Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 21.08.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im zugrunde liegenden Verfahren streiten die Beteiligten um die Übernahme von Passbeschaffungskosten.
Der 1952 geborene und staatenlose Kläger steht seit Januar 2005 ununterbrochen im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Im Dezember 2009 beantragte er die Übernahme von Passbeschaffungskosten in Höhe von 59,00 EUR zuzüglich Lichtbildkosten in Höhe von 6,00 EUR. Er sei als staatenloser Bürger verpflichtet, alle 3 Jahre seinen Reisepass zu erneuern, die dadurch entstehenden Kosten von jeweils 65,00 EUR könne er nicht aus dem Regelbedarf decken.
Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 25.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2011). Die Passbeschaffungskosten seien von der Regelleistung nicht umfasst, da nach einem Schreiben des Bundesministeriums des Inneren vom 13.07.2007 hierfür keine Notwendigkeit bestanden habe. Insofern scheitere eine Kostenübernahme nach § 23 Abs. 1 SGB II a. F. an der Voraussetzung, dass es sich um einen von der Regelleistung umfassten Bedarf handeln müsse. Auf die Unabweisbarkeit komme es nicht an. Selbst wenn die Vorschrift greifen würde, spräche gegen den geltend gemachten Anspruch der Umstand, dass die Kosten für den Pass bereits am 02.10.2009 entstanden seien und durch den Kläger beglichen worden seien. Geltend gemacht habe er die Kosten beim Beklagten erst am 15.12.2009, so dass zu diesem Zeitpunkt ein Bedarf nicht mehr gegeben gewesen sei.
Hiergegen richtete sich die am 12.01.2012 erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgte.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtbescheid vom 21.08.2012 abgewiesen. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Übernahme der Passverlängerungskosten als Zuschuss noch als Darlehen. Passverlängerungskosten seien dem von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfassten Bedarf zuzuordnen und müssten durch Ansparungen aus dieser aufgebracht werden. Das gelte auch für die Nebenkosten, die durch Lichtbilder und Fahrtkosten entstehen würden. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 73 SGB XII, die Vorschrift setze das Vorliegen einer sonstigen Lebenslage voraus, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweise. Daran fehle es bei einer typischen Bedarfslage, wie sie bei einer regelmäßigen Passverlängerung entstünde. Gegen die Atypik der Bedarfslage spreche bereits der Umstand, dass Passverlängerungskosten nur alle 3 Jahre entstehen würden und voraussehbar seien, so dass sie damit auch mit geringfügigen Rücklagen finanzier- und kalkulierbar seien. Hinzu komme, dass § 73 SGB XII nach der Rechtsprechung des BSG nicht die Funktion einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II habe (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7 b AS 14/06 R -). Ebenso wenig gehörten die Passverlängerungskosten zu den in § 21 SGB II enumerativ aufgeführten Mehrbedarfen zum Lebensunterhalt, Leistungen für Mehrbedarfe seien nur für die in dieser Vorschrift normierten Bedarfslagen zu gewähren. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09; 1 BvL 4/09) bzw. durch die Einführung des § 21 Abs. 6 SGB II, der die Vorgaben des BVerfG umgesetzt habe. Danach bestehe ein Anspruch erst dann, wenn der Bedarf so erheblich sei, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen das menschwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleiste. Dies gelte auch für § 21 Abs. 6 SGB II. Einen derartigen Sonderbedarf könne das Gericht nicht feststellen. Diese Leistungen sollten auf sehr seltene Fälle beschränkt werden, würden davon auch Passbeschaffungskosten erfasst, würde der Sonderbedarf in allen Bedarfsgemeinschaften greifen, wodurch aber das Bestehen einer außergewöhnlichen Sondersituation im Einzelfall widerlegt sei. Eine Anspruchsgrundlage aus der Verfassung zu schöpfen, sei den Sozialgerichten verwehrt.
Ebenso wenig komme eine darlehensweise Leistungsgewährung in Betracht, denn eine solche habe der Kläger ausdrücklich nicht beantragt. Ungeachtet dessen komme eine solche nach § 23 Abs. 1 SGB II a. F. / § 24 Abs. 1 SGB II n. F. nicht in Betracht, da sie unter der Voraussetzung stehe, dass im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden könne. Diese Voraussetzungen seien, wie ausgeführt, nicht gegeben.
Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 29.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 20.09.2012, die der Kläger trotz Ankündigung und Aufforderung durch das Gericht nicht begründet hat.
II.
Der als Beschwerde bezeichnete Rechtsbehelf des Klägers ist nicht als Antrag auf mündliche Verhandlung anzusehen, sondern als Nichtzulassungsbeschwerde. Zum Einen deutet der Wortlaut des Rechtsbehelfs nicht auf das Begehren hin, einen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen zu wollen, zum Anderen wurde vom Prozessbevollmächtigten des Klägers auf telefonische Nachfrage des Senats bestätigt, dass es sich um eine Nichtzulassungsbeschwerde handeln solle.
Die gemäß § 145 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 21.08.2012 ist nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist vorliegend gegeben, denn im Streit ist insgesamt ein Betrag von 65,00 EUR.
Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine grundsätzliche Bedeutung liegt nur dann vor, wenn eine abstrakte Rechtsfrage, die für eine unbestimmte Anzahl von Sachverhalten Bedeutung hat, bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 160 Rdz 6).
Der Kläger hat nicht dargelegt, worin vorliegend eine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit liegen soll. Ungeachtet dessen vermag der Senat diese Voraussetzung aber auch nicht aus dem Akteninhalt zu erkennen. Das BVerfG hat in seinen Entscheidungen vom 09.02.2010 (a.a.O.) dargelegt, unter welchen Voraussetzungen einzelne Bedarfe, die von den gesetzlichen Vorschriften nicht expressis verbis erfasst werden, vom Grundsicherungsträger abzudecken sind. Dies hat das Sozialgericht in seiner Entscheidung auch zutreffend ausgeführt. Eine höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage ist daher vorliegend nicht erkennbar.
Ebenso wenig liegt ein Fall von Divergenz vor. Der 7. und der 19. Senat des LSG NRW – die Prüfung der Frage von Divergenz in der Rechtsprechung ist auf dieses Berufungsgericht beschränkt (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdz 30) – haben ebenfalls entschieden, dass Passbeschaffungskosten vom Grundsicherungsträger nicht zu übernehmen sind (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 03.01.2011 – L 7 AS 460/10 B – und Beschluss vom 25.02.2011 – L 19 AS 2003/10 B -). Der erkennende Senat hat dies ebenfalls entschieden (Beschluss vom 25.01.2012 – L 12 AS 2046/10 B -). Soweit der 20. Senat des LSG NRW im Asylbewerberleistungsrecht eine Übernahme der Passkosten bejaht, ist diese Rechtsprechung auf das SGB II nicht übertragbar, da es sich hierbei um unterschiedliche Sicherungssysteme handelt, die in ihrer einzelnen Ausprägung nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 03.01.2011, a.a.O., Jurisausdruck Rdz 4).
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Verfahrensfehlers sind nicht ansatzweise erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Mit diesem Beschluss ist der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Erstellt am: 06.02.2013
Zuletzt verändert am: 06.02.2013