Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 26.09.2012 geändert. Der Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab Antragstellung (05.09.2012) bis 31.10.2012 wird abgelehnt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren zu 2/3.
Gründe:
Die Beschwerde des Antraggegners ist nur aus dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Das Sozialgericht (SG) Detmold hat dem Antrag der Antragsteller auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 26.09.2012 zu Recht im tenorierten Umfang für die Zeit vom 01.11.2012 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, jedoch längstens bis zum 28.02.2013 stattgegeben.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zu Recht hat das SG dem Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im tenorierten Umfang für die Zeit vom 01.11.2012 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 28.02.2013 stattgegeben. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für den Fall, dass der am 19.12.2011 entsprechend Art. 16 b) Satz 2 EFA erklärte Vorbehalt wirksam ist, weiter umstritten ist, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere gegen Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zu Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verstößt. Vertreten wird, dass aufgrund des in der Verordnung normierten Gleichbehandlungsgebotes alle in den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung fallende Unionsbürger umfassend zum Bezug insbesondere auch der Leistungen nach dem SGB II berechtigt werden (so SG Berlin, Beschluss vom 08.05.2012, Az.: S 91 AS 8804/12 ER, SG Dresden, Beschluss vom 05.08.2011, Az.: S 36 AS 3461/11 ER, Schreiber in NZS 2012, Seite 647 ff., a.A. LSG NRW, Beschluss vom 02.10.2012, Az: L 19 AS 1393/12 B ER, SG Berlin, Beschluss vom 14.05.2012, Az.: S 124 AS 7164/12 ER und Beschluss vom 11.06.2012, Az.: S 205 AS 11266/12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2012, Az.: L 3 AS 1477/11 – Revision anhängig unter dem Az.: B 4 AS 54/12 R -, LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 29.02.2012, Az.: L 20 AS 2347/11 B ER).
In einem solchen Fall ist aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundessverfassungsgericht – BVerfG -, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05). Im Rahmen der Folgenabwägung ist auch die Bedeutung der beantragten Leistungen für die Antragsteller gegen das fiskalische Interesse des Antragsgegners abzuwägen, die vorläufig erbrachten Leistungen im Fall des Obsiegens in der Hauptsache möglicherweise nicht zurück zu erhalten. Bei ungeklärten Erfolgsaussichten in der Hauptsache geht die Interessenabwägung vorliegend zugunsten der Antragsteller aus, da es sich für sie um existenzsichernde Leistungen handelt und das auch ausländischen Staatsangehörigen zustehende Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gemäß Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) betroffen ist. Insbesondere sind die Antragsteller zur Sicherstellung des Existenzminimums wegen der auch diesbezüglich bestehenden klärungsbedürftigen Rechtsfragen grundsätzlich auch nicht auf die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII zu verweisen (a.A. dazu LSG NRW, Beschluss vom 02.10.2012, Az.: L 19 AS 1393/12 B ER). Für die Zeit vom 15.08.2012 bis 31.10.2012 hat der Beigeladene den Antragstellerin jedoch mit Bescheid vom 28.09.2012 bereits Leistungen bewilligt und ausgezahlt, so dass für diesem Zeitraum die existenzsichernden Leistungen erbracht worden sind und eine Verpflichtung des Antragsgegners im Rahmen der Folgenabwägung nicht notwendig erscheint.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 15.01.2013
Zuletzt verändert am: 15.01.2013