Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 29.06.2010 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 02.12.2008 bis 19.01.2009 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 01.12.2008 bis 19.01.2009 hat.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger ist ausgebildeter Krankenpfleger. Vom 01.04.2008 bis zum 31.08.2008 war er in diesem Beruf im Alten- und Pflegeheim "e. i. I.", Inhaber I1 … T., T1., und vom 01.09.2008 bis zum 18.09.2008 bei einem Pflegedienst in E. beschäftigt. Die Beschäftigung in E. wurde vom Arbeitgeber während der Probezeit gekündigt. Der Kläger bezog anschließend Arbeitslosengeld (Alg). Daneben übte er in den Monaten September bis November 2008 eine geringfügige Nebenbeschäftigung für die "e. i. I." aus.
Etwa Mitte November 2008 schlossen der Kläger und das Alten- und Pflegeheim "e.i. I." einen Arbeitsvertrag mit Datum vom 01.12.2008, wonach der Kläger ab 01.12.2008 – befristet für ein Jahr – als Altenpfleger arbeiten sollte. Nach diesem Vertrag sollte der Kläger eine monatliche Vergütung in Höhe von 2197,- Euro brutto erhalten und der Arbeitgeber im Falle einer Erkrankung Leistungen in Höhe und Dauer nach Maßgabe des Entgelt-Fortzahlungsgesetzes (EFZG) gewähren. Der Kläger meldete sich entsprechend bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) ab, welche daraufhin durch Aufhebungsbescheid vom 24.11.2008 die Leistungsbewilligung wegen der Aufnahme einer Beschäftigung ab dem 01.12.2008 aufhob.
Am 01.12.2008 erschien der Kläger nicht am Arbeitsplatz und nahm die Arbeit nicht auf, weil er erkrankt war. Der Hausarzt Dr. I.2 bescheinigte am 01.12.2008 und 11.12.2008 Arbeitsunfähigkeit (AU) für die Zeit vom 01.12.2008 bis 19.01.2009 wegen wiederkehrender depressiver Störungen (F 33.9), akuter Belastungsreaktion (F 43.0), Panikstörung (F 41.0) sowie Ruhelosigkeit und Erregung (R 45.1). Der Neurologe/Psychiater T2. attestierte am 02.12.2008, der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, seinen bisherigen Beruf als Altenpfleger weiter auszuüben. Am 04.12.2008 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 18.12.2008. Ab dem 20.01.2009 war der Kläger wieder arbeitslos gemeldet und erhielt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) von der BA. Vom 01.02.2009 bis zum 30.06.2009 war er wieder bei "e. i. I. " als Altenpfleger beschäftigt.
Mit Bescheid vom 19.01.2009 (Widerspruchsbescheid vom 19.08.2009) lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab 01.12.2008 ab: Am 30.11.2008 habe der Alg-Bezug und die aufgrund dessen bestehende Mitgliedschaft bei der Krankenkasse geendet. Da der Kläger die Beschäftigung im Pflegeheim nicht aufgenommen habe, weil er arbeitsunfähig gewesen sei, sei ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen. Deshalb bestehe kein Anspruch auf Krankengeld. Im Übrigen habe der Arbeitgeber ihn auch nicht zur Sozialversicherung gemeldet. Soweit ab 01.12.2008 Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehe, begründe diese keinen Krankengeldanspruch.
