Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts (SG) Duisburg vom 09.07.2012 geändert. Der Klägerin wird zur Durchführung des Verfahrens vor dem SG ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt Dr. M, F, beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass das Begehren nach einer erneuten Einzelfallabwägung durch das SG Erfolg haben könnte. Dies allein rechtfertigt bereits die Bewilligung von PKH.
Der Senat weist zunächst darauf hin, dass das SG die bisherige Rechtsprechung und Literaturmeinung zu der Frage, wann bei einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 2 SGB X die Kosten für einen hinzugezogenen Rechtsbeistand zu übernehmen sind, in zutreffender Weise dargestellt hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Notwendigkeit in der Regel zu bejahen und nur in Ausnahmefällen zu verneinen ist. Das SG kommt dann in einer sorgfältigen Abwägung zu dem Ergebnis, dass hier ein Ausnahmefall anzunehmen ist, also eine Kostenerstattung nicht stattfindet.
Das SG konnte bei seiner Entscheidungsfindung noch nicht die BSG-Entscheidung vom 02.11.2012 – B 4 AS 97/11 R – kennen, die dem Senat bisher auch nur aus dem BSG-Terminsbericht Nr. 58/12 zu Nr. 3 bekannt ist. Diese Entscheidung ist zu einem ähnlichen Sachverhalt ergangen. Auch wenn die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vorliegen, so spricht doch einiges dafür, dass das SG die Prämissen für seine Einzelfallabwägung in zwei Punkten überdenken muss. Das SG hat die geringe Höhe der Mahngebühr von 1,55 EUR als wichtiges Kriterium angeführt. Im Fall des BSG war die Höhe der Mahngebühr (dort 2,05 EUR) kein entscheidender Punkt.
Das SG hat ferner nicht auf die individuellen Fähigkeiten der Klägerin abgestellt, sondern auf die Sicht eines verständigen Dritten. Die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten der Klägerin dürfen aber nicht außer Acht gelassen werden (LSG München vom 12.05.2010 – L 16 AS 829/09 – in der vom BSG am 02.11.2012 bestätigten Entscheidung). Hier könnte von Bedeutung sein, wie die Klägerin in der Vergangenheit mit der Beklagten korrespondiert hat und welche "Streiterfahrung" sie hatte. Hier könnte ein Beiziehen der kompletten SGB-II-Leistungsakten und eine Anhörung der Klägerin weitere Aufschlüsse bringen.
Werden diese beiden Punkte mit mehr Gewicht in die Abwägung einbezogen, könnte sich auch ein Regelfall ergeben, der die Kostenübernahme gebietet. Allein diese Möglichkeit rechtfertigt die Bewilligung von PKH.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine ratenfreie Bewilligung wurden mit dem üblichen PKH-Vordruck glaubhaft gemacht.
Eine Kostenerstattung findet nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 28.01.2013
Zuletzt verändert am: 28.01.2013