Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 31.05.2012 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger begehren mit ihrer Beschwerde Prozesskostenhilfe für ein Verfahren vor dem Sozialgericht, in dem die Höhe der Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) streitig ist.
Die 1964 bzw. 1968 geborenen Kläger sind miteinander verheiratet und serbische Staatsangehörige. Nachdem sie sich erstmals in den Jahren 1988/1989 zur Durchführung eines (letztlich abschlägig beschiedenen) Asylverfahrens im Bundesgebiet aufgehalten hatten, reisten sie am 06.06.2011 erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten wiederum die Gewährung von Asyl. Nach Zuweisung an die Beklagte bewilligte diese den Klägern mit Bescheid vom 06.07.2011 Leistungen nach § 3 AsylbLG für den Kalendermonat Juli 2011 i.H.v. insgesamt 378,34 EUR. Ausweislich der in dem Bescheid enthaltenen Berechnung wurde ferner für die Zeit vom 24. bis 30.06.2011 ein Leistungsanspruch i.H.v. 88,28 EUR (anteilig) festgestellt. Gegen diesen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid legten die Kläger keinen Widerspruch ein.
Am 12.09.2011 beantragten die Kläger die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 06.07.2011 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Zur Begründung führten sie aus, die Höhe der gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG sei verfassungswidrig.
Mit einem formlosen, nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben lehnte die Beklagte den Antrag unter dem 21.09.2011 (konkludent) mit der Begründung ab, dass der Bescheid vom 06.07.2011 rechtmäßig sei.
Den dagegen am 13.10.2011 erhobenen Widerspruch der Kläger wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 18.05.2011 (gemeint wohl: 18.11.2011), abgesandt am 23.11.2011, als unbegründet zurück. In den Gründen führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Höhe der gewährten Leistungen entspreche den derzeit geltenden Vorschriften, an die sie nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz gebunden sei.
Mit ihrer am 27.12.2011 bei dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten beantragt. Im Verlauf des Klageverfahrens hat diese mitgeteilt, die Kläger seien zwar am 14.02.2012 abgeschoben worden. Dies stehe dem geltend gemachten Anspruch, der bereits während des Aufenthalts der Kläger im Bundesgebiet entstanden sei, jedoch nicht entgegen. Ebenso wenig führe der Umstand, dass Leistungen nicht in das Ausland transferiert werden könnten, zu einem Leistungsausschluss. Da die Bevollmächtigte im Besitz einer Geldempfangsvollmacht sei, könnten die geltend gemachten Leistungen bis zur Auszahlung verwahrt werden. Die mit Klageerhebung angekündigte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger haben diese nachfolgend nicht vorgelegt.
Mit Beschluss vom 31.05.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihrer Bevollmächtigten mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt. In den Gründen hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass der im Rahmen des § 44 SGB X geltend gemachte Anspruch jedenfalls entfallen sei, nachdem die Kläger das Bundesgebiet und damit den Geltungbereich des AsylbLG verlassen hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 04.06.2012 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 02.07.2012 Beschwerde erhoben. Sie meinen, § 1 Abs. 3 AsylbLG, der vorsehe, dass die Leistungsberechtigung des Ausländers mit dessen Ausreise entfalle, gelte lediglich für Leistungszeiträume, die zeitlich nach der Ausreise des Asylbewerbers lägen. Bei Erlöschen von Ansprüchen, die – wie hier – für Zeiten vor der Ausreise geltend gemacht würden, greife die Ausschlussregelung hingegen nicht ein. Daher dürfe ein abgeschobener Asylbewerber rechtswidrig abgelehnte Ansprüche bzgl. der Zeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet auch nach seiner Ausreise weiterverfolgen. Dies gebiete bereits die in Art. 19 Abs. 4 S. 1 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsschutzgarantie.
Die Beklagte hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für das erstinstanzliche Verfahren.
Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beizuordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Insofern kann offen bleiben, ob die Kläger in der Lage sind, die Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln zu bestreiten; denn jedenfalls bietet die Klage nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, NJW 97, S. 2745; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 55. Auflage, § 114 Rn. 80) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Prozesskostenhilfe Begehrenden auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält (VGH BW NVwZ 98, 1098; OVG RP NVwZ 91, 595; OVG MV NVwz-RR 96, 621; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage 2008, § 73a Rdnr. 7a). Davon ist u.a. dann auszugehen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfGE 81, 347; ferner BVerfG, Beschluss vom 14.06.2004 – 2 BvR 626/06; LSG NRW, Beschluss vom 01.06.2011 – L 19 AS 48/11 B; Leitherer, a.a.O., § 73a Rn. 7b m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts, auch des Beschwerdegerichts. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Sozialgericht verzögert über das Prozesskostenhilfegesuch entschieden hat und eine Änderung zu Lasten des Antragstellers eingetreten ist. In einem solchen Fall ist auf den Zeitpunkt der so genannten "Bewilligungsreife", also den Zeitpunkt abzustellen, zu welchem dem Gericht frühestens eine positive Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag möglich war (vgl. zu alledem Leitherer, a.a.O., § 73a Rn 7d m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen hatte die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Insofern mag zugunsten der Kläger unterstellt werden, dass die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne der §§ 54 Abs. 1 und 2, 56 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage, mit der die Kläger die Rücknahme des Bescheides vom 06.07.2011 über die Bewilligung von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG für die Zeit vom 24.06. bis zum 31.07.2011 nach § 44 SGB X begehren und unter dem Gesichtspunkt der Verfassungswidrigkeit die Gewährung höherer Leistungen geltend machen, bei Klageerhebung (am 27.12.2011) begründet war; jedenfalls aber ist eine etwaige hinreichende Aussicht auf Erfolg am 14.02.2012 und damit noch vor der Entscheidung des Sozialgerichts (am 31.05.2012) entfallen, weil die Kläger zu diesem Zeitpunkt das Bundesgebiet dauerhaft verlassen haben.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist vorliegend der Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag; denn Bewilligungsreife war zuvor nicht eingetreten. Dem Sozialgericht war eine frühere – positive – Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch schon deshalb nicht möglich, weil die Kläger nicht glaubhaft gemacht haben, die Kosten der Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten zu können; denn die insofern notwendige Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse haben sie bis heute nicht vorgelegt. Dabei mag offen bleiben, ob das Sozialgericht gehalten war, die Kläger an die Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erinnern, nachdem diese trotz entsprechender Ankündigung bei Klageerhebung (am 27.12.2011) nicht übersandt wurde; denn eine solche Erinnerung war vorliegend jedenfalls nicht vor dem Zeitpunkt ihrer Ausreise am 14.02.2012 geboten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klage aber bereits keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mehr.
Insofern ist es unerheblich, dass der geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen nach § 3 AsylbLG – seine ursprüngliche Existenz unterstellt – noch während der Zeit des Aufenthalts der Kläger im Bundesgebiet entstanden ist; denn es mag zwar sein, dass Leistungsansprüche für Zeiträume vor der Ausreise nicht gemäß § 1 Abs. 3 AsylbLG mit der Ausreise erlöschen. Vorliegend werden Leistungsansprüche aber im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X verfolgt. Diesbezüglich hat das Bundessozialgericht (vgl. u.a. BSG, Urteile vom 09.06.2011 – B 8 AY 1/10 R; ferner Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 16/08 R) aber bereits mehrfach festgestellt, dass ein Asylbewerber, welchem dem Grunde nach Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zustehen, keinen Anspruch auf Nachzahlung von Leistungen gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X (mehr) hat, wenn es zwischenzeitlich zu einem Bedürftigkeitswegfall gekommen ist; denn Leistungen nach dem AsylbLG dienen lediglich der Behebung einer gegenwärtigen Notlage (sog. Gegenwärtigkeitsprinzip) und sind nicht als nachträgliche Geldleistung ausgestaltet. Sie müssen für einen zurückliegenden Zeitraum daher nur erbracht werden, wenn die Notlage noch fortbesteht (vgl. im Einzelnen insbesondere BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 16/08 R).
An einer fortbestehenden, gegenwärtigen Notlage fehlt es aber nicht nur dann, wenn der (ursprünglich) dem Leistungsregime des AsylbLG unterfallende Ausländer durch Erzielung eines entsprechenden Einkommens oder durch den Erwerb von Vermögen nicht mehr bedürftig ist (vgl. hierzu insbesondere BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 16/08 R). Von einem Wegfall der Bedürftigkeit ist vielmehr nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung auch dann auszugehen, wenn der Asylbewerber das Bundesgebiet verlassen hat und sich wieder in seinem Herkunftsland aufhält; denn Zweck der Leistungen nach dem AsylbLG ist es, Asylbewerbern während der Dauer ihrer Leistungsberechtigung ein Leben unter menschenwürdigen Bedingungen im Bundesgebiet sicherzustellen. Bedürftigkeit im Sinne des AsylbLG und damit eine aktuelle Notlage kann daher nur vorliegen, solange der Antragsteller dem Leistungsregime des AsylbLG tatsächlich noch unterfällt. Dies wiederum setzt aber gemäß § 1 Abs. 1 AsylbLG zwingend voraus, dass er sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhält.
Prozesskostenhilfe ist den Klägern auch nicht unter dem Gesichtspunkt zuzusprechen, dass die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen und noch klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt. Abweichend von der in seinem Beschluss vom 20.04.2011 (L 20 AY 13/11 B) vertretenen Rechtsauffassung hält der Senat die Frage, ob das Verlassen des Geltungsbereichs des AsylbLG im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X zu einem Bedarfswegfall führt, für hinreichend geklärt. Zwar mag es weiterhin an einer entsprechenden Entscheidung des BSG fehlen. Dass ein im Ausland befindlicher Ausländer aber keiner Leistungen nach dem AsylbLG mehr bedarf, ergibt sich – wie dargelegt – eindeutig schon aus dem Zweck dieser Leistungen, die lediglich dazu dienen, das Existenzminimum im Bundesgebiet zu sichern; insoweit erscheint eine höchstrichterliche Befassung zur Klärung der Rechtsfrage nicht geboten. Das gilt insbesondere nach der Entscheidung des BSG vom 09.06.2011 – 8 B AY 1/10 R.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 08.11.2012
Zuletzt verändert am: 08.11.2012