Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 07.08.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage auf Durchsetzung höherer Erstattungsansprüche für Kosten isolierter Widerspruchsverfahren nach § 63 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X).
Die zuvor selbständig tätige Klägerin bezieht fortlaufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), die ihr jeweils unter Berücksichtigung nur der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung anstelle der von der Klägerin zu entrichtenden erheblich höheren Beiträge zu ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt wurden.
Vor dem Hintergrund mehrerer bereits eingeleiteter Widerspruchs- und Klageverfahren gegen die Berücksichtigung nur der gesetzlichen Beiträge sowie des bereits anhängigen Revisionsverfahrens beim BSG zu dieser Frage (B 4 AS 108/10 R) teilte die leistungsgewährende Stadt der Klägerin mit Schreiben vom 26.05.2010 mit:
"Sofern eine endgültige Entscheidung zugunsten des Klägers getroffen werden sollte und der tatsächliche Beitrag zu übernehmen ist, so würde dieser Beitrag ab Beginn des ersten Klageverfahrens auch für die folgenden Zeiträume übernommen werden".
Auch in der Folge focht die Klägerin die weiteren Bewilligungsbescheide wegen der Nichtberücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung an.
Mit Bescheiden vom 20.12.2010 und Änderungsbescheiden vom 21.01.2011 sowie 19.04.2011 wurden der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juli 2011 bewilligt.
Gegen den Bescheid vom 20.12.2011 legte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.01.2011, gegen den Änderungsbescheid vom 21.01.2011 mit Schreiben vom 08.02.2011 und gegen den Änderungsbescheid vom 19.04.2011 mit Schreiben vom 17.05.2011 Widerspruch ein mit dem jeweiligen Anliegen, Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe zu erhalten.
Nachdem das Bundessozialgericht mit Urteil vom 18.01.2011 – B 4 AS 108/10 R – im Sinne des Begehrens der Klägerin entschieden und das Sozialgericht Duisburg mit Urteil vom 16.02.2011 in dem die Klägerin betreffenden Rechtsstreit S 45 AS 237/10 der Klage stattgegeben hatte, bewilligte die leistungsgewährende Stadt für den Zeitraum vom 27.01.2009 bis 31.05.2011 einen Nachzahlungsbetrag von 4.839,37 EUR als Differenz zwischen den tatsächlich der Klägerin entstehenden und den bereits anteilig erstatteten Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung.
Den Widersprüchen werde insofern in vollem Umfang stattgegeben. Eine Kostengrundentscheidung oder eine Entscheidung hinsichtlich der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten in den Widerspruchsverfahren enthält dieser Bescheid nicht.
Daraufhin reichte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin drei Kostenrechnungen über zu erstattende Gebühren und Auslagen in Höhe von jeweils 309,40 EUR ein (Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 240,- EUR, Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,- EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 49,40 EUR).
Mit Bescheid vom 13.07.2011 wurden erstattungsfähige Kosten dreier Widerspruchsverfahren in Höhe von insgesamt 71,40 EUR festgesetzt.
Der Bescheid enthält die Begründung, bei den Widersprüchen gegen die Bescheide vom 20.12.2010, 21.01.2011 und 19.04.2011 handele es sich gebührenrechtlich um eine Angelegenheit. Es liege der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde und die Bescheide vom 21.01.2011 und 19.04.2011 seien gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des bereits laufenden Widerspruchsverfahrens zum Bescheid vom 20.12.2010 geworden. Die weiteren Widersprüche seien daher unzulässig. Es stehe nur eine Mindestgebühr zu, da Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als weit unterdurchschnittlich zu bewerten seien.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 25.07.2011 Widerspruch ein. Die Ansicht, die weiteren Widersprüche seien unzulässig, bedürfe der dringenden gerichtlichen Überprüfung. Auch seien die Widersprüche nicht identisch gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2011 wies der Kreis Kleve den Widerspruch unter Hinweis auf § 86 SGG zurück. Eine höhere als die Mindestgebühr stehe nicht zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Klage vom 26.09.2011, für die Prozesskostenhilfe begehrt wird. Es lägen drei Widerspruchsverfahren mit Gebührenansprüchen in der jeweils geltend gemachten Höhe vor. Sofern die Gegenseite die weiteren Widersprüche für unzulässig halte, zeige sich "schonungslos, dass der Beklagte die Systematik des Rechtssystems verkennt". Es stehe jeweils eine Mittelgebühr zu. Der Aufwand sei erheblich gewesen.
