Nach Zurückverweisung vom BSG = Neues Az. = L 16 AL 8/13 ZVW
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 01.09.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Einstellung der Vermittlung durch den Bescheid der Beklagten vom 10.03.2011 rechtswidrig gewesen ist.
Der 1975 geborene Kläger war nach einer Beschäftigung als Helfer bei einer Zeitarbeitsfirma arbeitslos und arbeitsuchend gemeldet (ohne Leistungsbezug). Wie bereits zuvor am 22.11.2010 schloss der Kläger mit der Beklagten erneut am 17.02.2011 eine Eingliederungsvereinbarung, in der er sich unter anderem verpflichtete, monatlich mindestens 10 Bewerbungen zu veranlassen und eine Übersicht (Name des Arbeitgebers, Beruf, Art der Bewerbung, Datum, Ergebnis) über seine Bewerbungsaktivitäten zu führen und zum nächsten Termin vorzulegen. Die Eingliederungsvereinbarung enthielt eine Belehrung über die Rechtsfolgen wie folgt:
"Belehrung über eine mögliche Einstellung der Vermittlung (Vermittlungssperre): Als Arbeitsloser haben Sie die Verpflichtung, alle Möglichkeiten zur Beendigung ihrer Arbeitslosigkeit zu nutzen. Hierzu gehört insbesondere die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der mit der Agentur für Arbeit abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung gemäß § 37 Abs. 3 SGB III. Erfüllen Sie die Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung ohne wichtigen Grund nicht, kann die Agentur für Arbeit die Arbeitsvermittlung für die Dauer von 12 Wochen einstellen. In dieser Zeit können Sie aber weiterhin die Selbstinformationseinrichtungen nutzen. Für eine erneute Inanspruchnahme der Arbeitsvermittlung nach Ablauf der 12 Wochen ist es erforderlich, dass Sie sich wieder bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden …"
Der Kläger wurde zum 18.02.2011 erneut eingeladen und schriftlich gebeten, seine Bewerbungsunterlagen sowie Nachweise seiner Abschlüsse vorzulegen, um das frühere Bewerberprofil überarbeiten zu können.
Ausweislich der VerBis-Eintragung vom 18.02.2011 erschien der Kläger ohne Bewerbungsunterlagen und ohne Zeugnisunterlagen zum Gesprächstermin. Da der Kläger einen Nachweis über berufliche Abschlüsse nicht vorlegte, wurde ein Stellensuchlauf auf Helferebene durchgeführt und dem Kläger ein Wegweiser zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse ausgehändigt. Der Kläger wurde zu einem weiteren Termin am 08.03.2011 eingeladen und seitens der Beklagten am Tag davor ausweislich der VerBis-Eintragung vom 07.03.2011 telefonisch nochmals gebeten, zum morgigen Termin Nachweise über Eigenbemühungen, Bewerbungsmappe, Zeugnisse, Berufsabschlüsse und Zertifikate vorzulegen. Am Folgetag erschien der Kläger nicht.
Mit Schreiben vom 08.03.2011 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Einstellung der Vermittlung nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III an.
Der Kläger teilte daraufhin am 09.03.2011 mit, ihm werde als Ausländer seitens der Beklagten nicht geholfen. Sie habe ihn vom "B.Sc.Civil Engineering" zu einem Helfer gemacht. Er sei gewohnt, Termine wahrzunehmen, aber mit Menschen, die ihn respektierten und nicht als Menschen zweiter Klasse sehen.
Mit Bescheid vom 10.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Vermittlung werde ab 13.03.2011 nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III eingestellt, da der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen sei. Er könne nach Ablauf von 12 Wochen ab 05.06.2011 die Vermittlung wieder in Anspruch nehmen, wenn er sich erneut arbeitssuchend/arbeitslos melde.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 14.03.2011 Widerspruch und trug vor, er sei allen Verpflichtungen nachgekommen. Er habe einen Abschluss als B.Sc.Civil Engineering, ihm würden aber nur Helfertätigkeiten angeboten. Die Agentur für Arbeit F helfe ihm nicht und diskriminiere ihn als Ausländer. Von der Sachbearbeiterin am Telefon sei er beleidigt worden.
