Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin bezog bis zum 30.11.2009 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 18.11.2009 beantragte sie die Übernahme von Bewerbungskosten bei dem Beklagten. Sie legte 81 Kopien über Antworten auf lnitiativbewerbungen vor, die sie per E-mail verschickt hatte Sie begründete ihren Antrag auf Erstattung einer Pauschale von 5 Euro pro Bewerbung damit, dass sie kein Einkommen beziehe und dadurch Schulden habe. Durch Bescheid vom 26.01.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. E-mail-Bewerbungen und Bewerbungstelefonate würden nicht als Bewerbungskosten anerkannt, weil die Kosten eines Telefonanschlusses schon im Regelsatz enthalten seien und der Anschluss auch für private Zwecke benutzt werde. Erstattet werden könnten ausschließlich Kosten für Bewerbungen in Papierform (Bewerbungsmappe, Porto). Dem widersprach die Klägerin und verwies darauf, dass sie als ausbildungsplatzsuchend bei der Agentur für Arbeit gemeldet sei. Sie bekomme keinen Regelsatz oder andere finanzielle Unterstützung. Der Gesetzgeber habe keine Diskriminierung des Bewerbungszuschusses für Bewerbungen per E-mail oder Telefon vorgeschrieben. Den Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19.04.2010 zurück. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget sei eine Ermessensleistung der aktiven Arbeitsförderung. Zu den Förderleistungen zähle grundsätzlich auch die Übernahme der Kosten für das Erstellen und Versenden von Bewerbungsunterlagen. Online-Bewerbungen verursachten aber keine Kosten von je 5 Euro. Entweder fielen Kosten einmalig für die Erstellung der Bewerbung an oder Unternehmen stellten ein online-Portal für Bewerbungen zur Verfügung. Sofern dafür Kosten anfielen, seien diese wesentlich niedriger und rechtfertigten keine pauschale Erstattung. Konkrete Kosten -etwa auch für die anschließende Übersendung der vollständigen Bewerbungsunterlagen – seien nicht nachgewiesen worden.
Am 03.03.2010 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Köln erhoben. Sie selbst habe keinen Telefon- oder Internetanschluss, könne aber den der Familie M. benutzen.
Die Klägerin hat nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 26.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Bewerbungskosten in Höhe von 405 Euro zu bewilligen,
hilfsweise: ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte hat sich auf seine Bescheide bezogen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Einverständnis der Beteiligten die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil vom 25.11.2011 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale von 5 Euro für 81 Bewerbungen und damit auch keinen Anspruch auf eine erneute Bescheidung des Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 13.12.2011 zugestellte Urteil richtet sich die vom Vater ihres Lebenspartners Herrn N unterzeichnete Beschwerde vom 20.12.2011, der als Prozessbevollmächtigter durch rechtskräftige Beschlüsse des Sozialgerichtes Köln vom 26.04.2010 und 04.11.2010 zurückgewiesen worden ist. Den Schriftsätzen ist im Wesentlichen die Rüge zu entnehmen, die Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung sei ein gravierender Verfahrensmangel. Das Sozialgericht hätte aufgrund mündlicher Verhandlung nur unter Beteiligung des Herrn N entscheiden dürfen.
Der Beklagte beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
Dem kraft Gesetzes eingetretenen Beteiligtenwechsel auf der Beklagtenseite Rechnung tragend, war das Rubrum wie geschehen von Amts wegen zu berichtigen (zur Beklagtenbezeichnung § 6d SGB II idF des Gesetzes vom 03.08.2010, BGBl I 2010, 1112; zum Beteiligtenwechsel BSG Urteil vom 18.01.2011 – B 4 AS 99/10 R Rn 11). Das Rechtsmittel ist unzulässig, da es von dem Vater des Lebensgefährten der Klägerin eingelegt wurde. Dessen Erklärungen sind nicht wie die eines vollmachtlosen Vertreters und damit als schwebend unwirksam zu behandeln. Sie sind vielmehr unwirksam, da durch bindende Beschlüsse des Sozialgerichts vom 26.04.2010 und 04.11.2010 dieser auch im Verhältnis zur Klägerin für diesen Prozess als Bevollmächtigter zurückgewiesen wurde.
Die Zulässigkeit kann im Ergebnis aber offen bleiben, denn deren an sich vorrangige Prüfung ist dann nicht erforderlich, wenn sich die Beschwerde – wie hier – jedenfalls als unbegründet darstellt (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008 § 145 Rn. 7 a; vor § 143 Rn 2a). Ob die Beschwerde nun als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ändert am Ergebnis nach § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG nichts: Das Urteil des Sozialgerichts wird rechtskräftig (s auch Meyer-Ladewig u.a. aa0 § 145 aaO, § 160a Rn 17a).
