Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 2.12.2011 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin T aus N als Rechtsanwältin seiner Wahl beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht (SG) abgelehnt, Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Rechtsverfolgung, nämlich die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 12.11. 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2011 (Weiterverfolgung eines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung) bot bei summarischer Prüfung hinreichende Aussicht auf Erfolg. Diese Beurteilung gilt bis zum Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung fort, so dass offen bleiben kann, unter welchen Voraussetzungen ggf. auf den (u.U. früheren) Zeitpunkt der Bewilligungsreife abgestellt werden darf. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht ist nicht erforderlich, dass der Kläger wahrscheinlich obsiegen wird. Es genügt, dass eine – nicht ganz entfernt liegende – Möglichkeit des Obsiegens besteht (der Ausgang des Verfahrens mithin offen ist), weil entweder eine schwierige Rechtsfrage zu beantworten ist oder vor einer abschließenden Beantwortung der streiterheblichen Fragen weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen sind (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht(BVerfG), Beschluss vom 20.02.2002, Aktenzeichen (Az) 1 BvR 1450/00, Beschluss vom 29.09.2004, Az. 1 BvR 1281/04 = NJW-RR 2005, 140 ff und Beschluss vom 19.02.2008, Az. 1 BvR 1807/07 = NJW 2008, 1060 ff). So lag der Fall hier von der Klageerhebung bis zur Erledigung des Verfahrens, weil es zur abschließenden Entscheidung über das Klagebegehren der Einschaltung eines orthopädischen Sachverständigen bedurft hätte.
Der streitige Rentenanspruch hing ausschließlich davon ab, ob sich die tatsächlichen Voraussetzungen voller Erwerbsminderung (im Rechtssinne) feststellen (erweisen) lassen. Der Kläger hat sein Begehren darauf gestützt, dass er insbesondere wegen funktioneller Störungen im Bereich der Wirbelsäule nicht einmal mehr halbschichtig arbeiten könne. Die Beklagte hat als Gutachter den Internisten Dr. C und die Ärztin L eingeschaltet, die ihre Beurteilung auf eine körperliche Untersuchung und die Auswertung des Entlassungsberichts der Knappschaftsklinik Bad T (Aufenthalt des Klägers dort vom 1.-30.12.2009) gestützt haben. Das SG hat vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens einen zutreffenden Ermittlungsansatz gewählt, indem es die vom Kläger benannten (beinahe ausschließlich wegen des Wirbelsäulenleidens behandelnden) Ärzte befragt hat. Mit seiner Befragung hat das SG allerdings nur den Zeitraum bis Oktober 2010 abgedeckt. Zu der angegebenen späteren Behandlung im orthopädisch-neurochirurgischen Zentrum S (ab Mai 2011) hat es (zunächst?) nicht näher ermittelt. Ob ein bei den Akten befindlicher ärztlicher Bericht vom 10.11.2011 noch Eingang in die Überlegungen des SG gefunden hat, lässt sich den Akten nicht sicher entnehmen, da dieser Bericht erst hinter der Abschlussverfügung abgeheftet ist. Soweit das SG weitere Ermittlungen nicht mehr durchgeführt hat, weil der Hausarzt Dr. U der Beurteilung der von der Beklagten eingeschalteten Ärzte zugestimmt hat, überzeugt dies schon deshalb nicht, weil weder diese noch jener als Orthopäden – und damit mit der hier erforderlichen Sachkunde – geurteilt haben.
Da in Verfahren wie dem vorliegenden regelmäßig nicht einfach zu beurteilende Tatsachen- und Rechtsfragen zu beantworten sind, ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich, § 121 Abs 2 ZPO.
Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, auch nicht zum Teil oder in Raten, in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, § 115 ZPO. Eine Gegenüberstellung seiner Einkünfte (ALG I, Erwerbseinkommen) und der nach dem Gesetz in Abzug zu bringenden Belastungen ergibt, dass kein einsetzbares Einkommen verbleibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73 a Abs 1 Satz 1 SGG, 127 Abs 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Erstellt am: 10.05.2012
Zuletzt verändert am: 10.05.2012