Durch Bescheid vom 15.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Kläger habe am 08.03.2011 nicht vorgesprochen und auch die von ihm erbetenen Unterlagen nicht vorgelegt. Die Eingliederungsvereinbarung habe er deshalb nicht eingehalten.
Dagegen hat der Kläger am 16.03.2011 Klage zum Sozialgericht Duisburg (SG) erhoben. Er hat Kopien u.a. einer Übersetzung des Bachelor-Diploms vorgelegt.
Nach Ablauf der 12-wöchigen Vermittlungssperre hat der Kläger die Vermittlungsdienste der Beklagten wieder in Anspruch genommen.
In der mündlichen Verhandlung am 01.09.2011 hat er beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011 festzustellen, dass die Einstellung der Vermittlung ab 13.03.2011 rechtswidrig war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten und auf deren Begründung verwiesen.
Mit Urteil vom 01.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Zu Recht habe die Beklagte die weitere Vermittlung des Klägers ab 13.03.2011 für die Dauer von 12 Wochen eingestellt.
Nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III könne die Agentur für Arbeit die Vermittlung einstellen, wenn der Arbeitssuchende die ihm nach der Eingliederungsvereinbarung obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.
Nach den Eingliederungsvereinbarungen vom 22.11.2010 und vom 17.02.2011 sei der Kläger verpflichtet gewesen, monatlich mindestens 10 Bewerbungen zu veranlassen, darüber eine Übersicht unter Angabe des Namens des Arbeitgebers, des Berufes, der Art der Bewerbung, des Datums und des Ergebnisses zu führen und diese Übersicht zum nächsten Termin vorzulegen. Bereits in der Einladung zum Gesprächstermin am 18.02.2011 sei der Kläger schriftlich gebeten worden, seine Bewerbungsunterlagen und Nachweise über seine Berufsabschlüsse vorzulegen. Er sei jedoch am 18.02.2011 ohne diese Unterlagen erschienen. Der weiteren Einladung zum 08.03.2011 sei der Kläger nicht gefolgt, obwohl er telefonisch am Tag zuvor, am 07.03.2011, nochmals persönlich gebeten worden sei, Nachweise über seine Eigenbemühungen, seine Bewerbungsmappe, Zeugnisse, Berufsabschlüsse und Zertifikate vorzulegen.
Da die Beklagte für eine angemessene Vermittlung in Arbeit darauf angewiesen sei, über sämtliche Qualifikationen des Klägers, insbesondere seine Berufsabschlüsse vollständig informiert zu sein, sei es für die Vermittlung in Arbeit unerlässlich, dass der Kläger diese Unterlagen umgehend vorlegte. Auch habe er die in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Dokumentation über seine Bewerbungsaktivitäten trotz telefonischer Mitteilung vom 07.03.2011 nicht vorgelegt.
Einen wichtigen Grund dafür habe der Kläger nicht gehabt. Soweit er sich als Ausländer diskriminiert sehe, werde er darauf hingewiesen, dass die Pflichten zur Mitwirkung bei der Arbeitsvermittlung alle Arbeitssuchenden gleichermaßen treffen, unabhängig von ihrer Nationalität. Der Umstand, dass der Kläger im Irak eine Ausbildung zum B.Sc. Civil Engineering absolviert habe, sei erstmals im Klageverfahren durch Vorlage des Zertifikates der University of N/Irak bescheinigt worden. Eine deutsche Anerkennung dieses Abschlusses habe der Kläger jedoch nicht vorgelegt. Ausweislich des Beratungsvermerkes der Beklagten vom 18.02.2011 sei dem Kläger ein Wegweiser zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse ausgehändigt worden.