Mit der am 16.09.2009 zum Sozialgericht Aachen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er geltend gemacht: Er habe zum 01.12.2008 einen Arbeitsvertrag abgeschlossen und sei vom 01.12. bis 18.12.2008 wegen des Arbeitsverhältnisses sozialversicherungspflichtig gewesen. Es habe – arbeitsrechtlich – ein Arbeitsverhältnis bestanden, aus dem er gemäß § 3 EFZG keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung gehabt habe, da er noch nicht vier Wochen tätig gewesen sei. Gemäß § 186 SGB V werde die Versicherungspflicht vom Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis abhängig gemacht; es bedürfe nicht der tatsächlichen Aufnahme der Beschäftigung. Eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beginne auch dann, wenn die Beschäftigung wegen einer Erkrankung nicht zu dem im Arbeitsvertrag vorgesehenen Zeitpunkt aufgenommen werden konnte, sofern der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.12.2008 bis 19.01.2009 Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Beschäftigung aufgenommen und zu keinem Zeitpunkt Arbeitsentgelt oder Entgeltfortzahlung erhalten oder auch nur Anspruch darauf gehabt habe. Daher sei ein Eintritt in die Beschäftigung nicht gegeben.
Auf Veranlassung des SG hat die "e. i. I." nachträglich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers vom 01.12. bis 18.12.2008 gemeldet (Bruttoarbeitsentgelt: Null Euro).
Mit Urteil vom 29.06 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Für den streitbefangenen Zeitraum stehe dem Kläger kein Krankengeld gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu, weil er in dieser Zeit nicht "Versicherter" mit Anspruch auf Krankengeld gewesen sei. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter beginne mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis (§ 186 Abs. 1 SGB V). Zwar habe der Kläger ab 01.12.2008 nach dem Ende seiner Arbeitslosigkeit eine entgeltliche Beschäftigung als Altenpfleger in dem Alten- und Pflegeheim "e. i. I." aufnehmen sollen. Für die Begründung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit einem entsprechenden Anspruch auf Krankengeld fehle es jedoch an einem Beschäftigungsverhältnis. Zwar setze der Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis nicht (mehr) die tatsächliche Arbeitsaufnahme voraus. Die Mitgliedschaft könne dem entsprechend auch dann beginnen, wenn im Zeitpunkt der vorgesehenen Aufnahme der Tätigkeit eine Freistellung oder Arbeitsunfähigkeit vorliegt (Hinweis auf BT-Drucksache 13/9741, S. 12). Mitgliedschaftsbegründend seien indessen nur solche Beschäftigungsverhältnisse, die entgeltlich sind; deren Arbeitnehmer müsse also bei Eintritt der AU Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts haben (Hinweis auf BT-Drucksache, a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.06.2003- L 5 KR 111/02; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.12.2003 – L 16 KR 11/01). Dies sei beim Kläger am 01.12.2008 nicht der Fall gewesen. Da er die Arbeit zu keinem Zeitpunkt aufgenommen habe, habe er keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Unabhängig davon habe er zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG gehabt. Ein solcher Anspruch entstehe erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 EFZG); der Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis innerhalb der im Arbeitsvertrag vereinbarten Probezeit bereits am 04.12.2008 zum 18.12.2008 wirksam gekündigt.
Inzwischen bestimme auch § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V, eingeführt durch Artikel 2 Nr. 6a des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 (BGBI. I S. 378), dass Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, die bei AU nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, keinen Anspruch auf Krankengeld haben.
In der Zeit vom 01.12.2008 bis 19.01.2009 sei der Kläger versicherungspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gewesen. Diese Pflichtmitgliedschaft begründe jedoch, wie sich aus § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung bzw. aus § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in der ab 01.01.2009 geltenden Fassung ergebe, keinen Anspruch auf Krankengeld.
Gegen das am 05.07.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.07.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus: Es habe ein Beschäftigungsverhältnis bestanden, denn dieses orientiere sich allein an arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EFZG habe er nur deshalb nicht gehabt, weil er innerhalb der ersten vier Wochen des Bestandes des Arbeitsverhältnisses erkrankt sei. Wenn man dem SG folge, bestehe eine Lücke im Gesetz, weil weder ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung noch auf Krankengeld entstehen könne. Diese Lücke sei dahin zu schließen, dass dem jeweiligen Arbeitnehmer die Leistungen nach dem SGB V zu leisten seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 29.06.2010 aufzuheben und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend. Der Kläger habe weder Anspruch auf Arbeitsentgelt noch auf Entgeltfortzahlung gehabt. Die durch das GKV- Wettbewerbstärkungsgesetz aus 2007 eingeführte neue Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V bestimme, dass Versicherte keinen Anspruch auf Krankengeld haben, wenn sie nicht mindestens 6 Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes hatten. Dies sei beim Kläger unstreitig nicht der Fall gewesen. Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung sei kein Raum für eine ergänzende Auslegung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die zulässige Berufung des Klägers ist im Wesentlichen begründet. Er hat Anspruch auf Krankengeld vom 02.12.2008 bis 19.01.2009.