Mit Beschluss vom 07.08.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Widersprüche seien vor dem Hintergrund der Zusage im Schreiben vom 26.05.2010, die Klägerin im Falle ihr günstiger Gerichtsentscheidungen besser zu stellen, nicht notwendig gewesen. Es stehe deshalb kein Erstattungsanspruch nach § 63 SGB X, damit auch kein höherer Erstattungsanspruch zu.
Gegen den am 09.08.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 13.08.2012, mit der die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in jedem einzelnen Fall als notwendig angesehen wird, weil anders die Rechtskraft (gemeint: Bestandskraft) der Bescheide nicht hätte verhindert werden können.
Auf Aufforderung des Berichterstatters, die dem Verfahren zugehörigen Gebührenrechnungen an die Klägerin vorzulegen, hat der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 10.09.2012 drei Gebührenrechnungen vom 10.09.2012 bzgl. der Abrechnung dreier Widerspruchsverfahren in Höhe von jeweils 309,40 EUR vorgelegt. Einer Gebührenabrechnung bedürfe es jedoch für das vorliegende Verfahren nicht, dies habe u.a. das Landgericht Frankfurt am Main so entschieden (Urteil vom 27.01.2010 – 2 – 16 S 162/09).
Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Prozesskostenhilfe steht der Klägerin nicht zu, weil es der beabsichtigten Rechtsverfolgung an der hierfür nach §§ 73a SGG, 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt.
Nach der hier alleine möglichen summarischen Prüfung bestehen keine – und daher erst recht keine höheren – Kostenerstattungsansprüche nach § 63 SGB X für die drei gegen die Bescheide vom 20.12.2010, 21.01.2011 und 19.04.2011 eingeleiteten Widerspruchsverfahren.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts bestanden schon deshalb keine durchsetzbaren Erstattungsansprüche, weil seinerzeit noch keine Gebühren abgerechnet worden waren.
Dies ist entgegen der Meinung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Voraussetzung der Durchsetzung eines Aufwendungsersatzanspruches nach § 63 SGB X.
Vor einer Rechnungsstellung nach § 10 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) entstehen Aufwendungsersatzansprüche nach § 63 SGB X nicht (zuletzt: Beschluss des Senats vom 21.11.2012 – L 19 AS 1878/12 B).
Bei dem Anspruch eines erwerbsfähigen Leistungsempfängers auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1, 2 und 3 SGB X handelt es sich nicht um einen Anspruch, den ein Rechtsanwalt im eigenen Namen gegenüber dem Beklagten geltend machen kann, sondern um einen Aufwendungsersatzanspruch des Mandanten gegenüber dem Beklagten (BSG Urteil vom 25.02.2010 – B 11 AL 24/08 R = juris Rn 16). Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.v. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind daher grundsätzlich nur solche Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinem Mandanten in Rechnung stellt (vgl. BSG Urteile vom 21.12.2009 – B 14 AS 83/08 R = juris Rn 16 und vom 01.07.2009 – B 14 AS 21/09 R = juris Rn 15). Nach § 10 RVG kann ein Rechtsanwalt seine Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. In der Berechnung sind die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestandes, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses anzugeben (§ 10 Abs. 2 Satz 1 RVG). Ohne die Berechnung entsteht keine Zahlungspflicht des Auftraggebers und kein Schuldnerverzug (Hartmann, Kostenrecht, 42 Aufl, § 10 Rn 4; Gerold/Schmidt, RVG, 19 Aufl. § 10 Rn 14). Auch ist zu berücksichtigen, dass für die anwaltliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten Betragsrahmengebühren i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 RVG angefallen sind. Bei den Betragsrahmengebühren handelt es sich um Rahmengebühren, deren Höhe ein Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere nach dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Auftraggebers sowie seines besonderen Haftungsrisikos nach billigen Ermessen bestimmt (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Dem Rechtsanwalt wird durch diese Vorschrift ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien verbunden ist. § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG wird als eine am Maßstab der Billigkeit orientierte und durch bestimmte Vorgaben eingeschränkte Ermessensvorschrift zugunsten des Rechtsanwalts aufgefasst (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R). Dieses Bestimmungsrecht hat ein Rechtsanwalt gegenüber seinem Auftraggeber auszuüben, so dass auch für die Ausübung des Bestimmungsrechts nach § 14 RVG eine Rechnungsstellung gegenüber dem Auftraggeber erforderlich ist.