Die vom Kläger erst im Klageverfahren und damit ohnehin verspätet vorgelegte Liste über seine Bewerbungen betreffe lediglich den Zeitraum vom 20.03. bis 03.04.2011 und damit nicht die hier streitige Zeit bis 13.03.2011.
Da der Kläger seinen Mitwirkungspflichten ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen sei, habe die Beklagte zu Recht die Arbeitsvermittlung ab 13.03.2011 eingestellt. Ihre Ermessensentscheidung sei nicht zu beanstanden.
Gegen das am 28.09.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.10.2011 Berufung eingelegt: Das SG habe nicht beantwortet, warum einem Ingenieur nur körperliche Arbeit vermittelt werde und seine Beschwerden nicht ernst genommen würden. Die Mitarbeiter der Beklagten machten was sie wollen. Er werde als Ausländer diskriminiert und solle bestraft und vernichtet werden. Er habe schon vor Jahren seine Abschlüsse Frau L gegeben, habe immer alles gemacht und die Bewerbungen per Post gesendet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 01.09.2011 aufzuheben und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.
II. Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil der Fall keine Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine weitere mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint. Die Beteiligten sind dazu schriftlich angehört worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Nachdem der Zeitraum, für den die Beklagte die Einstellung der Vermittlung verfügt hatte (zur Frage der aufschiebenden Wirkung s. Winkler. in: Gagel, SGB III, § 38 Rn. 38 ), abgelaufen ist, der Kläger sich wieder neu gemeldet und die Beklagte wieder die Vermittlung aufgenommen hat, hat sich der Verwaltungsakt über die Einstellung der Vermittlung, den der Kläger mit Widerspruch und am 16.03.2011 erhobener Klage angefochten hatte, nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. Sein Klageantrag ist deshalb im Sinne einer Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) auszulegen. Da der Kläger sinngemäß geltend macht, er werde als Ausländer diskriminiert, er nehme alle Termine wahr, wenn man ihn nicht beleidige und er habe kein Geld für Briefmarken, um Unterlagen zu übersenden, geht der Senat vom Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers an der beantragten Feststellung aus.
Die Klage ist aber unbegründet, denn der angefochtene Verwaltungsakt war in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011, mit dem die Beklagte ihr Ermessen ausgeübt hat, auch zur Überzeugung des Senats nicht rechtswidrig.
Gerade weil der Kläger in der Vergangenheit ausdrücklich bemängelt hatte, dass die Beklagte zu Unrecht ihre Vermittlungsbemühungen auf Hilfstätigkeiten mit körperlicher Arbeit beschränke, obwohl er einen Bachelor vorweisen könne, waren das Erscheinen des Klägers zu den von der Beklagten angesetzten Terminen und die Vorlage der Zeugnisse etc. zu Recht von der Beklagten gefordert worden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, bestanden mithin berechtigte Gründe für die Anordnungen der Beklagten, die der Kläger zu Unrecht als Ausdruck einer Diskriminierung von Ausländern bewertet. Die Beklagte hatte auch zutreffend auf die möglichen Rechtsfolgen für den Fall hingewiesen, dass der Kläger seinen Mitwirkungsverpflichtungen nicht nachkomme und hat das ihr zustehende Ermessen im Widerspruchsverfahren rechtmäßig ausgeübt.
Wegen der näheren Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG vom 01.09.2011 (§ 153 Abs. 2 und 4 SGG), denen er sich nach eigener Prüfung anschließt. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung erstmals behauptet, er habe schon vor Jahren seine Abschlüsse vorgelegt, steht dies im offensichtlichen Gegensatz zum Akteninhalt und ist dies auch mit dem früheren Vorbringen des Klägers kaum vereinbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§160 SGG).
Erstellt am: 28.01.2013
Zuletzt verändert am: 28.01.2013