Anspruch auf Krankengeld haben nach § 44 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 (BGBI. I S. 378) Versicherte (u.a.) wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht.
Der Kläger war im streitigen Zeitraum mit Anspruch auf Krankengeld Versicherter und arbeitsunfähig.
1. Der Kläger war am 01.12.2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Nach dieser Vorschrift sind versicherungspflichtig Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.
Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Der Kläger hatte im November 2008 mit dem Alten- und Pflegeheim "e. i. I." einen Arbeitsvertrag geschlossen, der eine abhängige Tätigkeit des Kläger ab dem 01.12.2008 als Altenpfleger gegen ein Arbeitsentgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vor sah. Soweit die zuerst bekannt gewordenen Umstände – Vertrag "vom 01.12.2008", Attest des Neurologen/Psychiater T2. vom 02.12.2008 – geeignet gewesen sein mögen, zu vermuten, ein Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis habe im Sinne eines Scheingeschäfts (§ 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) lediglich vorgetäuscht werden sollen, ist ein solcher Verdacht im Laufe des Verfahrens zerstreut worden. Denn es hat sich erwiesen, dass der Vertrag abweichend von dem im Vertrag genannten Datum etwa Mitte November 2008 geschlossen worden war und sich der Kläger deshalb bereits bei der BA aus dem Leistungsbezug abgemeldet hatte. Ferner hatte er schon vor Dezember 2008 im Rahmen einer Nebenbeschäftigung geringfügig für "e. i. I." gearbeitet und war schließlich dort ab 01.02.2009 – wie ursprünglich zum 01.12.2008 vorgesehen- versicherungspflichtig beschäftigt worden.
a) Dass der Kläger die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeit nicht aufgenommen hat, steht dem Eintritt der Versicherungspflicht am 01.12.2008 als gegen Entgelt beschäftigter Angestellter gemäß §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 186 Abs. 1 SGB V nicht entgegen.
Gemäß § 186 Abs. 1 SGB V beginnt die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis.
Der in § 186 SGB V geforderte "Eintritt" in das Beschäftigungsverhältnis bezeichnet nichts anderes als den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, ebenso wie das Ende der Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Beschäftigter nach § 190 Abs. 2 SGB V ohne "Austritt" mit Ablauf des Tages endet, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt endet. Der Versicherungsschutz beginnt somit um Null Uhr des vereinbarten Tages des Arbeitsantritts und setzt nicht die Aufnahme der Arbeit an diesem Tag voraus.
Das ist zur Überzeugung des Senats Konsequenz aus der Ersetzung des Begriffs des "Eintritts in die Beschäftigung" durch den des "Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis" in § 186 SGB mit Wirkung vom 01.01.1998 durch Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelung vom 06.04.1998 (BGBl. I S. 688).
