Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.11.2011 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S aus E beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Klage des Klägers vom 22.03.2010, mit der er unter Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 nur noch die Übernahme anteiliger Kosten des Vorverfahrens begehrt, kann nicht von vorneherein die hinreichende Aussicht auf Erfolg abgesprochen werden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Letzte Zweifel an der rechtlichen Beurteilung müssen nicht ausgeschlossen sein, denn eine endgültige und abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist in der Regel weder möglich noch notwendig (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 73a Rn. 7, 7a, 7b). Es reicht für die Bejahung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R). Diese ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn der Rechtsstandpunkt des Klägers vertretbar ist und die behaupteten anspruchsbegründenden Tatsachen nachweisbar erscheinen (Hdb SGG – Udsching, VI Rn. 60; Leitherer, a.a.O., Rn. 7). Hinreichende Erfolgsaussicht ist auch dann anzunehmen, wenn der Ausgang eines Verfahrens von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt. Eine Erfolgsaussicht in diesem Sinne ist auch nicht deswegen zu verneinen, weil die Klärung der Verfassungskonformität der Neuregelung des Regelbedarfs nicht die Verurteilung des Leistungsträgers zur Gewährung eines höheren, genau bezifferten Regelbedarfs bedingt (so LSG NRW, Beschluss vom 15.12.2011 – L 2 AS 1928/11 B – zu dem Regelbedarf ab 2011). Die Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage ist davon abhängig, ob eine gute Möglichkeit des Obsiegens in Bezug auf die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit besteht (LSG NRW, Beschluss vom 19.04.2012 – L 7 AS 1134/11 B; Düring in Jansen, SGG, § 73a Rn. 12).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien war eine gute Möglichkeit des Obsiegens im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegeben. Zwar hatte der Widerspruch vom 22.01.2010, mit dem der Kläger sich gegen den Bewilligungsbescheid vom 18.01.2010 (Zeitraum: 15.09.2009 bis 31.03.2010) gewandt und u.a. verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Höhe der Regelleistung geltend gemacht hat, letztlich keinen Erfolg. Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ([BVerfG], Urteile vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) wurde der Gesetzgeber aufgefordert, die Berechnungsmethode zur Ermittlung der Regelleistung transparent und nachvollziehbar zu gestalten und ggf. die Höhe der Regelleistung neu festzusetzen. Dazu ist dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31.12.2010 eingeräumt worden. Damit konnte der Beklagte die bestehende Regelung hinsichtlich der Regelleistungen bis Ende 2010 anwenden.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften festgestellt und ausgeführt hat, dass "die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften und ihrer Nachfolgeregelungen bei Kostenentscheidungen zugunsten der klagenden Hilfebedürftigen angemessen zu berücksichtigen seien, soweit dies die gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen" (BVerfG, a.a.O., Rn. 219). Damit hängt die vorliegende Entscheidung auch von der Beantwortung einer bislang ungeklärten Rechtsfrage ab, nämlich, ob Kosten des Widerspruchsverfahrens unter erweiternder Anwendung der Regelungen des § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erstattet werden können, wenn die Einlegung des Widerspruchs erfolglos geblieben ist. Denn eine Kostenerstattung kommt nach § 63 SGB X grundsätzlich nur bei einem erfolgreichen Widerspruch in Betracht. Diese Rechtsfrage ist noch nicht abschließend geklärt. So liegt dem Bundessozialgericht (BSG) derzeit die Rechtsfrage vor, ob die Kosten eines Widerspruchsverfahrens unter erweiternde Anwendung der Regelungen des § 63 SGB X erstattet werden können, wenn die Einlegung des Widerspruchs, der wegen Einbeziehung des Bescheides in ein Klageverfahren unzulässig war, durch eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung veranlasst wurde (B 4 AS 142/11 R). Auch bei einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage ist Prozesskostenhilfe zu gewähren (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 73a Rn. 7b).
Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 115 ZPO außerstande, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen. Die Prozesskostenhilfe ist daher ratenfrei zu bewilligen.
Kosten werden im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 04.06.2012
Zuletzt verändert am: 04.06.2012