04.2011 die Regelbedarfsstufe entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zugrundgelegt, so ist es allerdings – dem Vorbringen des Klägers folgend – durchaus möglich und jedenfalls nicht fernliegend im Sinne der eingangs dargestellten Grundsätze, dass § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG verfassungswidrig ist.
Insoweit mag letztlich offen bleiben, ob diese Vorschrift das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verletzt, weil der Gesetzgeber den vom BVerfG in seinem Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 (BVerfGE 125, 175 ff.) aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen zur Ermittlung des menschenwürdigen Existenzminimums für den von der Regelbedarfsstufe 3 erfassten Personenkreis nicht hinreichend Rechnung getragen hat (vgl. hierzu u.a. Münder, a.a.O., S. 82); denn unabhängig hiervon ist es zumindest denkbar, dass § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG jedenfalls insofern verfassungswidrig ist, als die unterschiedliche Behandlung erwachsener Personen (nach Vollendung des 25. Lebensjahres) im SGB II und SGB XII den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfGE 100, 195, 205; 107, 205, 214; 109, 96, 123). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen (vgl. BVerfGE 97, 271, 290; 99, 367. 388; 107, 27, 45). Dabei ist dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialrechts allerdings eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfGE 17, 210, 216; 77, 84, 106, 81, 156, 205).
Ausgehend hiervon liegt insofern eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG vor, als dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen, die dem Leistungssystem des SGB XII unterfallen und mit einer anderen erwachsenen Person (z.B. Eltern) in einem Haushalt leben, ohne einen eigenen Haushalt zu führen, auch nach Erreichen des 25. Lebensjahres gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG i.V.m. § 28 SGB XII lediglich Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 (i.H.v. 291,00 EUR) erhalten, während für erwerbsfähige Personen im Regelkreis des SGB II, die sich in einer entsprechenden Lage befinden, nach Vollendung des 25. Lebensjahres Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 (i.H.v. 364,00 EUR) vorgesehen sind (vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 3 SGB II, nach dem Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 nur volljährigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft und Unter-25-Jährigen zu gewähren sind, die ohne Zustimmung des kommunalen Trägers ausgezogen sind). Es ist aber zumindest nicht ausgeschlossen, dass diese Ungleichbehandlung sachlich nicht gerechtfertigt ist.
Zwar bestehen zwischen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe insofern Systemunterschiede, als Erwerbsfähige und damit auch über 25-Jährige im Haushalt der Eltern verpflichtet sind, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, was in erhöhtem Maße Eigenverantwortung und wirtschaftliche Beweglichkeit erfordert (so die Begründung in dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Dr. 17/4095, S. 27). Insbesondere werden an erwerbsfähige Personen hinsichtlich ihrer Bemühungen um die Eingliederung in den Arbeitsmarkt andere bzw. höhere Erwartungen gestellt, die sich z.B. in Bewerbungskosten, Fahrtkosten der Aufwand für Bekleidung niederschlagen können (vgl. Münder, a.a.O., S. 83). Im Hinblick auf die Frage, ob bzw. in welcher Höhe diese Aufwendungen, soweit sie nicht ohnehin im Rahmen der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit übernommen werden können und damit schon nicht regelbedarfsrelevant sind, die in § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG angesetzten niedrigeren Leistungen der Regelbedarfsstufe 3 rechtfertigen, fehlt es aber bezüglich des Personenkreises im SGB XII und der dort angesetzten niedrigeren Leistungen der Regelbedarfsstufe 3 offensichtlich an entsprechenden Ermittlungen seitens des Gesetzgebers (so im Ergebnis Münder, a.a.O., S. 83; vgl. auch Gutzler in juris-PK-SGB XII, § 27a Rn. 79). Derartige Ermittlungen waren aber möglicherweise notwendig; denn eine typisierende Betrachtung hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – soweit ersichtlich – jedenfalls ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Kürzung der Regelbedarfsstufe 2 für Partnerhaushalte (auf 180 % des entsprechenden Bedarfs eines Alleinstehenden) für zulässig erachtet, während der Kläger Mitglied eines Haushalts von (mindestens) zwei weiteren Personen ist. Dabei kommt hinzu, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 19.05.2009 – B 8 SO 8/08 R unter Bezugnahme auf die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG eine Minderung des Regelsatzes im SGB XII im Vergleich zur Höhe der Regelleistung im SGB II im Falle der Zuordnung als Haushaltsangehörige wegen der identischen sozialrechtlichen Funktion beider Leistungen, nämlich der Sicherung des Existenzminimums, für sachlich nicht gerechtfertigt erachtet hat.
Ob die unterschiedliche Behandlung Über-25-Jähriger im SGB II und SGB XII – abgesehen von möglicherweise anderen Erwartungen an die Bemühungen um eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt – im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG mit Erfolg auf weitere Systemunterschiede, namentlich die unterschiedliche Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen bzw. -erwartungen des haushaltsangehörigen Leistungsberechtigten gegenüber seinen Eltern und/oder die differierende Behandlung des Einsatzes von Vermögen oder der Anrechnung von Erwerbseinkommen im SGB II bzw. SGB XII, gestützt werden kann (vgl. den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – BT-Drs 17/4095, S. 27), ist zweifelhaft; denn es erschließt sich aus der Gesetzesbegründung jedenfalls bei summarischer Prüfung nicht, aufgrund welcher Umstände diese Unterschiede den Gesamtbedarf im SGB-II-Bereich erhöhen sollten (ähnlich Gutzler, a.a.O., § 27a Rn. 79).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Gegen diese Entscheidung findet eine Beschwerde nicht statt (§ 73 a SGG, § 127 Abs. 2 ZPO, § 177 SGG).
Erstellt am: 21.03.2012
Zuletzt verändert am: 21.03.2012