§ 186 Abs. 1 SGB V in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung forderte für den Beginn der Pflichtmitgliedschaft Beschäftigter den Eintritt in die Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des BSG war dazu regelmäßig die tatsächliche Aufnahme der Arbeit erforderlich. Das galt auch, wenn innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses unbezahlter Urlaub genommen worden und die Wiederaufnahme der Arbeit zum vereinbarten Zeitpunkt an AU gescheitert war (vgl. BSG, Urteile v 15.12.1994 – 12 RK 17/92 (BSGE 75,278) und – 12 RK 7/93 (SozR 3-2500 § 186 Nr. 3)). Ebenso lag es, wenn die Arbeit nach Ende eines Erziehungsurlaubs wegen Arbeitsunfähigkeit nicht wieder aufgenommen wurde (vgl. BSG, Urteil v. 08.08.1995 – 1 RK 28/94 (USK 9524)). Das Erfordernis der tatsächlichen Arbeitsaufnahme wurde mit dem Versicherungsprinzip begründet. Dazu, dass die Versicherung in der Regel erst mit der Arbeitsaufnahme beginne und erst danach bei AU ein Anspruch auf Krankengeld begründen könne, stehe es in Widerspruch, eine Versicherung entstehen zu lassen, wenn die Arbeitsaufnahme an der AU scheitere (BSGE 75, 278, 281). Auch nach Aufgabe der Rechtsprechung zum missglückten Arbeitsversuch (Urteil v. 04.12.1997 – 12 RK 3/97 (BSGE 81,231)) hat das BSG für das bis zum 31.12.1997 geltende Recht grundsätzlich daran festgehalten, dass Arbeitsfähigkeit in der Regel Grundlage der Beschäftigung und der Beschäftigungsversicherung sei und dem Entstehen der Beschäftigtenversicherung trotz AU Grenzen gesetzt seien, weil der Eintritt der Beschäftigung verlangt werde und darunter regelmäßig die Aufnahme der vereinbarten Arbeit zu verstehen sei. Deshalb sollte nicht in die versicherungspflichtige Beschäftigung eintreten, wer bereits am Beginn des Tages zur Verrichtung der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Beschäftigung nicht fähig ist (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 03.06.1981 – 3 RK 24/80 (SozR 2200 § 306 Nr. 10); Urteil v. 10.12.1998 – B 12 KR 7/98 R (BSGE 83,186)).
Seitdem die Anknüpfung an den "Eintritt in die Beschäftigung" mit Wirkung vom 01.01.1998 durch die an den "Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis" ersetzt worden ist kann die Aufnahme der vereinbarten Arbeit für den Beginn der Beschäftigtenversicherung nicht mehr verlangt werden. Wo das Gesetz vom "Beschäftigungsverhältnis" spricht meint es heute im Zusammenhang des Deckungsverhältnisses der Versicherung allein den rechtlichen Rahmen der Beschäftigung. Die Voraussetzungen der Beschäftigung werden hier bereits durch den "Eintritt" in das Beschäftigungsverhältnis, also einem unterhalb der Stufe tatsächlicher Arbeitsleistung liegenden Vollzugakt herbeigeführt (vgl. Berchtold, in: Kreikebohm/Spellbrink/Watermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl. 2011, § 7 SGB IV Rn. 10). Für den Beginn der Beschäftigung genügt daher bei fortbestehender Orientierung des Arbeitnehmers an den getroffenen Vereinbarungen der vertraglich festgelegte Beginn des Arbeitsverhältnisses (a.a.O. Rz. 27). Soweit in der Literatur teilweise weiterhin grundsätzlich die Aufnahme der vereinbarten Arbeit verlangt wird (z.B. Fastabend/Schneider, Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (2004) S. 296; Vossen, NZA 1998, 354,356, Feichtinger/Malkus, EGFG (2003) S. 148 Rn. 183) beziehen sich diese Autoren auf Urteile des BSG, die noch zum Rechtszustand vor dem 01.01.1998 ergangen sind (nämlich BSG, Urteil v. 10.12.1998 – B 12 KR 7/98 R (BSGE 83,186); Urteil v. 04.12.1997 – 12 RK 46/94 (n.v.)).
b) Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Vorinstanz kann dem Gesetz auch keine Einschränkung dahin entnommen werden, dass dann, wenn die Beschäftigung wegen einer Erkrankung nicht zu dem im Arbeitsvertrag vorgesehenen Zeitpunkt aufgenommen werden kann, ein Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis nur gegeben sei, sofern der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts habe.