Die zur Begründung der gegenteiligen Ansicht angeführte Rechtsprechung insbesondere des Landgerichts Frankfurt am Main im Urteil vom 27.01.2010 – 2 – 16 S 162/09 – betrifft den hier nicht vorliegenden Fall, dass ein Auftraggeber seinen Rechtsanwalt bereits vor Inanspruchnahme eines Dritten auf Erstattung dieser Aufwendungen vergütet hatte. In diesem Fall – so das Landgericht – könne sich der Dritte nicht auf das Fehlen einer Kostennote im Sinne von § 10 RVG berufen.
Auch nach Vorlage der erst im Beschwerdeverfahren erstellten Abrechnungen sind die Voraussetzungen einer Kostenerstattung nach § 63 SGB X nicht erfüllt.
Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der den Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.
Kosten der Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide vom 21.01.2011 und 19.04.2011 sind nicht zu erstatten, weil diese Widersprüche nicht erfolgreich waren.
Hinsichtlich des Widerspruches gegen den Bescheid vom 20.12.2011 fehlt es an der erforderlichen Notwendigkeit der durch Einschaltung des Prozessbevollmächtigten entstandenen Aufwendungen.
Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 31.01.2011 und 19.04.2011 waren nicht erfolgreich im Sinne von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X, weil diese Widersprüche unzulässig waren. Beide Bescheide sind nach § 86 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des zum Zeitpunkt ihres Erlasses bereits eingeleiteten Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 20.12.2011 geworden.
Nach § 86 werden während des Vorverfahrens ergehende Änderungsbescheide Gegenstand des Vorverfahrens. Die Bescheide vom 21.01.2011 und 19.04.2011 verändern den Regelungsgegenstand des Bescheides vom 20.12.2010, nämlich die Bewilligung der zustehenden Leistungen der Klägerin für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juli 2011. Bei ihrem Erlass war das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 20.12.2010 durch Einlegung des Widerspruchs mit Schreiben vom 06.01.2011 bereits eingeleitet. Die Bescheide vom 21.01.2011 und 19.04.2011 sind daher Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach Anfechtung des Bescheides vom 20.12.2010 geworden mit der Folge, dass es ihrer separaten Anfechtung nicht bedurfte bzw. die desungeachtet eingelegten Widersprüche unzulässig waren.
Für den Kostenerstattungsanspruch auf der Grundlage nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X bedeutet dies, dass ein Erstattungsanspruch nicht besteht, weil die weiteren Widersprüche gegen die Bescheide vom 21.01.2011 und 19.04.2011 unzulässig waren und nicht erfolgreich im Sinne der Vorschrift sein können.
Zu diesem Zusammenhang führt das Bundessozialgericht im Urteil vom 19.06.2012 – B 4 AS 142/11 R aus:
"Zwar ist ein Widerspruch gegen den ändernden Bescheid unschädlich (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 86 RdNr 4). Andererseits erfolgt grundsätzlich wegen der Einbeziehung des Änderungsbescheides in das Vorverfahren jedoch keine gesonderte Entscheidung über den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid. Es ist über diesen "überflüssigen" Widerspruch mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid zu befinden (vgl Hintz in BeckOK SGG, Stand 1.3.2012, § 86 RdNr 4). Insoweit findet er auch Eingang in die Kostenentscheidung, unabhängig davon, ob die Verwaltung – wie hier – den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid als unzulässig verworfen hat oder nicht. In diesem Sinne kann der "Widerspruch" gegen den Änderungsbescheid zwar grundsätzlich auch erfolgreich sein. Umgekehrt kann er außerhalb des Vorverfahrens gegen den Ausgangsbescheid jedoch keinen Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X haben."
Ein Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Widersprüche gegen die Bescheide vom 21.01.2011 und 19.04.2011 besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin infolge der Erteilung falscher Rechtsbehelfsbelehrungen zur Einlegung der Widersprüche veranlasst worden sein könnte.
Das sogenannte "Veranlassungsprinzip" findet bei der Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X nach ständiger Rechtsprechung keine Anwendung.
