Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Tenor des Beschlusses des Sozialgerichts Dortmund vom 24.04.2012 neu gefasst: Der Antragsgegner wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14.03.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2012 verpflichtet, der Antragstellerin auf ihren Antrag vom 09.03.2012 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende in bislang erfolgter Höhe für die Zeit ab 01.04.2012 bis 30.09.2012 zu bewilligen. Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt auch die Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin C aus I beigeordnet.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 -1 BvR 569/05, BVerfGK 5,237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für den Zeitraum von April 2012 bis September 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Sie ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs.1 Nr. 2 SGB II und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Antragstellerin nicht nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 Drittes Buch Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähig sind, über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des SG im angegriffenen Beschluss, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht, verwiesen (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für die Antragstellerin, deren Ausbildung zur Bürokauffrau seit Februar 2011 wegen ihrer psychischen Erkrankung im Rahmen einer Ausbildung mit internatsmäßiger Unterbringung im Berufsbildungswerk C nach §§ 112 ff. SGB III (bis 31.03.2012 97 ff. SGB III) vom SGB III Träger gefördert wird, der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II weder nach seinem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck greift. Der Senat schließt sich der Argumentation des LSG NRW (Urteil vom 28.11.2011 – L 20 AS 1663/10 Rn. 35 ff. juris; vgl. auch LSG Hamburg, Beschluss vom 06.07.2011 – L 5 AS 191/11 B ER Rn. 5 juris; Söhngen in jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2012, § 27 Rn. 25.1; a.A. LSG NRW, Beschluss vom 13.07.2010 – L 6 AS 587/10 B ER) an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Antragstellerin war unter Hinweis auf § 119 Abs. 1 S. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 18.07.2012
Zuletzt verändert am: 18.07.2012