aa) Der Wortlaut des § 186 Abs. 1 SGB V enthält keine entsprechende Vorgabe. Allerdings ist in der Begründung des Gesetzentwurfs der Änderung (BT-Drucks 13/9818 S. 13) ausgeführt worden, die Vorschrift bewirke darüber hinaus, dass eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung – ebenso wie die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung – auch dann beginne, wenn die Beschäftigung wegen einer Erkrankung nicht zu dem im Arbeitsvertrag vorgesehenen Zeitpunkt aufgenommen werden könne, sofern der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts habe.
bb) Die fragliche Einschränkung hat aber keinen Niederschlag im Gesetz gefunden (so auch Peters, a.a.O. Rz. 10; Hänlein, in: LPK-SGB V, 4. Aufl. 2012, § 186 Rn. 5; Sommer, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 186 Rn. 13; bislang offen gelassen von BSG ( Urteil v. 10.12.1998 – 12 RK 7/98 R (BSGE 83,186); Urteil v. 14.12.2006 – B 1 KR 9/06 R(BSGE 98, 33)) und eine entsprechende teleologische Reduktion ist auch unter Würdigung der Begründung des Gesetzentwurfs nicht vorzunehmen.
(1) Sinn und Zweck von § 186 Abs. 1 SGB V gebieten keine Einschränkung seines Anwendungsbereichs im Sinne der Begründung des Gesetzentwurfs (so auch Hänlein, a.a.O.). Eine solche Einschränkung lässt sich insbesondere nicht aus dem engen Verzahnung von Beschäftigungsverhältnis und Entgeltzahlung (s. §§ 186 Abs. 1, 192 Abs. 2 SGB V herleiten (so aber Sommer, a.a.O.). Denn das (befristete) Nichtentstehen eines Entgelt(fortzahlungs-)Anspruchs wegen einer anfänglichen AU ändert nichts daran, dass ein entgeltliches Arbeitsverhältnis begründet worden war, in dessen Rahmen der Arbeitnehmer die Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung und der Arbeitgeber das vertragliche Entgelt schuldete. Ebenso wenig verfängt das Argument, einem Betroffenen ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung entgehe kein Entgelt, das durch das Krankengeld ersetzt werden müsse. Da ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung grundsätzlich erst nach einer Wartezeit von vier Wochen entsteht (§ 3 Abs. 3 EFZG), dürfte nach dieser Argumentation in dieser Zeit generell kein Krankengeld gezahlt werden. Tatsächlich geht das Gesetz aber davon aus, dass Krankengeld ab Beginn der AU zusteht, denn der Anspruch ruht lediglich, soweit und solange Arbeitsentgelt gezahlt wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Durch die AU entgeht dem Arbeitnehmer in jedem Fall der vertraglich vereinbarte Lohn, den das Krankengeld ersetzen soll. Insoweit kann es aber keinen Unterschied machen, ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nur kurzzeitig oder überhaupt nicht erbracht hat. Im ersten Fall, also bei tatsächlichem Arbeitsantritt, wäre selbst nach der früheren Rechtsprechung des BSG von einem "Eintritt" in das Beschäftigungsverhältnis und damit dem Beginn einer mit einem Krankengeldanspruch verbundenen Mitgliedschaft auszugehen, obwohl die Arbeitsleistung nur kurz erbracht worden war und auch dieser Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hätte. Somit ist eine teleologische Reduktion auch nicht mit Blick auf die Rechtsfolge geboten. Weil dem Kläger durch die AU Arbeitsentgelt entgangen ist, ist die mit der hier vorgenommenen Auslegung letztlich verbundene Rechtsfolge der Krankengeldgewährung zur Überzeugung des Senats auch ohne weiteres und nicht weniger mit dem gesetzlichen Zweck der Krankengeldgewährung vereinbar, als es bei einem Eintritt der AU unmittelbar nach Arbeitsaufnahme der Fall ist.