Eine über den Wortlaut von § 63 SGB X hinausgehende erweiternde Auslegung ist schon aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm abzulehnen.
Nach den Materialien zu § 63 SGB X (Gesetzesentwurf der Bundesregierung BT-Drs 8/2034, S 36 zu § 61 des Entwurfes) entspricht diese Vorschrift (bis auf hier nicht einschlägige Abweichungen) § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).
Dort ist aber bewusst von der Aufnahme einer gesonderten Bestimmung über die Kostentragung bei einer unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung abgesehen worden in der Überzeugung, dass derartige Fälle nach staatshaftungsrechtlichen Grundsätzen abgewickelt werden sollten.
In der Begründung des Gesetzesentwurfes zu der später in § 80 VwVfG aufgenommenen Vorschrift heißt es (BT-Drs 7/910, S 92 zu § 76 Abs 1 des Entwurfes): "Um eine zu kasuistische Regelung zu vermeiden, sind auch besondere Bestimmungen über die Kostentragung bei falscher Rechtsmittelbelehrung oder falscher Sachbehandlung durch die Behörde nicht aufgenommen (worden). Fälle dieser Art können weitgehend nach § 839 BGB abgewickelt werden".
Der in diesen Materialien zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers steht auch zur Überzeugung des Senats einer analogen Anwendung von § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X i.S.d. "Veranlassungsprinzips" entgegen, da hiernach keine dem gesetzgeberischen Konzept widersprechende (planwidrige) Gesetzeslücke festzustellen ist (vgl. hierzu insbesondere die der mit der Beschwerdebegründung genannten Sprungrevision B 4 AS 142/11 R zugrundeliegende Entscheidung des SG Detmold im Urteil vom 15.07.2011 – S 28 AS 2512/10 m w N sowie Beschluss des Senats vom 19.03.2012 – L 19 AS 159/12 B). Auch nach aktueller Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19.06.2012 – B 4 AS 142/11 R) gilt das Veranlassungsprinzip bei § 63 SGB X nicht:
"§ 63 SGB X ist nicht geprägt vom "Veranlassungsprinzip". Im Gegensatz zu § 193 SGG kommt es für den Eintritt der Kostenbelastung der Verwaltung für ein Widerspruchsverfahren ausschließlich auf den Erfolg des Widerspruchs an. Dieser in § 63 Abs 1 S 1 SGB X normierte Regelfall wird nur in der genau bezeichneten Situation des § 63 Abs 1 S 2 SGB X, also für den Fall der Erfolglosigkeit wegen der Heilung eines Verfahrens- oder Formfehlers nach § 41 SGB X durchbrochen. Hat die Verwaltung mithin den Widerspruch durch eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung "veranlasst", kann bereits von der gesetzlichen Grundkonstruktion kein Raum für einen Aufwendungsersatzanspruch sein. Dies kann auch nicht mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs umgangen werden. Insoweit gilt im Übrigen, wie der 13. Senat in der eingangs benannten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, dass ein Schadensersatzanspruch in Geld keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist. Er ist vielmehr auf Naturalrestitution gerichtet, dh auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl SozR 3-2400 § 28h Nr 11, RdNr 16)."
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X besteht schließlich auch nicht hinsichtlich der Anfechtung des Bescheides vom 20.12.2011 durch Widerspruchsschreiben vom 06.01.2011, weil die Einlegung dieses Widerspruches vor dem Hintergrund des Schreibens der Gegenseite vom 26.05.2010 nicht "notwendig" im Sinne von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X war.