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.22.2011 bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt und keine Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit sind (§ 144 Abs. 1 S.2 SGG). Der Beschwerdewert bestimmt sich nach dem Geldbetrag, den das Sozialgericht einem Kläger versagt hat und der vom Kläger als Rechtsmittelführer weiter verfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008 , § 144 Rn. 14 m.w.N.; BSG Beschluss vom 06.02.1997 -14/10 BKg 14/96). Mit der Klage hat die Klägerin erstrebt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 405 Euro zu zahlen. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung sind nicht erfüllt. Eine Berufung ist nach § 144 Abs. 2 Satz 1 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Satz 1 Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Satz 1 Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Satz 1 Nr. 3). Keiner der Zulassungsgründe ist gegeben.
Grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Rechtsmittelgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rn. 28; § 160 Rn. 6 mwN zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG]). Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer a. a. O., § 144 Rn 28 f. mwN). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (s LSG NRW – Beschluss vom 03.01.2011 – L 7 AS 1385/10 NZB – juris Rn 4 ). Eine Frage, die wie hier von den individuellen Verhältnissen der Hilfebedürftigen abhängt, begründet hingegen keine grundsätzliche Bedeutung, selbst wenn ihre Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen haben kann (Leitherer, aaO., Rn. 29, mwN).
Eine Divergenz nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt ebenfalls nicht vor. Erforderlich ist, dass das Sozialgericht bewusst eine Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, die von einem durch ein übergeordnetes Gericht in seiner Entscheidung aufgestellten tragenden abstrakten Rechtssatz abweicht, und die Entscheidung des Sozialgerichts auf dieser Abweichung beruht, mithin nicht etwa lediglich nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. z.B. BSG – Beschluss vom 19.11.2008 – B 12 KR 32/07 B- mwN; LSG Berlin-Brandenburg – Beschluss vom 29.04.2009 – L 25 B 935/08 NZB juris Rn. 6). Hier hat das Sozialgericht jedoch keinen von der Rechtsprechung der obersten Gerichte abweichenden abstrakten Rechtsgrundsatz aufgestellt. Einen solchen benennt die Klägerin nicht, sie ist nach ihrem Vorbringen schlicht mit dem Urteil nicht einverstanden.
Ohne Erfolg macht die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend. Soweit sie vorträgt, im Termin am 11.11.2011 habe sie zwar ihr Einverständnis erklärt, jedoch sei zuvor ihr Bevollmächtigter vom Sozialgericht zurückgewiesen worden, rügt sie im Ergebnis die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. § 62 SGG bestimmt, dass den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren ist, und konkretisiert damit diesen verfassungsrechtlich verbrieften Anspruch (Art 103 Abs. 1 GG) für das sozialgerichtliche Verfahren. Die Vorschrift soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (§ 128 Abs. 2 SGG; vgl. BSG SozR 3-1500 § 153 Nr. 1; Bundesverfassungsgericht BVerfGE 84, 188, 190) und soll sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f; BSG Beschluss vom 18.2.2009 – B 9 VJ 7/08 B – mwN). Dazu gehört auch, dass ein Beteiligter die Möglichkeit haben muss, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 62 Rn 6a mwN ).
Entgegen der Ansicht der Klägerin entspricht der Verfahrensablauf den gesetzlichen Vorschriften nach dem SGG. Die Klägerin hat (ebenso wie der Beklagte) im Termin vom 11.11.2011 wirksam ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Die Entscheidung vom 25.11.2011 ist deshalb in seiner verfahrensrechtlichen Behandlung (Urteil ohne mündliche Verhandlung) von § 124 Abs. 2 SGG gedeckt.
Soweit die Klägerin sinngemäß rügt, das Sozialgericht habe den Bevollmächtigten am 11.11.2011 verfassungswidrig und verfahrensunfair ausgeschlossen, hat derselbe und vertiefte Vortrag im Rechtsmittelverfahren nicht zur Korrektur der beanstandeten Entscheidung geführt (vgl. LSG NRW Beschluss vom 28.02.2011 L 7 AS 1986 10 B). Nur ergänzend sei angemerkt, dass die Klägerin ihr Einverständnis nach § 124 Abs. 2 SGG ohne weiteres hätte widerrufen können.
Die konkrete Rechtsanwendung im angefochtenen Urteil ist im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht erneut zu prüfen (vgl. z.B. Beschluss des LSG NRW vom 08.12.2011 – L 19 AS 742/11 NZB).
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig, § 145 Abs. 4 Satz 4, § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 03.04.2012
Zuletzt verändert am: 03.04.2012