(2) Einer teleologischen Reduktion im vorbezeichneten Sinne steht auch entgegen, dass unklar wäre, welcher tatbestandlich abgrenzbare Fall mit einem Merkmal "sofern der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts hat" angesprochen sein soll. Zum damaligen Zeitpunkt war bereits das EFZG in Kraft, nach welchem einerseits der Anspruch auf Entgeltfortzahlung -anders es zuvor für Arbeiter in § 1 Abs. 1 Lohnfortzahlungsgesetz geregelt war- nicht mehr davon abhängig war und ist, dass die AU infolge Krankheit nach Beginn der Beschäftigung eingetreten ist (vgl. z.B. Feichtinger/Malknus, EFZG (2003) § 3 Rz. 3), andererseits aber ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung erst nach Ablauf einer Frist von 4 Wochen entstehen konnte (vgl. § Abs. 3 EFZG), wobei für das Entstehen des Anspruchs der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses genügt (vgl. nur Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 3 EFZG Rz. 48). Wenn aber kein Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis stattfinden soll, wenn wegen AU die Arbeit nicht am vertraglich für die erstmalige Arbeitsaufnahme vereinbarten Tag aufgenommenen werden kann, hätte das jedenfalls im typischen und durch das EFZG geregelten Fall stets zur Konsequenz, dass keine Versicherung wegen Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zustande käme. Die Konturen eines von der Begründung des Gesetzentwurfs ins Auge gefassten Ausnahmefalles ("sofern der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts hat") wären zu unbestimmt für die Feststellung, dass nach Sinn und Zweck des Gesetzes die fragliche einschränkende Auslegung vorzunehmen ist. Die Gesetzesänderung hätte dann auch nur Bedeutung für den Fall, dass die Wartezeit – was rechtlich möglich ist (vgl. Müller-Glöge, a.a.O. Rz. 49) – einzel- oder kollektivvertraglich abbedungen ist, also sofort ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht. Dass die Gesetzesänderung tatsächlich nur auf diese vermutlich seltenen Fälle beschränkt sein sollte, kann der Begründung nicht entnommen werden. Auch kann es für die im Voraus zu beantwortende Frage, ob eine Beschäftigtenversicherung nach § 5 Abs. 1 SGB V entstanden ist, nicht maßgeblich sein, ob nach 4 Wochen konkret ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestanden hat. Schließlich bliebe auch offen, ob die Mitgliedschaft nach Ablauf der Wartezeit mit dem Einsetzen der Entgeltfortzahlung rückwirkend zustande kommt oder erst ab diesem Zeitpunkt – was zur Folge hätte, dass der Betroffene vier Wochen weder Entgelt noch eine Entgeltersatzleistung erhielte.
(3) Im Übrigen wäre bei Annahme einer Einschränkung des § 186 Abs. 1 SGB V im Sinne der Gesetzesbegründung nach dem sachlichen Grund dafür zu fragen, warum eine Versicherung mit Krankengeldanspruch dann zustande kommen sollte, wenn der Arbeitnehmer nur kurzzeitig gearbeitet hatte, nicht dagegen, wenn es überhaupt nicht zu einer Arbeitsaufnahme gekommen war, obwohl in beiden Fällen wegen § 3 Abs. 3 EFZG ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht. Sofern der genannten Gesetzesbegründung überhaupt rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte sie eher so zu verstehen sein, dass sie sich nicht auf das Bestehen eine konkreten Entgeltfortzahlungsanspruchs im Zeitpunkt des Eintritts der AU bezieht, sondern nur darauf, ob nach Art und Umfang der vertraglich vereinbarten Arbeit im Grundsatz ein Entgeltfortzahlungsanspruch in Betracht kommt (vgl. dazu auch im Nachfolgenden zu § 44 Abs. 2 SGB V n.F.).