Die Voraussetzungen für die Annahme von Notwendigkeit im Sinne von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X sind jüngst im Beschluss des BSG vom 10.05.2012 – B 6 KA 19/11 R wie folgt zusammengefasst worden:
"Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren (§ 63 Abs 2 SGB X) ist danach zu beurteilen, ob der Widerspruchsführer es für erforderlich halten durfte, im Widerspruchsverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19; zuletzt BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 13 RdNr 24; s schon BSG Beschluss vom 29.9.1999 – B 6 KA 30/99 B = MedR 2000, 246 mwN). Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn – zumindest auch – nicht ohne Weiteres zu klärende bzw nicht einfach gelagerte Sachfragen und/oder Rechtsfragen eine Rolle spielen und deshalb ein Bürger mit dem Bildungs- und Erfahrungsstand des Widerspruchsführers sich vernünftigerweise eines Rechtsanwalts bedient (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19; vgl schon BSG SozR 1300 § 63 Nr 12 S 44 mwN; BSG MedR 2000, 246). Bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer Zuziehung ist zudem die Bedeutung der Streitsache für den Widerspruchsführer zu berücksichtigen (BVerwG Urteil vom 24.5.2000 – 7 C 8/99 – juris RdNr 10 = Buchholz 428 § 38 VermG Nr 5; BVerwG Beschluss vom 21.12.2011 – 1 WB 51/11 – juris RdNr 19 = Buchholz 450.1 § 16a WBO Nr 3). Hierzu gehören auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der angefochtenen Entscheidung (BVerwG Urteil vom 24.5.2000 aaO – juris RdNr 11), sofern sie von nicht ganz unerheblicher Tragweite sind. Die einzelnen Gesichtspunkte sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu würdigen.
Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten beurteilt sich aus der Sicht des Widerspruchsführers nach der Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt der Zuziehung, also der förmlichen Beauftragung des Bevollmächtigten mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens – sogenannte ex-ante-Sicht (BSG MedR 2000, 246; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 19; s auch BVerwG Urteil vom 24.5.2000 – 7 C 8/99 – juris RdNr 10 = Buchholz 428 § 38 VermG Nr 5, mwN; BVerwG Beschluss vom 21.12.2011 – 1 WB 51/11 – juris RdNr 20 = Buchholz 450.1 § 16a WBO Nr 3)."
Nach diesen Maßstäben war möglicherweise schon die Einlegung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 20.12.2010 selbst, jedenfalls aber die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für die Einlegung dieses Widerspruches nicht notwendig im Sinne von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X.
Denn der Beklagte hatte mit Schreiben vom 26.05.2010 verbindlich, eindeutig und in allgemeinverständlicher Sprache erklärt, er werde tatsächliche Beiträge im Falle einer endgültigen Entscheidung zugunsten der Klägerin ab Beginn des ersten Klageverfahrens auch für die folgenden Zeiträume übernehmen.
Das Schreiben vom 26.05.2010 erfüllt damit alle Merkmale der verwaltungsrechtlichen Zusicherung nach § 34 SGB X.
Nach § 34 Abs. 1 S. 1 SGB X bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung) zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form.
Durch die Abgabe der Zusicherung verpflichtet sich die Verwaltung zu einer bestimmten zukünftigen Sachbehandlung und soll dem Adressaten die Gewissheit geben, dass seine Aufwendungen den beabsichtigten Erfolg haben. Es handelt sich daher nicht nur um eine bloße öffentlich-rechtliche Willenserklärung sondern um eine regelnde und Verbindlichkeit beanspruchende Maßnahme mit der Rechtsqualität des Verwaltungsaktes (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 34 Rn 5 m.w.N.).
Hinweise darauf, dass eine Veränderung der Sach- und Rechtslage seit Abgabe der Zusicherung eine Bindung des Erklärenden aus dessen Sicht in Frage stellen könnte, oder die Bindungswirkung der Zusicherung kraft Gesetzes entfallen sein könnte (§ 34 Abs. 3 SGB X), bietet der Sachverhalt nicht und eine solche Behauptung stellt auch die Klägerin nicht auf.
Danach hätte es aus Sicht auch eines rechtsunkundigen Verfahrensbeteiligten bereits einer Anfechtung nachfolgender Bewilligungsbescheide aus dem mit der Erklärung vom 26.05.2010 behandelten Grund nicht bedurft, bei Unsicherheit hinsichtlich der möglichen Rechtsfolgen allenfalls einer Nachfrage, ob die Zusage vom 26.05.2010 weiterhin gelten soll.
Jedenfalls bestand keine Veranlassung, einen Prozessbevollmächtigten ohne vorherige Abklärung der Notwendigkeit des Widerspruchs mit dessen Einlegung und Begründung zu betrauen und so das hiermit verbundene Kostenrisiko auszulösen.
Besteht daher kein Kostenerstattungsanspruch auf der Grundlage von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X, hat erst recht die vorliegende Klage auf Gewährung einer höheren Erstattung keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 73a SGG, 114 ZPO.
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 20.12.2012
Zuletzt verändert am: 20.12.2012