(4) Der Hinweis des SG, dass § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V in der Fassung des Artikel 2 Nr. 6a des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 (BGBI. I S. 378), bestimme, dass Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, die bei AU nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, keinen Anspruch auf Krankengeld haben, vermag seine Auffassung nicht entscheidend zu stützen. Abgesehen davon, dass die genannte Vorschrift im vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt noch keine Geltung hatte, was des SG nicht verkennt, stellt sich auch bei § 44 Abs. 2 SGB V in der vom SG angesprochenen Fassung die Frage, ob es tatsächlich auf das Bestehen eines konkreten Entgeltfortzahlungsanspruchs im Zeitpunkt des Eintritts der AU ankommen soll oder ob es lediglich darum geht, die Fälle auszuschließen, in denen schon mit Blick auf die vierwöchige Frist des § 3 Abs. 3 EFZG nach Art oder Umfang der Beschäftigung (Kurzfristigkeit oder Unständigkeit) ein Entgeltfortzahlungsanspruch ("bei AU") von vornherein nicht bestehen kann.
2. Der Kläger war ab dem 01.12.2008 bis zum 19.01.2009 für seinen Beruf als Altenpfleger arbeitsunfähig erkrankt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist ein Versicherter, dessen Krankengeldanspruch auf einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beruht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) arbeitsunfähig, wenn er durch Krankheit gehindert ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete, zuletzt ausgeübte Arbeit zu verrichten (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 08.11.2005 – 1 KR 18/04 R (SozR 4-2500 § 44 Nr. 7); vgl. auch (zu § 1 LFZG) BAG, Urteil v. 09.01.1985 – 5 AZR 415/82 (BAGE 48,1)). Danach ist hier ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger seine Arbeit für "e. i. I." nicht wie vorgesehen am 01.12.2008 aufnehmen konnte, maßgeblich die ihm nach dem im November 2008 geschlossenen Arbeitsvertrag obliegende Arbeit eines examinierten Altenpflegers (vgl. auch Berchtold, Krankengeld, Handbuch 1. Aufl. 2004, S. 110 Rz. 372). Diese Arbeit konnte der Kläger zur Überzeugung des Senats im streitigen Zeitraum krankheitsbedingt nicht ausführen. Das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und angesichts des Inhalts der AU-Bescheinigungen, Atteste und beigezogenen Unterlagen nicht zweifelhaft.
3. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB V beginnt der Anspruch auf Krankengeld im Falle der AU mit dem Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Da die AU des Klägers am 01.12.2008 ärztlich festgestellt worden ist, beginnt sein Krankengeldanspruch erst am 02.12.2008. Deshalb konnte die Berufung des Klägers nicht in vollem Umfang Erfolg haben. Die weiteren Voraussetzungen eines Krankengeldanspruchs bis zum 19.01.2009 liegen vor: AU ist ab dem 01.12.2008 lückenlos ärztlich festgestellt worden und der Kläger hat auch der Beklagten die AU jeweils fristgerecht (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) mitgeteilt.
4. Die Höhe des Krankengeldanspruchs ist abweichend von § 47 SGB V nach dem während der AU geschuldeten Entgelt zu bemessen. Da es in Fällen wie dem vorliegenden kein bis zum Eintritt der AU verdientes (und erst recht kein erzieltes, d.h. zugeflossenes) Arbeitsentgelt gibt, liegt es nahe, zur Berechnung des Krankengeldes die auf dem Lohnausfallprinzip basierenden Regelungen des EFZG (§ 4 Abs. 1 EFZG) heranzuziehen (dafür Berchtold, Krankengeld, Handbuch 1. Aufl. 2004, S. 66 Rz. 192; offen gelassen von BSG, Urteil vom 30.05.2006 – B 1 KR 19/05 R (BSGE 96, 246)).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Angesichts des geringen Umfangs des Unterliegens des Klägers erschien eine Kostenquotelung nicht sachgerecht.
Der Senat hat gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Erstellt am: 19.12.2012
Zuletzt verändert am: 19.12.2012